Die 56 Berichte der SÜDWEST PRESSE aus Ulm, 11.04.2008

von Rudi KÜBLER, Christoph MAYER

Leuchtturm der Medizin

SÜDWEST PRESSE , 11.04.2008 von Rudi KÜBLER

Zusage, Absage, Zusage, Absage – seit Jahren dasselbe Spiel. Seit gestern ist der Chirurgie-Neubau nicht mehr aufzuhalten: Der Grundstein wurde gelegt im Beisein von Ministerpräsident Oettinger.

Gesundheitsstadt – diesen Begriff hatte gestern morgen beim Festakt Prof. Reinhard Marre, Leitender Ärztlicher Direktor des Uni-Klinikums Ulm, eingeführt: um deutlich zu machen, dass der lange ersehnte Neubau der Chirurgie nicht nur für die Uni-Medizin, sondern auch für die Stadt und die Region einen hohen Stellenwert einnimmt. Neben der Wissenschaftsstadt entstehe auf dem Oberen Eselsberg eine Gesundheitsstadt, sagte Marre und hob auf den seit Jahrzehnten bestehenden Plan ab, Innere Medizin und Chirurgie zu einem Verbund für medizinische Spitzenversorgung, Spitzenforschung und -lehre zusammenzufassen.


„Nach vielen Gesprächen, Diskussionen, Schriftsätzen, Entscheidungen und viel, viel Geduld nimmt das Vorhaben jetzt Form an“, so Marre, um vor Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft im vollbesetzten Medizin-Hörsaal einen Stoßseufzer hinzuzufügen: „In vier Jahren steht die Chirurgie – endlich!“


Die Baukosten, die sich allein auf 190 Millionen Euro belaufen, übernimmt zu einem Großteil das Uni-Klinikum, „trotz vieler, sehr vieler guter Worte wäre die Chirurgie ansonsten weiter auf die lange Bank geschoben worden“, zeigte sich Marre überzeugt. So übernimmt das Klinikum 105 Millionen Euro und geht dazu für den Landesanteil von 85 Millionen in Vorleistung. Rainer Schoppik, kaufmännischer Direktor des Uni-Klinikums, sollte später anmerken, dass „wir erstmalig in unserer Unternehmensgeschichte einen Kredit aufnehmen“.


Der Neubau diene der Forschung, der Lehre und der Krankenversorgung gleichermaßen, sagte Marre weiter; nicht die Trennung dieser drei Bereiche, „sondern die Integration ist unser Ziel – auch bei diesem Neubau“. Neue Konzepte der interdisziplinären Zusammenarbeit würden dadurch ermöglicht; nicht zu reden von Qualität und Wirtschaftlichkeit, die sich deutlich steigerten. „Die neue Chirurgie ist ein nicht zu übersehender Beitrag zur Standortsicherung und zur Entwicklung des Oberen Eselsberges und der Region.“


Für Ministerpräsident Günther Oettinger rückt das Uni-Klinikum Ulm mit dem Chirurgie-Neubau in dieselbe Liga wie die Uni-Klinika Heidelberg, Freiburg und Tübingen. Mit dem Bau – dem wohl prägendsten für Ulm nach dem Münster – ende ein 20 Jahre bestehendes Provisorium, sagte Oettinger. Er zollte der Klinikums-Leitung hohen Respekt, den größten Klinik-Neubau in Baden-Württemberg in Angriff zu nehmen, „sowohl in Qualität als auch in finanzieller Hinsicht und mit dem Ziel, die notwendigen Arbeitsgrundlagen zu schaffen“. Immerhin strahle das Uni-Klinikum Ulm als „Leuchtturm der Menschenwürde“ und als Haus der Maximalversorgung über die Stadt- und Landkreisgrenzen hinaus – beispielsweise bis nach Oberschwaben und in die Region Ostwürttemberg.


Den Neubau, der 2012 fertiggestellt sein soll, bezeichnete der Ministerpräsident als „städtebaulich großen Wurf“, der auch die Stadt Ulm in die Pflicht zur Weiterentwicklung nehme. Oder um den von Marre eingeführten Begriff der Gesundheitsstadt aufzugreifen: Der Obere Eselsberg entwickelt sich laut Oettinger zu einem „Stadtteil der humanen Dienstleistung“.