Die Berichte des Westfälischen Anzeigers, 11.11.2015

von Frank LAHME

Fall Klischat zieht Kreise

Schicksal des Hammer Ex-Polizisten wird nun auch Thema im Landtag

HAMM - Das bittere Schicksal des Hammer Ex-Polizisten Markus Klischat hat weit über die Stadtgrenzen hinaus Betroffenheit und Empörung ausgelöst. Auch im Landtag ist das Thema nun angekommen. „Wie kommt das Land seiner Fürsorgepflicht für Polizeibeamte nach, die dauerhaft dienstunfähig werden?“, fragt der CDU-Abgeordnete Gregor Golland in einer Kleinen Anfrage die Landesregierung.
Markus Klischat war am 4. September 2010 während seines Dienstes auf der Polizeiwache Mitte von einem psychisch kranken Mann angegriffen und mit einer Gaspistole erheblich verletzt worden. Die Folgen des Überfalls hat der Oberkommissar bis heute nicht überwunden. Fünf Jahre musste sich der heute 53-jährige Familienvater mit seinem Dienstherren auseinandersetzen und für sein Recht auf eine angemessene Pension kämpfen. Schmerzensgeld wurde ihm auf zivilrechtlichem Wege nicht gewährt, da der Angreifer damals schuldunfähig war. Seine private Unfallversicherung verweigert bislang ebenfalls eine Auszahlung, weil psychische Gesundheitsschäden angeblich nicht versichert sein sollen. Hier steht noch eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm aus.

Die Berichterstattung des WA über diesen Fall hat eine beträchtliche Resonanz erfahren. Innerhalb weniger Tage wurde der Bericht 25.000 Mal online aufgerufen und wird einer der meist gelesen des Jahres 2015 werden. Auch aus anderen Ruhrgebietsstädten meldeten sich Polizisten in der Redaktion. „Bei der Polizei ist nichts mehr wie es war. Selbst wenn man im Dienst gewisse Sachen erlebt hat und nicht mehr kann, geht die Demütigung los“, schreibt ein Beamter aus einer NRW-Metropole, der ebenfalls dienstunfähig geworden ist und derzeit mit seiner Behörde vor Gericht über seine Pension streitet.

„Der Fall Klischat ist kein Einzelfall, sondern wir erleben es immer wieder, dass Polizisten, die während ihres Dienstes angegriffen werden, anschließend von ihrem Vorgesetzten alleine gelassen werden“, reagierte Arnold Plickert, NRW-Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei (GdP), auf die WA-Berichterstattung. „Bei einem Angriff auf einen Polizisten muss die Behörde für Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche des Beamten in Vorleistung treten. Denn der Polizist wird nur angegriffen, weil er den Staat schützt. Deshalb darf er nicht auf seinen Schadensersatzansprüchen hängen bleiben, nur weil der Täter zahlungsunfähig ist oder von einem Gericht als schuldunfähig erklärt worden ist.“
Landtagsabgeordneter Gregor Golland verlangt von der Landesregierung nun eine Auskunft, wie viele Polizeibeamte in welcher Behörde seit 2010 im Dienst so schwer verletzt wurden, dass sie dauerhaft dienstunfähig geworden sind. Ebenso will der Christdemokrat dezidiert wissen, wie viele Polizeibeamte (auch pensionierte) gegen das Land oder ihre Behörde über die Einstufung ihrer Erwerbsminderung oder ihre Dienstuntauglichkeit prozessieren. „Wie erklärt sich das Land, dass polizeiinterne Ärzte zu anderen Ergebnissen bei Untersuchungen über die Diensttauglichkeit kommen als neutrale Gutachter?“, fragt Golland weiter. Und schließlich nimmt der CDU-Innenpolitiker auch den Faden der GdP auf. „Was spricht dagegen, dass das Land bei zivilrechtlichen Schadensersatzansprüchen von Polizisten, die während der Arbeit durch schwere Verletzungen dienstunfähig wurden, im Rahmen einer Härtefallregelung in Vorleistung geht und die Ansprüche gegen die Täter selbst einkalgt?"