Die Berichte des WESER-Kurier, 24.06.1970

von Ulrich MANZ

Bund verweigert Maklerprovision

Auseinandersetzungen erheblichen Umfangs mit dem Bundesfinanzministerium stehen der Bremer Liegenschaftsverwaltung bevor. Anlaß dazu sind die Grund-stücksankäufe zur Verbreiterung der Blockland-Autobahn, die das Land Bremen im Auftrag des Bonner Ver-kehrsministeriums mit Bundesgeldern tätigt. Gegenstand der Auseinandersetzung werden die in zahlreichen Fällen bereits gezahlten oder noch zu zahlenden Provisionen an den Bremer Grundstücksmakler Wilhelm Lohmann sein, denn der Bund wird sich weigern, diese Kosten — es handelt sich beiläufig um eine Summe von 200 000 bis 300 000 Mark allein im ersten von drei Bauabschnitten — zu erstatten. Das ist den Beamten der Liegenschaftverwaltung, die alle Grunderwerbsverträge unterzeichnet haben, aus einem ähnlichen, einige Jahre zurückliegenden Fall auch bekannt. Dennoch haben sie den Makler, jedenfalls in zahlreichen Fällen, in die Verträge mit aufnehmen lassen. So wird das Land Bremen, das normalerweise keinen Pfennig für die Autobahnverbreiterung zu zahlen brauchte, die unnötige Maklerprovision aus der eigenen Steuerkasse zahlen müssen, und das für einen Grunderwerbsgesamtwert von 15 bis 20 Millionen Mark.

Der Inhalt der abgeschlossenen Verträge über die Besitzübertragung der Grundstücke an den Bund ist höchst ungewöhnlich. Der Bundesrepublik sollen damit nämlich alle Ne-benkosten, auch die unnötigen, aufgebürdet werden. Während der Bund die Kosten für die Beurkundung und Eintragung der Grundstücksverkäufe sowie Anwaltsgebühren noch als üblich gelten läßt, wird die Tatsache, daß der Bundeskasse auch noch die Maklerkosten angelastet werden sollen, von den Sachbearbeitern im Bundesrechnungshof und im Ver-kehrsministerium mit den Worten kommentiert: „Das geht entschieden zu weit!" 

Formuliert worden sind diese Verträge von einer Verhandlungskommission, die von eini-gen Grundbesitzern als ihre Interessenvertretung eingesetzt war, und der die Rechts-anwälte Dr. Herbert Lampe und Hans-Ludwig Kulenkampff sowie der Makler Lohmann — dieser ebenfalls Grundbesitzer — angehörten.

Der WESER-KURIER leitete dem Bundesrechnungshof ein Exemplar des Mustervertrages zu. Die Antwort aus Frankfurt: „Das ist der Gipfel. Das wird der Bund niemals zahlen." Erstattungsfähig sei Maklerprovision nur dann, wenn sie sich auf Grundstücke außerhalb der festgelegten Trasse für die Autobahn beziehe. Das sei in Bremen aber nicht der Fall. Und da der Makler hier keine Geschäftspartner zusammenzubringen brauche, werde er auch nicht benötigt und daher vom Bund auch nicht bezahlt. Die Kosten habe daher die Hansestadt Bremen zu tragen. Die Beamten kündigten an, der Bundesrech-nungshof werde auf Bremen einwirken und dafür sorgen, daß derartige Verträge zu Lasten des Bundes nicht mehr abgeschlossen werden. „Die Sache ist schon im Rollen", hieß es. 

Wie der Name Lohmanns als Provisionsempfänger in die Verträge gelangt ist, kann in etlichen Fällen nicht geklärt werden. Lohmann selber erklärt, 95 Prozent der Grundbesitzer hätten ihn zusätzlich zu einem Rechtsanwalt schriftlich mit den Verhandlungen beauftragt.

Das meint auch Regierungsdirektor Harald Reichenbach von der Liegenschaftsverwaltung.

Zahlreiche Landverkäufer hingegen, denen der WESER-KURIER die Frage vorlegte, ob sie dem Makler einen Auftrag erteilt hätten, antworteten — von einer Ausnahme abgesehen — übereinstimmend mit „Nein". Dennoch wurde Lohmann in ihren Verträgen vier Pro-zent Maklerprovision zu Lasten Bremens zugesprochen, obwohl sie mit ihm weder je ein Gespräch geführt geschweige denn ihn beauftragt haben. Dazu Regierungsdirektor Rei-chenbach gegenüber unserem Redaktionsmitglied: „Wenn Sie das alles schreiben, gehe ich zum Staatsanwalt."

Möglich ist auch, daß Lohmann von der Stadt beauftragt worden ist. Immerhin liegt ein Schreiben der Liegenschaftsverwaltung an Wilhelm Lohmann zur Vorlage an einen Grundstücksverkäufer vor, in dem es unter anderem heißt: „Wir bestätigen Ihnen gern, daß Sie mit den Grunderwerbsverhandlungen für die Bundesautobahnverbreiterung beauftragt sind."

Regierungsdirektor Reichenbach bezeichnet dieses Schriftstück jedoch als Panne, denn ein solcher Auftrag an den Makler sei nicht gegeben worden. Man dürfe im übrigen das Schreiben nicht interpretieren. Mit „Grunderwerbsverhandlungen“ sei selbstverständlich nicht Auftrag der Liegenschaftsverwaltung, sondern „Auftrag der Grundeigentümer für Verkaufsverhandlungen" gemeint, und so müsse das Schreiben verstanden werden. Die Frage, warum aber das Amt Veranlassung gehabt haben sollte, einen Auftrag der Verkäufer gegenüber einem Verkäufer zu bestätigen, ließ er offen. 

Auf die Frage, wer denn überhaupt den Makler in die Verträge, auch in die umstrittenen, habe einsetzen lassen, antwortete Reichenbach: „Zwei honorige Anwälte." Gemeint waren Dr. Lampe und Kulenkampff, letzterer CDU-Bürgerschaftsabgeordneter und Bauexperte seiner Fraktion. 

Nach den Verlautbarungen des Bundesrechnungshofes und der Erklärung vom Amtsleiter Reichenbach bleibt nun abzuwarten, wie die Liegenschaftsverwaltung die Zahlungen an den Makler Lohmann überhaupt und darüber hinaus mit Bremer Geldern zu rechtfertigen gedenkt.