Die Chronologie aller Ereignisse: seit der Silvesternacht

Silvester ist in Deutschland - wie andernorts auch - ein besonderes Ereignis. Da feiert man den Wechsel ins Neue Jahr: mit Feuerwerk und viel Geräusch. Hervorgehobene Plätze und öffentliche Räume werden dazu besonders gerne genutzt. Deswegen versammeln sich dort immer wieder viele Menschen - auch wenn es dabei sehr eng werden kann.

In Köln zählen der Platz vorm Dom sowie die Treppenstufen zwischen dem Vorplatz des Hauptbahnhofs und der wuchtigen Kathedrale zu diesen bevorzugten Räumen. Außerdem: die Hohenzollernbrücke, die parallel zu den Eisenbahnschienen direkt hinter dem Hauptbahnhof beginnt und auf das andere Rheinufer führt: für die Züge und Fußgänger. 

So war es bereits ein Jahr zuvor. Und der sog. Dompolizist, der dort seit Jahren regelmäßig Streife läuft, hatte danach immer wieder darauf hingewiesen, dass man just an einem solchen Tag mehr Kollegen an diesen Plätzen braucht. 2014/2015 war es nur ein einziger "Zug" der Bereitschaftspolizei. Konkret: 38 Beamte. Für das gesamte Kölner Stadtgebiet. Zu wenig. 

Silvesterabend 2015

So sieht es auch an diesem Abend des 31. Dezembers 2015 aus. Diesesmal sind es - neben der üblichen afrikanischen Drogendealerszene und den lauernden Taschendieben - besonders viele junge Männer, in größeren und kleineren Gruppen, die alle nicht-deutsch aussehen und die öffentlichen Räume bevölkern. Und: Es werden immer mehr. Sie stehen herum, trinken, bewerfen sich gegenseitig mit Böllern, pissen an die Mauern des Doms oder sonstwo hin, werfen Raketen in Richtung der hohen Fenster des gigantischen Gotteshaus.    


20:34 Uhr

Die Bundespolizei, die für den gesamten Bahnhof zuständig ist, setzt eine Meldung an die Kölner Polizei ab. Dort vermerkt man den Hinweis so: Die Bundespolizei "meldet Asylanten, die sich angeblich mit Raketen beschießen. Bisher nur eine Meldung."


20:48 Uhr

110 - der erste Notruf geht ein:

Polizist: Polizeinotruf

Anrufer: Guten Tag. H... mein Name. Ich rufe gerade direkt vom Kölner Hauptbahnhof an, denn hier gibt es drei Jungs, die gerade hier mit Böllern gegen andere Leute werfen. Sieht wie so nach dem Krieg aus, aber halt mit Böllern.

Polizist: Ja

Anrufer: Könnte da mal jemand kommen?

Polizist: Ja, wir wissen Bescheid. Kümmern wir uns drum.

Anrufer: Okay, danke.

Polizist: Ja, Tschüss.


21:22 Uhr

Ein Sanitäter des städtischen Rettungsdienstes ruft bei der Leitstelle im Polizeipräsidium an: "Hör mal, wir sind hier am Hauptbahnhofsvorplatz und haben hier jetzt gerade ein paar Betrunkene zu versorgen, und die Leute schießen hier Raketen in die Masse. Hier stehen so ein paar 100 Leute und werfen da ihre Böller. Jetzt schießen die mittlerweise Raketen in die Menge, und das gerät hier ein bißchen aus der Kontrolle. Die Grundstimmung ist auch ein bißchen aggressiv. Vielleicht könnt ihr da mal jemanden hinschicken zum Gucken?"

Polizei: "Wir sind auf dem Weg"


22:03 Uhr

Meldung eines Polizisten, der mit seinem Kollegen unter "Arnold 1141" läuft, an die Leitstelle: "Ich stand am Bahnhofsvorplatz, da sind Hunderte Menschen, die alle Raketen in die Menge schießen. Nur zu Info."

Zentrale Leitstelle: "1141, habe ich richtig verstanden: die schießen in die Menge, ja?"

Arnold 1141: "Da stehen jetzt mittlerweile grob geschätzt mal 1.000 Menschen, und da wird's immer irgendeinen Idioten geben, der irgendwo hinschießt,"

Zentrale: "Könnt ihr Euch denn da einmal durchdrücken ...?


22:14 Uhr

Arnold 1141 an Leitstelle: "Weit über 1.000 Personen. Keine Maßnahmen mit unserer Kräftesituation möglich!"


22:30 Uhr

Polizei: "Notruf der Polizei"

Anruferin: "Also wir wollten eigentlich nur vom Hauptbahnhof Richtung Gaffel am Dom gehen und wurden schon, keine Ahnung, von ganz vielen angefasst und mit Böllern beschmissen. Also es ist wirklich sehr grenzwertig. Ganz ehrlich. Wenn Sie das auch hören im Hintergrund, Das ist wirklich gefährlich."

Polizei: "Ja, die Kollegen kommen zu Ihnen."


kurz vor 23:00 Uhr

Die ganze Zeit geschieht nichts. Jetzt beginnt die Situation zu eskalieren. Bzw. für die Polizei außer Kontrolle zu geraten, die zahlenmäßig völlig unterbesetzt ist: sowohl bei der Bundespolizei wie bei der Kölner Polizei. Einen gemeinsamen Funkkanal zwischen beiden gibt es nicht. Das lokale Polizeifunknetz ist mit den über 1.200 Notrufen in der Nacht, von denen sich rund 90 auf die Situation zwischen Dom und Hauptbahnhof beziehen, total überlastet - das Netz bricht regelmäßig zusammen. Ausweichen auf private Handynetze klappt auch nicht: wegen Überlastung.

So entscheidet sich die Polizei, Bahnhofsvorplatz und Domtreppe zu räumen.

Dies führt zu weiterem Gedränge und einem Aufstau der Menschenmassen auf der Domplatte und im Gebäude des Hauptbahnhofs. Keiner wird mehr herauskommen, keiner rein. 


23:38 Uhr

Polizei: Polizeinotruf

Anruferin: Ja, hallo, ... wir sind gerade durch den Haupteingangsbahnhof gelaufen, und da stehen lauter Leute, und wenn man da durchläuft, da begrapschen die einen, langen unter das Kleid und alles - aber so richtig! Ziehen einen mit und lassen einen nicht los.

Polizei: Sie sind am Haupteingang? In der Halle?

Anruferin: In der Halle Richtung Kölner Dom da. Da stehen auch so Polizisten, aber die machen gar nichts.

Polizei: Und Sie werden da belästigt?

Anruferin: Ja, total. Die langen einem unters Kleid und alles.

Polizei: Sie sind aber noch im Bahnhof selber, ja?

Anruferin: Nein, wir sind gerade rausgekommen, aber wir haben gerade schon einen Polizisten gefragt, und der hat gesagt, wir sollen die 110 wählen. Und das ist nicht normal."


0:15 Uhr - Neujahrsnacht

Nach einer Dreiviertelstunde ist die Räumung beendet. Die verbliebenen Personen stauen sich auf der Domplatte und im Bahnhofsgebäude. Dort fahren längst keine Züge mehr - die Bundespolizei hat den Eisenbahn- und S-Bahnverkehr komplett einstellen lassen.

