BEKETOV, Chimki und die Autobahn - Ausführliche Chronologie aller Ereignisse

2000

Boris GROMOV, früher Generaloberst der Sowjetunion, wird Gouverneur des Moskauer Gebiets (Moskowskaja Oblast). Im Februar 1989 war er für den Abzug der letzten sowjetischen Truppen aus Afghanistan verantwortlich. Der vaterländische Dank dafür: Er wurde dadurch zum „Held der Sowjetunion“ befördert.
Nach dem russischen Afghanistan-Krieg hatte GROMOV im Jahr 1997 eine Vereinigung der Afghanistan-Kämpfer „Bojewoje Bratstvo“ (deutsch: „Kampfbrüderschaft“), einen Veteranen-Verein gegründet, dessen Vorsitzender er auch im Jahr 2010 ist.
Nach seinem Amtsantritt als Gouverneur werden mehrere ehemalige Afghanistan-Kämpfer - Mitglieder des „Bojewoje Bratstvo“ - zu Bürgermeistern und anderen hohen Beamten im Moskauer Gebiet. Kritiker werfen GROMOV immer wieder vor, er betreibe „Veteranenwirtschaft“.


März 2003

Bei den Wahlen in Chimki wird Vladimir STRELCHENKO zum Bürgermeister gewählt. STRELCHENKO ist ein Afghanistan-Veteran mit Auszeichnungen und Mitglied des russlandweiten Kriegsveteranenvereins „Boevoe Bratstvo“. Nach STRELCHENKOs Amtsantritt werden mehrer ehemalige Militärs hohe Regierungsposten in der Stadt einnehmen: acht von neun Stellvertretern des Bürgermeisters werden Militärs in Reserve und Mitglieder der Organisation „Boevoe Bratstvo“ sein.
Die Satelitenstadt Chimki, im nahen „Podmoskowje“ (nordwestlich von Moskau), ist ein ausgesprochen schwieriger Ort für Journalisten. Die Medienlandschaft der Stadt ist durch administrativen Einfluss stark geprägt. Die Wochenzeitung `Chimkinskije Nowosti´, gegründet von der Stadtverwaltung, gilt als Verlautbarungsorgan des Bürgermeisteramtes. Dasselbe trifft auch auf die Holding `Chimki SMI´ zu, dem das lokale Radio und Fernsehen gehört. Direktorin: die Ehefrau des Vizebürgermeisters, Swetlana Anatoljewna ZAPOROZHEC


2005

In Chimki findet eine 'öffentliche' Anhörung statt, von der die Chimki-Bevölkerung jedoch nichts weiß. Auf dieser Veranstaltung wird ein Beschluss gefasst, eine Autobahn von Moskau nach St. Petersburg (Magistrale 10 bzw. 'M10') durch den Chimki-Waldpark zu bauen. Dazu notwendig: die Vernichtung von Waldfläche.
Alternativ dazu werden dem Bürgermeister STRELCHENKO zwei andere Optionen zur Streckenführung vorgeschlagen


24.02.2005

STRELCHENKO verfügt mit der 'Anordnung Nr. 188-r', den möglichen Streckenverlauf der Autobahn (Moskau - St. Petersburg) auszuarbeiten. Konkret ordnet er an, die Strecke für die gebührenpflichtige Autobahn ab dem äußeren Straßenring (MKAD) bis zum Flughafen 'Scheremetjevo-3' und von dort aus den 'M10'-Streckenabschnitt bis zum angrenzenden Solnechnogorsk-Bezirk auszuarbeiten


15.03.2005

Aufgrund dieser Anordnung trifft eine Kommission eine Vorauswahl für ein Grundstück, auf dem eine gebührenpflichtige Autobahn von dem äußeren Moskauer Straßenring (MKAD) zum Flughafen 'Scheremetjevo-3' und der Streckenabschnitt der Magistrale 10 ('M-10' von Moskau nach St. Petersburg) bis zum Solnechnogorsk-Bezirk verlaufen soll. Die Kommission besteht aus 15 Mitgliedern, Vorsitzender ist D.A. POZDNEV, Stellvertreter des Bürgermeisters STRELCHENKO für Bau, Architektur und Landnutzung.

Der Kommission wurden 3 Bauvarianten des Streckenverlaufs vorgelegt. Sie empfiehlt die dritte, hier rot markierte Variante, die durch ein bewaldetes Gebiet von Chimki verläuft.
Die Kommission ist sich darüber im Klaren, dass dies

  • ca. 50 Hektar des Waldes in Anspruch nehmen

  • und diesen in zwei Teile schneiden würde.

Das wird von der Kommission zwar als „sehr negativ, aber unausweichlich“ bezeichnet.

Die zwei anderen Varianten werden mit folgender Argumentation abgelehnt:

Variante 1 (hier blau):
Sie entspricht nicht den Vorgaben der Anordnung vom 24.02.2005. Die Strecke würde um Chimki herum verlaufen – die Stadt einkreisen - und von dem internationalen Flughafen 'Scheremetjevo' wegführen, wodurch die Transportversorgung des Flughafens nicht gewährleistet werden kann und die Stadtentwicklung behindern würde, weil Bauflächen für Stadtbebauung, durch den Streckenverlauf, eingeschränkt werden. Zudem wird auch kritisiert, dass die Strecke 15-20 Hektar des Chimki-Waldes in Anspruch nehmen würde. Dass eine parallel zur bereits bestehenden Straße verlaufende gebührenpflichtige Autobahn, technisch und technologisch schwer umzusetzen ist und zusätzliche Landflächen des Molzhaninovsk-Bezirks der Stadt Moskau in Anspruch genommen werden müssten – sind weitere Gründe. Insgesamt gibt es für die erste Variante, sieben Kritikpunkte, deren Schlussfolgerung lautet: „Die vorliegende Variante kann sogar ohne einen Vergleich der technisch-ökonomischen Kennziffern nicht in Betracht genommen werden, da sie der Aufgabenstellung - Entwicklung eines Bauprojektes für eine gebührenpflichtigen Autobahn - nicht entspricht.“

Variante 2 (hier gelb)
wird zwar als „technisch und ökonomisch attraktiv“ bezeichnet. Nach Einschätzung der Kommission ist die Realisierung aus einem einzigen Grund unmöglich – die Strecke würde, in einem Abschnitt von vier Kilometern, durch den Molzhaninovsk-Bezirk von Moskau verlaufen, dessen Landflächen bereits durch Investoren aufgekauft wurden


05.04.2005

Bürgermeister Vladimir STRELCHENKO weist die Kommission an (unter der Leitung seines Stellvertreters D.A. POZDNEV), für die dritte Variante, die durch den Wald verläuft, eine technisch-ökonomische Begründung, mit Berücksichtigung der Auswirkungen auf das ökologische System, auszuarbeiten.

Fünf Jahre später wird 'TRANSPARENCY INTERNATIONAL RUSSIA' die Vorauswahl vom 15.03.05 und die darauf basierende Anordnung von STRELCHENKO bemängeln. Denn laut dem zu dieser Zeit geltenden Waldgesetz der Russische Föderation (Artikel 47) hatte der Bürgermeister STRELCHENKO, als Entscheidungsträger auf lokalen Ebene, keine gesetzliche Grundlage, eine Entscheidung über die Durchführung von Bauarbeiten der ersten Kategorie (z.B. Bau von Kommunikationswegen) auf Grundstücken des Waldfonds zu treffen – solche Entscheidungen müssen auf der föderalen Ebene getroffen werden. Eine Vorauswahl von Grundstücken des Waldfonds, auf den gebaut werden soll, muss ebenfalls auf der föderalen Ebene durchgeführt werden - einen solchen Akt zu bewilligen war ein Bürgermeister nicht bevollmächtigt. Und der Stellvertreter des Bürgermeisters hatte auch nicht das Recht bei der Vorauswahl den Vorsitz zu führen


2006

Dem Chimki-Forstamt/Forstbetrieb („ëåñõîç“) wird die Finanzierung gestrichen. Für die Waldpflege ist jetzt das Forstbetrieb von Istrinsk verantwortlich. Dieses kommt aber seinen Pflichten nicht nach. So jedenfalls wird es zwei Jahre später Jurij PANTIN, ein Förster, der am Rande des Chimki-Waldparks lebt, der Novaja Gazeta berichten:

  • Es wurden z.B. keine sanitären Waldsäuberungen mehr durchgeführt

  • Und wenn dann der Wald zur Müllhalde würde, würde bestimmt irgendwer davon profitieren

28.04.2006

Boris GROMOV, Gouverneur der Moskauer Region, unterschreibt eine Verordnung, auf Grund der eine große bewaldete Fläche neben Chimki für den Bau einer Autobahn von Moskau nach St. Petersburg freigegeben wird. Auf beiden Seiten der geplanten Autobahn soll ein Flächenstreifen von jeweils 3 km Breite für den Bau von Infrastruktur reserviert werden. Damit wird ein Großteil der Waldfläche zur Abholzung freigegeben


Ende 2006

Michael BEKETOV – Journalist aus Chimki, der unter dem Vorgängerbürgermeister von STRELCHENKOV selbst Chefredakteur der Rathauszeitung Neues aus Chimki gewesen
war – gründet eine kleine lokale Zeitung, die Chimkinskaja Prawda (deutsch: Die Wahrheit von Chimki). Und schreibt von nun an gegen die Stadtverwaltung - seinen früheren Arbeitgeber.


2007

Die Einwohner von Chimki erfahren von GROMOVs Verordnung vom 28.04.2006 dadurch, als Yevgenya CHIRIKOVA, eine zweifache Mutter mit zwei Hochschulabschlüssen (Ingenieurs- und Wirtschaftsabschluss), bei einem Spaziergang im Wald merkwürdige Markierungen auf den Bäumen bemerkt. Mit ihrem Mann zusammen suchen sie im Internet, was dies zu bedeuten hat und finden die Verordnung vom 28.04.2006, nach der durch den Chimki-Wald eine Autobahn von Moskau nach St. Petersburg gebaut werden soll und dafür große Flächen (3000 Meter in der Breite, links und rechts von der Strecke) für Infrastruktur reserviert werden.

Der Wald ist für die Bürger von Chimki und näherer Umgebung ein wichtiges Erholungsgebiet und ein Garant für bessere Luftqualität. Trotz eines Flughafens (Scheremetjewo), zwei großer aber oft verstopfter Verkehrswege: (die bereits existierende Straße Moskau – St. Petersburg ('Leningradskoje Chausee') und der äußere Moskauer Straßenring (MKAD)), einer freistehenden Mülldeponie und einer Zementfabrik, ist der Wald ein intaktes Naturgebiet, in dem sich sogar Großwild aufhält.
CHRIKOVA und ihr Mann sind aus Moskau nach Chimki gezogen, um ihre Kinder in einer ökologisch besseren Umgebung groß ziehen zu können. Jetzt sehen sie, dass diesem Ziel ein Bauprojekt der Regierung im Wege steht.

CHIRIKOVA macht ihre Mitbürger durch eigens gedruckte Anzeigen, in denen sie die Situation schildert und ihre Telefonnummer hinterlässt, auf das Vorhaben der Regierung aufmerksam.
Die Anzeigen haben eine geringe, doch nicht unerhebliche Wirkung: Etwa 10 Gleichgesinnte treffen sich mit CHIRIKOVA und beginnen einen Kampf für den Schutz des Chimki-Waldes


April 2007

BEKETOV berichtet als erster in seiner Zeitung über den Abriss eines Kriegsdenkmals, unter dem sechs gefallene Piloten des Zweiten Weltkrieges begraben liegen. Durch eine Initiative der Chimki-Regierung wurden sie ausgegraben, weil eine wichtige und große Straße, die Leningrader Chaussee, an der das Denkmal stand, verbreitert werden sollte.
Der Abbau des Kriegerdenkmals wurde mit roher Gewalt durchgeführt. Mehrere sterbliche Überreste der Gefallenen wurden dabei zerstört.
Mehrfach kritisiert BEKETOV das in seiner Zeitung und tritt bei einem der kleineren, aber landesweiten TV-Sender REN-TV auf, wo er Fotos von der Exhumierung präsentiert. Zudem fordert der Journalist den Rücktritt des Chimki-Bürgermeisters Vladimir STRELCHENKO.

