Die Chronologie des Skandals um das Engelwerk in Auerbach

 

1946

Die „Kongregation der Schulschwestern von Unserer Lieben Frau“ aus dem tschechischen Königgrätz gründet in dem oberpfälzischen Auerbach ihre bayrische Provinz


1954

Die Ordensfrauen eröffnen in Auerbach eine dreistufige Mittelschule für Mädchen. Aus ihr wird später die Realschule des Zweckverbandes (Amberg/Sulzbach)


1961

Gabriele BITTERLICH gründet das "Opus Angelorum" (Engelwerk) 
Den Lehren des Engelwerkes wird eine extreme Sexualmoral und eine autoritär geprägte Ideologie nachgesagt. 
Mehr über das Engelswerk


Februar 1976

Gründung der "Katholischen Pfadfinderschaft Europas (KPE)" in Fortbach bei Gießen durch Pater Andreas HÖNISCH


1983

Der Vatikan verbietet erstmals die Lehren des Engelwerks


1985

Pater MORSCHER schließt sich als sog. Donate dem Orden der Regularkanoniker vom „Heiligen Kreuz“ (kurz: Kreuzorden) an. Dieser gilt als geistige Elite des Engelwerks. Abt ist Hansjörg BITTERLICH, Sohn der Gründerin des Engelwerkes


1988

Gründung der Ordensgemeinschaft „Diener Jesu und Mariens“ (SJM). Vorstand: Pater Andreas HÖNISCH. Repräsentant: Pater Richard PÜHRINGER


90-er Jahre

Einige weibliche KPE Mitglieder, die später an der Realschule Auerbach unterrichten, treten in den Auerbacher Orden ein. Ein Teil von ihnen legt ihr zeitliches Gelübde unter Bischof Kurt KRENN ab


90-er Jahre

Nach mehreren Ablehnungen finden Pater HÖNISCH und seine SJM herzliche Aufnahme in Blindenmarkt (Niederösterreich), welches zur katholischen Diözese St. Pölten gehört. Dieser steht Kurt KRENN als Bischof vor


1995

Das Erzbischöfliche Jugendamt warnt Eltern davor, ihre Kinder in die KPE zu schicken, da es sich um keinen der vier deutschen Pfadfinderverbände handelt, und die KPE kein kirchlich anerkannter Jugendverband ist


1999

Der steirische Landtagsabgeordnete Martin WABL erstattet Anzeige gegen KRENN und die in dessen Diözese ansässigen Mitglieder des Ordens SJM.
WABL begründet seine Anzeige damit, dass in dem Orden neonazistisches Gedankengut verbreitet werde


29./30.09.2001

Der Nordbayerische KURIER beginnt in großer Aufmachung seine Berichterstattung über die Zensur von Schulbüchern in Auerbach: 
Sittenstrenge statt Sexshops
Apokalyptischer Kampf gegen die Dämonen
Auf der Suche nach den Hintergründen
Ihre Meinung ist gefragt
Recherchen des Nordbayerischen KURIER haben ergeben, dass das Auerbacher Kloster eine gewisse Nähe zum Engelwerk aufweist. Pater Heinrich MORSCHER hat an der Realschule Auerbach in der Vergangenheit zahllose sog. „Engelsexerzitien“ („Exerzitien zur Sittenlehre“) abgehalten.
Diese waren für Mädchen zw. 15 und 16 Jahren vorgeschrieben und konnten bis zu einer Woche dauern. Anschließend seien sie verändert gewesen und wären jeglichem Kontakt mit männlichen Schülern umgangen.
Realschulleiterin, Rektorin Schwester Marcellina NICKL, streitet jegliche Verbindungen zum Engelwerk und zu Pater Heinrich MORSCHER ab


01.10.2001

Das Nachrichtenmagazin Focus aus München berichtet bereits am Montag, dass der Ministerialbeauftragte Ludwig MEIER angekündigt hat, zukünftig unangemeldete Unterrichts- sowie Stundenplan- und Klassenbuch-Kontrollen durchzuführen. Die Schulschwestern müssen viermal im Jahr den Inhalt ihres Sexualkundeunterrichts offen legen


