SPIEGEL -Redakteur Udo LUDWIG, der auf diese Informationen anspringt, hat damit eine große Geschichte übers Doping im Blatt, die am 16. Juni 1997 erscheint: "Wie ein Hund an der Kette" (siehe aktives Bild).
PAFFRATH gibt zu, sich mit 24 Medikamenten gedopt zu haben, denn „ohne Chemie läuft in dem Geschäft garnichts“. Jetzt ist er ausgestiegen, bevor sein Körper vollends schlapp macht. Ein dreiviertel Jahr später wird ihn das Sportgericht des Bundes Deutscher Radfahrer (BDR) mit lebenslangem Lizenzentzug bestrafen. Natürlich, weil er gedopt habe. „Strafverschärfend“ habe sich allerdings ausgewirkt, dass er durch sein Outen bzw. Whistleblowing „dem Ansehen des BDR schweren Schaden zugefügt habe."
PAFFRATH, MEUTGENS und der SPIEGEL -Redakteur LUDWIG wissen natürlich, dass das alles gelogen, wenn nicht gar verlogen ist. Sie wissen, dass auch im Radpsort flächendeckend gedopt wird. Dass das alle Funktionäre im BDR wissen. Und dass auch der neue deutsche Superstar Jan ULLRICH, der gerade für das Team Telekom die Tour de France gewonnen hat, ebenfalls dopt. Nur: keiner kann es beweisen. Eine echte Herausforderung für Journalisten, die einmal Blut geleckt haben.
‚Blut lecken’ bzw. ‚hungrig sein’ oder sehr viel neutraler: neugierig sein, eine Spürnase besitzen und Ungereimtheiten oder gar Widersprüchen nachzugehen, gehört zur absoluten Grundausstattung journalistischen Gespürs und Handwerks. Wer selbst nicht eigene Geschichten ‚aufreißt’ oder journalistischen ‚Jagdtrieb’ verspürt, wird mehr oder weniger zum Sprachrohr offizieller Pressemitteilungen und gesteuerter Informationskampagnen von PR-Profis in Unternehmen und Behörden. Insofern treibt den SPIEGEL -Redakteur Udo LUDWIG das, was einen investigativ arbeitenden Journalisten ausmacht, der mehr wissen will und sich nicht mit Vermutungen oder Wissen zufrieden gibt, das man nicht veröffentlichen darf, weil man es (noch) nicht belegen kann. Also nutzt man jede potenzielle Chance, die sich bietet.
Die bietet sich ersteinmal nicht, weil bei der Tour der France ein Jahr später, 1998, der so genannte Festina-Skandal das weltberühmte Rennen fast zum Absturz bringt. Als der Masseur des französisch-spanischen Teams Festina von der französischen Polizei mit Unmengen von Dopingsubstanzen, u.a. dem nicht nachweisbaren „Epo“, erwischt und verhaftet, daraufhin die gesamte Festina-Mannschaft ausgeschlossen wird, fast alle restlichen Rennradler streiken ob des polizeilichen Eingriffs in den Leistungssport und nur noch die Hälfte der ursprünglich gestarteten Radprofis ins Ziel einläuft, wird man auch beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen in Deutschland wach.
„Sabine Christiansen“ widmet diesem Vorgang eine eigene Diskussionsrunde „Der Sport im Dopingsumpf?". Das WDR-Magazin Monitor bringt einen kleinen Filmbericht. In dem tritt – anonym – auch Dieter QUARZ aus Düsseldorf auf, Diplomtrainer (Radsport) und Diplomchemiker, der sich mit Doping wissenschaftlich beschäftigt, aber auch Kontakte in die Branche unterhält. QUARZ dreht einige Runden mit seinem Rennrad, wird aber nur bis zur Hüfte gefilmt, weil der Fernsehredakteur Bilder braucht. Dann wird der Diplomchemiker und Rennradtrainer interviewt, unkenntlich, und brichtet über die Verseuchung mit Doping, besorgt zum Schluss auch noch einige ‚Mittelchen’ zum Abfilmen, während er die Wirkung dieser illegalen Schnellmacher erklärt.
Das Motiv des Wissenschaftlers und gleichzeitigen Praktikers, der seinen Kampf gegen das Doping auf wissenschaftliche Weise führt: QUARZ ist aufgebracht über die Verlogenheit des BDR, dessen Präsident BÖHMER nicht müde wird, immer wieder zu beteuern: „Wenn andere Nationen ein Problem mit Doping haben, dann ist das deren Sache, bei uns ist alles in Ordnung!".
Da Monitor zu den führenden Magazinen gehört, die Brisantes enthüllen, gehören zu den regelmäßigern Zuschauern auch der SPIEGEL -Redakteur Udo LUDWIG und Prof. Dr. Werner FRANKE, Molekularbiologe am Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg, der mit Brigitte BERENDONK verheiratet ist, die einige Jahre zuvor zwei anerkannte Bücher über Doping veröffentlicht hat. FRANKE ist vor allem als scharfzüngiger und draufgängerischer Doping-Kritiker bekannt.