"Unternehmenskultur" beim Zoll-Wesen. Oder: Warum die Zoll-Chefs Stefan R. nicht mögen (dürfen)

Ein kurzer Erklärungsansatz

In der Management-Theorie, insbesondere im Bereich der Arbeits- und Organisationspsychologie, kennt man zwei Ansätze, mit denen man Strukturen und Verhaltensweisen erklären kann:

  • die Systemtheorie. Sie beschäftigt sich mit den 'Spielregeln', mittels derer "Systeme", also z.B. Unternehmen oder Behörden, entstehen und aufrechterhalten werden (können)
  • die Akteurstheorie. Sie erklärt das Verhalten von Menschen zum einen aus deren a) Charakter und Veranlagung, b) den grundsätzlichen Interessen und Präferenzen sowie c) den konkreten Motivationen.

Letztlich greifen beide Erklärungsansätze ineinander.

Der Bereich der Behörden bzw. aller Verwaltungsapparate folgt einer ganzen Reihe sehr spezifischer (Spiel)Regeln. Um nur 2 zu nennen:

  • hierarchischer Aufbau, um die Einhaltung des Dienstweges garantieren zu können
  • monopolistische Mentalität (Beamtenmentalität), weil man sich nicht in Konkurrenz zu anderen Institutionen sieht und die Menschen draußen keine 'Kunden' sind, sondern allenfalls Bittsteller, oder solche, die man irgendwie 'verwalten' muss.

Weil das öffentliche Dienstrecht und/oder die Bezahlung im öffentlichen Dienst weniger an Leistungsorientierung und Innovationen ausgerichtet sind als vielmehr auf eingetretenen Pfaden (z.B. Dienstjahre) funktionieren, zählt der öffentliche Bereich auch nicht zu jenen Branchen, die sich durch excellenten Service, Kundenfreundlichkeit, Fortschrittswille oder gar Transparenz auszeichnen würden. Jeder kennt z.B. Negativbeschreibungen wie "Beamtenmikado" (wer sich zuerst bewegt, ist aus dem Spiel). Im Behördenapparat sind vor allem 'Ruhe und Ordnung', sprich die bisherige Routine und die genaue Einhaltung der Vorschriften gefragt, egal ob diese sinnvoll oder weniger sinnvoll sind.

Aus diesem Grund wird es verständlich, dass junge Menschen (bzw. Beamte), die sich (noch) nicht diesen ausgeleierten Strukturen angepasst haben, sondern noch Ideen und Elan haben, bestimmte Dinge anders, sprich besser zu machen, als "Störenfriede" gelten (müssen). Dies vor allem aus 2 Gründen:

  • Zum einen, weil sie - wie wir aus der Psychologie wissen - gleichzeitig eine Bedrohung für die 'Alten' darstellen: Dadurch, dass sie aktiver, einfallsreicher, zielgerichteter sind, machen sie allen anderen klar, dass diese nur (langweiliges) Mittelmaß repräsentieren.
  • Zum anderen, weil sie durch Setzen neuer Ideen oder Standards die 'Alten' zwingen würden, sich mit solchen Neuerungen beschäftigen, sprich auseinandersetzen zu müssen.

Beides widerspricht der originären Beamtenseele, soweit sie das berufliche Dasein als Absitzen von Dienstzeiten begreift.

Im Bereich der Zollverwaltung kommen nun noch die speziellen grundsätzlichen Reibungsflächen hinzu, wie wir sie unter Der Zoll - Dein Freund und Helfer geschildert haben - dort vor allem unter dem Stichwort " Philosophie und Mentalität im Zollwesen - Auswirkungen für die Sicherheit".

Diejenigen, die sich mit einem gewissen Arbeitsethos und Engagement über durchschnittlich standardisierte oder gar widersinnige Vorschriften hinwegsetzen - egal ob sie ihre "privat beschafften" Handfesseln benutzen (die besser funktionieren als die dienstlich angeschafften) oder am Flughafen doch mal eine Gepäckkontrolle etwas intensiver durchführen -, geraten besonders schnell ins Visier von Vorgesetzten, die ihre berufliche Daseinsberechtigung vor allem mit dem Vorgesetztendasein begründen.

Stefan R., der offenbar besonders motiviert bei der Sache war, konnte da nur negativ auffallen.


(JL)

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