Die Chronologie: Wie es zum Mord an Jan H. kam

Es gibt Geschichten, in denen verdichtet sich alles auf ein paar Minuten: In dieser sind das wohl die letzten Minuten im Leben des vierjährigen Jan H., der am 17. August 1988 in Hanau erstickte. Doch wie kam es zu diesem schrecklichen Verbrechen? Und wie gelang es durch intensive Recherchen der Frankfurter Rundschau die Verantwortlichen doch noch zur Rechenschaft zu ziehen. Eine Chronologie der Ereignisse:



1973

Laut Bild.de erhält Sylvia D., Krankenschwester und Sektenanführerin, im Traum den Auftrag, innerhalb von zwei Jahren die gesammelten Werke von Carl Gustav JUNG durchzuarbeiten


bis 1981

Sylvia D. und ihr Ehemann Walter D. sind laut Frankfurter Rundschau - "Wie starb Jan H.?" Mitglieder der evangelisch-methodistischen Kirche. Walter D. ist außerdem Pastor in einer Gemeinde in Darmstadt


1982

Im Laufe des Jahres 1982 wird Walter D. aus der evangelisch-methodischen Kirche aufgrund radikaler Ansichten als Pastor entlassen, so die Frankfurter Rundschau



1983

Eine Glaubensgemeinschaft bzw. Sekte in Darmstadt wird gegründet, welche im Zusammenhang mit dem Ausschluss dreier Pastoren aus der evangelisch-methodistischen Kirche steht, weil diese die Methode der Traumdeutung praktizierten. Die Sekte ist als eine Art religiöse Selbsthilfegruppe gedacht. Sylvia D. entwickelt „im Laufe der Jahre eine krude Lehre, die man als eine Mischung aus Theorien von Carl Gustav JUNG, Christentum, Okkultismus, Personenkult und Diktatur bezeichnen könnte“. Sie behaupte, Botschaften direkt von Gott zu erhalten. Die Mitglieder hätten sich an diese Botschaften zu halten.

Das Weltbild der Sekte fußt auf dem Dualismus. Sylvia D. sei mit einem positiven großen Gott verbunden. Sie nennt diesen Gott „der Alte", „Alterchen" und „den Dunklen". Sie behaupte auch, wer die Botschaften ihrer Traumdeutung höre, brauche sich nicht zu fürchten. Wer jedoch nicht darauf höre, werde von Krankheiten wie Krebs bedroht.

Noch im gleichem Jahr zieht die Sekte nach Hanau um. Zu diesem Zeitpunkt gehören laut Frankfurter Rundschau etwa 20 bis 30 Leute der Sekte an. Ein von Sylvia D. selbstverlegtes Buch „Gott hat in jedem Menschen die totale Macht" erscheint ebenfalls, laut Bild.de. Inhalte sind Hunderte Träume und Erfahrungen von Sylvia D.: „Ich träume viel und lebhaft vom Gehorsam des Menschen gegenüber Gott." sowie „Sylvia wird schlecht gemacht, weil jemand die zwei Seiten Gottes nicht anerkennen will."


1984

Jan H., der später von Sylvia D. umgebracht wird, wird als Sohn von Diplom-Biologin Claudia H. und Diplom-Ingenieur Helmut H. geboren. Claudia H. und Helmut H. gehören der Sekte von Sylvia D. an


1985

Laut Informationen der Frankfurter Rundschau erwerben Sekten-Mitglieder Privathäuser und übertragen diese auf Sylvia D.



17.08.1988

Der Todestag von Jan H.

Claudia H., ihr Mann und Walter D. kaufen zum Todeszeitpunkt von Jan H. laut Frankfurter Rundschau, op-online.de und dem Hessischen Rundfunk auf dem Markt ein. Im Haus der Familie D. befinden sich Jan H., Sylvia D. und der leibliche Sohn von Sylvia D., Martin D. Martin D. hat von seiner Mutter Sylvia D. die Anweisung bekommen, in seinem Zimmer zu bleiben. Es befindet sich im ersten Stock des Hauses. Jan H. befindet sich im Badezimmer im Erdgeschoss. Er steckt in einem engen Sack aus Leinen, der über dem Kopf verschnürt wurde.