Die Folge: Niemand kann nach Hause, um dem Chaos zu entkommen. Denn inzwischen sind im Menschengedränge auf der Hohenzollernbrücke erste panikartige Situationen entstanden: Die Menschen klettern über die Absperrzäune und retten sich auf die Eisenbahngleise. Jeder hat noch die Bilder der Loveparade von Duisburg im Kopf: dort starben 2010 im Gedränge 21 Menschen, 540 wurden schwer verletzt.

Wie sich die nächsten Tage herausstellen wird: 90% aller Sexualdelikte und Taschendiebstähle finden in der Zeit zwischen 20:30 und 1:20 Uhr statt.


8:57 Uhr am Neujahrstag

Die diensthabende Pressesprecherin in der Polizeidirektion Köln setzt eine Pressemeldung ab. Ihr liegen nicht viele Informationen vor - die Polizeibeamten, die in der Nacht ihr Möglichstes gaben, liegen inzwischen erschöpft in ihren Betten.

Die Pressemeldung ist übertitelt mit "Ausgelassene Stimmung - Feiern weitgehend friedlich". Und zum Stichwort Dom heißt es: "Kurz vor Mitternacht musste der Bahnhofsvorplatz im Bereich des Treppenaufgangs zum Dom durch Uniformierte geräumt werden. Um eine Massenpanik durch Zünden von pyrotechnischer Munition bei den circa 1000 Feiernden zu verhindern, begannen die Beamten kurzfristig die Platzfläche zu räumen. Trotz der ungeplanten Feierpause gestaltete sich die Einsatzlage entspannt - auch weil die Polizei sich an neuralgischen Orten gut aufgestellt und präsent zeigte."


danach am Neujahrstag

Die diensthabende Online-Redakteurin beim Kölner Stadt-Anzeiger, Janine GROSCH, eigentlich auf einen ruhigen Tag eingestellt, nimmt die Pressemeldung zur Kenntnis. Sollte man an einer offiziellen Verlautbarung zweifeln?

Im Verlauf des späten Morgen mehren sich in der facebook-Gruppe "Nett-Werk Köln" erste Berichte von Opfern und Augenzeugen, die anders klingen als das, was die Polizei verlautbart hatte. Und es meldet sich bei Janine GROSCH eine Anruferin, die ihr ihre Leidensgeschichte erzählt: Sie sei in der Nacht von mehreren Männern angegangen worden.

Eine Bestätigung dieses Vorfalls durch die Polizei gelingt nicht. Dort weiß man von nichts. Bzw. von nur einer einzigen sexuellen Belästigung. Trotzdem setzt die Onlineredakteurin um 13:21 Uhr eine erste Meldung ab - es ist bundesweit die allererste Nachricht zu dem, was in der Nacht vorgefallen war: Sexuelle Belästigung in der Silvesternacht - Frauen im Kölner Hauptbahnhof massiv bedrängt.

Danach melden sich weitere Opfer und Zeugen in der Redaktion. Auch deren Erfahrungen widersprechen der Pressemeldung "Feiern weitgehend friedlich".


2. Januar - Samstag

Die Kölnische Rundschau, die teilweise ebenfalls zum DuMont-Verlag gehört, aber eine eigenständige Redaktion besitzt, macht ihre Samstagausgabe mit "Frauen ausgeraubt und sexuell belästigt" auf. Auch bei ihr hatten sich viele Opfer und Zeugen gemeldet. Sie berichtet bisher am ausführlichsten über die Silvesternacht:

"Unter den Opfern war auch eine Gruppe junger Mädchen aus dem oberbergischen Reichshof. Das Quintett hatte auf der Domplatte gefeiert und wollte dann mit dem Zug nach Hause fahren. "Vor dem Hauptbahnhof wurden wir von einer Gruppe von mindestens 30 Männern umringt und eingekreist", berichtete eine 17-Jährige der Rundschau. In der "riesigen Traube" seien ihnen nicht nur Taschen und Wertgegenstände geraubt worden, sie seien von den Männern auch hemmungslos angefasst worden. "Ich hatte Finger an allen Körperöffnungen", schildert die junge Frau den Vorfall drastisch. Andere Männer seien dann zum Glück eingeschritten und hätten sie und ihre Freundinnen befreit.

Auch auf dem Weg zur Wache der Bundespolizei im Hauptbahnhof, wo die Oberbergerinnen dann Anzeige erstatteten, seien sie noch von Männern ausgelacht und beleidigt worden. Auf der Wache trafen sie dann auf andere Frauen, die ebenfalls beraubt und behelligt worden waren. "Ein junges Mädchen hatte ein Kleid an, der hat man die Strumpfhose und die Unterhose ausgezogen, sie war praktisch nackt. Wir hatten zum Glück Hosen an". Es seien mindestens acht Anzeigen erstattet worden. In einem Fall sei auch eine ältere Frau Opfer der Attacken geworden."

Nun muss die Polizei reagieren. Sie setzt eine neue Pressemeldung ab, informiert ihrerseits über die Übergriffe und nennt als Täter vor allem "nordafrikanisch Aussehende".

Gegen Mittag veröffentlichen diese beiden Zeitungen, die zu 100% zum DuMont-Verlag gehören, online die Nachricht, dass die Polizei bereits von rund 30 sexuellen Übergriffen und 40 Tätern ausgehe. Am frühen Abend bestätigt die Behörde diese Information mit einer neuerlichen Pressemeldung. 

Auch der WDR steigt jetzt als erstes öffentlich-rechtliches Medium in die Berichterstattung ein.


3. Januar - Sonntag

Diesesmal ist es der Sonntags-EXPRESS, der Opfer zu Wort kommen lässt. Aber auch Polizisten, die in der Silvesternacht im Einsatz waren. Von einem "Spießrutenlauf für Frauen" ist die Rede. Beispiel:

»Als wir aus der Bahnhofshalle kamen, waren wir sehr verwundert über die Gruppe, die uns da empfing«, erzählt die Kölnerin. Es handelte sich ausschließlich um junge ausländische Männer.Katja hakte sich bei einer Freundin ein, die andere junge Frau bei ihrem Freund. »Wir liefen dann durch diese Männergruppe. Es tat sich eine Gasse auf, durch die wir liefen. Plötzlich spürte ich eine Hand an meinem Po, dann an meinen Brüsten, schließlich wurde ich überall begrapscht. Es war der Horror. Obwohl wir schrien und um uns schlugen, hörten die Typen nicht auf. Ich war verzweifelt und glaube, dass ich rund 100 Mal auf den knapp 200 Metern angefasst wurde.« Dazu mussten die Frauen sich Sprüche wie »Ficki, ficki« anhören oder sie wurden als »Schlampen« beschimpft. »Ich habe zum Glück eine Hose und einen Mantel getragen. Einen Rock hätten man mir vermutlich vom Leib gerissen.«

Der EXPRESS benennt aber auch die Herkunft der 'mutmaßlichen' Täter: junge Zuwanderer aus Nordafrika 


4. Januar 2016 - das neue Arbeits-Jahr beginnt

Die nordrhein-westfälische Landesregierung unter Hannelore KRAFT (SPD) erfährt - nach ihren eigenen Angaben - erst jetzt vom wahren Ausmaß der Übergriffe. Innenminister JÄGER (SPD) fordert einen Bericht von der Kölner Polizei an: Zwar hätte die Behörde seit dem Neujahrstag 4 interne "Wichtige Ereignis"-Meldungen ("WE-Berichte") verschickt, die auch die Regierungsebene erreicht hätten, wie er Wochen später zugeben muss. Aber sie hätten nicht die ganze Dramatik widergespiegelt.

