Das Maria-Syndrom
Das Musical von Michael SCHMIDT-SALOMON zeigt Maria, wie sie durch eine verunreinigte Klobrille befruchtet wird und daraufhin ein Fall von "Jungfrauengeburt" erleidet. Die Uraufführung soll am 28. Mai 1994 in Trier stattfinden, jedoch wird die Aufführung einen Tag vorher vom dortigen Ordnungsamt verboten. Das Bistum Trier hat zuvor einen Antrag gestellt. Auch eine Aufführung vor einem "garantiert religionsgefühllosen Publikum" wurde nicht zugelassen. Das anschließende Gerichtsverfahren ging über mehrere Instanzen: Das Bundesverwaltungsgericht bestätigte die Rechtmäßigkeit des Verbots und folgte darin dem Oberverwaltungsgericht Koblenz.
Die Begründung: Der Beklagte (Aufführer des Stücks) war zum Aufführungsverbot berechtigt, um so eine drohende strafbare Handlung nach §166 StGB abzuwehren. Laut §166 StGB hätte er bis zu drei Jahren ins Gefängnis und eine Geldstrafe zahlen müssen. Das Verbot des Maria-Syndroms wurde weiter damit begründet, dass "auch die Kunst die im Begriff der öffentlichen Sicherheit vereinigten Rechtsgüter des Bestandes des Staates und seiner Einrichtungen, des Schutzes von Leben, Gesundheit, Freiheit und Ehre des einzelnen sowie des rechtlich geschützten Vermögens Dritter nicht gefährden darf". Das ist dann der Fall, wenn Straftaten zu befürchten sind und eine solche hätte die verhinderte Aufführung dargestellt. Die grundsätzlich durch den Gesetzgeber geschützte Kunst kann hier nicht zur Anwendung kommen, da aus den bekannten Zitaten des Stücks ein Maß an Missachtung christlicher Glaubensvorstellungen spreche und dies sei nicht mehr im Bereich der künstlerisch-satirischer Kritik anzuwenden. Zusätzlich war im Programmheft der Aufführung davon die Rede, dass die Kirche "eine der größten Verbrecherorganisationen der Menschheitsgeschichte" darstellt. Somit nahm das Gericht ebenfalls an, dass das Stück "gegenüber den Anhängern der katholischen Kirche ein Klima der Intoleranz" hervorrufe. Die Aussage des Autors, er habe mit seinem Werk vor allem die destruktiven Kräfte von Religionen zeigen und ihnen den Gedanken der Toleranz entgegensetzen wollen, wurde im Urteil nicht berücksichtigt.
In Trier leben anscheinend besonders gläubige Juristen. In den 1950ern schrieb Arno SCHMIDT einen Roman namens "Seelandschaft mit Pocahontas". In dem Buch gab es aufsehenerregende Passagen wir "das bigotte Rheinland". Allerdings brauchte das Trierer Amtsgericht zu lange, um eine Anklageschrift zu verfassen und SCHMIDT lebte längst in Darmstadt, sodass die Ermittlungen an mehreren Orten stattfanden. Die zuständige Staatsanwaltschaft beurteilte die Erfolgsaussichten des Autors anders und das Verfahren wurde eingestellt
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