Passauer Neue Presse, 07.01.2016

von Martin RIEDLAICHER

Das System Huber: "Widerspruch wurde nicht geduldet"

Passauer Neue Presse , 11.07.2005

Schritt für Schritt versucht der Berufsschulverband, wieder einen geordneten Betrieb aufzubauen, nachdem der frühere Vorsitzende Klaus Huber den Verband systematisch in einen Selbstbedienungsladen für sich und seine private Firma umgebaut hatte, dessen Ausmaße noch immer nicht voll absehbar sind. Der Verbandsausschuss hat eine neue Entschädigungssatzung beschlossen, die man der zuständigen Verbandsversammlung vorschlagen will.

 

„Es gab keine Kontrolle“ 


So soll der Huber-Nachfolger 850 Euro monatlich als Aufwandsentschädigung bekommen, dazu 100 Euro zusätzlich als Fahrten-Pauschale, mit der dann alle Fahrten abgegolten sind. Die Gelder für Tageseinsätze, mit denen Huber sich ohne Kontrolle ein gewaltiges Einkommen bescheren konnte, sind abgeschafft.

Sollte Walter Taubeneder, den der Landrat als Huber-Nachfolger vorschlagen will, tatsächlich kommenden Samstag gewählt werden, würde er im Jahr 11 400 Euro bekommen. Einen ähnlichen Betrag erhält er bereits in seiner Eigenschaft als Landratsstellvertreter. Zum Vergleich: Huber hatte zuletzt knapp über 50 000 Euro allein für den Verbandsvorsitz kassiert, wenn man Fahrtkosten und Versicherungsbeiträge dazuzählt.

Den hohen Betrag für den Nachfolger begründeten die Vertreter im Verbandsausschuss mit dem hohen Arbeitsaufwand, den der neue Verbandsvorsitzende beim Aufräumen und Ausmisten leisten müsse. Falls die wesentlichen Arbeiten erledigt seien, werde man diesen Betrag sofort kürzen, war man sich einig. Der Betrag sei absolut angemessen, auf den Nachfolger warte eine gewaltige Aufgabe, so äußerte sich auch OB Albert Zankl als amtierender Verbandsvorsitzender.

Zu Beginn der Sitzung hatte der Prüfer des kommunalen Prüfungsverbandes einige Details des „Systems Huber“ nochmal erläutert, ein Geflecht aus Angst und Geheimhaltung, mit Hilfe dessen der Vorsitzende, wie mehrfach in der PNP berichtet und dokumentiert, gewaltige Beträge erlösen konnte, die mit dem Wort Ehrenamtlichkeit in keinem Bezug mehr standen.

Er hatte, wie berichtet, Arbeiten von der Verwaltung an sich gerissen, um unbemerkt seine Interessen durchzusetzen und seine Geschäfte zu machen. Der Prüfer erinnerte mehrmals an den traditionellen Begriff der Ehrenamtlichkeit, demnach man für ein „Dankeschön und sonst nichts“ arbeite. Ein Ehrenamt solle „kein zusätzliches Einkommen“ sein, stellte er klar. In diesem Fall sei „von eklatanten Verstößen gegen die Pflichten des Ehrenamts“ zu reden. Er beschrieb die illegalen Vergaben, die Entlassung eines Mitarbeiters, um seinem Sohn einen Job zu verschaffen, die überzogenen Entschädigungen, die überhöhten Abrechnungen der Huber-Firma, das Beschäftigen von mehreren abhängigen Verbandsangestellten bei Bauarbeiten am Huber-Privathaus und vieles mehr. „Es gab kein Kontrollsystem“, sagte der Prüfer, „Widerspruch wurde nicht geduldet und hatte Konsequenzen.“

 

„Arbeiten doppelt gemacht“ 


Es sei teils zu kuriosen Szenen gekommen, ergänzte der Geschäftsleiter des Verbandes, Franz Stangl. Zum Teil seien Arbeiten, welche die Verwaltung bereits erledigt hatte, von Hubers Firma ohne Rücksprache nochmal und zum Teil fehlerhaft gemacht worden, um wieder Aufträge abrechnen zu können.

Es werde allerdings schwierig, die genaue Höhe der Schäden festzustellen, um dann den Betrag festzusetzen, den Huber an den Verband zurückzahlen müsse, ließ der Prüfer anklingen. Dazu solle man auch die Ermittlungen der Kripo und der Staatsanwaltschaft abwarten.

 

Weißwurstessen als Tagesarbeit 


Das bisher Gesagte wollte Landrat Hanns Dorfner so nicht stehen lassen. „Wenn jemand erfahren hat, dass etwas nicht in Ordnung ist, hätte er sich beim OB als stellvertretenden Verbandsvorsitzenden melden müssen.“

„Das System stimmte hinten und vorne nicht“, stellte Klaus Jeggle fest. „Das muss Konsequenzen haben.“ OB Albert Zankl sah es ähnlich: „Am System muss gefeilt werden. Wir brauchen mindestens ein Vier-Augen-Prinzip.“

„Es wurden Leute genötigt, das zu tun“, antwortete der Geschäftsleiter auf die Frage der Verbandsräte, wie das System Huber über Jahre funktionieren konnte. Die Bediensteten hätten Angst gehabt.

Selbstkritik übten die Räte, was die Entschädigungen betraf, vor allem die festgelegten Tagessätze. Bei letzteren hatten die Räte gedacht, dass diese nur drei- oder viermal im Jahr bei besonders aufwändigen Dienstreisen oder sonstigen Angelegenheiten anfielen. Dass Huber mit Hilfe dieser Fehleinschätzung 180 Arbeitseinsätze im Jahr abrechnete, darunter Weißwurstessen, Geburtstagsfeiern, Brotzeiten, Kurzbesuche und Betriebsausflüge als jeweils „volle Arbeitstage“, hatte keiner für möglich gehalten.

„Die Entschädigungssatzung ist falsch“, bilanzierte Zankl. „Mit der Satzung ist Missbrauch getrieben worden“, ärgerte sich Anni Regner. „Der Verwaltung kann man da keinen Vorwurf machen“, bestätigte der Landrat. Das sei schon ein Fehler der Politiker gewesen. Man hätte den Missbrauch bei der Jahresrechnung sehen müssen, erklärte Zankl.

„Er konnte sich seine Einsätze selbst bestimmen“, nannte Jeggle das Problem. Einem stellvertretenden Landrat, der ähnlich entschädigt werde, würden die Aufträge und Einsätze zugewiesen.

Huber wurde auf einstimmigen Beschluss keine Entlastung erteilt. Der Verbandsausschuss hätte dann Huber wegen seiner groben Verletzungen der Pflichten offiziell abgesetzt. Aber durch dessen freiwilligen Rücktritt am Donnerstag war das nicht mehr notwendig.

 

Zu „Nicklichkeiten“ gekommen


Hans Gschwendtner setzte dann noch zu einer Verteidigungsrede für Huber an. Man dürfe nicht den Stab in dieser Form über ihn brechen und müsse auch das Menschliche sehen. Huber habe in den letzten zehn Jahren „wahnsinnig viel“ geleistet. „Bei den Baumaßnahmen hätten wir sonst einen Projektsteuerer gebraucht.“ Auch Landrat Dorfner sprach von den Verdiensten von Huber. Im Lauf der Jahre sei es aber zu „Nicklichkeiten“ gekommen.