Kölns Polizeipräsident Wolfgang ALBERS äußert sich am Mittag auf einer eilends anberaumten Pressekonferenz, spricht von "Straftaten einer neuen Dimension" und jungen Männern aus Nordafrika als Tatverdächtige. Bisher seien deswegen 60 Anzeigen eingegangen.


5. Januar - Dienstag

Nachdem am Vorabend auch die Tagesschau erstmals berichtet hatte, halten Kölns Oberbürgermeisterin Henriette REKER, Kölns Polizeipräsident ALBERS und der Präsident der Bundespolizeidirektion Wolfgang WURM eine gemeinsame Pressekonferenz ab. Die halbe Welt ist zugegen, insgesamt 70 Journalisten und Reporter, die sich alle in den Saal zwängen. Die Vorgänge der Kölner Silvesternacht waren auch schnell Thema im Ausland geworden, bis in die USA. So ist das Medieninteresse riesig.

Die drei politisch Verantwortlichen verurteilen die Vorgänge, rekapitulieren die Vorgänge in Kürze und stellen Überlegungen vor, wie man derlei künftig verhindern könne. Festgehalten in einer neuen Pressemitteilung der Polizei: Nachtrag zur Pressemitteilung Ziffer 1 vom 2. Januar 2016.

Henriette REKER hat noch einen besonderen Tipp für Frauen: "Es ist immer eine Möglichkeit, eine gewisse Distanz zu halten, die weiter als eine Armlänge betrifft." 

Sie wird diesen Satz bereuen. Kaum ausgesprochen gibt es bereits einen Hashtag auf twitter: #einearmlaenge. Auf ARD und ZDF laufen Sondersendungen.

Bundesinnenminister Thomas de MAIZIÈRE (CDU) hat eine etwas andere Meinung: "So kann Polizei nicht arbeiten" - er erwarte detaillierte Aufklärung.


6. Januar

"Ich bin Syrier, ihr müsst mich freundlich behandeln! Frau Merkel hat mich eingeladen!"

Nur eine Reaktion von vielen, denen sich die Polizisten in der Silvesternacht gegenüber sahen. Sie wird an diesem Tag durch den Einsatzbericht eines Bundespolizeibeamten bekannt. "Das hat der sich von der Seele geschrieben", wird später Thomas de MAIZIÈRE über dieses Dokument sagen. Und das Durchsickern dieses Berichts damit indirekt billigen. 

Auf 4 Seiten hat der Beamte seine Erlebnisse zusammengefasst. Und spricht von einer "Respektlosigkeit,wie ich sie in 29 Dienstjahren noch nicht erlebt habe."


7. Januar

Der EXPRESS berichtet unter Berufung auf einen internen Bericht der Bereitschaftspolizei  darüber, dass der Kölner Polizei vom Land im Vorfeld nicht alle angeforderten Kräfte genehmigt wurden. Das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste (LZPD NRW) habe den Einsatz einer kompletten Hundertschaft der Bereitschaftspolizei verweigert und strich einen Zug mit 38 Beamten.  

Daraufhin hatte die Polizei ihr Einsatzkonzept ändern müssen: Ein ausgerechnet für den Bahnhofsbereich vorgesehener Einsatzzug wurde gestrichen, die Meldezeit der Beamten um zwei Stunden auf 22 Uhr nach hinten verlegt – aus  Sicht vieler Beobachter eine fatale Entscheidung

Der Kölner Stadt-Anzeiger enthüllt, dass sich die Polizeiführung schon in der Silvesternacht der politischen Brisanz der Übergriffe in Zusammenhang mit arabischen und nordafrikanischen Flüchtlingen als möglichen Tätern sehr wohl bewusst war: Im ersten WE-Bericht am frühen Neujahrsmorgen hatte ein Dienstgruppenleiter die Herkunft von in der Nacht kontrollierten Männern bewusst verschwiegen - sie zu nennen sei ihm „politisch zu heikel"  gewesen, wird der Beamte einige Wochen später später vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) erklären.

Der Druck auf Polizeipräsident Wolfgang ALBERS nimmt zu.


8. Januar

Polizeipräsident ist Teil des Problems, titelt der Kölner Stadt-Anzeiger.

So sieht es auch die Bundespolizei. Sie hält in einem internen Vermerk für das Bundesinnenministerium fest: "Der Brennpunkt der Ereignisse lag im sachlichen und örtlichen Zuständigkeitsbereich der Landespolizei." In diesem Kontext wird erstmal bekannt, dass es seit Jahren Unklarheiten und Reibereien über den genauen Zuständigkeitsbereich im Bahnhofsumfeld gibt.

Für Polizeipräsident ALBERS kein Problem, das einer Klärung bedurft hätte. Ebensowenig der Umstand, Details über die Tätergruppen bekannt zu geben.

Bereits vor über einem Jahr, im Oktober 2014, hatte er die Ereignisse kleingeredet. Damals war es zu einer heftigen Strassenschlacht mit der Polizei gekommen, als gewaltbereite Hooligans eine Demonstration gegen Salafisten durchgeführt hatten (HoGeSa: Hooligans Gegen Salafisten). Bei der wurden über 50 von insgesamt 1.300 Polizisten verletzt. Nachträgliche Einschätzung dieser Lage durch ALBERS: Es habe sich um ein nicht vorhersehbares Phänomen gehandelt.

Der 8. Januar wird daher auch der letzte Arbeitstag des Polizeipräsidenten: ALBERS wird von Innenminister Ralf JÄGER in den vorzeitigen Ruhestand entlassen.

Die neue Ausgabe des Magazins Focus geht mit seiner Titelgeschichte auf das Thema ein: Frauen klagen an - die Nacht der Schande (siehe aktives Bild): "Deutschland steht unter Schock". Und: "Zudem wurde offenbar der Öffentlichkeit nach den Vorfällen tagelang nur die halbe Wahrheit gesagt – wohl aus politischen Gründen."


danach

Jetzt wird ein Zettel, eine Art Gebrauchsanweisung, bekannt, den die Polizei bei zwei möglichen Tatverdächtigen findet: Übersetzungen von anzüglichen Bemerkungen aus dem Arabischen ins Deutsche (siehe Bild - Anklicken öffnet ein PDF). Auf den Handys finden die Polizisten Filme und Videos, die Szenen der Ausschreitungen zeigen. In der Kleidung versteckt: mutmaßliche Beute aus den Trickdiebstählen der Antänzer. Der Kölner Stadt-Anzeiger widmet den aktuellen Vorgängen und Informationen am 9. Januar eine ganze Doppelseite.

