Die Berichte der Abendzeitung zum Thema Familienwirtschaft, 07.06.2013

Anfüttern verboten

Abendzeitung , 07.06.2013 

AZ: Jahrzehntelang war Bayern für Landtagsabgeordnete ein Paradies. Nach dem totalen Verbot, Verwandte zu beschäftigen, kommt jetzt auch der gläserne Parlamentarier. Wie weit wird die CSU gehen?

CHRISTA STEWENS: Wir werden die Nebeneinkünfte nach dem Zehn-Stufen-Modell, das der Bundestag jetzt eingeführt hat, veröffentlichen. Das heisst, die niedrigste Stufe soll für Einkünfte ab 1000 Euro gelten, die höchste ab 250 000 Euro. 

AZ: Die Grünen und die SPD aber wollen es genau auf Euro und Cent.

STEWENS: Darüber werden wir in der Fraktion diskutieren.

AZ: Der Bundestag will die Korruptionsregeln für seine Abgeordneten verschärfen. In Bayern gibt es überhaupt keine.

STEWENS: Wir wollen die Regelung des Bundestags auf Bayern übertragen. Da geht's um das so genannte "Anfüttern". Für Bayern würde das dann lauten: "Unzulässig ist die Annahme von Geld oder geldwerten Zuwendungen, wenn diese Leistung ohne oder ohne angemessene Gegenleistung des Mitglieds des Landtags gewährt wird."

AZ: Was ist mit Korruption?

STEWENS: Sobald der Bundestag sein Gesetz verschärft, werden wir darüber reden, ob eine entsprechende Regelung übernommen wird.

AZ: Heißt das, Sie wollen mit allem warten, bis am 15. September ein neuer Landtag gewählt wird?

STEWENS: Der Oberste Rechnungshof überprüft jetzt den Landtag. Da werden sicher noch Anregungen hinzukommen, die wir in unsere Überlegungen einbeziehen wollen.

AZ: Zum Obersten Rechnungshof haben Sie ja einen besonderen Draht.

STEWENS: Wie meinen Sie das?

AZ: Die Vizepräsidentin des Obersten Rechnungshofes, Susanne Frank, war Ihre persönliche Referentin, als Sie noch Sozialministerin waren.

STEWENS: Das ist richtig. Und der Präsident Heinz Fischer-Heidlberger war mein Amtschef, als ich Staatssekretärin im Umweltministerium war. Der Oberste Rechnungshof ist unabhängig. Ich habe mit Frau Frank nie darüber gesprochen, was sie im Landtag prüft.

AZ: Jetzt, nach der Verwandten-Affäre im Landtag, geht plötzlich alles, was die CSU vorher verweigert hat.

STEWENS: Das Vertrauen der Bürger ins Parlament ist gesunken. Das gilt für alle Parteien. Wir müssen jetzt den Blick nach vorne richten und das Vertrauen zurückgewinnen.

AZ: Die SPD hat ihren Parlamentarischen Geschäftsführer Harald Güller zum Rücktritt gezwungen, weil er 2009 zwei Monate seinen Stiefsohn beschäftigt hatte. Ihr Parlamentarischer Geschäftsführer Alexander König hat in letzter Minute seine Ehefrau seit 13 Jahren beschäftigt und darf bleiben. Ist das gerecht?

STEWENS: Herr Güller hat gegen geltendes Recht verstoßen. Herr König hat seine Frau rechtmäßig beschäftigt.

STEWENS: Aber es geht doch nicht nur darum, ob etwas legal ist, sondern auch ob es legitim ist. Sensibel war es nicht, Verwandte zu beschäftigen. 

AZ: Deshalb sind Sie jetzt für fünf Monate noch Vorsitzende der CSU-Fraktion geworden, nachdem Horst Seehofer Sie als Sozialministerin abgehalftert hatte. Ist das für Sie eine Befriedigung?

STEWENS: Ich muss nicht zufrieden gestellt werden. In der Politik müssen Sie damit rechnen, dass Sie mal Ministerin und stellvertretende Ministerpräsidentin sind und dann wieder normale Abgeordnete. Man muss jeden Tag die Aufgaben, die einem gestellt werden, so gut wie möglich bewältigen. 

AZ: Bekommen Sie keine Lust jetzt doch nochmal für den Landtag zu kandidieren?

STEWENS: Nein, ich habe meiner Familie versprochen, dass es ,No Return' gibt. Meine jüngste Tochter bekommt ihr fünftes Kind. Ich will mehr Zeit für meine dann 23 Enkelkinder haben. Am 7. Oktober ist für mich im Landtag endgültig Schluss.

AZ: Es gibt bereits Gerüchte, Sie könnten Chefin der Hanns-Seidel-Stiftung werden.STEWENS: Nein, das kommt für mich nicht in Frage. 

AZ: Also nur noch Familie?

STEWENS: Nein, mein Steckenpferd ist das Soziale. So bin ich zum Beispiel Vorsitzende des Stiftungsrates des Zentrums für Qualität in der Pflege. Das ist eine in Deutschland einzigartige Einrichtung. Für die setze ich mich ehrenamtlich ein.