Die Berichte der Kölnischen Rundschau, 08.01.2016

von Jens MEIFERT, Kölnische Rundschau

Polizei soll Herkunft verheimlicht haben

Übergriffe: Offenbar Flüchtlingsstatus von Aufgegriffenen verschwiegen - Interner Bericht

KÖLN. Die Kölner <<Polizei>> <<soll>> nach den Vorfällen der Silvesternacht die <<Herkunft>> der mutmaßlichen Täter verschwiegen <<haben>>. Das geht aus Aussagen von Polizisten hervor, die in der "Welt" zitiert werden. Demnach <<soll>> es sich bei den 100 Verdächtigen, die in der Silvesternacht vernommen worden sind, vor allem um frisch eingereiste Flüchtlinge aus Syrien, dem Irak und Afghanistan gehandelt <<haben>>. Es sei bei den Taten auch nicht in erster Linie um Diebstahl gegangen, sondern um "sexuelles Amüsement". Im Polizeibeirat der Stadt <<soll>> Polizeichef Wolfgang Albers nach Informationen der Rundschau gestern sinngemäß geäußert <<haben>>, dass die <<Polizei>> die mutmaßliche Tätergruppe zunächst nicht benannt habe, um keine Ressentiments gegen Flüchtlinge anzuheizen.

Ein interner Polizeibericht, der der Kölnischen Rundschau vorliegt, dokumentiert das ganze Ausmaß der Gewalt in der Silvesternacht, aber auch die Überforderung der Polizisten vor Ort. Ein leitender Bundespolizist äußerte demnach die Sorge, dass die "Situation zu erheblichen Verletzungen, wenn nicht Toten" führen könnte.

Albers gerät dadurch immer stärker unter Druck. Er hatte zuvor im Rundschau-Interview geäußert, dass sich das ganze Ausmaß des Einsatzes erst im Verlauf des Neujahrstages ergeben habe. Die Kölner <<Polizei>> hatte zunächst von "weitgehend friedlichen" Feiern gesprochen.

Die Kölner Behörde gibt vorerst keine weiteren Stellungnahmen zu den Vorgängen ab. Am Montag <<soll>> Albers vor dem Innenausschuss des Landtages Stellung nehmen. Bis dahin will er "aus Respekt vor dem Parlament" keine weiteren Details des Einsatzes benennen. Oberbürgermeisterin Henriette Reker hat Albers zudem eingeladen, ebenfalls am Montag im Hauptausschuss des Rates Stellung zu nehmen. Bereits morgen will sich der Koalitionsausschuss in Düsseldorf mit dem Thema beschäftigen.

Vorwürfe gibt es inzwischen auch gegen NRW-Innenminister Ralf Jäger (SPD). Er <<soll>> nach Informationen des "Focus" eine Bitte der Kölner <<Polizei>> um eine zusätzliche Hundertschaft zur Unterstützung in der Silvesternacht abgelehnt <<haben>>.

Die Kölner <<Polizei>> hat inzwischen 16 Verdächtige ausfindig gemacht. Sie sollen überwiegend aus Nordafrika stammen. Der Zusammenhang mit den Taten werde noch geprüft. Bis zum Mittag wurden 121 Strafanzeigen gestellt. Bei etwa drei Viertel der angezeigten Taten hätten die Opfer angegeben, sexuell bedrängt worden zu sein. In 50 dieser Fälle seien die Frauen zudem bestohlen worden.

In Kölner Flüchtlingsunterkünften <<soll>> es unterdessen nach Auskunft des örtlichen Flüchtlingsrates zu mehreren Fällen von sexueller Belästigung gekommen sein. Bekannt seien fünf bis sechs Fälle, sagte der Geschäftsführer des Kölner Flüchtlingsrates, Claus-Ulrich Prölß, der Rundschau. Er gehe von einer höheren Dunkelziffer aus.

Die Vorkommnisse an Silvester <<haben>> eine Debatte um schärfere Ausweisungsregeln für Asylbewerber entfacht. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) forderte, den Taten mit "aller Entschiedenheit" entgegenzutreten. In Köln seien "widerwärtige, kriminelle Taten" geschehen, "die Deutschland nicht hinnehmen wird". Sie will prüfen, ob bei Ausweisungen bereits alles getan werde, was notwendig ist, "um hier auch klare Zeichen zu setzen". Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hält Ausweisungen nach sexuellen Übergriffen schon heute für möglich. Doch fordern Unionsvertreter schärfere Regeln, während Pro Asyl und Grüne vor einem Generalverdacht auf Flüchtlinge warnen. Thema S. 3

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