Die Berichte des EXPRESS, 03.05.2016

von Gerhard VOOGT, EXPRESS in Köln, Christian WIERMER, EXPRESS in Köln

'Das sind doch keine Vergewaltigungen'

Silvesternacht: Kölner Polizisten bestätigen EXPRESS-Bericht

Düsseldorf - Diesen Anruf soll es laut NRW-Innenministerium nie gegeben haben. Nun stellt sich heraus, dass die Landespolizei offenbar doch Einfluss auf eine brisante WE-Meldung ("Wichtiges Ereignis") der Kölner Polizei zum Silvester-Mob nehmen wollte.

Die Aussage des Kölner Kriminalhauptkommissars Jürgen H. (52) vor dem Untersuchungsausschuss des Landtags steht im Gegensatz zu den Darstellungen aus dem Haus von Innenminister Ralf Jäger (55, SPD). Sollte die Wahrheit über die Abläufe vertuscht werden?

Bei seiner Befragung konnte sich H. genau an das Gespräch vom Neujahrsmittag erinnern. Ein Mitarbeiter der Landesleitstelle habe ihn bei der Leitstelle der Kölner Kriminalwache angerufen. "Das sind doch keine  Vergewaltigungen ", habe der Anrufer in harschem Ton erklärt. Und gefordert: "Den Begriff streicht ihr bitte." Dies sei ein Wunsch des Ministeriums, soll er erklärt haben.

Das Gespräch habe etwa eine Minute gedauert. H. sei der Aufforderung der Landesleitstelle aber nicht nachgekommen. Zur Erläuterung habe er dem Anrufer die Lage eines Opfers geschildert. Die Frau sei von etwa 50 Männern umringt worden. Dann hätte man ihr Finger in ihre Körperöffnungen eingeführt. Das sei eindeutig als Vergewaltigung zu werten, machte H. deutlich. Nach dieser Klarstellung sei der Anrufer "kleinlaut" gewesen.

Am 6. April hatte EXPRESS enthüllt, dass sich ein Mitarbeiter einer Landespolizeibehörde in Köln gemeldet haben soll, mit dem Wunsch, die brisante Meldung über elf  Vergewaltigungen  durch Nordafrikaner zu stornieren. Das Ministerium räumte erst nach EXPRESS-Anfrage bisher unbekannte Telefonate zwischen Lagezentrum, LKA und Landesleitstelle ein, wies aber einen "Auftrag" aus dem Ministerium zur Einflussnahme "entschieden" zurück.

Außerdem bestritt es, dass die Landesleitstelle mit der Kölner Wache telefoniert habe. Auch Joachim Jürgen H. (52) erinnerte sich am Montag genau an den Vorgang. Der Anruf der Landesoberbehörde sei für ihn wie ein "Faustschlag" gewesen. "Da überhöht sich einer", habe er sich gedacht.

Marco L. (47), Dienstgruppenleiter im Lagezentrum des Innenministeriums, hatte am Neujahrstag das engste Umfeld von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (54,SPD) informiert. Laut L. sei seine Mail bei allen angekommen. 

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"Wächterpreis der Tagespresse" 2017