Dies spielt sich just zu der Zeit ab, als die Russische Föderation mit Estland wegen des Denkmals „Bronze-Soldat“, im Streit liegt (siehe als Hintergrund-Info: ZEIT-Online vom 02.05.2007).
Der Denkmalabriss in Chimki und die wenig würdevolle Exhumierung der gefallenen Piloten ist BEKETOVs erste große Geschichte, mit der er eine breite öffentliche Resonanz auslöst.
Sie bleibt nicht ohne Folgen: Die Regierung von Chimki muss sich rechtfertigen und nachträglich eine feierliche Beisetzung der Leichname auf dem städtischen Friedhof organisieren.

  • Die andere Seite der Medaille: BEKETOV und die `Chimkinskaja Pravda´ geraten unter Druck seitens der Behörden: Zeitungsexemplare werden aus Briefkästen heraus geklaut oder sie verschwinden bereits bei der Zustellung

  • Eigentümer von Geschäften die die `Chimkinskaja Prawda´ verbreiten, werden bedroht. Einigen wird der Strom und das Wasser abgestellt

  • Es geht sogar soweit, dass unbekannte Männer tagsüber in einen Friseursalon eindringen, in dem die Zeitung ausliegt, und dem Personal mehr oder weniger ‚befehlen’, künftig solche Zeitungen nicht mehr aufzulegen. Zum Abschied hinterlassen sie Plakate mit der Abbildung von Vladimir STRELCHENKO.

Folge all dieser Repressalien: BEKETOV’s Zeitung gerät in finanzielle Schwierigkeiten. Seinen Freunden erzählt BEKETOV, dass er darüber nachdenkt, die Zeitung zu schließen. Tatsächlich legt er für ein halbes Jahr eine Pause ein.
Auch andere Beispiele in Chimki zeigen, dass öffentliche Kritik gefährlich ist. Beispiel:
Im Jahr 2006 gab es einen Anschlag auf den Chefredakteur der Zeitung Grazhdanskij Forum (deutsch: Bürgerforum), Jurij GRANIN und seinen Mitarbeiter Jurij SLJUSAREV. Unbekannte schlugen die beiden mit einem schweren Gegenstand auf den Kopf – die Zeitungsmacher kamen ins Krankenhaus. Es war das Ende der Zeitung


24.05.2007

Unbekannte Täter dringen auf BEKETOVS Grundstück ein, übergießen sein im Hof stehendes Auto (Landrover) mit Benzin und zünden es an. Vorausgegangen waren telefonische Drohungen, man werde mit ihm abrechnen.
BEKETOV wendet sich an die Polizei und die Staatsanwaltschaft. Dort wird er ausgelacht. Man empfiehlt ihm – durch die Blume sozusagen - die Anzeige zurückzuziehen.
In einem Fernsehen-Interview wird BEKETOV später sagen, dass der Bürgermeister STRELCHENKO hinter dem Anschlag stehe. Denselben Vorwurf erhebt er gegenüber der Staatsanwaltschaft.
Einer der Vizebürgermeister, Aleksej WALOV, meint danach zu BEKETOV:
„Seien Sie nicht nachtragend wegen dem Auto – Gott gab, Gott nahm. Lassen Sie uns neu anfangen.“
Der kleine Fernsehsender Ren TV nimmt diesen Vorfall ernster und lässt BEKETOV auf seinem Grundstück, auf dem auch das völlig ausgebrannte Auto steht, in einem Zweieinhalb-Minuten-Beitrag zu Wort kommen. Darin verdächtigt er den Bürgermeister STRELCHENKO, hinter diesem Anschlag zu stehen.
Der Bürgermeister wiederum wird das später zum Anlass nehmen, BEKETOV wegen Verleumdung anzuzeigen (siehe Februar 2008)


10.06.2007

Ca. 200 Bürger von Chimki und Umgebung protestieren gegen die Abholzung des Chimki-Waldes. Die Aktion findet im Park von Lew Tolstoj in Chimki statt - 1.500 Unterschriften werden gesammelt.
Kurz vor der Aktion wird eine der Umweltaktivistin, Ludmila SELINA von der örtlichen Miliz verhaftet, als sie Flugblätter verbreitet, um auf die Aktion aufmerksam zu machen. Ihr wird rechtswidrige Agitation vorgeworfen.

Als Folge der beginnenden Auseinandersetzungen zwischen Chimki-Bürgern, die die Natur und ihren Wald schätzen, sowie den Chimki-Politikern, die im Rathaus sitzen, gründet sich die Bürgerinitiative "Ekologicheskaya oborona Moskovskoy oblasti", abgekürzt "ECMO" (russisch: Экологическая оборона Московской области), die sich zu deutsch "Ökologische Verteidigung des Moskauer Gebiets" nennt. Die Bewegung

  • will nicht politisch Stellung beziehen

  • sondern der "Demontage der Natur" entgegenwirken

  • weshalb ganz normale Menschen mit Familie, Beruf und Hobby Mitglieder sind.

Hier geht es zur russischen Website von www.ecmo.ru:


22.06.2007

Die Wohnungs-Eingangstür von Ludmila SELINA wird von Unbekannten verbrannt


14.07.2007

Eine weitere Aktion findet im Park von Lew Tolstoj in Chimki statt. Etwa 300 Menschen (Einwohner von Chimki und Umgebung) setzen sich für den Schutz des Chimki-Waldes ein – diesesmal sind es bereits 3500 Unterschriften, die bei der Aktion gesammelt werden


05.09.2007

Beim Präsidenten der Russischen Föderation, Vladimir PUTIN, wird ein Brief mit 5.000 Unterschriften übergeben. In diesem wird die Bitte geäußert, für den Bau der Autobahn (Moskau – St. Petersburg) alternative Varianten der Streckenführung zu berücksichtigen und eine Rodung des Chimki-Waldes zu verhindern.
Aus der Administration des Präsidenten wird der Brief an das Umweltministerium weitergeleitet


Oktober 2007

Unbekannte schlagen dem Chefredakteur der Zeitung Grazhdanskoe soglasie (deutsch: bürgerliche Zustimmung) Anatolij JUROV (ist mit BEKETOV befreundet) von hinten auf den Kopf. In seiner Zeitung kritisiert er ebenfalls die Vorgehensweise der Chimki-Administration. Zudem wird er einen weiteren Anschlag überleben, bei dem er zehn Messerstiche erleiden wird.
Diese Geschichte erzählt er später einem Journalisten von der New Times, Konstantin KUZYLLO:
„Ich ging in mein Büro rein, als mir auf den Kopf geschlagen wurde, […] sie waren zu zweit, einer von ihnen hatte eine Pistole. Gut das unsere Jungs im Büro waren – die (Täter – A.E.) haben so eine Wendung nicht erwartet und liefen weg.“ – erzählt JUROV.
„Was passierte danach?“ – fragt ihn der Journalist der New Times.
„Ich wendete mich an die Miliz. Die hat sich nicht dafür interessiert. Ich ging zu den Staatsanwälten – damit sie Druck auf die Miliz ausüben. Die haben auch kein Strafverfahren eröffnet. Ich schrieb eine Anzeige ans Gericht wegen der Untätigkeit der Staatsanwaltschaft. Das Gericht erkannte die Untätigkeit an. Ich schrieb einen Brief an den Präsidenten, im Namen von Grazhdanskoe soglasie, dass hier absolute Gesetzeslosigkeit herrscht.
Danach wurde auf mich ein Anschlag verübt, dieses Mal mit einem Messer, ebenfalls hier, neben dem Büro. Zehn Messerstiche. […]. So leben wir hier in Chimki …“


15.10.2007

Etwa 30 Chimki-Einwohner demonstrieren vor dem Umweltministerium in Moskau mit dem Ziel eine Antwort auf ihren Brief vom 05.09.2007 zu erhalten


23.10.2007

Oleg MITVOL, stellvertretender Leiter des russischen Diensts für Umwelt- und Naturschutz (ist dem Umweltministerium unterstellt) antwortet auf den Brief der Waldschützer. Er schreibt, dass der Chimki-Wald zu den geschützten Wäldern gehört und für die von GROMOV vorgesehenen Pläne nicht genutzt werden darf. Das Bauprojekt, bei dem die Autobahn durch diesen Wald verläuft und bei dem Landflächen von 6.000 Metern in der Breite reserviert werden, widerspricht dem geltenden Waldgesetz.
Darauf basierend wendet sich MITVOL an die Generalstaatsanwaltschaft, die er bittet, einen Verstoß gegen das Waldgesetz zu verhindern


05.11.2007

Waldschützer übergeben einen Brief mit 6.000 Unterschriften an alle Parteien, die sich für die anstehenden Parlamentswahlen zur Staats-DUMA haben registrieren lassen. Ihre Bitte: Sie bei der Rettung des Chimki-Waldes zu unterstützen und ihnen vor den Wahlen am 2. Dezember 12.2007) zu antworten. Bei diesen Wahlen wird die Partei PUTIN's, Einiges Russland, 64,3% aller Stimmen auf sich vereinigen.
Die aktiven Waldschützer erhalten nur zwei Antworten: von der (grünen) „Jabloko“-Partei und der Demokratischen Partei Russlands.
Die staatstragende Regierungspartei von MEDVEDEV und PUTIN, „Einiges Russland“, hat es bereits abgelehnt, den Brief mit 6.000 Unterschriften überhaupt nur anzunehmen


26.11.2007

Etwa 20 Menschen demonstrieren vor dem Verkehrsministerium in Moskau für den Schutz des Chimki-Waldes. Nach der Aktion übergeben die Demonstranten einen Antrag mit 6.500 Unterschriften dem Ministerium mit der Forderung, die Verordnung GROMOVs (vom 28.04.2006) außer Kraft zu setzen und alternative Varianten der Streckenführung zu prüfen


20.12.2007

Die erste Gerichtssitzung zu der geplante Rodung des Chimki-Waldes findet in Moskau statt. Die Waldschützer versuchen vor Gericht die Anordnung von Vladimir STRELCHENKO (vom 05.04.2005) anzufechten. Sie werfen dem Bürgermeister bzw. der Regierung von Chimki vor, die Entscheidung (für die dritte Wariante der Streckenführung der Autobahn) getroffen zu haben, ohne alle Fragen vorher mit den Einwohnern - bei einer öffentliche Anhörung – geklärt zu haben. Den Brief von Oleg MITVOL an die Staatsanwaltschaft hatten sie der Klage beigefügt


2008

BEKETOV setzt sich in seiner Zeitung regelmäßig für den Chimki-Wald ein. Unterstützt wird er von anderen Umweltaktivisten. Die schreiben Briefe an Russlands Präsidenten MEDVEDEV. Im Sommer schicken sie ihm eine Liste mit rund 15.000 Unterschriften. Es werden Demonstrationen organisiert, Aktivisten blockieren zeitweise die „Leningradskoe Chaussee“.
BEKETOV, der in dieser Umweltbewegung engagiert ist, gelingt es, Aktivisten aus anderen Bezirken des „Podmoskowje“ zusammenzubringen, so dass sich die engagierten Menschen bei verschiedenen Aktionen gegenseitig aushelfen


22.01.2008

Die zweite Gerichtssitzung zu der geplante Rodung des Chimki-Waldes soll stattfinden. Jedoch wird sie - unerwartet für die Kläger – auf den 26. Februar verschoben


