Die Berichte der SZ, von kicker und der Ruhr Nachrichten, 15.10.2004

von Sasha FLIGGE

Fragen und Klagen

Ruhr Nachrichten

Dortmund - BVB-Boss Dr. Gerd Niebaum kommt nicht zur Ruhe. Am Oberlandesgericht Köln sind unter dem Aktenzeichen 2 Va (Not) 27/04 drei Klagen gegen den Juristen anhängig. Und während ganz Dortmund gestern nur den Zeitpunkt von Niebaums Rücktritt diskutierte, zeigen sich längst auch NRW-Spitzenpolitiker besorgt über den Gesundheitszustand des komatösen Patienten BVB.


Niebaum versuchte gestern noch einmal in einer Stellungnahme seinen verbalen Schlingerkurs der letzten Tage hinsichtlich der „Drei-Punkte-Vereinbarung“ mit Florian Homm (wir berichteten) zu rechtfertigen. Zuvor hatte er einem ausgewählten Kreis seiner Meinung nach wohlmeinender Journalisten Einblick in sein Seelenleben gewährt. Unsere Zeitung war zu der 12-Uhr-Runde nicht eingeladen.

60 Kilometer weiter westlich, im fußballerisch drittklassigen Düsseldorf, werden selbst die Spitzenpolitiker allmählich ungehalten. Bereits am 22. September tagte Ministerpräsident Peer Steinbrück mit seinen Ministern Jochen Dieckmann (Finanzen) und Harald Schartau (Wirtschaft/Arbeit). Thema: Der BVB hat für den Zeitraum vom 1. Juli 2004 bis 30. Juni 2005 die Aussetzung der Tilgungsraten für das Bankdarlehen zum Stadionausbau beantragt. Da das Land NRW bürgt, muss es zustimmen.
In einem Brief an Dr. Gerd Niebaum, der die Ergebnisse des Spitzengesprächs zusammenfasst, kritisieren die Politiker die „nicht hinlänglich transparente finanzielle und strukturelle Gesamtsituation“. Sie halten es für „geboten“, das Unternehmensgeflecht Borussia Dortmund von einem unabhängigen Wirtschaftsprüfer durchleuchten zu lassen.

Fragen wirft auch Niebaums Antrag auf Zulassung als Notar auf. Noch am Montag hatte der BVB-Chef einen entsprechenden Bericht des Nachrichtenmagazins „Focus“ als Falschmeldung bezeichnet. „Das entspricht nicht den Tatsachen.“ Er „wundere“ sich „über diese unzutreffende und tendenziöse Berichterstattung“. Niebaum ließ wissen, er strebe ein solches Amt (als Notar/d. Red.) nicht an.

Rüdiger Pamp, Sprecher des OLG Köln, bestätigte gestern auf Anfrage unserer Zeitung: Niebaum habe sich im September 2003 am Bewerbungsverfahren um die fünf vom OLG Hamm für den Bezirk Dortmund ausgeschriebenen Notariate beteiligt. Mehr noch: „Er sollte auch berufen werden.“ Dagegen aber hätten „drei nicht berücksichtigte Kollegen“ Konkurrentenklage eingereicht. Eben die liege, wie das gesamte Besetzungsverfahren, derzeit auf Eis. So Pamp.
Grund: Das Bundesverfassungsgericht hat inzwischen die Entscheidungskriterien für die Vergabe von Notariaten geändert. Der Präsident des OLG Hamm wiederum habe Niebaum daher mit Schreiben vom 5. Oktober 2004 mitgeteilt, er betrachte die Bewerbung des BVB-Chefs als „gegenstandslos“.

Zur Erinnerung: Niebaum hatte das Notariat seinerzeit auf Druck des OLG niederlegen müssen, weil es mit seiner Position als BVB-Geschäftsführer nicht vereinbar war. Diese Rechtslage hat sich seither geändert. Nach Darstellung von BVB-Pressechef Josef Schneck hat sich Niebaum 2003 überhaupt nur um ein Notariat beworben, weil der OLG-Präsident ihn von dieser neuen Faktenlage in Kenntnis gesetzt habe. Schneck wiederholte gestern: „Es bleibt dabei, Herr Niebaum strebt ein solches Amt nicht an.“