Bei der Bundespolizei sind inzwischen 32 mutmaßliche Täter identifiziert, darunter 18 Asylbewerber. Die Polizei Köln arbeitet sich an 19 Tatverdächtigen ab, zumeist aus Nordafrika, sogenannte Nafris. Und jetzt ist auch eine Ermittlungsruppe "EG Neujahr" im Einsatz, die um weitere 20 Mann auf insgesamt 100 aufgestockt wird. Wenig später, unter dem neuen Polizeipräsidenten, wird die "EG Neujahr" um zwei Fachleute von Scotland Yard aus London unterstützt: zwei Super Recognizer. Deren Qualifikation: sich Gesichter merken zu können.

Konkret: ein Super Recognizer prägt sich die Gesichter der Opfer ein, versucht sie auf den inzwischen vielen Videos ausfindig zu machen, die inzwischen auch von Zeugen eingegangen sind. Dann werden die Wege der Opfer durch die Menge nachvollzogen. Dabei werden den Tatorten mögliche Blickwinkel auch anderer Videokameras oder Handyaufnahmen zugeordnet. Mit dieser sehr mühevollen Rekonstruktion sucht man dann die Peiniger, wie sie sich den Opfern nähern. Deren Bilder werden dann zu Fahndungsfotos. 

Aber das wird erst demnächst geschehen. Und Erfolg haben: rund 30 Tatverdächtige werden so ausfindig gemacht


11. Januar

Der EXPRESS hat neue Informationen ausgegraben bzw. erhalten: Bisher haben die Behörden nicht erwähnt, dass kurz nach der Räumung des Bahnhofsvorplatzes und unmittelbar vor Eskalation der sexuellen Übergriffe Polizisten vom Bahnhof in Richtung Amüsiermeile "Ringe" abgezogen worden waren. Offenbar eine fatale Fehlentscheidung.

Gleichzeitig muss sich an diesem Tag Innenminister Ralf JÄGER vor dem Innenausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag erklären: 

"Die Einschätzung des PP Köln am Einsatztag, mit den vorhandenen Kräften polizeiliche Maßnahmen umfassend durchführen zu können, wird als gravierender Fehler bewertet. Durch die fehlende Anpassung der Kräftelage auf die sich für die Polizei neu darstellende Situation der teilweise völligen Enthemmung der Männergruppen hatte die Polizei keinerlei Kontrolle über die Lage und konnte quasi vor und unter ihren Augen nicht vermeiden, dass Frauen sexuell geschädigt und bestohlen bzw. beraubt wurden. Dadurch wurde das Ansehen der Polizei bei den Geschädigten und im Anschluss bei der breiten Öffentlichkeit erheblich beeinträchtigt und geschädigt."


An diesem Abend entschuldigt sich Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidentin, Hannelore KRAFT (SPD), die lange geschwiegen hatte, erstmal bei den Opfern: in dem ARD-Fernsehformat "hartaberfair".

Aufrufen lässt sich diese Sendung nicht mehr. Das öffentlich-rechtliche Fernsehen fungiert nur noch partiell als Bestandteil des Öffentlichen Gedächtnis.


18. Januar

Das NRW-Innenministerium verschickt unter dem zunehmenden öffentlichen Druck - auch wegen der Fragen von Kölner Zeitungen - eine „detaillierte Darstellung der Landesregierung zur Kommunikation vom 1. bis 7. Januar zu den Übergriffen in der Silvesternacht in Köln“.  

Die Abläufe seien „umfassend“, wird behauptet. Was dort allerdings nicht beschrieben wird, berichtet der „EXPRESS“ noch am selben Tag: Auch die Staatskanzlei, das Justizministerium sowie der Krisenstab der für die Flüchtlingsunterkunft zuständigen Bezirksregierung Arnsberg waren bereits am Mittag des Neujahrstages in einer so genannten Meldung über „Wichtige Ereignisse“ (WE) über die Vorfälle in Köln informiert, einschließlich zahlreicher sexueller Übergriffe.

Bisher hatten sie so getan, als hätten sie alles erst am Montag, den 4. Januar, beim Zeitungslesen erfahren 


22. Januar

"Ich glaube, die spinnen",

schreibt ein Polizeihauptkommissar (PHK) an seinen Kollegen. Gemeint sind die Journalisten, die die vielen immer noch offenen Fragen beantwortet haben wollen. So hat beispielsweise der EXPRESS einen detaillierten Fragenkatalog an den Innenminister geschickt. Darin geht es u.a. um die Kenntnis in der Staatskanzlei, die widersprüchlichen Zahlen zu den vorhandenen Polizeikräften am Dom und dem HBF sowie andere Ungereimtheiten.

Das Innenministerium reicht die Fragen an die zuständigen Abteilungen im Hause weiter und der fragliche PHK aus dem Referat 412 schreibt den Satz "Ich glaube, die spinnen" in einer Email an den Kollegen. Zusatz: "Wir warten bis zum 27.01."

Damit ist gemeint: JÄGER's Innenministerium will die Beantwortung verzögern, um mehr Antworten verweigern zu können.

Hintergrund: Am "27.01." soll nämlich ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss (PUA) im Landtag eingesetzt werden. Damit endet dann gleichzeitig auch der Zeitraum, der untersucht werden kann. Anders gesagt: Was bis dahin nicht in den Fragenkatalog der Parlamentarier aufgenommen worden ist, wird dann auch von diesem Gremium nicht mehr untersucht und auch entsprechende Akten müssen dann nicht mehr unbedingt vorgelegt werden. Und den Journalisten kann man nach dem "27.01." dann die Antwort mit dem Argument verweigern: aus Respekt vor dem Parlament - erst müssten die Parlamentarier informiert werden, erst danach dann die Journalisten. Und so etwas kann sich hinziehen.

Dass dies genau so geplant war, wird einige Wochen später ein hochrangiger Ministerialer aus dem Innenministerium vor dem PUA bestätigen (müssen)


An diesem Tag erscheint in vielen Zeitungen - unter der Führung des Kölner Stadt-Anzeiger - die "Kölner Botschaft". Darin äußern sich prominente Kölner zu den Vorfällen, dass sie zu ihrer Stadt stehen mit all "ihren Unvollkommenheiten" und deshalb 4 Forderungen kommunizieren wollen:

  1. Keinerlei Tolerieren sexueller Gewalt
  2. Kampf gegen bandenmäßige Kriminalität
  3. Aufklärung des behördlichen Versagens
  4. Schluss mit der fremdenfeindlichen Hetze - Deutschland bleibt ein gastfreundliches Land.

Zu den Erstunterzeichnern gehören der "Schwarm"-Autor Frank SCHÄTZING. der Schriftsteller Navid KERMANI, Mariele MILLOWITSCH. Rainer Kardinal WOELKI und andere.

Dem Aufruf, der in mehreren Sprachen erscheint, darunter auch arabisch, werden sich in Kürze immer mehr Menschen anschließen.


5. März

Bisher standen die Vorgänge und das Chaos vor dem Dom und auf dem Bahnhofsgelände im Fokus der Öffentlichkeit. Jetzt enthüllt der EXPRESS, dass sich auch auf der Hohenzollernbrücke fatale Ereignisse abgespielt haben: 5 Minuten vor dem Jahreswechsel ließ ein Polizeiführer der Bundespolizei alle Bahngleise sperren und die elektrische Oberleitung abschalten - Menschen, die im Gedränge auf der Brücke in Panik geraten waren, versuchten sich auf die Bahngleise zu retten, indem sie über den (hohen) Zaun geklettert waren. Viele hatten wohl die Bilder von der Love-Parade 2010 in Duisburg im Kopf - da hatte es 21 Tote und noch mehr Verletzte gegeben.

