Kölner Stadtanzeiger, 22.02.2013

von Joachim FRANK

Die Bischofskonferenz und die "Pille danach"

Es ist der Fluch der guten Tat. Kaum hat Kardinal Meisner die "Pille danach" im Fall einer Vergewaltigung für zulässig erklärt und damit einen erfreulich lebensnahen Standpunkt bezogen, müssen die Bischöfe schon wieder das große Rudern beginnen. Die genaue Wirkung des Präparats scheint wissenschaftlich weniger eindeutig erwiesen zu sein, als das für die ethische Bewertung wünschenswert wäre. Die deutschen Bischöfe haben sich wabernd aus der Affäre gezogen, indem sie ihre "einstimmige" Haltung, die auf Meisners Linie liegt, mit einer "Wenn, dann"-Girlande behängen.

Entscheidend aber ist, dass sie die Verantwortung bei Ärzten und Opfern sehen, deren Gewissensentscheidung respektieren und sich selbst nicht als Moralapostel im OP aufführen wollen. Diese Haltung müssen sie jetzt nur noch gegen die wütenden Angriffe der sogenannten Lebensschützer durchhalten, für die ausgerechnet Meisner, sonst ihr wichtigster Unterstützer unter den Bischöfen, zum Lieblingsfeind avanciert. Er muss sich nun gewissermaßen von rechts überholen lassen. Was zeigt, wie ideologisiert der Streit über die "Pille danach" ist. Das gilt für so viele Debatten in der Kirche - weit mehr, als ihr dies guttut. Wahrscheinlich braucht es einfach mehr gute Taten.