Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 22.06.2013

von Rudi KÜBLER

Guter Preis, gute Besserung

SÜDWEST PRESSE , 22.06.2013 von Rudi KÜBLER

Das Uni-Klinikum hat es jetzt schwarz auf weiß: Die neue Chirurgie ist ausgezeichnet – unter architektonischen Aspekten. Ob der Preis dotiert ist? Das Klinikum kann jeden Cent brauchen.


Dass die neue Chirurgie auf dem Oberen Eselsberg annähernd 40 000 Mängel aufweist – Schwamm drüber. Dass schon verschiedentlich Räume unter Wasser standen – auch hier helfen Schwämme weiter. Dass die Abwasserleitung unter dem Gebäude zu wenig Gefälle hat – da wäre selbst der größte Schwamm überfordert. Und so soll’s in diesem Fall ein zusätzlich gebautes Regenbecken richten.


Von anderen baulichen Unzulänglichkeiten der neuen Chirurgie wollen wir an dieser Stelle absehen, denn: Jetzt ist Freude angesagt. Große Freude. Ob nach längerer Freudlosigkeit in der obersten Etage des Verwaltungsgebäudes mal wieder die Champagnerkorken geknallt haben, ist nicht überliefert. Tatsache ist: Der Chirurgie-Neubau erhält eine Auszeichnung als eine von drei „herausragenden Gesundheitsbauten 2013“ – und das ist schön für das Architekturbüro KSP Jürgen Engel (München), das mit dem schwebenden Bettenhaus eine neuartige Form des Klinikbaus konzipiert hat.


Und der Preis selber? Er wird verliehen von Architekten für Krankenhausbau und Gesundheitswesen, kurz: AKG. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt. Dass eine recht überschaubarer Kreis an Architekten einen Preis für einen recht überschaubaren Kreis an Architekten auslobt, führt zur grundsätzlichen Frage: Warum wird überhaupt ein solcher Preis erfunden? Damit erstens ein recht überschaubarer Kreis an Architekten auch mal an einen Preis kommt. Und zweitens der Bauherr sich in diesem Preis sonnen kann.


Was Prof. Reinhard Marre denn auch weidlich ausnützt. Nicht nur, um die Architektur zu loben, sondern vor allem sich selbst, wenn er hervorhebt, dass der Bau „im Kosten- und Zeitplan“ realisiert wurde. Dieser Kommentar des Leitenden Ärztlichen Direktors ist durch den Architektur-Preis sicherlich nicht gedeckt. Marre könnte aber mit diesem seit Baubeginn 2008 stereotyp vorgetragenen Satz in die Nähe eines renommierten Preises kommen: der tibetanischen Gebetsmühle in Gold.


In diesem Sinne: guter Preis, gute Besserung!