Jan H. bekommt Panik und beginnt zu schreien. Martin D. hört die Schreie des Jungen. Nach späterer Zeugenaussage von Martin D. habe seine Mutter die Schreie auch hören müssen, so die Frankfurter Rundschau. Martin D. habe gehört, wie sich im Erdgeschoss eine Tür geöffnet hat. Kurz darauf sei es still geworden. „Plötzlich war absolute Ruhe. Ich habe keine Schreie mehr gehört“, sagt Martin D. später vor Gericht im Juni 2020 aus. Der damals 14-Jährige wird von der Treppe aus zum Augen- und Ohrenzeugen: „Der Jan war komplett weiß. Mein Vater hat sofort Erbrochenes aus seinem Mund geholt und versucht, dem kleinen Jungen das Leben zu retten.“

Jan H. erstickt im Leinensack an seinem Erbrochenen. Der Leichnam wird von Walter D. gefunden, nachdem er mit Claudia H. und Helmut H. vom Markt zurückkehrt. Den damaligen Angaben zufolge habe ein Notarzt am 17. August 1988 um 15 Uhr den Tod des Kindes festgestellt


1988

Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, wird das Todesermittlungsverfahren der Polizei wieder schnell eingestellt, weil sie kein Fremdverschulden erkennt. Offiziell lautet der Befund „Tod durch Unfall“. Laut des Ergebnisses der Ermittlungen, sei der Junge am Haferschleim erstickt. Die Leiche wird aus diesem Grund nicht obduziert


1989

Die Medienproduktionsfirma AEON wird laut Hessischen Rundfunk und AEON selbst von Sylvia und Walter D. gegründet. Der Schwerpunkt der Firma liegt auf Medien, Filmen, Fotos und Medienanwendungen.

Die Firma hat eine Bilanzsumme von ca. drei Millionen Euro. Zusätzlich kommen 1,7 Millionen Euro durch das Übertragen der Privathäuser auf Sylvia D. hinzu.

Laut Aussagen diverser ehemaliger Mitarbeiter stünden diese unter massiven Arbeitsdruck. Ein Arbeitstag besteht manchmal aus 16 Stunden, so der Hessische Rundfunk. Die Sektenanführerin Sylvia D. hätte ihnen Druck gemacht



24.08.1989

Wie die Frankfurter Rundschau berichtet, gibt eine Anhängerin der Sekte in einem Brief einen Eindruck, wie Kinder innerhalb der Sekte gesehen wurden. „Wenn ein Kind nur seinen verlogenen Materialisten lebt und in einer opportunistischen falschen Beziehung, dann geschieht ihm das, was Gott einer Mutter für ihre Kinder sagen ließ: "Wenn sie weiterhin Gott nur ausnehmen wollen und den Dank an ihn vergessen, dann macht er den Sack zu!“


1991

Ein ehemaliger Sektenanhänger informiert das Hanauer Jugendamt über den Tod von Jan H. Bevor die Polizei und der Rettungsdienst eingetroffen sind, sei der Sack entfernt worden. Jan H. wurde aus dem Badezimmer geholt, so die Frankfurter Rundschau und op-online.de


2012

Das Kindergrab von Jan H. wird aufgelöst. Wie DER SPIEGEL berichtet, wird die Auflösung aber nicht durch die Friedhofsverwaltung unternommen, sondern von Jan's Eltern



2014

Ein ehemaliges Sektenmitglied wendet sich an die Frankfurter Rundschau


Sommer 2014

Die Frankfurter Rundschau stellt schriftlich Fragen an Walter D. Er antwortet auf viele Fragen nicht und erhebt schwere Vorwürfe gegen die Informanten: „Sie führen seit spätestens 2013 einen erbitterten Kampf gegen meine Frau und mich sowie unseren Freundeskreis und das von mir geführte Unternehmen (…), indem sie schwere Vorwürfe erheben …“, schreibt er. „Nach meiner Wahrnehmung geht es Ihren Informanten in erster Linie darum, mein Unternehmen mit allen Mitteln in den Ruin zu treiben.“ Vor diesem Hintergrund „bitte ich um Verständnis, dass ich mich zu den von Ihnen gestellten Fragen nicht im Detail äußern will“.