04.02.2008

In Chimki findet eine - diesesmal öffentliche - Anhörung statt. Auch BEKETOV kommt dazu (siehe Foto).
Parallel dazu wird aufgrund einer Anzeige des Bürgermeisters STRELCHENKO ein Strafverfahren gegen ihn wegen Verleumdung eingeleitet (§ 129 des Strafgesetzes der Russischen Föderation. Grund: BEKETOVs Äußerung in einem Interview des TV-Senders Ren-TV vom 24. Mai 2007, dass - seiner Meinung nach - der Bürgermeister hinter dem Vorfall mit seinem abgefackelten Auto stehe.
Konkret hatte BEKETOV in diesem Interview folgendes gesagt: „Meiner Meinung nach ist das politisches Terror - Auftraggeber: Herr Strelchenko -, den unbekannte Menschen in diesem Fall nur gegen mein Auto durchgeführt haben. Danke, dass das nur gegen mein Auto war. Denn, im Prinzip, habe ich früher schon Drohungen bekommen.“


05.02.2008

Die Waldschützer übergeben einen Brief mit über 8.000 Unterschriften an alle Kandidaten für die anstehenden Präsidentschaftswahlen, mit der Bitte ihnen zu helfen, den Chimki-Wald zu retten


12.02.2008

Yevgenya CHIRIKOVA, Anführerin der Bürgerbewegung „Rettet den Chimki-Wald“, wird in die Administration des Präsidenten eingeladen, wo sie mit einem Mitarbeiter der Beraterin des Präsidenten in Sachen Menschenrechte, Ella PANFILOVA, spricht.
CHIRIKOVA schildert dem Mitarbeiter die Situation mit dem Chmki-Wald – ihr wird Hilfe versprochen


22.02.2008

Die Moskauer Behörde für Naturnutzung und Umweltschutz gibt über führende Nachrichten-Agenturen bekannt, dass sie gegen den Bau der Autobahn (Moskau – St. Petersburg) durch den Chimki-Wald ist. Begründung: Die vorgesehene Streckenführung würde im Laufe mehrerer Jahre unausweichlich zur Degradierung und zum Sterben des Waldes führen.
Vladimir ZHIRINOVSKY (Gründer und Chef der Liberal-Demokratischen Partei Russlands - LDPR), einer der Kandidaten bei den Präsidentschaftswahlen, antwortet auf den Brief der Waldschützer. In seinem Antwortschreiben äußert er sich unterstützend und informiert die Aktivisten darüber, dass er betreffend des Chimki-Waldes eine Anfrage an den Generalstaatsanwalt Jurij CHAJKA geschickt hat


24.02.2008

Waldschützer protestieren vor dem Regierungsgebäude in Chimki. Daraufhin trifft am Ort des Geschehens eine Miliz-Einheit ein – unter der Leitung des stellvertretenden Bürgermeisters Evgenij PITERIMOV werden die Aktivisten verjagt. Die Miliz nimmt zwei ältere Damen fest – N. KHOROSHYLOVA und A. GRIGOREVA. Sie werden auf dem Revier sieben Stunden lang festgehalten (ohne Essen und Trinken) und müsse Beleidigungen und Einschüchterungen über sich ergehen lassen. N. KHOROSHYLOVA wird sogar von einem Oberst der Miliz auf die Brust geschlagen. Ein jüngerer Aktivist A. BUSLAEV wird ebenfalls festgenommen – er wird brutal verprügelt und für fünfzehn Tage eingesperrt


26.02.2008

Eine weitere Gerichtssitzung des Verfahrens, bei dem die Waldschützer die Anordnung von STRELCHENKO anfechten, wird verschoben – ohne dabei die Kläger in Kenntnis zu setzen.
Waldschützer übergeben einen Brief mit über 10.000 Unterschriften an den Spitzenkandidaten der Präsidentschaftswahlen Dmitrij MEDVEDEV, mit der Bitte den Chimki-Wald zu retten und ihm den Status eines besonders geschützten Naturgebiets zu geben:


14.03.2008

Das Gericht lehnt alle Kläger-Anträge hinsichtlich möglicher Verstöße in der Dokumentation des Bauprojekts der Autobahn Moskau – St. Petersburg ab


16.03.2008

Präsidentschaftskandidat MEDVEDEV antwortet den Waldschützern auf ihren Brief, den er am 26.02.2008 erhalten hat, dass er die Bearbeitung aller im Brief angesprochenen Fragen dem Verkehrsministerium, dem Umweltministerium, dem Ministerium für Regionalen Entwicklung der RF und der Industrie-Überwachungsbehörde aufgetragen hat.

Die Föderale Agentur für Forstwirtschaft Russlands antwortet auf einen Brief von Sergej MITROCHIN ("Jabloko-Partei"), den er im Dezember 2007 abgeschickt hat, dass sie über keinerlei Informationen über die genauen Grenzen des Chimki-Waldes verfügen. Die Unterlagen sind merkwürdigerweise verschwunden - kurz vor Baubeginn


20.03.2008

Chimki-Einwohner schreiben einen Brief an die Administration des Präsidenten, den Diensts für Umwelt- und Naturschutz und die Naturschutz-Staatsanwaltschaft, in dem sie die Situation mit dem Chimki-Wald und den verschwundenen Unterlagen zu seinem Status und Grenzen beschreiben. Sie fordern:

  • die Grenzen des Waldes nach Satelliten-Aufnahmen zu bestimmen

  • einen Schutz für den Wald zu organisieren

  • und ihm den Status eines besonders geschützten Naturgebiets zu geben.

Mai 2008

Inzwischen wurde ein erstes Gelände des Chimki-Waldes abgeholzt:


Juni 2008

Es kommt zu einer ersten Sitzung vor einem Schiedsgericht im Fall STRELCHENKO gegen BEKETOV – der Bürgermeister hat Klage erhoben.
BEKETOV lässt sich von dem bekannten Menschenrechtsanwalt Stanislaw MARKELOV vertreten. Der macht während der Gerichtssitzung auf eine verfälschte Zeugenaussage in den staatsanwaltlichen Ermittlungsunterlagen aufmerksam.
Konkret handelt es sich um die Aussage eines Journalisten des Fernsehsenders Ren-TV. Der hatte BEKETOV für einen Beitrag, bei dem es um den Vorfall mit seinem Auto ging, interviewt. Genau dieser Beitrag ist die Grundlage des Strafverfahrens.
Laut Anklage hat der Fernsehjournalist behauptet, dass in BEKETOV's Chimkinskaja Pravda hauptsächlich Verleumdungen publiziert werden, die dazu dienen, die örtliche Staatsverwaltung zu diskreditieren. Allerdings: Der Zeuge hatte nie eine solche Aussage gemacht.
Abgesehen davon präsentiert Rechtsanwalt MARKELOV dem Gericht ein Gutachten, nach dem die Aussage von BEKETOV nicht als „Verleumdung“ (Behauptung von falschen Tatsachen wider besseren Wissens) interpretiert werden kann - BEKETOV habe zum Zeitpunkt des Interviews nur seine „Vermutungen“ ausgesprochen.
Weil sich in den Akten eine gefälschte Unterlage befindet, werden weitere Gerichtssitzungen vorerst verschoben

Bauarbeiter beginnen an einer anderen Stelle abzuholzen:

Demonstrationen von Chimki-Einwohnern werden häufig von Provokateuren 'aufgemischt'. ECMO hat die Autos bzw. Autonummern fotografiert:


05.09.2008

Einwohner von Chimki nehmen an einer Protestaktion auf dem Moskauer Theater-Platz teil. Sie bitten den französischen Baukonzern VINCI, der an dem Konsortium beteiligt ist und den Zuschlag für den Bau und Betrieb des fraglichen Autobahnabschnitts durch den Chimki-Wald bekommen hat, nicht an dem Projekt teilzunehmen, bis dieses zugunsten der Erhaltung des Waldes überarbeitet ist.


25.10.2008

"Tag des Volkszorns": Wieder setzen sich Einwohner von Chimki für den Erhalt ihres Waldes ein. Aufschrift auf diesem Plakat: "Wir geben den Beamten den Chimkiwald nicht!"


11.11.2008

Es ist kalt – in Moskau und im vorgelagerten Chimki. Freunde von BEKETOV, Jurij und Ljudmila FEDOTOV, wollen mit ihm telefonieren. Niemand geht bei BEKETOV ans Telefon.


12.11.2008

Auch einen Tag später geht in BEKETOV’s Haus in der Gorkistrasse (Siedlung Starbejevo) niemand ans Telefon.


13.11.2008

Michael BEKETOV wird vor seinem Haus schwerverletzt aufgefunden.
Im Chimki-Krankenhaus stellen die Ärzte fest, dass der Journalist länger als einen Tag in diesem Zustand draußen auf der kalten November-Erde lag. Sie wundern sich, dass er überhaupt noch am Leben ist. Ihre medizinischen Feststellungen sehen so aus:

„Kontusion des Gehirns schweren Grades, Brüche von Knochen des Schädelgewölbes und der Schädelbasis, [...] Knochenschäden des linken Scheitelbereichs und des Schläfenbeins mit den Abmessungen 9,2 x 8,3 cm. [...]offenen Knochenbruch der Knochen des rechten Unterschenkels mit einer Schädigung der rechten Arterie unterhalb des Knies sowie Erfrierungen des rechten Fusses und des rechten Unterschenkels 4. Grades.“

Zudem: Erfrierungen 2. bis 4. Grades beim Finger an der linken Hand. Noch am selben Tag wird BEKETOV der rechte Unterschenkel amputiert.

Was genau in den letzten 2 Tagen passiert ist, lässt sich nicht mehr exakt rekonstruieren. Man kann den Vorgang nur anhand des medizinischen Befundes erahnen.

Die Täter sind vermutlich über den zwei-meterhohen Zaun von BEKETOV’s Grundstücks geklettert oder durch die offene Gartentür hereingekommen. Egal mit was, ob mit Baseball-Schlägern oder anderen Geräten, sind sie über den Journalisten hergefallen und haben ihn total zusammengeschlagen.

Der Vorfall wird schnell bekannt. Mitarbeiter der Polizeistation von Chimki geben aber keinen Kommentar dazu ab. Die Umweltaktivisten, die den Wald retten wollen, erinnern sich, dass BEKETOV zwei Wochen vor diesem Anschlag von Kriminellen bedroht wurde, so hat er es ihnen erzählt. Unternommen hatte BEKETOV allerdings nichts. Er hatte es allerdings vorgehabt.
Wenn man weiß, dass nichts geschieht, hat man es auch nicht so eilig damit.
Das Ehepaar Jurij und Ljudmila FEDOTOVs – Freunde von BEKETOV – sagen der Novaya Gazeta, dass Michael schon am 11. November nicht zu erreichen war. Davor hatte er ihnen von einem Telefonanruf erzählt, dass ein anonymer Anrufer „versprochen“ habe, mit ihm abzurechnen.

