Die Berichte der Abendzeitung zum Thema Familienwirtschaft, 18.04.2013

von Angela Böhm

Abzocker im Landtag? Stamm schweigt

Abendzeitung , 18.04.2013

MÜNCHEN Nein, sie will die Frage einfach nicht beantworten. "Es ist mein Recht, es nicht zu sagen", weigert sich Bayerns Landtagspräsidentin Barbara Stamm. Die CSU-Politikerin will die Abzocker unter den bayerischen Landtagsabgeordneten schützen. Diejenigen, die neben ihren schon satten Diäten auch noch ihre Ehefrauen vom Steuerzahler finanzieren lassen, sollen weiter geheim bleiben. In einer extra anberaumten Pressekonferenz am Mittag verkündet Stamm lieber: "Politiker sind keine Selbstbediener."

Nach AZ-Recherche hat der Münchner CSU-Abgeordnete und bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle seine Ehefrau als Mitarbeiterin angestellt. "Ich beschäftige meine Frau im Rahmen des Abgeordnetengesetzes", bestätigte er der AZ. Dabei handle es sich bei ihm aber nur um einen "geringen Betrag". Spaenle: "Unter tausend Euro."

Erst am Nachmittag und auf Druck lässt Stamm etwas mehr Informationen raus: 19 Abgeordnete beschäftigen Ehepartner oder nahe Verwandte. 18 von der CSU, einer von der SPD. Welche, will sie weiterhin nicht sagen.

Schon seit 13 Jahren können Bayerns Volksvertreter nicht mehr ihre Ehepartner oder Verwandte ersten Grades als Mitarbeiter beschäftigen. Wer's damals aber schon tat, durfte seine Pfründe behalten. Von einer Übergangsregelung ist nicht die Rede. 

So kassieren immer noch 19 Politiker im Maximilianeum doppelt ab: Für die Ehefrau daheim als Sekretärin gibt's monatlich bis zu 3517 Euro vom Steuerzahler. Dazu steht den Volksvertretern eine wissenschaftliche Teilzeitkraft ("zwei Drittel") für einen Monatslohn von 4007 Euro zu. Nach der Neuregelung im Jahre 2000 habe es sogar "besonders schlaue Abgeordnete" gegeben, erzählt ein Insider, die ihre Ehefrauen über Kreuz angestellt haben. Auch dazu wollte Stamm nichts sagen.

Im Gegensatz zu Ehepartnern dürfen Verwandte zweiten Grades wie Vettern problemlos angestellt werden. 

"Vetterleswirtschaft", wirft Hans Herbert von Arnim den bayerischen Abgeordneten in seinem Buch "Die Selbstbediener" vor (AZ berichtete). "Dies Buch enthält nichts Neues, sondern ist nur ein Aufguss längst bekannter Thesen", sagt Stamm. Er habe keine Ahnung von der Aufgabenfülle eines Parlaments in einem Flächenstaat wie Bayern.

Dabei plagt sogar einige Abgeordnete selbst ihr schlechtes Gewissen. "Das mit den Rentenansprüchen ist keinem normalen Menschen mehr zu erklären", sagt der Finanz-Experte der Grünen, Eike Hallitzky, zur AZ. Nach nur zehn Jahren haben Bayerns Abgeordnete schon Rentenansprüche von 33,5 Prozent der Abgeordnetendiäten. Das ist mehr als die Höchstrente, die ein normaler Arbeitnehmer erreichen kann. Und die Diät erhöht sich von alleine. Am ersten Juli ist es wieder so weit: Dann steigt sie monatlich von derzeit 7060 Euro auf 7244 Euro. Und die steuerfreie Kostenpauschale von 3214 Euro auf 3292 Euro.