Walter D. betont: „Wir sind keine Glaubensgemeinschaft oder sonstige religiöse Gruppe; wir haben keine Glaubenslehre, kein ,Medium‘ und keine Kultgegenstände, keine Symbole, keine Liturgien und keine Rituale.“


05.09.2014

Die Frankfurter Rundschau macht den Hanauer-Sektenfall öffentlich unter dem Artikelnamen „In Gottes Namen“


2015

Der erste Aussteiger aus der Sekte geht nicht anonymisiert an die Öffentlichkeit, so die Frankfurter Rundschau. Es ist Sascha ERDMANN. Er war jahrelanger Mitarbeiter bei AEON und Aussteiger aus der Sekte.

Später bestätigt die Staatsanwaltschaft Hanau gegenüber der Frankfurter Rundschau, dass Sylvia D. nicht bestreitet, dass Jan H. in einem Sack schlafen musste, der über dem Kopf zusammengebunden war


März 2015

Die Frankfurter Rundschau nennt im Artikel "Psychoterror und Ausbeutung in Gottes Auftrag?" den Namen der Medienproduktionsfirma von Sylvia D. und Walter D. öffentlich. Daraufhin erklärt die Stadt Hanau die Zusammenarbeit mit der Firma als beendet.

Die Hessenrundschau und die Frankfurter Rundschau berichten, dass dem Jugendamt Hanau die Sektenvorwürfe bekannt sind


15.08.2015

Die Frankfurter Rundschau berichtet im Artikel "Das Warten auf die Aufklärung", dass die Staatsanwaltschaft Hanau die Ermittlungen im Fall Jan H. wieder aufnimmt


2016

Die Polizei hört ein Telefonat von Sylvia D. und ihrer "Freundin" Cordula E. ab. Laut op-online.de gibt Sylvia D. dabei zu, dass sie Kinder in Leinentücher gesteckt hat



Frühjahr 2017

In einer Mail an die Frankfurter Rundschau verweist der Verteidiger von Sylvia D. darauf, dass die Ermittlungen schon 1988 eingestellt wurden


06.07.2017

Der Leichnam von Jan H. wird ca. achten Stunden lang exhumiert. Prof. Dr. Marcel VERHOFF, gerichtsmedizinische Gutachter, leitet die, vom Amtsgericht Hanau angeordnete, Exhumierung der Kinderleiche auf dem Kesselstädter Friedhof. In dem inzwischen wieder neu belegten Grab des Kindes findet der Gerichtsmediziner nur sechs Knochenfragmente, die von Jan's Wirbelsäule stammen.
Wo die üblicherweise gut erhaltenen Knochen wie Schädel-, Oberschenkel- und Oberarmknochen sind, ist bis heute ungeklärt. Darüber berichtet beispielsweise DER SPIEGEL


September 2017

Oberstaatsanwalt Dominik MIES klagt Sylvia D. wegen Mordes an, so die Frankfurter Rundschau


01.10.2017

Laut BILD stirbt Walter D. im Alter von 71 Jahren an einer schweren Krankheit


22.10.2017

Der Prozessauftrakt vor Schwurgerichtskammer beginnt. Sylvia D. schweigt und Claudia H. wird als Zeugin vernommen


24.10.2017

Claudia H. berichtet über den Tag, an dem ihr Sohn starb, laut msn.com


29.10.2017

Laut msn.com und op-online.de sagen Claudia H. und der damalige Notarzt aus.