All dies geschieht 4 Monate vor den Wahlen der Chimki-Administration im März 2009, bei der sich Bürgermeister STRELCHENKO wieder zur Wahl stellen will


14.11.2008

Tatsächlich wird offiziell ein Strafverfahren in Sachen BEKETOV gegen Unbekannt eingeleitet. Ermittelt wird wegen mutmaßlicher schwerer Körperverletzung (Artikel 111 des Strafgesetzes der Russischen Föderation)


15.11.2008

Samstag-Abend wird BEKETOV aus dem Chimki-Krankenhaus in das Moskauer Sklifosovski-Institut (medizinisches Forschungsinstitut, Kurzform: SKLIF) verlegt. Nicht nur weil er eine besondere ärztliche Behandlung benötigt, sondern weil der weitere Verbleib für ihn im Chimki-Krankenhaus zu gefährlich geworden ist. Denn auch dort sind Drohanrufe eingegangen – man wolle mit ihm endgültig abrechnen, heißt es am anderen Ende der Telefonleitung.
Im SKLIF wird der Journalist über längere Zeit der schwierigste Patient der Einrichtung bleiben. Auch hier wundern sich die Ärzte, dass er noch lebt


20.11.2008

Die Novaya Gazeta veröffentlicht einen Artikel mit dem Titel „Die Wahrheit von Chimki“. Autorin ist Elena KOSTYCHENKO, Korrespondentin, der Novaya Gazeta und regelmäßig mit Recherchen befasst. Sie hat sich in der Nachbarschaft des Journalisten umgehört und berichtet über ihre Ergebnisse – immer im Vergleich mit denen der Miliz (Polizei) von Chimki, die ebenfalls am BEKETOV-Fall arbeitet.
Im Gespräch mit dem stellvertretendem Leiter der Ermittlungsgruppe, Igor Ivanovich TOKARENKO, fragt Elena, warum der Fall unter dem Tatbestand der schweren Körperverletzung geführt wird und nicht unter dem des versuchten Mordes.
Kommentar des Polizisten: „Wenn die Täter ihn umbringen wollten, dann hätten sie das getan.“
Den Konflikt zwischen BEKETOV und der Administration von Chimki, bezeichnet der Ermittler, als unbestätigte Gerüchte. „Wo sollen wir denn nur die Zeugen finden?“ – fragt er wehleidig. Als die Korrespondentin ihm Telefonnummern von diesen gibt, schreibt er sie widerwillig auf.
„Mich interessiert jetzt mehr sein Familienleben […] Ich glaube, dass der Auslöser, Auseinandersetzungen unter Verwandten sein können. Oder sein Business. Die Version mit seiner beruflichen Tätigkeit wird geprüft … Sie denken doch nicht, hoffe ich, dass unsere Administration ihn in Auftrag gegeben hat? Das ist doch absurd! […] Wenn das aufgrund seiner beruflichen Tätigkeit geschah, dann waren das die Feinde von Strelchenko. Die Opposition. Mit diesem 'Mord' bezweckten sie, den Oberhaupt der Administration zu diskreditieren, um seine Wiederwahl im nächsten Jahr zu verhindern. Derjenige, der jetzt am lautesten schreit, ist der Auftraggeber. Das ist meine Sicht der Dinge,“ sagt der Ermittler.

Elena KOSTYCHENKO findet noch mehr heraus:

Michael BEKETOV wohnt in der Cottage-Siedlung `Starbeevo, bestehend aus zweistöckigen Ziegelhäusern, die nah an einander stehen – ein sehr ruhiges Wohngebiet. Als die Polizei im Rahmen der Ermittlungen zu den Nachbarn gegangen ist, hatte sie weniger Fragen gestellt, sondern sie sprach viel mehr über die Diskreditierung von STRELCHENKO.
Die Nachbarn berichten der Korrespondentin, dass die Polizisten damit gleich vor der Haustür anfingen – sie dachten es würde eine Befragung, doch es war eher ein Vortrag. „Die mit der Überführung der Täter beschäftigten Ermittler haben einige wichtige Dinge nicht gehört“ – schreibt KOSTYCHENKO.

Das Resumee ihrer Recherchen:

Am 11. November, etwa um 23 Uhr, verließ die Verwandte eines Nachbarn von BEKETEOV das Haus. Dabei fiel ihr ein gegenüber BEKETOVs Haus parkendes Auto auf – vermutlich ein `Mitsubishi´. Es war kein neues Auto und im dunklen Farbton gehalten, ein PKW. Neben dem Wagen spazierte ein relativ kleiner, dünner Mann, der rauchte. Als er die Frau sah, wurde er auffällig nervös, warf seine nicht zu Ende gerauchte Zigarette weg und verschwand ganz schnell in seinem Auto, fuhr aber nicht weg.
Fremde Autos sind sehr selten in diesem Teil der Siedlung. Daher kam die Erinnerung bei der Zeugin schnell hoch, nachdem der Anschlag bekannt wurde. Doch die offiziellen Ermittler hatte das nicht interessiert – sie hatten sich nicht einmal die Telefonnummer der Zeugin notiert.
Ein weiteres für die Untersuchungen wichtiges Detail: Ein Großteil der Siedlung ist mit Videokameras ausgerüstet. Die Kameras haben auch die Straße vor BEKETOVs Haus im Blickfeld. Darauf wurden die Ermittler von den Einwohnern mehrmals hingewiesen. Trotzdem hatten sie die Kameraaufnahmen nicht sichergestellt.
Als die Korrespondentin dem Ermittler TOKARENKO von ihren Ergebnissen, der Zeugin und der Videoüberwachung, berichtet, bedankt dieser sich mürrisch: „Sie haben uns bei den Ermittlungen weitergeholfen“.

Einer anderen Nachbarin schenkt KOSTYCHENKO ebenfalls Aufmerksamkeit in ihrem Artikel: Einer Putzfrau namens Valentina, die im Haus arbeitet, das unmittelbar an BEKETOVs angrenzt.
Am 12. November, ca. um 14 Uhr machte sie im Obergeschoss sauber. Aus dem Fenster sah sie Michael. „Er lag auf der Erde. Ich sah seine Beine. Sein blutiger Kopf war von den Bäumen verdeckt. Ich dachte, dass er betrunken war.“
Die Korrespondentin will von der Putzfrau wissen, ob BEKETOV öfters getrunken hatte. Antwort: „Nein, niemals. Aber man kann ja nie wissen.“
Nachdem Valentina mit dem Saubermachen fertig war, ging sie nach Hause. Der auf der eiskalten November-Erde liegende Nachbar hat sie nicht beunruhigt.
Am nächsten Tag, am 13. November, wurde Valentina von ihrer Arbeitgeberin, BEKETOV’s Nachbarin, angerufen. Sie sagte, dass sie ebenfalls die Beine des auf der Erde liegenden Nachbars sehe. Dieses Telefonat wird jedoch nicht zur Hilfe für den Journalisten – die Frauen sind sich einig: „ein komischer Mann“ .
Erst einige Stunden später berieten sich die Frauen nochmals am Telefon - BEKETOV lag zu diesem Zeitpunkt immer noch da. Erst jetzt entschloss sich Valentina, die örtliche Polizei zu rufen.
Auf den Vorhalt der Journalistin, dass die Ärzte sagen, dass, wenn die Hilfe früher da gewesen wäre, man ihm die Finger hätte retten können und vielleicht auch das Bein, entgegnet Valentina: „Sie verstehen doch, dass es mich nichts angeht?“

Im Gebäude der Stadtverwaltung, am Eingang trifft KOSTYCHENKO auf zwei Wachmänner. Sie sagen, dass Vladimir STRELCHENKO, der Bürgermeister, an seinem Platz ist. Erreichen kann die Journalistin aber nur die Sekretärin - STRELCHENKO verschwindet ganz plötzlich aus dem Gebäude. Und sein Stellvertreter, Aleksey CHOMUTOV, der berechtigt ist, zum Thema „BEKETOV“ Kommentare zu geben, sei derzeit bei einer Besprechung.
Schließlich kommt eine Angestellte der Stadtverwaltung: die für die städtische Medienarbeit verantwortliche Valentina KOBELEVA: „Wie kann ich das fremde Leid kommentieren! Einen Konflikt mit ihm hatten wir nicht, ein Gerichtsverfahren – ist kein Konflikt. Er hatte nur eine kleine Zeitung, nichts Seriöses. Wenn er da raus kommt, überlebt – dann, sei mit ihm Gott.“

Den einzigen Kommentar aus der Stadtverwaltung erhält die Zeitung Rossijskaja Gazeta. Die Ausgabe mit einem großen Artikel über BEKETOV erreicht die Kioske in Chimki allerdings nicht


23.11.2008

Die Zeitung Komsomolskaja Pravda (deutsch: `Komsomol-Wahrheit´ und vergleichbar mit der deutschen BILD-Zeitung) bringt einen Artikel unter dem Titel "Journalist Beketov wurde von einem ehemaligen Miliz-Mitarbeiter zusammengeschlagen":

Darin heißt es, dass der Verbrecher, der am 11. November den Journalisten, Michael BEKETOV aus Chimki halbtot geschlagen hat, bekannt sei. Es soll sich um einen ehemaligen Mitarbeiter der Miliz handeln, der derzeit als Mitglied einer kriminellen Organisation gilt. Er ist seither verschwunden und ist deshalb zur Fahndung ausgeschrieben. Die Redaktion beruft sich dabei auf eine Quelle aus der örtlichen Miliz

25.11.2008

Zwei Tage nach dem großen Bericht in der Komsomolskaja Pravda widerlegt Elena KOSTYCHENKO diese Informationen: im Radio Echo Moskau. Zwei Tage später, am 27.11.08, wird sie dies auch in ihrer Zeitung Novaya Gazeta tun.
Im Radio berichtet sie, dass sie sich mit dem Verdächtigen getroffen habe und sich dieser nicht vor den Ermittlungen versteckt. Er war eine Zeit lang nicht in der Stadt, weil er dringend seine Familie besuchen musste. Der Verdächtige ist ein ehemaliger Beamter der Kriminalpolizei, der im Jahr 2003 wegen unerlaubten Waffenbesitzes (in seiner Wohnung) vom Dienst suspendiert wurde. Der Mann ist sehr verängstigt und beteuert, mit dem Verbrechen nichts zu tun zu haben. Dass er als Verdächtiger gesucht wird, will der ehemalige Beamte aus den Medien erfahren haben und beschuldigt nun seine früheren Kollegen, ihn belasten zu wollen. Der Verdächtige will – so berichtet sie – selbst zur Polizei gehen, um die Geschichte aufzuklären.

Mitglieder der 'Kommission für Kommunikation, Information, Politik und freie Meinungsäußerung' der öffentliche Kammer (hier geht es zur Website dieser Institution der Russischen Föderation halten am selben Tag eine Sondersitzung ab. Dabei werden Verbesserungen bzw. dafür notwendige Änderungen des Strafgesetzes in Russland diskutiert, die dazu führen sollen, dass Übergriffe auf Journalisten härter bestraft werden.

Am selben Tag, abends, werden die Ermittlungen von ursprünglich „Mutmaßlicher Körperverletzung“ auf „versuchten Mord“ (Verstoß gegen den Artikel 105 des Strafgesetzes der RF) erweitert und an das Untersuchungskomitee bei der Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets übergeben. Der Grund dafür ist die ergebnislose Arbeit der Polizei (Miliz) des „Podmoskowje“, die zuvor nur wegen mutmaßlicher schwerer Körperverletzung (Artikel 111 Strafgesetzbuch der RF) ermittelt hat.

Beim dem Untersuchungskomitee bei der Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets ist der Fall noch nicht angekommen. Generalstaatsanwalt Jurij CHAJKA, Russlands oberster Staatsanwalt, der früher Justizminister war, wird den Verlauf der Ermittlungen in dem Fall persönlich kontrollieren – so die gazeta.ru in ihrem Artikel „Man war nicht dabei, Beketov zusammenzuschlagen, sondern umzubringen“.
Als Informationsquelle wird die Leiterin der Presseabteilung des Untersuchungskomitees, Julia ZHUKOVA, genannt. Ebenso will dies auch Alla CHERNYSHOVA wissen, eine Mitstreiterin von BEKETOV aus der Bürgerbewegung `Zum Schutz des Chimki-Waldes´. Sie sagt, dass sich der Journalist im Koma im Sklifossovski-Institut befinde und, dass nach der Amputation des Beines, die Ärzte der Frage nachgehen, ob nicht auch die Finger des Journalisten amputiert werden müssen, da die Angreifer seine Hände völlig zertrümmert haben.

Über die Nachricht, dass der BEKETOV-Fall an das Untersuchungskomitee bei der Staatsanwaltschaft des Podmoskowje übergeben wird, ist CHERNYSHOVA nicht sonderlich begeistert:
„Die Sache ist, dass sowohl die Mitarbeiter der Polizei, als auch die Ermittler (des „Podmoskowje“ - A.E.) keinen einzigen Verdächtigen gefunden haben, obwohl die ganze Stadt auch so schon weiß, wer an dem Anschlag schuld ist … Wir denken, dass die Spuren des Verbrechens zu der Chimki-Administration führen. Unbeachtet dessen fühlt sich das Oberhaupt der Administration völlig sicher und plant im März 2009 seine neue Amtszeit zu beginnen“, so CHERNYSHOVA


27.11.2008

Stalina GUREVICH, Anwältin von Michael BEKETOV, gibt bekannt, dass ihr Mandant aus dem Koma erwacht ist: „Mein Klient ist aus dem Koma erwacht, er hat seine Reflexe wieder. Die Ärzte beurteilen seinen Zustand als schwierig, aber stabil.“ Zudem weist sie darauf hin, dass BEKETOV’s Zimmer nicht bewacht wird: „Das ist damit verbunden, dass niemand Wachpersonal einteilen kann, weil überhaupt keine Ermittlungen geführt werden.“
Ihrer Meinung nach ist der Grund für die schlechten Ermittlungen keine böse Absicht, sondern die übliche russische Nachlässigkeit. Sie führt jetzt selbst Ermittlungen durch.