Folge der Gleissperrung: 51 Züge des Nahverkehrs und den S-Bahnen fielen aus. Menschen, die nach Hause wollten, waren im Bahnhofsgebäude quasi eingesperrt. Eine ideale Situation für den Sex-Mob. Dazu schreibt der EXPRESS:

"Genau in diesen 80 Minuten konnte der Mob besonders wüten.  370 Taten sollen laut einer Auswertung aller Anzeigen zwischen 23.55 und 1.15 Uhr stattgefunden haben – alle 13 Sekunden (!) eine,  darunter großenteils sexuelle Übergriffe. Kaum eine von ihnen wurde entdeckt. Die Polizei - völlig überfordert."

Hier geht's zum vollständigen Artikel Kölner Silvester-Chaos: Was alles schief lief 

Die Politik reagiert auf die EXPRESS-Enthüllung. Landtagsabgeordnete aus der rot-grünen Regierungskoalition sowie aus der Opposition fordern Aufklärung.

Die Stadt Köln geht auf Distanz zu Behauptungen von Innenminister JÄGER, wonach sich die Kommune im Vorfeld geweigert habe, die Gehwege der Brücke während der Silvesternacht (siehe Foto) zu sperren. Allerdings wird sich herausstellen, dass es im Vorfeld in der Nacht tatsächlich lange Diskussionen über eine Vollsperrung der Brücke gegeben hatte - die jedoch im Laufe des  Jahres 2015 im Sande verliefen: in den Mühlen der Behörden. 

Polizisten hingegen, die regelmäßig Streife laufen und die Örtlichkeiten kennen, hatten immer wieder darauf bestanden. Vergeblich


Ebenfalls an diesem Wochenende legt der Kölner Stadt-Anzeiger seiner Zeitung ein 14seitiges Magazin bei. Es beginnt nochmals mit der "Kölner Botschaft". Dann folgt auf 10 Seiten eine umfangreiche Dokumentation dessen, was bisher (mühsam) durch die Medien recherchiert und veröffentlicht wurde. Bisher haben sich 1.095 Opfer gemeldet. Es gibt 87 Tatverdächtige, 1.165 Stunden Videomaterial und 115 Ermittler. Gesucht werden jetzt: "Täter - und Verantwortliche". 

Hier lässt sich das Magazin mit dem Titel "Hilflos" aufrufen und als PDF anschauen


8. März

Und wieder legt der EXPRESS vor: Christian WIERMER, Chefreporter der DuMont-Mediengruppe und Hauptstadtkorrespondent in Berlin für alle Boulevard-Titel des Verlags (EXPRESS, Berliner Kurier, Hamburger Morgenpost), enthüllt in seinem Artikel EXPRESS enthüllt den Silvester-Befehl, dass die Kölner Polizeiführung im Vorfeld der Silvesternacht bereits von Taten ausging, wie sie in der Nacht tatsächlich verübt werden sollte.  
Die Zeitung berichtet unter Berufung auf den bis dahin unbekannten Einsatzbefehl vom 29. Dezember, also 2 Tage vor der Silvesternacht, von prognostizierten „Tumultdelikten“ durch nordafrikanische Tätergruppen. Es sei „während der Feierlichkeiten mit den typischen Gefahren zu rechnen, die sich aus größeren Menschenansammlungen in Verbindung mit (stark) erhöhtem Alkoholkonsum heraus ergeben können“ , heißt es in dem vom Leiter der für die Innenstadt zuständigen Polizeiinspektion 1 verfassten Befehl unter dem Stichwort „besondere Lage“.  „Neben einer Vielzahl von Körperverletzungsdelikten (häufig als 'Tumultdelikt') hat es in den letzten Jahren insbesondere in den Deliktsbereichen Taschendiebstahl und Straßenraub erhebliche Steigerungen gegeben. Dies dürfte maßgeblich auf die Täterklientel NAFRI zurückzuführen sein, die die günstigen Tatgelegenheitsstrukturen nutzen.“  

Als NAFRI werden polizeiintern Intensivtäter aus dem nordafrikanischen Raum bezeichnet. Personen aus Marokko und Algerien sind die mehrheitlich Beschuldigten in den von der Staatsanwaltschaft geführten Verfahren aus der Silvesternacht von Köln.  Auch weitere, tatsächlich am Kölner Hauptbahnhof später eingetretene Ereignisse waren bereits laut dem Zeitungsbericht im vertraulichen Befehl thematisiert worden.

„Die allgemeine Sicherheitslage nach den jüngsten Anschlägen wird als bekannt vorausgesetzt. Gerade in Bezug auf diese Lage in Verbindung mit einem massiven und häufig rücksichtslosen Einsatz von Pyrotechnik und Feuerwerkskörpern (gezieltes „beschießen“ von Personen, auch Einsatzkräften) und den daraus resultierenden Gefahren (Panikreaktionen u.ä.) ist eine deutlich sichtbare polizeiliche Präsenz im gesamten Einsatzraum erforderlich“, heißt es weiter. „Insbesondere der flächendeckenden Ansprechbarkeit für hilfesuchende Bürger kommt wegen der allgemein herrschenden Verunsicherung eine hohe Bedeutung zu.“


17. März

Und wieder ein neues, aber wichtiges Detail in dem EXPRESS-Artikel Polizei war nur mit 80 Beamten im Einsatz, das den Medien und der Öffentlichkeit vorenthalten wurde. Am Dom und am Hauptbahnhof waren weniger Polizeikräfte im Einsatz als bisher angegeben. Stets war die Sprache davon, dass man mit 140 Beamten gut aufgestellt gewesen sei. Diese Zahl bezog sich aber auf das gesamte Stadtgebiet. An den fraglichen Örtlichkeiten, Dom und Hauptbahnhof, waren es maximal 80.

Die Polizeiführung kommt nicht umhin, dies zu bestätigen. Und hat auch gleich eine Begründung dafür: Die falsche Information beruhe auf behördeninternen "Fehlinformationen".

Erste Maßnahmen auf Bundesebene:

Die öffentliche Diskussion über die Silvesternachtvorgänge zeigen erste politische Reaktionen: Ab sofort wird das Recht der Ausweisung und der Ausschluss von der Anerkennung als Flüchtling gegenüber straffällig gewordenen Personen verschärft. Außerdem werden die Staatsanwaltschaften verpflichtet, bei Anklageerhebung von schwerwiegenden Straftaten das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) einzuschalten. Damit kann diese Behörde entsprechende Antragsverfahren schneller durchführen bzw. Ablehnungen schneller aussprechen.


6. und 7. April

Die Kette von Enthüllungen reißt nicht ab. Das, was nach und nach mosaikartig und mit Hilfe vieler anonymer Informanten aus unterschiedlichen Behörden und Institutionen zum Vorschein kommt, wirft kein gutes Bild auf die offiziellen Verlautbarungsstellen und die Politik.