Das Gericht befindet, dass das Interesse der Öffentlichkeit gegenüber den persönlichen Interessen der Beteiligten überwiege. Während der "Energiezeiten" der Sekte soll es zwischen Walter D. und Frauen in der Sekte zu sexuellen Handlungen gekommen sein. Diese Handlungen hätten sexuell erotische Energien fördern sollen, welche wiederum die positive Seite Gottes stärken sollte. Laut Claudia H. ist daran nichts Verwerfliches. "Der Alte", wie Gott in der Gruppe genannt wird, "habe es gebraucht". Zu sexuellen Handlungen gezwungen worden, sei niemand, so Claudia H.

Vor Gericht werden Tagebuch-Einträge analysiert. Viele der Einträge kennt Claudia H. zumindest sinngemäß. Eine Schuld sieht sie bei ihrer „guten Freundin“ Sylvia D. nicht. Die Schriften seien „keine Festlegungen". Sylvia D. habe „immer in Liebe um Menschen gerungen“. Gegenüber Kindern sei sie niemals gewalttätig geworden


07.11.2017

Nach op-online.de wird Helmut H. als Zeuge vernommen. In den Einträgen aus dem Tagebuch heißt es beispielsweise, dass der Junge ein "gemeiner Machtsadist" gewesen sei. An seinem Todestag steht, dass Gott, "eine Runde Jans abholen" müsse, um Schlimmerem vorzubeugen. Als der Vater gefragt wird, ob er diese Auffassungen teilt, antwortet er mit "Ja"


bis Ende 2017

Laut companyhouse.de hat Sylvia D. nach Handelsregister Prokura der Medienproduktionsfirma AEON


05.04.2018

Die Frankfurter Rundschau berichtet im Artikel "Aussteiger darf Gruppe als Sekte bezeichnen" über die Aussage von Sascha ERDMANN. Er sei von D. teilweise mitten in der Nacht geweckt worden, um Aufgaben in der Firma zu erledigen. Er habe schon als Teenager spät abends hinter der Kamera gearbeitet. Sylvia D. leite das Unternehmen im Hintergrund wohl nach wie vor, sei Gesellschafterin und besitze Firmengrund


20.05.2019

Laut Frankfurter Rundschau - "Mordprozess gegen Sektenchefin Sylvia D." lässt das Landgericht Hanau die Anklage gegen Sylvia D. zu


12.10.2019

Die große Geschichte "Im Dunkeln - Wie starb Jan H.?" von Gregor HASCHNIK erscheint in der Frankfurter Rundschau


22.10.2019

Der Prozess beginnt vor der ersten großen Strafkammer des Landgerichts Hanau, berichtet die Frankfurter Rundschau



15.11.2019

Laut op-online.de ist Birgit P. eine Aussteigerin. Sie ist zum Zeitpunkt 61 Jahre alt und sagt vor Gericht aus. Sie beschreibt, wie Jan H. mit Schlägen und Schimpftiraden von Sylvia D. erniedrigt worden sei:
„Es ist unerträglich, wenn sie loslegt.“ Jan „hat keine Freude im Leben gehabt“, am Ende sei er abgemagert und regelrecht „vergreist“ gewesen


28.11.2019

Die Frankfurter Rundschau - "Eingesperrt und misshandelt in Hanauer Sekte" und hr-fernsehen berichten über Ulrike D. Sie ist zum Zeitpunkt 47 Jahre alt, eine Adoptivtochter von Sylvia D. und belastet ihre Mutter. In Darmstadt „war die Welt noch in Ordnung, es begann nach dem Umzug nach Hanau.“ Sylvia D. habe Ulrike D. an den Ohren gezogen, bis diese rissen und ihr eine so heftige Ohrfeige verpasst, dass die Tochter gegen eine Wanne prallte und Zähne brachen. Sylvia D. habe dazu sinngemäß nur gesagt: „Da bist du aber blöd gefallen.“

Zum Tod von Jan H. sagt sie aus, dass sie heim gekommen sei und in ihr Zimmer ging. Dabei habe sie Jan H. auf der Couch gesehen. „Jan, warum liegst du hier nackt?“, fragte sie ihn und fasste an seinen Oberschenkel. „Er zeigte keine Reaktion, war ganz kalt. Er hatte blutunterlaufene Augenringe." Er sei erstickt, sagte ein Erwachsener ihr kurz darauf. Der Tod von Jan H. lässt Ulrike D. lange Zeit nicht los


13.01.2020

op-online.de berichtet über das Gerichtverfahren. Der Vorsitzender Richter ist Dr. Peter GRASSMÜCK.