Sie hat auch eine völlig andere Erklärung, die sie mit Andrej STOLBUNOV teilt, Vorsitzender einer überregionalen öffentlichen Organisation "Gerechtigkeit", der BEKETOV die Anwälte zur Verfügung gestellt hat. Beide vermuten, dass der Bürgermeister selbst nichts mit dem Anschlag zu tun hat, da er gegen BEKETOV bereits gerichtlich vorgeht. „Im März fangen in Chimki die Bürgermeisterwahlen an, dabei ist es nicht ausgeschlossen, dass irgendjemand auf diese Weise den Vorsitzenden der Administration ins schlechte Licht stellen will, denn jeder in der Stadt wusste über seine Gegenwehr gegen BEKETOV“, – sagt die Anwältin.

Und noch eine Vermutung hält sich: Personen aus der Wirtschaft kommen in Frage, die ihr Geld in Bauobjekte an der neuen Maut-Autobahn investiert haben, die aber durch die Demonstrationen der Waldschützer gestört werden.

Julia ZHUKOVA, Leiterin der Presseabteilung des Untersuchungskomitees bei der Staatsanwaltschaft des Podmoskowje, sagt, dass es im Moment keine offiziellen oder konkreten Tat-Versionen gibt, denen die Ermittler nachgehen.

Ein weiterer großer Artikel von Elena KOSTYCHENKO erscheint in der Novaya Gazeta, Titel: "Niemand sucht nach mir".
Dieses Mal geht es um den mutmaßlichen Täter – den ehemaligen Kriminalpolizei (Miliz-)Beamten. Obwohl der BEKETOV-Fall derzeit zu Aufgaben der Staatsanwaltschaft des Moskauer Gebiets gehört, arbeitet die Miliz von Chimki immer noch daran mit – sie unterstützt das Untersuchungskomitee bei operativen Maßnahmen.

„Nachdem die „Novaya“ berichtet hat, dass die Untersuchung faktisch nicht stattfindet, haben die Miliz-Mitarbeiter von Chimki sich geweigert, offiziell mit unseren Korrespondenten zu sprechen. Dafür haben sie aber inoffiziell angegeben – vor uns und vor den Verwandten von Beketov: „Man schimpft mit uns, wir haben aber schon den Mörder gefunden!““ – schreibt KOSTYCHENKO in ihrem Artikel.
Danach berichten die Miliz-Mitarbeiter, dass bei dem Anschlag auf den Journalisten, ein ehemaliger Kriminalpolizeimitarbeiter verdächtigt wird, der im Jahr 2003 entlassen wurde.
Nach ihren letzten Informationen gehörte er zu einer kriminellen Organisation verschwand aber nach dem Anschlag aus der Stadt – jetzt wird nach ihm gefahndet. „Sucht aber selbst nicht nach ihm […] Denn, er schießt zuerst – erst dann denkt er nach“ – warnen die Miliz-Mitarbeiter.

Die Journalisten finden den Verdächtigen recht schnell – geschossen hat er auf sie nicht. Der ehemalige Beamte Jurij B. sagt, dass er nicht vor hat sich zu verstecken. Am Tag des Anschlages und danach sei er in Chimki gewesen. Nur am letzten Donnerstag und Freitag sei er nicht da gewesen – er besuchte seine Schwester. Seinen Nachnamen habe Jurij schon gehört, den Namen "Michael" erfuhr er aus den Zeitungen, nach dem Anschlag.
Dabei erzählt Jurij, dass er BEKETOV (nicht persönlich) aus den früheren Zeiten, durch den ehemaligen Bürgermeister KORABLIN kennt (KORABLIN führte einen politischen Kampf gegen STRELCHENKO auch nach seinem Amtsabtritt) und, dass er nach dem Vorfall mit BEKETOVs Auto, auf Bitte von KORABLIN, eine Anzeige in BEKETOVs Namen verfasst hatte, die im Nachhinein durch die Medien ging.
Zudem erzählt der Verdächtige, dass KORABLIN BEKETOV schätzte und über den Journalisten sagte: „Er ist einer von denen, die ohne Fallschirm springen […] solche Leute brauchen wir“ - erinnert sich Jurij und kommt zu der Schlussfolgerung: „Sieht so aus, dass man diesen fanatischen Journalisten benutzt hat.“

Zu den Beschuldigungen sagt der Verdächtige, dass diese eigenartig seien, denn seit dem Anschlag auf Michael BEKETOV, habe er keinen einzigen Anruf von den Ermittlern erhalten und kein einziger Miliz-Mitarbeiter sei zu ihm gekommen. Er ist sich sicher, dass seine (früheren) bestechlichen Kollegen ihm die Schuld in die Schuhe schieben wollen, die er seinerzeit an die Verwaltung der Kriminalpolizei (Miliz) des Moskauer Gebiets verraten hatte. Jetzt sind sie an den Ermittlungen beteiligt und würden sich so rächen.
„Ich werde selbst zu der Generalstaatsanwaltschaft fahren und einen Antrag stellen. Ich verstecke mich nicht. Jeder der Milizionäre hat meine Handy-Nummer. Sollen die mich anrufen […] und mich vernehmen.“

Daraufhin entschließen sich die Journalisten den Ermittlern zu sagen, wo sich der mutmaßliche Täter befindet - denn er will vernommen werden. Jedoch weigert sich die Miliz von Chimki die Adresse des Verdächtigen aufzuschreiben. Begründung: sie helfen bei den Ermittlungen jetzt nur im operativen Bereich. Den Fall hat jetzt die Miliz des Moskauer Gebiets, darum sollen die Journalisten sich dorthin wenden – Telefonnummern der neuen Ermittler bekommen sie jedoch nicht. Also rufen sie im Polizeipräsidium des Moskauer Gebiets die operativen Diensthabenden an – diese weigern sich auch die Information aufzunehmen. Danach versuchen sie es in der Untersuchungskanzlei. Dort bitten die Journalisten eine Frau, sie mit den Ermittlern zu verbinden oder einfach die Adresse des Verdächtigen aufzuschreiben. Die Kanzlei-Mitarbeiterin fordert aber die Nummer des Falls (Information die für Leute „von der Straße“ nicht zugänglich ist). „Wenn sie die nicht kennen, kann ich Ihnen nicht helfen.“ - sagt die Frau aus der Untersuchungskanzlei. „Aber wir wollen Ihnen helfen!“ - entgegnen die Journalisten. „Ich fürchte, das wird Ihnen nicht gelingen.“ – heißt es am anderen Ende der Leitung.

Danach wollen die Journalisten wissen, wie die Chimki-Medien zu dem Anschlag auf Michael BEKETOV stehen. „Als Journalist interessiert uns Beketov überhaupt nicht“ - sagt Svetlana Anatolevna ZAPOROZHEC, Generaldirektor der Holding `Chimki SMI´ (zu der das städtische Radio und TV gehört).
Ihr Mitarbeiter, Korrespondent Dmitrij NOVOKSCHONOV erklärt, warum die Medien in Chimki über den Anschlag auf BEKETOV kein einziges Wort berichtet haben: „Wir haben uns entschlossen nichts zu berichten, bis eine offizielle Version mitgeteilt wird.“ Der Korrespondent gibt zu, dass BEKETOV ein Profi im Journalismus ist, schlägt dann aber einen anderen Ton ein: „Seine Vorliebe zum Alkohol und den Mädchen von der Leningradka. Er ist sehr konflikthaft, zudem inadäquat. Er hat die Administration angeschwärzt.“

NOVOKSCHONOV ist Autor des Films „Die Nichteinverstandenen“ über die Opposition in Chimki. In diesem spielt BEKETOV einen der Haupt-Antihelden und wird darin als Haupt-Organisator von bestellten Protesten bezeichnet, deren Ziel es ist: „die Macht in der Stadt zu übernehmen, konkreter, die Kontrolle über das Budget“. Als Beweis wird z.B. ein junger FSB-Mitarbeiter gezeigt, deren Gesicht verdeckt ist. Er demonstriert ein Video: „auf dem jemand (man sieht nicht wer) jemandem (man sieht nicht wem) Geld übergibt“ – schreibt KOSTYCHENKO. Im Off-Text heißt es, dass es die Bezahlung für die Teilnahme bei einer Demonstration gegen STRELCHENKO ist.

Dieser Film wurde, zwei Wochen vor dem Anschlag, mehrfach in der Primetime, im Chimki-Fernsehen, gezeigt.
Später konnte man ihn sich auf der Website der Administration (bis zum 25.11.2008) angucken.

Zwischen der Chimki-Stadtverwaltung und den Chimki-Medien herrscht ein familiäres Verhältnis: Svetlana Anatolevna ZAPOROZHEC ist die Ehefrau des stellvertretenden Bürgermeisters, Yevgeniy Ivanovich ZAPOROZHEC. Deren Tochter wiederum arbeitet im Polizeipräsidium des Moskauer Gebiets, das im Fall-BEKETOV ermittelt.
Svetlana Anatolevna gibt ihre Sicht der Dinge (im Bezug auf den Anschlag auf BEKETOV) preis – eine inoffizielle Version des Geschehens, die innerhalb der Stadtverwaltung kursiert: „Er hätte sich weniger mit den Prostituierten und Gastarbeitern beschäftigen sollen, dann wäre alles in Ordnung“.
NOVOKSCHONOV ergänzt das Kommentar seiner Chefin: Es seien, Zuhälter die auf BEKETOV den Anschlag verübt haben, weil – so seine Vermutungen – es sich herausgestellt habe, dass BEKETOV zu Zeiten des Anschlags, Mädchen bei sich im Haus gehabt habe, die er für einen Tag bezahlt hat aber drei Tage behielt. Der Ermittler der Chimki-Miliz, Jurij KOBYLJAZKIJ bestätigt, dass auch diese Version in Betracht gezogen wird


29.11.2008

In einem Park in Chimki, benannt nach dem Schriftsteller Lev TOLSTOJ, findet eine Demonstration zur Unterstützung von Michael BEKETOV statt. Ca. 200 Menschen nehmen daran teil. Der Park ist von Polizei umzingelt. In der Menge: Polizisten in Zivil.
Einer der „Gesetzeshüter“ versucht einer Demonstrantin ihre Videokamera wegzunehmen. Mitarbeiter der Stadtreinigung reißen Flugblätter von den Bäumen, die die Aktivisten vorher befestigt haben. Auf dem Weg zur Demonstration stoßen einige der Teilnehmer auf Abschnittsbevollmächtigte der Miliz, die ihnen ausdrücklich dazu raten, nicht zur Demo zu gehen. Auf dem Demo-Platz halten die Menschen Plakate mit den Losungen hoch:

  • „Anschlag auf BEKETOV ist politischer Terror“

  • „Die Chimki-Regierung soll zurücktreten!“

  • „Der Auftraggeber ist die Korruption“.

Eine halbe Stunde nach dem Beginn erscheint der Bürgermeister Vladimir STRELCHENKO. Er will eine vorbereitete Rede halten, stößt aber auf lautstarke Proteste der Menge. Selbst mit Mikrofon fällt es ihm schwer, diese zu übertönen.

Die protestierenden Menschen werden von den Polizisten in Zivil mit Videokameras gefilmt. Niemand verdeckt sein Gesicht. Nach seinem Auftritt weigert sich der Bürgermeister, auf die Fragen der Demonstranten einzugehen. Stattdessen meint er, wenn in der nächsten Woche die Wahlkampagnen anfangen und wenn er jemandem nicht gefallen sollte, könnten diese Menschen sich ja selber zur Wahl stellen.

