Die Berichte des Westfälischen Anzeigers, 25.09.2010

von Frank LAHME

Polizist wieder zu Hause

48-Jähriger wurde durch Gaspistolenschüsse erheblich verletzt
Polizeipräsident: „Die Aufarbeitung wird uns noch lange Zeit beschäftigen"

HAMM - Der 48-jährige Polizeioberkommissar, der wie berichtet am Samstag von einem psychisch kranken Mann auf der Hauptwache angegriffen wurde und mehrere Schüsse aus einer Gaspistole ins Gesicht abbekommen hat, ist schon am Sonntag wieder aus dem Krankenhaus entlassen worden. Er hat Risswunden auf der Schädeldecke, Verbrennungen im Gesicht und eine Verletzung über einem Auge davongetragen. Durch einen Schuss wurde zudem sein Trommelfell zerfetzt.
Seine körperliche Genesung werde noch einige Zeit dauern. Die psychischen Folgen des Übergriffs seien noch nicht absehbar, fasste Polizeipräsident Erich Sievert gestern zusammen.
Rund ein Dutzend Beamte seien am Samstag an dem Einsatz beteiligt gewesen und würden nun auch psychologisch betreut. Der Vorfall habe alle Kollegen betroffen und nachdenklich gemacht. Die Gefährlichkeit des Polizeiberufs sei durch diesen gravierenden Einzelfall deutlich geworden, sagt der Polizeipräsident. „Die Aufarbeitung wird uns noch lange Zeit beschäftigen."

Grundlegend werde sich im Umgang mit den Bürgern nichts ändern. „Wir sind eine bürgeroffene Polizei. Die Menschen kommen zu uns, weil sie unsere Hilfe benötigen. Solche Gespräche kann man nicht durch eine Glasscheibe führen”, stellt Sievert klar. Allerdings würden im Zuge der Aufarbeitung auch bauliche Veränderungen im Hammer Präsidium überprüft.
Der 48-jährige Oberkommissar war am Samstagnachmittag allein in dem Wachraum gewesen. Seine mit ihm diensthabenden Kollegen waren zu Einsätzen gerufen worden, in anderen Räumen
des Präsidiums hatten sich jedoch weitere Beamte befunden, die die Schüsse hörten und ihrem Kollegen zu Hilfe eilten. Wie berichtet, gelang es einer Polizistin via Telefon, den 41-Jährigen zur Aufgabe zu bewegen.

Der bislang gänzlich unbescholtene Mann befindet sich derzeit in der Forensik in Eickelborn. Er leidet nach Auskunft seines Rechtsanwalts Peter Wehn unter einem massiven Verfolgungswahn, der erst vor kurzer Zeit ausgebrochen sei. Der Mann sei in ärztlicher Behandlung gewesen. Dass eine Psychose erst im fortgeschrittenen Lebensalter erstmals auftritt, sei von Psychologen als höchst ungewöhnlich eingestuft worden.

Bereits am Freitag sei der Mann zweimal auf der Hauplwache erschienen, um Anzeige gegen diejenigen, die ihn angeblich verfolgten, zu erstatten. In seiner Panik habe er die Nacht bei Verwandten verbracht. Warum er am Samstag noch einmal zur Polizei ging und den Beamten angriff, sei völlig unklar.