So auch die folgende, die der EXPRESS einen Tag vor einer der Sitzungen des Innenausschusses im Landtag von NRW veröffentlicht hat. Dabei geht es um die Frage, was (alles) eine "Vergewaltigung" ist.

Der § 177 des Strafgesetzbuches äußert sich dazu in Absatz 6 unmissverständlich:

"In besonders schweren Fällen ist auf Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn

1. der Täter mit dem Opfer den Beischlaf vollzieht oder vollziehen lässt oder ähnliche sexuelle Handlungen an dem Opfer vornimmt oder von ihm vornehmen lässt, die dieses besonders erniedrigen, insbesondere wenn sie mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind (Vergewaltigung), oder

2. die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird."

Soweit die gesetzliche Definition.

Und so der Versuch eines höheren Beamten, einige der Vorfälle der Kölner Silvesternacht für die politische Führung herunterzuspielen:

Einer, der sich als Mitarbeiter der Landesleitstelle vorgestellt hatte, hat in einem Telefonat zur Mittagszeit am 1. Januar darauf gedrungen das Wort „Vergewaltigungen“  zu streichen bzw. gleich die ganze Meldung zu stornieren: 

"Das sind doch keine Vergewaltigungen. Diesen Begriff streicht ihr. Ihr storniert die WE-Meldung ("Wichtiges Ereignis"-Meldung) und schreibt die am besten ganz neu!" Dies sei "ein Wunsch aus dem Ministerium." So wird sich der Kriminalkommissar später vor dem PUA erinnern. Auch deswegen, weil er soviel Mumm hatte, dieser Anweisung von oben nicht zu folgen. Der Kriminalkommissar beließ die WE-Meldung so wie er sie nach Recht und Gewissen aufgesetzt hatte.

Innenminister JÄGER hat nichts Besseres zu tun, als dieses Telefonat und den gesamten Vorgang abzustreiten. Obwohl einige in seinem Umfeld davon schon seit drei Monaten wussten. Aber niemand wollte das aufklären. Und schon garnicht an die Öffentlichkeit bringen. 

JÄGER offiziell: Einen solchen Anruf habe es nie gegeben. Und schon gar keinen Vertuschungsversuch! So der Minister im Innenausschuss.

Merkwürdig nur: Der aufrechte Kriminalkommissar hatte sich über dieses denkwürdige Telefonat einen Aktenvermerk angelegt. Und sein Kollege, der ihn gerade ablösen sollte, hatte alles mitbekommen.

Dies ist der Bericht des EXPRESS: Dieses Dokument zeigt den Vertuschungsversuch. Und dies ist der dort veröffentlichte Vermerk:

Als später die Telekommunikationsdaten über dieses offiziell abgestrittene Gespräch ausgewertet werden sollen, wird sich herausstellen, dass just diese nicht mehr existieren. Sie wurden gelöscht. 

Jedenfalls relativiert JÄGER kurz darauf seine Aussage vor den Parlamentariern. Jetzt hat er einen WDR-Kameramann vor sich und JÄGER räumt ein, dass es ein Telefonat gegeben habe. Aber da sei es nur darum gegangen, den Tatbestand "Vergewaltigung" deliktisch einzuordnen. 

Als einige Wochen später JÄGER's Innen-Staatssekretär im PUA zu diesem Vorgang Stellung beziehen muss, wird er einräumen, dass JÄGER's Darstellung "unglücklich, eigentlich falsch" sei.


danach im April

Und so kommen bei dem offiziellen Versuch, alles herunterzuspielen oder gar abzustreiten, immer mehr Dinge ans Licht der Öffentlichkeit. Es ist auch dies Informanten geschuldet, die nicht zusehen mögen, wie von offizieller Seite relevante Tatsachen unterdrückt oder Fakten zurechtgebogen werden. Und die nicht nur wissen, sondern dies auch praktizieren, dass ein demokratisches Miteinander auf Transparenz aufbaut.

  • So wird beispielsweise der EXPRESS am 12. April berichten, dass zu der Zeit, als die Situation am Hauptbahnhof eskalierte - mehr als ein halbes Dutzend Streifenwagen der Polizei gegen Mitternacht auf der Zoobrücke postiert waren. Von dort hat man ebenfalls eine spektakuläre Aussicht auf das Silvester-Feuerwerk über der Stadt.
    Weil auch das möglicherweise offiziell abgestritten worden wäre, veröffentlicht der EXPRESS auf seinem YouTube-Kanal gleich ein Video, auf dem diese Szene belegt ist:
  • Am 21. April wird durch den EXPRESS bekannt, dass sowohl der Hauptbahnhof als auch der benachbarte Bahnhof Messe/Deutz zwei Tage vor Silvester für die Nacht bis zum Neujahrsmorgen als "gefährdetes Objekt" im Sinne des Bundespolizeigesetzes eingestuft worden war. Das hätte Identitätskontrollen und Durchsuchungen auch ohne konkreten Anhaltspunkt für Straftaten erlaubt: Hauptbahnhof galt als Terror-Ziel
  • Drei Tage später: Kraft's Umfeld war schon Neujahr informiert. 
    Nicht durchs Zeitungslesen bzw. beim Durchschauen des Pressespiegels am Montag, den 4. Januar, sondern bereits am Neujahrstag selbst, konkret gegen 14:30 Uhr wurden die relevanten politischen Leitungsebenen bis hin zum Vorzimmer der MP Hannelore KRAFT (SPD) über die massiven Übergriffe informiert.
    Der EXPRESS schildert dabei ausführlich, wie in der Landesregierung versucht wurde, die Bedeutung der Ereignisse klein zu halten, um das lange Schweigen der politisch Handelnden zu rechtfertigen
  • Nachdem der Kölner Stadt-Anzeiger Tausende Seiten Ministeriumsakten, Einsatzberichte und Polizeiprotokolle hat einsehen können, kommen die Redakteure bei der Auswertung ebenfalls zu einem ungünstigen Schluss für NRW-Innenminister Ralf JÄGER und seine Beamten: „Die Akten mit der Geheimhaltungsstufe 'Verschlusssache – nur für den Dienstgebrauch' belegen, wie sehr Jägers Apparat unter Druck stand, Ermittlungs-Ergebnisse zu liefern. Es lässt sich aber auch herauslesen, wie daran gearbeitet wurde, einen unsichtbaren Schutzwall zwischen der gescholtenen Kölner Polizei und dem Innenministerium hochzuziehen. Es soll dieses Bild entstehen: dort die Schuldigen rund um den Dom, hier die Düsseldorfer Aufklärer."
    Der Kölner Stadt-Anzeiger macht daraus eine zweiseitige Dokumentation (Anklicken des Bildes öffnet den 2seitigen Bericht:

5. Mai

Die beiden Regierungsparteien SPD und GRÜNE sind sauer, weil die beiden Kölner Zeitungen Kölner Stadt-Anzeiger und EXPRESS regelmäßig vor den Sitzungen des Parlamentarischen Untersuchungsausschuss (PUA) brisante Informationen der Öffentlichkeit zur Verfügung stellen, die teilweise auch als "Verschlusssache - Nur für den Dienstgebrauch" oder "Verschlusssache -Vertraulich", also im allgemeinen Sprachgebrauch: als "geheim" deklariert sind. Details zu den unterschiedlichen Geheimhaltungsstufen finden sich auf WIKIPEDIA.