Diesen Vorschlag wird später die Aktivistin Yevgenya CHIRIKOVA in die Tat umsetzen


30.11.2008

Einen Tag später kommt es auch in Moskau zu einer Demonstration: Ach hier versammeln sich Bürger, um sich für BEKETOV stark zu machen - über 200 Menschen. Der Platz (Tschistyje Prudy) ist von der Miliz umstellt.

Auf der Demo spricht auch Stanislav MARKELOV, einer der Anwälte von BEKETOV: Er habe es satt, in den Polizeiberichten und in der Liste der Ermordeten immer die Namen von Bekannten zu finden. Und:
"Wir brauchen alle Schutz, … Schutz vor den Nazis, … Schutz vor den mafiösen Mächten, sogar vor den Gesetzeshütern, die diesen oft einen Dienst erweisen. … Außer uns selbst wird uns niemand diesen Schutz geben – weder Gott, noch der Zar, noch das Gesetz – nur wir selbst! Erst dann, wenn wir uns gegenseitig stützen können, wenn wir uns gegenseitig beschützen können, werden wir uns befreien. Ich hoffe, dass es so sein wird, denn sonst haben wir uns hier vergeblich versammelt.“
MARKELOV's kurze Ansprache ist auf YouTube zu sehen. Er hält diese Rede exakt 40 Tage vor seiner Ermordung


15.12.2008

Waldschützer beantragen ein Referendum bezüglich der geplanten Autobahn durch den Chimki-Wald.

Yevgenya CHIRIKOVA lässt sich als Kandidatin für die Bürgermeisterwahlen am 1. März 2009 registrieren


18.12.2008

Bei einer Protestaktion vor der französischen Botschaft in Moskau bitten Chimki-Einwohner einen Mitarbeiter der Botschaft dem Vorsitzenden des Konzerns VINCI ihre Bitte zu übermitteln: bei dem Autobahnprojekt nicht mitzumachen bis dieses zu Gunsten des Waldes umgeplant ist.

Am selben Tag unterschreibt STRELCHENKO einen Beschluss mit der Nummer Nr. 1695. Darin hebt er seine frühere Anordnung vom 05.04.2005 auf, nach der die Streckenführung mitten durch den Wald ausgearbeitet werden soll - offenbar ein kleines Wahlgeschenk (Wahlen im März), um viele Bürger zu beruhigen. Allerdings: Der politisch viel entscheidendere Beschluss des Gouverneurs GROMOV vom 28. April 2006 hat nach wie Bestand. Darin wurde das Waldstück für eben die Bebauung freigegeben.
STRELCHENKO's Bekanntmachung wird in der stadteigenen Zeitung Chimkinski Novosti veröffentlicht:


25.12.2008

Yevgenya CHIRIKOVA hält eine Pressekonferenz ab, auf der sie die erste Ausgabe der Zeitung 'Chimkinskaja Pravda lebt' vorstellt. In der Zeitung wird BEKETOVs Werk von den Aktivisten weiter geführt – Missstände in der Stadt werden beleuchtet. Die erste Ausgabe ist vollständig Michael BEKETOV gewidmet


27.12.2008

Wiederum eine Demonstration von etwa 100 Chimki-Bewohnern in Moskau: diesesmal geht es um die Reinheit der Luft - in Moskau und Umgebung

Nach der Aktion übergeben die Demonstranten der Französischen Botschaft einen Brief für Staatspräsident Nicolas SARKOZY. Sie bitten ihn, auf den Baukonzern VINCI einzuwirken, bei dem Autobahnprojekt nicht mitzumachen.


29.12.2008

Rund 1.000 Mitglieder der Polizei-/Militär-Spezialeinheit OMON bereiten sich auf einem Feld bei der Siedlung Starbeevo - nahe des Chimki-Walds - eine Übung vor: Wie man demonstrierende Zivilisten am besten mit Schutzschildern und Knüppeln aus dem Wald vertreiben kann. Bürger der Siedlung fotografieren aus sicherer Entfernung:


02.01.2009

Die ersten 999 Exemplare der Aktivisten-Zeitung 'Chimkinskaja Pravda lebt' werden unter den Einwohnern von Chimki verteilt


09.01.2009

Bei Michael BEKETOV ist eine Unterbrechung der Atmung infolge einer Eiterung in den Lungen eingetreten. Er wird auf die Wiederbelebungstation Sklifossowski-Institust gebracht und künstlich beatmet.


10.01.2009

Michael BEKETOV, körperlich völlig demoliert, hat Geburtstag. Er wird 51 Jahre alt


12.01.2009

Die Waldschützer richten einen Brief an das Verteidigungsministerium der Russischen Föderation mit der Bitte, Michael BEKETOV ins klinische Militärhauptspital von `N.N. BURDENKO´ zu verlegen


13.01.2009

Um 13:30 Uhr wird im gesamten Stadtgebiet das Signal eines Moskauer Fernsehkanals ’TV CENTER' abgeschaltet – auf ‚Wunsch’ der Stadtverwaltung. 'TV-CENTER' ist eines der führenden russischen TV-Unternehmen, das aus dem Moskauer Staatsbudget finanziert wird.

Just zu diesem Zeitpunkt wird eine Sendung „Moment der Wahrheit“ wiederholt, in der über die Konflikte in Chimki berichtet wird – zwei Monate vor den Bürgermeisterwahlen


19.01.2009

Stanislav MARKELOV, der weltberühmte Anwalt, der auch die Interessen von BEKETOV verteidigt, wird mitten im Zentrum von Moskau erschossen. „Es war eine Hinrichtung am helllichten Tage, mitten auf Moskaus "Goldener Meile", einem Viertel unweit des Kreml“, kommentiert 'DER SPIEGEL'.
MARKELOV ist zu diesem Zeitpunkt 34 Jahre alt. Er kam gerade von einer Pressekonferenz, die er abgehalten und in der er angekündigt hatte, dass er im Fall des vorzeitig freigelassenen Oberst Juri BUDANOV Beschwerde beim Europäischen Menschengerichtshof einlegen werde.
BUDANOV hatte im 2. Tschetschenienkrieg als Oberst der Panzertruppen ein Eliteregiment der Streitkräfte befehligt. In der Nähe des Dorfes Tangi befahl er im März 2000 seinen Soldaten, die 18jährige Tschetschenin Elsa KUNGAJEVA zu entführen und in seinen privaten Wohncontainer zu bringen. Dort hatte er das Mädchen erst verhört, dann geschlagen, vergewaltigt und schließlich erwürgt. Zuletzt ließ er sie im Wald verbuddeln.
Anna POLITKOVSKAJA, 2006 in Moskau erschossen, hatte mehrfach über dieses Verbrechen berichtet. Und erst das Militärkollegium beim Obersten Gericht von Russland konnte letztlich 2003 eine Verurteilung von BUDANOV initiieren, der in weiten Teilen der russischen Bevölkerung als „Held Russlands“ gilt: Er war Träger des Ordens „Held der Russischen Föderation“. Zu 10 Jahre Arbeitslager verurteilt wurde er gerade vorzeitig freigelassen.

MARKELOV, der als Anwalt auch die Familie KUNGAJEV vertrat, wollte diesen Fall vor den Straßburger Menschenrechtsgerichtshof bringen.

Anastasia BARBUROVA, eine 25-jährige Journalistikstudentin Fakultät für Journalismus (Moskauer Staatsuniversität), die MARKELOV begleitet und nebenbei Mitarbeiterin bei der 'Novaja Gazeta' ist, versucht den Killer zu stellen. Sie wird dabei ebenfalls erschossen und stirbt noch am selben Abend im Krankenhaus


Am 22. Februar versammeln sich in Moskau Menschen, um an MARKELOV und BARBUROVA zu erinnern und um für Menschenrechte zu demonstrieren


23.01.2009

Die Wahlkommission von Chimki streicht CHIRIKOVA's Kandidatur. Man wirft ihr vor, falsch ausgefüllte Unterlagen abgegeben zu haben. Konkret handelt es sich um die Namensliste der Menschen, die auf CHIRIKOVA's Wahlfonds Geld überwiesen haben, damit sie überhaupt registriert werden kann. Die Geldspender haben angeblich ihre Staatsangehörigkeit nicht angegeben.
Tatsächlich haben die fraglichen Personen ihre Ausweise vorgezeigt und sogar ihre Telefonnummern angegeben.
Wie das alles abgelaufen ist, berichtet CHIRIKOVA in einer Videobotschaft


28.01.2009

‚Kollegen’ von Michael BEKETOV von der Novaja Gazeta wenden sich an das Ministerium für Gesundheitswesen und soziale Entwicklung der Russischen Föderation mit der Bitte, BEKETOV in die spezielle Reha-Klinik zu überführen, die Patienten mit Schädelhirntraumata behandelt


09.02.2009

Ein weiterer Rechtsanwalt von BEKETOV stellt einen Antrag auf Verstärkung des Schutzes für seinen Mandanten. Außerdem drängt er auf Maßnahmen, ihn schnellstmöglich in ein Reha-Spital zu überführen


18.02.2009

Der Zustand von Michael BEKETOV verschlechtert sich. Er befindet sich bereits seit einigen Tagen auf der Intensivstation des SKLIF.

Die Novaja Gazeta veröffentlicht einen jetzt erst aufgefundenen Brief, den Michael BEKETOV noch vor dem Überfall an Präsident MEDVEDEV geschrieben hatte. Diesen Brief haben mehr als 1.000 Bürger von Chimki unterschrieben. Darin beschreiben die Unterzeichner ihren Ärger und ihre Unzufriedenheit mit dem örtlichen Machtapparat. In chronologischer Reihenfolge sind mehrere Zwischenfälle beschrieben. Sie schreiben über ihre Angst, in diesem Ort weiter zu leben und zu arbeiten. Sie hoffen auf Hilfe des neu gewählten Russischen Präsidenten.

Diese Ausgabe der 'Novaya Gazeta' kommt jedoch nicht an die Leser von Chimki – sie wird von der Administration vollständig aufgekauft - dies wird Novaya Gazeta tags drauf auf iherer Website berichten.
Einen ähnlichen Fall gab es bereits mit der Sendung von Andrej KARAULOV «Moment der Wahrheit», ... " (siehe 13.01.2009) - heißt es auf der Website der 'Novaya Gazeta'


1. März 2009

Bürgermeisterwahl in Chimki:
Nachdem die Wahlkommission des Moskauer Gebiets die Kandidatur von Yevgenya CHIRIKOVA für das Bürgermeisteramt zunächst gestrichen hatte, wurde sie nach ihrer Klage vor Gericht im Februar wieder auf die Liste gesetzt. Sie ist inzwischen stadtbekannt und hat viele Anhänger. Nicht alle mögen sie, wie hier auf diesem Plakat zu sehen: "Chirikova wir wollen Dich nicht!"

Wahlsieger wird wiederum Bürgermeister STRELCHENKO. Wie die Wahl im Einzelnen verläuft, wird die Novaya Gazeta-Redakteurin Elena KOSTYCHENKO vier Tage später in ihrer Zeitung berichten. Sie verbringt den ganzen Tag der Wahl in einem der Wahlbezirke: Nummer 3005. Ihre Erlebnisse und Beobachtungen vermitteln einen nachhaltigen Eindruck dieser Wahl: offene Stimmzettelmanipulation und eine Schlägerei.
Wir haben diesen Bericht ins Deutsche übersetzt: Eine Gleichung mit einer Unbekannten


13.05.2009

Michael BEKETOV erhält den Status eines Invaliden, Stufe 1, die höchsten Stufe


29.05.2009

BEKETOVs Rehabilitationskur, die er in einem medizinischen Zentrum an der `Iwanowskoje Chaussee´ machen durfte, ist beendet. Dank des öffentlichen Drucks kann er eine Woche länger bleiben


04.06.2009

Eine Verordnung (Nr.: 436/22 – „Über die Aufhebung bestimmter Beschlüsse der Regierung des Moskauer Gebiets zu dem Bau der Autobahn „Moskau – St. Peersburg““) tritt in Kraft, die eine andere Verordnung (vom 28.04.2006, Nr.: 358/16 – „Über Baumaßnahmen der Autobahn „Moskau – St. Petersburg“ und die Entwicklung der Territorialflächen des Moskauer Gebiets, die durch diese verbunden werden“) zum Teil außer Kraft setzt.