20./21.10.2001

Die Fraktion der Grünen und Unabhängigen im Kreistag Amberg-Sulzbach fordert den Austausch der Biologielehrerin gegen eine weltliche Lehrkraft und eine eidesstattliche Erklärung der Schulleitung darüber, dass das Engelwerk keinerlei Einfluss auf die Realschule Auerbach ausübt.
Landrat Dr. Hans WAGNER, CSU, der mit den Auerbacher Schwestern sympathisiert, weist alle Forderungen zurück


31.10.2001

Der Nordbayerische KURIER titelt Als Strafe gilt die Apokalypse. Udo MEIXNER, der verantwortliche Redakteur für diese Geschichte, weist Hinweise nach, dass KPE-Mitglieder im Auerbacher Orden mitwirken. Die KPE stehe im übrigen dem Engelwerk sehr nahe.
Der Auerbacher Orden dementiert jegliche Verflechtungen. Nachdem Udo MEIXNER auf eine Informantin gestoßen ist, die seit 17 Jahren gegen das Engelwerk kämpft und in rund 60 Aktenordnern Material über den Orden, aber auch zu der KPE gesammelt hat, gehen die Berichte weiter: “Schüler fürchten sich vor Fegefeuer, Teufel und der Hölle“
Die Auerbacher Klosternonnen konfiszieren die Biologiebücher der achten Klasse


07.11.2001

Kulturministerin HOHLMEIER rügt die Schulschwestern öffentlich aufgrund der Schulbuchzensur


09.11.2001

In einem Bericht „Nicht hinhören, nicht hinsehen“ berichet der Nordbayerische KURIER, dass die Süddeutsche Zeitung bereits 1984 Schriften der KPE analysiert und darüber geschrieben hatte. Darin werden z.B. männliche Schüler vor Mädchen in Hosen gewarnt: „Emanzipierte Frauenzimmer“


17.11.2001

Der Auerbacher Schulbuchskandal wird zum landesweiten Thema.
In der Süddeutschen Zeitung („Glaube, Hoffnung, Hiebe. Hinter den Klostermauern von Auerbach“) berichten vier ehemalige Nonnen des Auerbacher Ordens über die unglaublichen Vorgänge, die sich hinter den Klostermauern abspielen. Es geht dabei um alkohol- und medikamentenabhängige Nonnen, Selbstmordversuche und geglückte Suizide. Die katastrophalen Zustände begannen, als Pater MORSCHER Anfang der siebziger Jahre als Hausgeistlicher ins Auerbacher Kloster kam. Er habe den Nonnen nicht nur schwimmen, skifahren, wandern, musikhören und telefonieren untersagt, sondern auch das Tragen von Büstenhalten, das tägliche Duschen, das Duzen untereinander oder freundschaftliche Umarmungen. Statt dessen predige er den Schwestern ständig, wie teuflisch die Leiblichkeit sei. Die Ordensleitung stehe vollkommen unter dem Einfluss Pater MORSCHERS und setze die Nonnen unter starken psychischen Druck


20.11.2001

Die Grünen organisieren eine Podiumsdiskussion im Kolpinghaus zum Thema „Engelwerk“.
Viele Eltern fassen Mut und erzählen vor gut 600 interessierten Zuhörern von ihren Erfahrungen sowie den Erlebnissen ihrer Kinder mit den Ordensfrauen. Diese spiegeln ganz klar die Ideologie des Engelwerks wieder. 
Bürgermeister Helmut OTT lässt verlauten, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit des Zweckverbandes mit der Realschule nicht mehr möglich sei. Einige Eltern fordern sogar, Schulschwestern vom Dienst zu suspendieren


21.11.2001

Als Ergebnis einer Krisensitzung des Zweckverbandes fordern Kreis und Stadt die Ablösung der Schulleitung in Gestalt von Schwester Marcellina NICKL und die Entlassung der Schwester Gerlinde als Lehrkraft