Dinge, die nicht publik werden sollen, einfach als "geheim" einzustufen, ist ein beliebtes Spiel für Politik und Behörden, relevante Informationen hinterm Berg zu halten. Schon seit jeher. Das war bei der SPIEGEL-Affäre im Jahr 1962 so, und das wird im aktuellen Jahr 2016 auch in den 4 PUA's im Bundestag so praktiziert (NSA, NSU, Cum-Ex, Abgas): möglichst viel verbergen. Gründe - bzw. Ausreden - lassen sich immer schnell konstruieren.

Bemerkenswerterweise werden solche Klassifikationen nicht durch neutrale, als objektive Institutionen vorgenommen, sondern von den betreffenden Behörden selbst. Und nichts ist einfacher als auf irgendwelche Akten einen "Geheim"-Stempel draufzuklatschen. Und weil eine gerichtliche Überprüfung nur in absoluten Ausnahmefällen gelingen kann, praktizieren jene, die etwas zu verbergen haben (oder wollen) dies regelmäßig gerne.

Ob eine solche als "geheim" deklarierte Akte dann wirklich "geheim" bleiben oder ob eine solche Geheimhaltung aufgehoben werden soll, das entscheiden die Mitglieder eines PUA. Konkret: die Mehrheit der Mitglieder in einem PUA. Das aber sind in der Regel jene, die die Regierungsfraktion bilden. Und deswegen kein Interesse daran haben. Also bleibt "geheim" dann "geheim". Jedenfalls solange, wie es keine beherzten und demokratisch denkende Bürger in den fraglichen Institutionen gibt, die das nicht mit ihrem Gewissen vereinbaren können. 

Nun ärgern sich also angesichts der vielen aktuellen Enthüllungen die politisch Verantwortlichen bzw. die die Landesregierung tragenden Parteien. Und sie sinnen auf Abhilfe. Konkret: Sie wollen die Justiz, konkret den Staatsanwalt einschalten, der die Leaks ermitteln soll. Auf dass man jene, die das machen, abstrafen kann. 

Und so sehen die Begründungen für den geplanten Antrag für eine Strafanzeige aus:

  • SPD: Wer vertrauliche Dokumente herausgibt, verstößt "gegen Gesetze und gefährdet die Aufklärungsarbeit" (Hans-Willi KÖRFGES) 
  • GRÜNE: "Die Pressefreiheit ist ein hohes Gut. Wird allerdings durch gezielte Indiskretionen die Arbeitsfähigkeit eines PUA gefährdet, muss dies auch klar benannt werden" (Matti BOLTE).

Aus dem Vorhaben wird nichts. Zu groß der öffentliche Protest und zu heftig die Argumente der Medien. Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes DJV, Frank ÜBERALL, findet klare Worte: "Ich kann das Vorgehen nicht anders verstehen als einen ungehörigen Einschüchterungsversuch."


28. Juni

Das öffentliche und mediale Interesse als auch die Arbeit des PUA konzentrieren sich auf die Vorgänge, die Abläufe und deren Fehlentscheidungen und Pannen, kurz das Versagen des Sicherheitsapparats. Von den Opfern ist weitaus seltener die Rede, auch wenn die ersten Schilderungen in den Medien überhaupt erst den Staatsapparat auf Trab gebracht hatten. Hätten Opfer und Zeugen sich nicht an die Journalisten gewandt, wäre vermutlich vieles im Sande verlaufen und noch mehr nicht aufgeklärt worden. 

Die Wahrnehmung der "Öffentlichen Aufgabe" durch die Medien setzt also Informanten und deren Informationen voraus, egal ob sie aus den staatlichen und sonstigen Institutionen stammen oder von den Menschen, den Lesern und Usern kommen. Je mehr Informationen, umso mehr öffentliche Kommunikation und umso mehr öffentliche Diskussion. Letztere beflügelt dann auch die handelnde Politik. Die ja eigentlich für die Menschen da ist.

Jetzt berichtet der EXPRESS über eine "Vergewaltigung, die keine sein sollte". Die beiden Redakteure, Gerhard VOOGT und Christian WIERMER, haben sich mehrfach mit dem Opfer, einer 19jährigen gehörlosen jungen Frau unterhalten. Sie erzählen ihre Geschichte. Und stellen sie in den Zusammenhang mit dem zuständigen Innenminister Ralf JÄGER. Der hat sie nämlich - in Kurzform - bereits am 1. Januar um 14:36 Uhr erfahren


Juli 2016

Inzwischen hat der PUA "Kölner Silvesternacht" schon 25 Male getagt. Alles, was die Zeitungen bisher enthüllt haben, bestätigt sich bei den offiziellen Vernehmungen. 

Jetzt wird aus dem Telefonat 'von oben' am 1. Januar, als man das Wort "Vergewaltigungen" streichen lassen wollte (der EXPRESS hatte dies am 6. April enthüllt) eine "Lösch-Affäre". Die Kommunikationsdaten dieses Tages, die ausdrücklich gesichert werden sollte, sind gelöscht worden. "Kann das alles noch Zufall sein?" fragt der EXPRESS am 12. Juli?

Sofort bestehen die beiden Oppositionsparteien CDU und FDP auf einer Sondersitzung des PUA inmitten der Sommerpause. Und wieder werden Kommunikationspannen im Sicherheitsapparat offenbar. Im Abschlussbericht des PUA, der aber erst im März des nächsten Jahres fertig sein wird, werden CDU und FDP gerade zu diesem Thema eine abweichende Meinung zur offiziellen Sichtweise der regierenden Parteien SPD und GRÜNE darstellen. Dies lässt sich dann im Abschlussbericht auf den Seiten 1123 bis 1140 nachlesen


Ende August

Das Bundeskriminalamt stellt am 28. August die Ergebnisse der Projektgruppe "Silvester" zusammen, die die Innenminister von Bund und Ländern vereinbart haben. Die Experten haben darin alle Vorkommnisse, insbesondere Sexualdelikte analysiert, die in Köln, aber auch in einigen anderen Städten (Stuttgart, Hamburg, Frankfurt/M, Düsseldorf) vorgekommen waren, um daraus Lehren für die Zukunft zu ziehen.

Dabei wurden auch Erkenntnisse aus anderen Ländern berücksichtigt. So ist sexuelle Gewalt in öffentlichen Räumen in Ägypten ("taharrush gamea), Indien, Pakistan, Bangladesch und Nepal weit verbreitet, die ähnliche Ablaufsmuster wie die Vorkommnisse in Köln aufweisen.

Fünf Erklärungsfaktoren haben sich für die Kriminalisten herauskristallisiert: unsichere prekäre soziale Rahmenbedingungen und daraus entstehender Frust, Geschlechterrollenverständnis im Ursprungsland, Gruppenorientierung bei der Tatausführung, Enthemmung durch Alkoholgenuss, nicht wahr- oder ernstgenommene Präsenz von Polizei.