Nach der neuen Verordnung werden jetzt nicht mehr 3.000 Meter in der Breite rechts und links entlang der Straße für den Bau mit Infrastruktur reserviert, sondern nur noch 100 Meter. Dies betrifft eine Länge von insgesamt 43 Kilometern durch das Waldgebiet.
Die Öffentlichkeit erfährt von der Verordnung erst 26 Tage später (am 30.06.09) durch eine offizielle Mitteilung des Verkehrsministeriums der Russischen Föderation


05.06.2009

Michael BEKETOV wird aus einem Rehabilitationszentrum – in dem er nach dem Sklifosovski-Institut behandelt wurde – auf Anweisung des Gesundheitsministers des Moskauer Gebiets in ein Altersheim überführt. Daraufhin schlagen BEKETOVs Freunde und Journallisten zentraler Nachrichtenagenturen Alarm: in dem Altersheim gibt es keine spezialisierte Mediziner, die Michael für seine Rehabilitation braucht – z. B. einen Logopäden, Psychoneurologen, Masseur und Phlebologen. An der notwendigen technischen Ausrüstung und Arzneimitteln fehlt es ebenfalls. Es gibt nicht ein Mal die richtige Lebensmittel-Verpflegung für den zum Invaliden geschlagenen Journalisten. Zudem ist das Gebäude nicht für Rollstuhlfahrer geeignet – BEKETOV muss dementsprechend in seinem Zimmer ausharren


25.09.2009

Die Waldschützer und aktiven Ökologen treffen den Minister für Naturressourcen (Umweltminister) Jurij TRUTNEV. TRUTNEV äußert seine volle Unterstützung gegenüber den Aktivisten und verspricht sogar, dass sein Ministerium keine Vereinbarung treffen wird, die das Gebiet des Chimkinski Waldes in die Hände des Transportsgewerbes und der Industrie vergeben würde


25.11.2009

PUTIN unterschreibt die Verfügung 1642 über die Übergabe des Gebietes des Chimkinski Waldes in die Hände des Transportgewerbes und der Industrie. Ab jetzt heißt es, dass der Wald für die Industrie und Transportwege ohne weiteres benutzt werden kann.
Allerdings ist diese Verfügung rechtswidrig, da der Wald nur dann abgeholzt werden darf, wenn es keine alternativen Bauprojekte gibt. Diese gibt es aber. Zum Beispiel beim Verkehrsministerium der Russischen Föderation


16.11.2009

Die Umweltaktivisten und einige Chimki-Bürger, insgesamt etwa 50 Personen, sammeln sich auf den Chistie Prudi (Reinen Teichen) in Moskau, im Zentrum an einem alten Teich, einem sehr beliebten Treffpunkt beim Denkmal Gribojedow zur Erinnerung an den vor einem Jahr verprügelten Chefredakteur der Oppositionszeitung «Chimkinskaja Prawda» Michael BEKETOV.
Dabei treten der Vorsitzender der russischen vereinigten demokratischen Partei "Jabloko", Sergej MITROCHIN, und die Chefin der Bürgerbewegung "Zum Schutz des Chimki-Waldes", Yevgenya CHIRIKOVA, auf.
Sie pochen darauf, dass nicht nur die Täter, sondern auch die Auftraggeber bestraft werden sollen.
Die russische Oppositionspartei "Jabloko" und "die Bürgerbewegung "Zum Schutz des Chimki-Waldes" verfassen einen öffentlichen Brief an den Präsidenten Dmitrij MEDVEDEV, in dem sie das Staatsoberhaupt bitten, die Untersuchung des Anschlages auf den Journalisten persönlich zu kontrollieren. Nach ihrer Meinung sind die Ermittlungen keinen Schritt weiter voran gekommen. Der Brief wird durch eine Unterschriftenliste ergänzt. Der Vorsitzende von "Jabloko", Sergej MITROCHIN, stellt die Vermutung auf, dass hinter dem Anschlag auf BEKETOV die Verwaltung des städtischen Bezirks Chimki stehe. «Heute haben sich endlich die Rechtsschutzorgane für den Verwaltungschef von Chimki, Vladimir STRELTSCHENKO, interessiert. Aber die Untersuchung hinsichtlich BEKETOV geht nicht voran.
Es gibt tatsächlich Gerüchte, dass der Verwaltungschef Vladimir STRELCHENKO festgenommen wurde und dass in der Administration Durchsuchungen stattgefunden haben. Der Verwaltungschef lässt sich nämlich nicht mehr in der Öffentlichkeit blicken.
Allerdings berichten 2 Wochen später einige Medien, dass die Personalabteilung der Verwaltung mitgeteilt habe, dass sich seit dem 2. November der Bürgermeister in medizinischer Behandlungen befunden habe und inzwischen auch wieder sein Amt wahrnehme.
Auf die Frage des Korrespondenten der Zeitung Novie Izvestija („Die neuen Nachrichten“), ob es in den letzten Tagen Durchsuchungen gegeben habe, antwortet die Mitarbeiterin des Amtes: «Ich weiß davon nichts, bei uns ist alles wunderbar.»


24.11.2009

Die ‚Verteidiger’ des Chimkinski Waldes veröffentlichen im Internet ein Video, in dem sie den Rücktritt der russischen Regierung einschließlich von Vladimir PUTIN fordern. Hier geht es zum Video auf Youtube


2010

Zu Beginn des Neuen Jahres 2010 haben die Ermittlungen im Zusammenhang mit dem Überfall auf BEKETOV zu keinerlei Ergebnis geführt.
Auch die Ermittlungen, die den Mord an der ehemaligen Novaya Gazeta-Journalistin Anna POLITKOVSKAJA, sind nicht weitergekommen - die Auftraggeber dieses Anschlags laufen frei herum


31.03.2010

In Moskau versammeln sich - mal wieder - Menschen, die auf ihrem Demonstrationsrecht bestehen. Dies geschieht in Moskau und St. Petersburg immer an jedem „31.“ eines Monats.
Artikel 31 der russischen Verfassung besagt, dass es ein solches Recht auf Demonstrationen gibt


10.05.2010

Die Hamburger ZEIT-Stiftung verleiht im Hamburger Rathaus erneut die Gert-Bucerius-Förderpreise "Freie Presse Osteuropa". Auch Michael BEKETOV gehört zu den Preisträgern 2010.
BEKETOV ist nicht imstande, selbst zu kommen. Die Novaya Gazeta-Redakteurin Elena KOSTYCHENKO nimmt den Preis stellvertretend in Empfang. Mit dem Preisgeld kann BEKETOV einen Teil seiner Rehabilitationskosten finanzieren. Für eine umfassende Reha in einem westlichen Land reicht es nicht


22.07.2010

Die Aktivisten der Bewegung «Schutz des Chimkinski Waldes» organisieren ein Zeltlager („Ekolager“) im Wald: dort, wo die Abholzung stattfinden soll. Sie empfangen Journalisten und alle Interessenten, beantworten Fragen und erklären, warum der Wald nicht abgeholzt werden darf und welche Alternativen es dazu gibt.
Parallel filmen die Aktivisten sich selber und erklären in ihren Videobotschaften, warum und für was und wen sie kämpfen. Auf den Videos, die auch auf Youtube (hier ist der Link) zu finden sind, erklärt Yevgenya CHIRIKOVA die Position der Aktivisten. Sie steht dabei im Wald vor einer Schneise, bei der bereits vor den offiziellen Entscheidungen illegale Abholzungen stattfinden


23.07.2010

Im Zeltlager der Waldschützer, das sie vor einer neu-gerodeten Schneise im Wlad errichtet haben, erscheinen um 5 Uhr morgens ca. 30 vermummte Schläger – über das Gesicht tragen sie weiße Tücher.

Sie stellen sich zwischen die Bauarbeiter und die Aktivisten, damit Rodungsarbeiten von den Letzteren nicht behindert werden können. Mitarbeiter einer Security-Firma – beauftragt von der Baufirma – sind ebenfalls anwesend. Die Rodungsarbeiten werden fortgesetzt. Daraufhin rufen die Waldschützer die Miliz an, um dem ein Ende zu setzten. Die Miliz will sich zuerst nicht einmischen, erscheint dann doch nach einer halben Stunde. Nach einem Gespräch mit einem Leutnant der Miliz stoppen die Arbeiter ihre Technik – dem Leutnant wird dabei gesagt, dass die Vermummten zu der Baufirma gehören.
Die Miliz will danach wieder wegfahren wird aber von den Naturschützern daran gehindert. In der Befürchtung mit den Vermummten allein zu bleiben, legen sie sich vor das Miliz-Fahrzeug. Um ca. 6 Uhr fangen die Arbeiter wieder an Bäume zu fällen und werden erneut von dem Leutnant aufgehalten. Den Waldschützern sagt er, dass die Milizmannschaft das Lager verlassen muss. Nach einem Gespräch mit einem Korrespondent der 'Novaya Gazeta', (ebenfalls vor Ort), gibt der Leutnant zu, einen Befehl aus der Verwaltung für innere Angelegenheiten (Kreis Chimki) erhalten zu haben: sich in keinster Weise in den Konflikt einzumischen. Um 7 Uhr werfen die Arbeiter ihre Technik wieder an – die Miliz greift dieses mal nicht ein.
Nun versuchen die Aktivisten selbst die Arbeiter zu stoppen, werden aber gewaltsam von den Vermummten und den Security-Mitarbeitern davon abgehalten. Dennoch gelingt es einigen Waldschützern auf die Baumaschinen zu klettern und diese zu stoppen.
Zehn Minuten später fahren die vermummten Männer in Begleitung eines Miliz-Fahrzeugs weg. In der Zeit fangen die Security-Mitarbeiter an die Aktivisten von den Traktoren zu werfen.
Um 8 Uhr endet der physische Widerstand. Zwanzig Minuten später kommen weitere Milizionäre zum Zeltlager. Anstatt die Dokumente der Baufirma zu prüfen, ob ihre Arbeiten rechtens sind, fangen sie an die Aktivisten festzuhalten und ins Fahrzeug zu verladen. Eine Waldschützerin wird sogar an den Haaren ins Fahrzeug gezogen.

Auf SPIEGEL ONLINE gibt es dazu einige Fotos zu sehen. 