22.11.2001

Landrat Dr. Hans WAGNER, CSU, versammelt alle Schüler und Lehrer der Realschule in der Turnhalle, um den Nonnen den Rücken zu stärken. Kritische Fragen der Schüler werden weder beachtet noch beantwortet


26.11.2001

Der Orden kündigt den Personalgestellungsvertrag über die klösterlichen Lehrkräfte, den Mietvertrag für das Schulgebäude und die Mitgliedschaft im Zweckverband Realschule Auerbach zum 30. August 2002


29.11.2001

Die Süddeutsche Zeitung meldet unter der Überschrift „Hilferufe mit dem Handy“, dass sich Ordensfrauen aus dem Kloster mit eingeschmuggelten Handys hilfesuchend an ihre Generaloberin aus dem tschechischen Mutterhaus wenden würden. Sie berichten u.a. von den menschenverachtenden Zuständen im Kloster, Pater MORSCHER und dass sie nicht mehr unterrichten dürfen. Daraufhin reist die Generaloberin nach Auerbach


01./02.12.2001

Versammlung im Auerbacher Kolpingsaal. Eine Ordensschwester sowie Landrat Dr. Hans WAGNER Bürgermeister Helmut OTT, Ministerialrat Hans-Günter KELLER, Ministerialbeauftragter Ludwig MEIER und Dr. Hans SCHMID von der Hauptabteilung Schule und Religionsunterricht bei der Erdiözese Bamberg stehen den Bürgern Rede und Antwort.
Viele Eltern kritisieren die Schulleitung. Zum einen aufgrund der Verschwiegenheit zu den Hintergründen der Buchzensur und zum anderen, weil sie die Schüler seitdem massiv unter Druck setze (die Entscheidung über die Zukunft der Schule hänge von den Kindern ab). Es wird aber auch gesagt, dass klar zwischen den „guten“ und “schlechten“ Schwestern unterschieden werden müsse.


08./09.12.2001

Auerbacher Schulschwestern wollen die Schulleitung, Rektorin Schwester Marcellina NICKL, sowie die Biologielehrerin der achten Klasse ablösen


18.12.2001

Außerordentliche Sitzung im Landratsamt Amberg des Zweckverbandes. Es nehmen die Stadt Auerbach und der Landkreis Amberg/Sulzbach teil, der Orden jedoch nicht. Der Nordbayerische KURIER meldet: “Jetzt redet auch der Vatikan ein Wort mit“


22./23.12.2001

Der Nordbayerische KURIER widmet sich ausführlich dem „Portrait eines Phantoms“: Pater MORSCHER. Darin werden auch die Verbindungen Pater MORSCHER s zur Diözese St. Pölten beschrieben, die Bischof KRENN untersteht, der im Auerbacher Kloster ein gern gesehener Gast ist.
Bischof KRENN wird rd. 2 Jahre später, 2004, in St. Pölten abgelöst werden, wenn bekannt wird, dass in seinem Priesterseminar Kinderpornos kursierten und homoerotische Exzesse an der Tagesordnung waren.


23.01.2002

Um den kirchlichen Charakter der Schule weiterhin zu erhalten, beteiligt sich die Erzdiözese Bamberg als Mitglied des Zweckverbandes übergangsweise für drei Jahre an der Trägerschaft der Auerbacher Realschule im Kloster. Ziel sei es, den Auerbacher Schwestern das Verbleiben oder den Wiedereintritt in den Zweckverband zu ermöglichen


29.01.2002

Der Zweckverband hat vom Mutterhaus der „Kongregation der Schulschwestern“ einen neuen unbefristeten Mietvertrag für die Realschule erhalten. Vertragspartner ist nicht mehr die Auerbacher Provinzoberin sondern die tschechische Generaloberin


15.02.2002

Marcellina NICKL wird als Schulleiterin abgelöst und durch Beata WITTMANN ersetzt. Diese führte die Realschule bereits von 1984-1996