Manuel D., leiblicher Sohn von Sylvia D., erhebt schwere Vorwürfe gegen seine Mutter. Er sagt aus: „Ich bin da rausgekommen – Jan nicht.“ Er und sein Bruder hätten es als leibliche Kinder noch „vergleichsweise gut“ gehabt. „Mein Bruder und ich waren ja so eine Art Thronfolger.“ Anders die Adoptivkinder. „Sie war brutal in jeder Hinsicht.“ So seien die Kinder immer wieder aus den nichtigsten Anlässen angebrüllt worden. „Es wurde gedroschen mit dem Kochlöffel, immer wieder gab es Ohrfeigen“.

Eine seiner Schwestern habe Sylvia D. „an den Haaren gepackt und durch den Flur geschleift“. „Ich war wohl schon in der Grundschule, da hat sie mich öfters mitten in der Nacht geweckt und stundenlange Monologe gehalten."


04.02.2020

Laut Frankfurter Rundschau - "Mordprozess in Hanau: Abgehörte Telefonate belasten Sektenchefin" erhebt Manuel D. weiter schwere Vorwürfe gegen seine Mutter Sylvia D.
Sie habe ihn mit Psychoterror gequält. Körperliche Aggressionen habe sie eher gegen seine Adoptivschwestern gehabt.

Es werden abgehörte Telefonate im Gerichtssaal abgespielt. Sylvia D. soll zu ihrem Ehemann Walter D. gesagt haben "Mach weiter", als dieser versuchte, Jan H. wiederzubeleben


11.02.2020

Laut Frankfurter Rundschau ist Cordula E. eine "Freundin" von Sylvia D. Sie streitet die Vorwürfe ab und sagt aus, dass sie die Säcke genäht hätte, in die die Kinder gesteckt wurden



Juni 2020

op-online.de berichtet weiter über den Prozess. Die Staatsanwaltschaft rekonstruiert demnach ein im Sack liegendes Kind. Etwa 118 auf 140 Zentimeter misst der Sack, der im Ermittlungsauftrag von Oberstaatsanwalt MIES, von einer Mitarbeiterin des Kommissariats elf zu Demonstrationszwecken genäht wurde. Die Kinder-Schaufensterpuppe ist eine Leihgabe aus einem Hanauer Bekleidungsgeschäft. Als die Puppe von Oberstaatsanwalt MIES in den Sack gesteckt wird, bleibt nur wenig Platz im Inneren.

Die Verteidiger beantragen ein Glaubwürdigkeitsgutachten für mehrere Zeugen.

Martin D., zum Zeitpunkt der Aussage 46 Jahre alt, erhebt als Zeuge Vorwürfe gegen seine Mutter. Er sagt auch vor Gericht über das 1991 informierte Jugendamt aus: „Ich habe dem Herren dort berichtet, was in diesem Haus los ist. Ich habe gesagt: Da sind noch andere Kinder drin – ihr müsst da was machen. Der Mann hat mir auch eineinhalb Stunden zugehört und dann gesagt, er könne nichts tun und müsse jetzt Feierabend machen. Ich habe dann nie wieder etwas von ihm gehört.“
„Haben Sie dem Mann auch über Jan berichtet?“, will Oberstaatsanwalt MIES wissen. Martin D.: „Ja, ich habe dem Mann vom Jugendamt auch über Jan berichtet.“


17.06.2020

Nach op-online.de sagt Prof. Dr. Marcel VERHOFF aus: „Der Sack ist letztlich Ursache für den Tod gewesen. Jeder vernünftige Mensch muss erkennen, dass es keine kindgerechte Behandlung ist, ein Kind in einem Sack zu verschnüren.“ Es sei höchst gefährlich.