28.07.2010

Die Bürger und Aktivisten (Antifaschisten und Anarchisten), Jugendliche im Alter von 17 bis 22 Jahren aus von Chimki veranstalten eine Aktion für den Erhalt des Chimkinski Waldes. Das Verwaltungsgebäude von Chimki wird dabei von mehr als 300 Aktivisten mit Steinen und Flaschen beworfen.
Auf den Plakaten finden sich Slogans wie

  • „Russischer Wald“

  • «Autobahn — nur mit Umgehung"

  • "Stoppt die Abholzung"

  • "Wir werden den Wald von der faschistischen Okkupation reinigen"

31.07.2010

Die Russische Polizei nimmt 100 Regierungskritiker fest: Die Demonstranten riefen "Weg mit dem Polizeistaat!", "Schande, Polizei!" und "Freiheit!". Viele forderten den Rücktritt von Ministerpräsident PUTIN.
Bei den Kundgebungen werden auch mehrere Mitglieder einer Bürgerinitiative festgenommen, die sich für den Schutz des Waldes in Chimki vor den Toren Moskaus einsetzen. Unter den Festgenommenen ist auch die Chefin der Initiative, Yevgenya CHIRIKOVA


22.08.2010

Trotz eines Verbots in Moskau versammelten sich rund 2.000 Aktivisten, um mit einem Rockkonzert unter freiem Himmel gegen die Abholzung des Waldgebietes zu demonstrieren. Zu dem von der Umweltschutzorganisation Greenpeace organisierten Konzert mit dem ehemaligen sowjetischen Dissidenten-Rocker Juri SCHEVTSCHUK kommen auch zahlreiche Oppositionelle. Es findet im Zentrum von Moskau am Denkmal von Puschkin bei der U-Bahn-Station Tverskaja statt


26.08.2010

Jetzt greift Russlands Staatsoberhaupt ein: Präsident MEDVEDEV informiert die Bevölkerung in seinem Blog über seine Entscheidung, die Abholzung für den Bau der Trasse zu stoppen.
"Es müssen noch weitere Diskussionen mit Experten und der Öffentlichkeit geführt werden", so der Kremlchef.
Die Kameras filmten ihn wählerwirksam vor einer grünen Waldkulisse. MEDVEDEV begründet seine Entscheidung mit der "sehr großen öffentlichen Resonanz". Er meint damit den Widerstand gegen das Projekt.
Die Aktivisten sind überrascht und können erstmal ihr Glück und den Erfolg nicht glauben


21.09.2010

Der Abgeordnete der GRÜNEN-Partei im Europaparlament, Werner SCHULZ, ein engagierter Menschenrechtler, schreibt einen Brief an die EU-Kommission. Er will wissen, ob es sich mit den Richtlinien der Europäischen Investitionsbank für Wiederaufbau und Entwicklung, die die Autobahn Moskau-St.Petersburg finanzieren will, vereinbaren lässt, sich an Vorhaben zu beteiligen, "die zu Menschenrechtsverletzungen" führen


15.10.2010

Werner SCHULZ, MdEP der GRÜNEN-Fraktion, erhält Antwort von der EU. Die Europäische Kommission ist sich der Problematik bewusst. "Wegen der jüngsten Entwicklungen (u. a. hohe politische Aufmerksamkeit sowie Proteste wegen ökologischer und sozialer Folgen der Trasse)" würde das Finanzierungsengagement nicht fortgeführt.
Währenddessen hat Eugenia CHRIKOVA, Waldschützerin aus Chimki, in der Moskauer Niederlassung der Europäischen Investitionsbank für Wiederaufbau und Entwicklung ein Schreiben übergeben, in dem der Ausstieg aus der Finanzierung gefordert wird. Unter anderem deswegen, weil mit diesem Projekt zu viele Menschenrechtsverletzungen stattfinden (siehe Foto von ECMO)


21.10.2010

Der Stellvertreter der Bürgermeister von Chimki, Aleksej VALOV, tritt im Gericht gegen Michael BEKETOV (Strafverfahren wegen Verleumdung) auf. Der betroffene Bürgermeister von Chimki selbst, Vladimir STRELTSCHENKO, erscheint nicht. Die Begründung: Er befinde sich im Urlaub außerhalb Moskaus und des Moskauer Gebiets.
Michael BEKETOV kommt zur Sitzung des Gerichtes mit einem Krankenwagen in der Begleitung von Ärzten.
VALOV wiederholt, dass er alle Aussagen von BEKETOV als Verleumdung empfinde. Außerdem: Kein Wort in BEKETOVs Artikeln entspreche der Wahrheit - jeder Artikel sei eine Lüge.

Richter HALATOV akzeptiert die Abwesenheit von STRELCHENKO nicht und verschiebt die Sitzung, bis STRELCHENKO persönlich im Gericht erscheint. er schickt dem Bürgermeister eine erneute Vorladung zum 9. November


06.11.2010

In der Nacht wird in der Moskauer Innenstadt der Journalist der Tageszeitung Kommersant, Oleg KASCHIN, 30 Jahre alt, vor seiner Wohnungstür zusammengeschlagen. Die beiden Täter brechen ihm den Kiefer, beide Unterschenkel und die Finger. Er wird mit einem Schädeltrauma und Gehirnblutungen ins Krankenhaus gebracht. Dort muss man ihm einen seiner Finger amputieren. Er wird in ein künstliches Koma versetzt. Ob er je gesunden wird, ist völlig offen.
Auch KASCHIN, bekannt vor allem für seine sozialkritischen Reportagen aus seinem Land, hatte ebenfalls über die Vorgänge in Chimki berichtet. Ein von ihm geführtes Gespräch mit einem Anführer der russischen „Antifa-Bewegung“, der während der Auseinandersetzungen um den Wald von Chimki womöglich an einem Angriff auf das Rathaus der Stadt beteiligt war und anonym blieb, bringt KASCHIN automatisch in Konflikt mit der „Jungen Garde“, der Jugendorganisation von PUTIN's Partei. Auf der Internetseite dort taucht ein Beitrag auf, in dem KASCHIN sowie der gesamten Redaktion des Kommersant vorgeworfen wird, gemeinsame Sache mit Extremisten zu machen, um mehr Leser zu gewinnen und die Staatsorgane zu diffamieren. „Verräter-Journalisten“ müssten bestraft werden, heißt es da.

Wenige Tage zuvor hatten Unbekannte den Ortsvorsitzenden der seinerzeit auf Anweisung des Kreml gegründeten liberalen Partei "Gerechte Sache", Konstantin FETISOV, mit Baseballschlägern lebensgefährlich verletzt, die dabei zu Bruch gehen - er fällt ins Koma. FETISOV wurde bereits im September attackiert. Auch FETISOV ist ein Aktivist für den Chimk-Wald


7./.8.11.2010

In der Nacht von Sonntag auf Montag wird erneut ein Journalist zusammengeschlagen: Anatolj ADAMCHUK vom Radiosender Moskauer Echo. Er hat etwas mehr Glück: Er erleidet 'nur' ein Schädeltrauma und eine Gehirnerschütterung


09.11.2010

Der Bürgermeister von Chimki, Vladimir STRELCHENKO, erscheint zum ersten Mal vor dem Schiedsgericht in Chimki. BEKETOV wird mit dem Krankenwagen gebracht und mit mehreren Injektionen 'fit' gehalten. Sprechen kann er nicht.
STRELCHENKO erklärt dem Gericht, dass es ihm persönlich wirklich leid tue, was mit BEKETOV passiert sei. Er ist sogar bereit alles zu tun, um die Verbrechen zu finden. Außerdem sei er bereit, nach Abschluss des Prozesses mit BEKETOV Frieden zu schließen. Allerdings sehe er trotzdem keinen Grund, auf seine Klage gegen die vom Journalisten vorgetragenen Anschuldigungen zu verzichten


10.11.2010

Das Schiedsgericht von Chimki, eine Institution, die von der Stadt eingerichtet wird, spricht den ehemaligen Chefredakteur der Wahrheit von Chimki, Michael BEKETOV, schuldig wegen Verleumdung des Verwaltungschefs und Bürgermeisters Vladimir STRELTSCHENKO. BEKETOV wird zu einer Zahlung von 5.000 Rubel (ca. 100 Euro) verurteilt. Die Bezahlung wird aber wegen Verjährung erlassen.
BEKETOV's Anwälte gehen in Berufung: diesesmal vor das 'offizielle' Stadtgericht der russischen Justiz


01.12.2010

Die Abteilung ROSAVTODOR des russischen Transportministeriums, das u.a. für Strassen und Autobahnen zuständig ist, kündigt die Kreditaufnahme (Tenderverfahren) über 1,2 Mrd. Rubel für die Finanzierung der Autobahn Moskau-St. Petersburg an, und zwar für das Teilstück, das durch den Chimki-Wald führt. Dafür sollen 25.592 Bäume abgeholzt werden.
Offenbar ist man in diesem Ministerium der Meinung, dass die Entscheidung des Präsidenten MEDVEDEV, ob die Autobahn so gebaut werden soll, bereits (positiv) gefallen ist.
De fakto hat sich MEDVEDEV bisher dazu noch nicht geäußert


09.12.2010

„Das Verkehrs- und das Umweltministerium müssen eine gemeinsame Entschließung über die Streckenführung abgeben, worauf eine endgültige Entscheidung über ihren Verlauf getroffen wird“, erklärt Premierminister Vladimir PUTIN nach einem Treffen mit seinem französischen Amtskollegen Francois FILLON.
Der wiederum erklärt vor der Presse lediglich, dass „die französischen Unternehmen selbstverständlich sehr auf den Baubeginn warten“. Die Entscheidung darüber liege - natürlich - in der Kompetenz der russischen Führung


10.12.2010

Die vin BEKETOV's Anwälten angerufene nächste juristische Instanz, das 'offizielle' Stadtgericht von Chimki, reagiert schnell. Die Richter dort urteilen anders - sie sprechen Michael BEKETOV frei. Die von STRELCHENKO vorgebrachte Beschuldigung bzw. BEKETOV's damalige Äußerung bzw. Vermutung stelle keinen Straftatbestand im Sinne des Strafgesetzbuches dar


21.12.2010

Damit gibt sich die Administration von Chimki aber nicht zufrieden - sie geht in Berufung:

29.12.2010

Die Zeitung Novaya Gazeta berichtet, dass die 4 Verdächtigen im Fall Konstantin FETISOV, der im Herbst zusammengeschlagen worden war und jetzt aus dem Koma erwacht ist, alle einen Bezug zur Administration von Chimki haben:

  • der Abteilungsleiter des Kommunaleigentums und der Privatisierung des Komitees für die Verwaltung des Eigentums bei der Verwaltung des städtischen Bezirks Chimki, Andrej CHERNYSHOV (TSCHERNYSCHOV)

  • Vjatscheslav KOVALJOV und Andrej KASCHIRIN

  • sowie eine vierte Person, die namentlich genannt wird, die FETISOV bereits am 18. September überfallen haben soll.

CHERNYSOV gilt zur Zeit bei den Ermittlern als der Auftraggeber. „Aber wir bezweifeln, dass er auf die Bestellung des Angriffes selbst gekommen hat – mit FETTISOV hatte er nicht viel zu tun gehabt. Möglich, kam die Bestellung von höheren Etagen, und CHERNYSOV erfüllte die Funktionen des Vermittlers und des Organisators. Er schweigt, aber ich würde auf seiner Stelle auch schweigen", – so ein Informant gegenüber der Novaya Gazeta.
Die Zeitung will weiter recherchieren:
"Es gibt andere Möglichkeiten, das Geflecht der Auftragsvergabe auch ohne Hilfe von CHERNYSOV festzustellen. In der gegebenen Etappe der Untersuchung ist die Mitwirkung der Verwaltung offensichtlich. Aber die Verwaltung agiert nicht einheitlich. Es gibt Konflikte zwischen verschiedenen Gruppen. So kämpfen etwa die Stellvertreter und der Chef miteinander um die Macht.
Wir werden die ganze Kette der Beteiligten feststellen. Wir hoffen, bis an die Spitze der Auftraggeber zu gelangen."


2011

Zu Beginn des neuen Jahres hat sich - 2 Jahre nach dem Anschlag - bei den Ermittlungen nach den Tätern des Anschlags immer noch nichts ergeben.
Am 10. Januar Michael BEKETOV hat Geburtstag: Er wird 53 Jahre und kann immer noch nicht sprechen - die linke Gehirnhälfte ist zertrümmert. Der Anschlag auf ihn - und damit auf die Pressefreiheit - wird ihn für den Rest seines Lebens zeichnen


November

BEKETOV erhält den staatlichen Journalistenpreis zuerkannt.Er wird persönlich übergeben von Wladimir PUTIN.
Werner SCHULZ, Abgeordneter der GRÜNEN im Europaparlament, der auch die zivilgesellschaftlichen Kontakte mit Russland vorantreibt, spricht von "unverhohlenem Zynismus". BEKETOV akzeptiert den "Preis" - er ist mit einer Geldzahlung verbunden, die er für seine medizinische Behandlung dringend brauchen kann


8. April 2013

Michael BEKETOV stirbt an Komplikationen aufgrund von Hirnschäden im Alter von 55 Jahren.
Mit seinem Tod endet nicht das Engagement. Die Arbeit, konkret der Einsatz für den Wald von Chimki wird weitergeführt von Ewgenija TSCHIRIKOWA, die inzwischen zu den führenden Köpfen von Russlands neuer Zivilgesellschaft gehört


(A.E. / K.E.)