15.02.2002

Zur Unterstützung und Aufklärung der Vorgänge im Auerbacher Schulbuchskandal setzt der Vatikan den Weihbischof Vinzenz GUGGENBERGER und den früheren Finanzdirektor und Ordensreferenten Dr. Friedrich FAHR als Visitatoren ein


19.02.2002

Der Nordbayerische KURIER hat herausgefunden , dass das Erzbistum Bamberg bereits 1998 Rom um eine Visitation des Auerbacher Klosters gebeten hat – aufgrund zahlreicher Beschwerden von Eltern, insbesondere auch wegen der Aktivitäten von Pater MORSCHERs. Für Rom waren die Vorwürfe aber nicht „substantiell genug“ - damals. „Jetzt ist die Beweislage ausreichend“ (LINK)


16.04.2002

Den Lehrkräften aus den Reihen der Schulschwestern an Auerbacher Grund- sowie Hauptschule wurden durch das Kulturministerium die Lehrverträge zum Schuljahr 2002/2003 gekündigt


26.04.2002

Der Zweckverband beschließt, dass ab dem Schuljahr 02/03 nur noch drei statt neun Ordensschwestern an der Realschule beschäftigt sein werden


18.06.2002

Pater MORSCHER wird per Verfügung der Erzdiözese Bamberg jegliche pastorale Tätigkeit auf dem Gebiet der Erzdiözese Bamberg untersagt.
Somit darf MORSCHER in dem Gebiet keine Gottesdienste mehr halten, keine Beichte abnehmen, keine Exerzitien oder Vorträge halten und keine Rundbriefe mehr an ehemalige Exerzitienteilnehmer verschicken


13.09.2002

Rom hat entschieden: Die Provinzoberin der Auerbacher Schulschwestern, Blandine WIESNET, wird mit sofortiger Wirkung abgesetzt. An ihre Stelle tritt die als weltoffen geltende Schwester Lucilla HAUSER. Ihr zur Seite stehen drei Provinzrätinnen. Schwester Thekla HOFER, Benigna RESCH und Brigitte HINTERMAIER. 
Der Nordbayerische KURIER titelt dazu: "Langes Kapitel findet nun ein jähes Ende"


29.01.2003

Pater MORSCHER macht Karriere: er wird im österreichischen Bistum St. Pölten zum Diözesenpriester ernannt und untersteht direkt Bischof KRENN. Der bietet allen Auerbacher Schwestern an, sie in seinem Bistum aufzunehmen. Aufgrund der einsetzenden Abwanderung von etwa 70 Schwestern muss der Orden 7 von ehemals 13 Niederlassungen schließen


31.05./01.06.2003

Die verbliebenen Schulschwestern laden zu einer Pressekonferenz, mittels der neues Vertrauen hergestellt werden soll


16./17.08.2003

In der Diözese St.Pölten (Bischof KRENN und Pater MORSCHER) gründen acht der in Auerbach ausgetretenen Schulschwestern eine neue Kongregation unter dem Namen "Dienerinnen der Immaculata“


09.10.2003

Die jetzige Schulleitung der Realschule Auerbach - Schwester Beata WITTMANN - wird durch die erst 35-jährige Schwester Lioba ENDRES ersetzt.
Diese war vor Eintritt in das Auerbacher Kloster Mitglied der KPE


20.07.2004

Die Staatsanwaltschaft konfisziert Bilder von Jungpriestern, die mit ihren Seminarleitern den innigen Zungenkuss übten sowie rund 40 000 Pornofotos, die auf den Computern der Priesterschule St. Pölten (Bischof KRENN) liegen.
KRENN bezeichnet die Priester-Pornos als "Bubendummheit", als "eine blöde Geschichte, aber nicht kriminell"


20.07.2004

Der Papst ernennt Bischof Klaus KÜNG als Visitator für die Diözese St. Pölten. Er soll den Vatikan über eventuelle Missstände informieren


06.10.2004

Bischof KRENN muss aufgrund der skandalösen Zustände in seiner Diözese sein Amt niederlegen. Klaus KÜNG, vormals Regionalvikar beim Opus Die, wird sein Nachfolger


(Schu)