Der Professor geht nach den zahlreichen Zeugenaussagen davon aus, dass Jan H. zunächst in eine tiefe Bewusstlosigkeit gefallen und dann den zuvor gegessenen Haferschleim erbrochen hat. Daran sei er erstickt. „Das Einschnüren hat das Fass zum Überlaufen gebracht.“

Dazu verweist er auf eine Rekonstruktion, die im Rahmen des Gutachtens an der Frankfurter Uni vorgenommen wurde. Mit Blick auf die vorliegenden Daten geht der Gutachter außerdem davon aus, dass der Vierjährige damals „extrem untergewichtig“ gewesen sei.

Mit einer 22-jährigen Polizistin, die sich freiwillig in einem Sack einschnüren lässt, wird demonstriert, wie es ist in einem Sack zu stecken. Dabei sei sehr schnell der Kohlendioxidgehalt im Inneren des Sacks auf eine kritische Höhe angestiegen, die zu einer Bewusstlosigkeit führen könne, so VERHOFF


23.06.2020

Die Fuldaer Zeitung sowie op-online.de berichten über Dr. Dieter MARQUETAND, ein forensisch-psychiatrische Gutachter. Er hat bei Sylvia D. eine schwere narzisstische Persönlichkeitsstörung diagnostiziert. Er hält Sylvia D. dennoch für schuldfähig.

„Ob es sich nun um eine geschlossene religiöse Gruppierung oder um eine Sekte handelt – aus psychologischer Sicht ist das völlig irrelevant“, stellt der Gutachter fest, der vor allem die Schuldfähigkeit der Sylvia D. untersucht. Aber seine Diagnosen sind eindeutig: Die ausufernden Monologe und langen Beschimpfungen aus den abgehörten Telefonaten, das manipulative Auftreten und die schweren Drohungen zeigen, dass „Frau D. die Nummer eins in der Gruppierung“ war und ist. Sie habe durchgehend das Denken und Tun der Gruppe bestimmt.

Aus allen vorliegenden Beweisen sieht MARQUETAND zudem einen „manipulierenden Umgang mit anderen Menschen – aus Mangel an Empathie“. Einfühlungsvermögen gebe es bei Sylvia D. überhaupt nicht. „Es ist nicht vorhanden. Sie ist Krankenschwester gewesen. Frau D. müsste bekannt gewesen sein, dass Fixierungen von Patienten, beispielsweise mit einer Zwangsjacke, niemals die Atmung der Menschen behindern dürfen.“


ab 25.06.2020

Laut op-online.de werden ein Brief von Walter D. vom 17. August 1988, 19.30 Uhr, sowie weitere Akten verlesen. Demnach soll Walter D. nach Auffinden des leblosen Jan H. sofort mit der Wiederbelebung begonnen haben.

Außerdem sagt ein ehemaliger Pfarrer aus


04.08.2020

Die Verteidigung von Sylvia D. stellt Beweisanträge, nach op-online.de


16.09.2020

Die Frankfurter Rundschau berichtet im Artikel "Prozess in Hanau: Lebenslange Haft gefordert", dass Oberstaatsanwalt MIES auf lebenslange Haftstrafe für Sylvia D. wegen Mordes durch unterlassener Hilfeleistung plädiert. Die Verteidigung weist die Vorwürfe zurück und beklagt eine haltlose Hetzkampagne. Es wird Freispruch gefordert



24.09.2020

Laut Süddeutsche Zeitung wird Sylvia D. wegen Mordes zu lebenslanger Haftstrafe verurteilt und direkt verhaftet, wegen Fluchtgefahr


25.09.2020

Laut op-online.de wird die zum Zeitpunkt 59-Jährige Claudia H. in Leipzig festgenommen. Der Vorwurf lautet: Beihilfe zum Mord


30.09.2020

op-online.de informiert darüber, dass die Strafverteidiger M. SEIPEL und P. HOVESTADT eine Revision einlegen wollen


09.03.2021

Claudia H. wird laut Kinzig.News von der Staatsanwaltschaft Hanau wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes an Jan H. beim Landgericht Hanau angeklagt.


(CW/BA; Grafiken: LuRie)