Die Berichte der Kölnischen Rundschau, 21.05.2016

von Jens MEIFERT, Kölnische Rundschau

Neustart

Knapp fünf Monate nach den Übergriffen am Kölner Hauptbahnhof sind die Taten immer noch nicht zu begreifen. Nachvollziehbar werden aber nach und nach die Umstände, die massenhafte sexuelle Belästigungen bis hin zu Vergewaltigungen, Raub und andere Delikte ermöglicht haben. Es war eine Mischung aus unfassbaren organisatorischen Mängeln, nicht abgestimmten Zuständigkeiten und behördlichen Kommunikationswegen, die ins Nichts führten.

31 Zeugen hat der Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtages seit Februar gehört. Bis Ende des Jahres sollen es rund 100 sein. Ende Juni wird Ministerpräsidentin Hannelore Kraft schildern, wann ihr das Ausmaß der Übergriffe bekannt geworden ist. Diese Frage musste sich schon Innenminister Ralf Jäger gefallen lassen - und konnte dann nicht immer überzeugend darlegen, dass er erst drei Tage später von der Gewaltorgie erfahren haben will.

Für die Opposition im Landtag ist dies willkommene Gelegenheit, um den politischen Gegner in die Mangel zu nehmen. Vom organisatorischen Versagen in der Silvesternacht lenkt die Debatte ab. Leider.

Bundespolizei, Landespolizei, und Ordnungsamt der Stadt haben teils für sich, vor allem aber im Zusammenspiel versagt. Da setzten Mitarbeiter auf Handytechnik, Funkgeräte blieben in Amtsstuben ungenutzt und Lageinformationen wurden nicht weitergegeben. Ein koordiniertes Vorgehen der Kräfte ist kaum auszumachen.

Um es noch einmal zu betonen: Das Ausmaß der Gewalt in der Silvesternacht hat niemand absehen können. Vor allem der Einsatz der 80 Beamten der Landespolizei verdient größten Respekt. Nun geht es aber darum, aus dem Desaster Konsequenzen zu ziehen. Stadt und Polizei haben dies mit Blick auf Großereignisse bereits getan. Alle Informationen und Anforderungen der beteiligten Kräfte müssen künftig gebündelt werden. Mit einer besser Beleuchtung unter anderem rund um den Dom sind konkrete Maßnahmen angekündigt. Dass die Kathedrale selbst besonderen Schutz bekommt, ist überfällig. Gefühlt steht der Jahreswechsel schon vor der Tür. 

Auszeichnungen:

"Wächterpreis der Tagespresse" 2017