Dies sind die relevanten Erklärungsansätze (Anklicken des Dokuments öffnet die gesamte Analyse als PDF, die dem Abschlussbericht des PUA "Kölner Silvesternacht" entnommen wurde):


November 2016

Der Bundestag hat auf die Erfahrungen der Kölner Silvesternacht mit einer Verschärfung des Sexualstrafrechts reagiert: In das Strafgesetzbuch wurde ein neuer Paragraph "184 i StGB)" eingeführt:

  1. Wer eine andere Person in sexuell bestimmter Weise körperlich berührt und dadurch belästigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wenn nicht die Tat in anderen Vorschriften mit schwererer Strafe bedroht ist.
  2. In besonders schweren Fällen ist die Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren. Ein besonders schwerer Fall liegt in der Regel vor, wenn die Tat von mehreren gemeinschaftlich begangen wird.
  3. Die Tat wird nur auf Antrag verfolgt, es sei denn, dass die Strafverfolgungsbehörde wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hält.

Bedeutet: Sexuelle Belästigung mit körperlicher Berührung ist jetzt strafbar.


Eine Woche bevor die Innenminister von Bund und Ländern auf ihrer Herbstkonferenz in Saarbrücken den Abschlussbericht  der eingesetzten polizeilichen Projektgruppe „Silvester“ verabschieden, enthüllt „EXPRESS“ das vertrauliche Papier. Es weist zahlreiche Vorschläge für Konsequenzen aus den Ereignissen in der Silvesternacht auf, um Großveranstaltungen sicherer zu machen. Zu den konkreten Maßnahmen zählen

  • Besucher-Limits und stärkere Einlasskontrollen
  • der verstärkte Einsatz von Reiterstaffeln
  • Hubschraubern
  • Videoüberwachung
  • sowie mobile Dienststellen bei Massenveranstaltungen.

Zudem sollen mehr zur Bearbeitung von Sexualdelikten speziell ausbildete Beamte  eingesetzt werden, „um bereits  im Rahmen des ersten Angriffs qualifizierte Vernehmungen durchzuführen und objektive Spuren zu sichern“.

Ebenfalls sei die Einrichtung von „Frauenrückzugsräumen/Security Points künftig zu prüfen, da sie Opfern und anderen Schutzsuchenden im Veranstaltungsbereich oder in unmittelbarer Nähe eine geeignete Anlaufstelle“ böten, so das BKA. Auch eine „konsequente und umfassende Ersterfassung von Asylsuchenden/Flüchtlingen bereits bei der Einreise wird … sowohl aus präventivpolizeilichen Gesichtspunkten (z.B.  falsch verstandene Anonymität in Folge) als auch aus Ermittlungssicht als zwingend erforderlich angesehen.

Zum besseren Datenaustausch mit anderen Ländern empfiehlt  das BKA den Einsatz des „Mobile Office“ von Europol, welches direkt am Einsatzort angebunden werden könne.


Dezember 2016

Für die Journalisten der drei Kölner Zeitungen geht ein arbeitsintensives Jahr zu Ende. Allein die EXPRESS-Journalisten haben über 50.000 Dokumente und rund 500 Stunden Videomaterial ausgewertet. Dazu: über 1.200 Polizeinotrufe aus der Silvesternacht 2015/2016 und ebenso viele Strafanzeigen. Den Gang ihrer Recherchen haben sie beschrieben unter 3 Redaktionen - 1 Making-of.

Die beiden EXPRESS-Reporter Gerhard VOOGT und Christian WIERMER verarbeiten ihre annähernd 100 Zeitungsartikel in einem Buch: "Die Nacht, die Deutschland veränderte" (siehe aktives Bild). Außerdem erzählen sie die ganze Geschichte in einer 45-minütigen Dokumentation, die bei RTL unter dem Titel "Die Nacht der Ohnmacht" ausgestrahlt wird. 

Auch auf dem ZDF wird Anfang Dezember eine Doku gesendet: Die Kölner Silvesternacht, die man noch bis zum 5. Dezember 2017 in der Mediathek aufrufen kann. Danach wird sie verschwunden sein.

Anders bei den Kölner Zeitungen: Sie haben ihre Videos auf YouTube hochgeladen:

So geht das Jahr 2016 zu Ende. In der Silvesternacht 2016/2017 werden sich die Vorfälle des Vorjahres nicht wiederholen.


2017

Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss im nordrhein-westfälischen Landtag, der seine Arbeit beendet hat, legt am 23. März offiziell seinen Abschlussbericht vor. Die Darstellungen und Interpretationen der Vorgänge sind vor allem von den regierenden Parteien SPD und GRÜNEN geprägt. Sie wollen als politisch Verantwortliche für die vielen Pannen möglichst unbeschadet dastehen. Die Oppositionsparteien hingegen, CDU, FDP und die Piraten, legen ihre Sicht der Dinge in abweichenden Voten vor und dabei ihre Finger in die offenen Wunden.

Dass sich die Vorgänge nicht wiederholen dürfen, das betonen alle. 

Mehr dazu im Kapitel Der Parlamentarische Untersuchungsausschuss Kölner Silvesternacht.


Und noch eine Folge wird wirksam: Der Pressekodex wird ergänzt, und zwar um die Richtlinie 12.1, die sich auf Diskriminierung in der Berichterstattung "wegen Geschlechts, Behinderung oder Zugehörigkeit zu einer ethnischen, religiösen, sozialen oder nationalen Gruppe" bezieht. Dies ist nach Ziffer 12 nicht statthaft. 

Unmittelbar nach den Ereignissen der Kölner Silvesternacht und der Berichterstattung waren beim Deutschen Presserat erste Beschwerden eingegangen, die sich darauf bezogen, dass die Herkunft der mutmaßlichen Täter aus dem nordafrikanischen Raum genannt worden war. Das Plenum des Deutschen Presserats beschloss, dass der Diskriminierungsschutz im Pressekodex bestehen bleibt. Aber ergänzt wird dahingehend, dass bei der Berichterstattung über Straftaten "darauf zu achten ist, dass die Erwähnung der Zugehörigkeit der Verdächtigen oder Täter zu ethnischen, religiösen oder anderen Minderheiten nicht zu einer diskriminierenden Verallgemeinerung individuellen Fehlverhaltens führt. Die Zugehörigkeit soll in der Regel nicht erwähnt werden, es sei denn, es besteht ein begründetes öffentliches Interesse. Besonders ist zu beachten, dass die Erwähnung Vorurteile gegenüber Minderheiten schüren könnte."

Das was in der Kölner Silvesternacht geschah, war absolut inakzeptabel. Die Benennung der Herkunft der Täter absolut korrekt.


31. Dezember 2020 - fünf Jahre nach der Silvesternacht 2015

"Niemand kann rückgängig machen, was geschehen ist", so NRW-Ministerpräsident Armin LASCHET (CDU) heute. "Aber wir versprechen, unser Bestes zu geben, dass eine solche Nacht nie wieder passiert!" Und: Die Opfer seien damals "vom Staat im Stich gelassen worden."

So schreibt es LASCHET für den Kölner Stadtanzeiger, der damals führend die Ereignisse rekonstruiert hatte. Es ist das erste Mal, dass die Politik den Fehler öffentlich zugibt und sich entschuldigt. Der damalige Innenminister Ralf JÄGER (SPD) hatte sich seinerzeit dazu nicht im Stande gesehen.


(JL)

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2017