Die Berichte der Abendzeitung zum Thema Familienwirtschaft, 03.05.2013

von Angela Böhm

Ein Drittel der Regierung beschäftigte Familie.

Abendzeitung , 03.05.2013 

MÜNCHEN Immer mehr Familienunternehmen im Landtag werden bekannt. Ein Drittel der bayerischen Staatsregierung hat Verwandte beschäftigt: sechs von 15 CSU-Kabinettsmitgliedern. Die drei FDP-Vertreter sind sauber. 

Auch Vize-CSU-Chefin und Justizministerin Beate Merk gibt zu, ihre Schwester zwischen 2010 und 2013 engagiert zu haben. Das ist nach dem Abgeordneten-Gesetz erlaubt. In Artikel 8 heißt's: "Nicht erstattungsfähig sind Kosten für Verträge mit Personen, die mit dem Mitglied des Landtags verheiratet, im ersten Grad verwandt oder im ersten Grad verschwägert sind oder eine Lebenspartnerschaft begründet haben." Geschwister sind Verwandte zweiten Grades. 

Ausgelöst haben die Affäre die "Altfälle". 2000 hatte der Landtag verboten, künftig Ehegatten und Kinder zu beschäftigen. Für bestehende Verträge gab's eine "Übergangslösung". Bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag. Das haben in dieser Legislaturperiode 17 Abgeordnete ausgenutzt. Alle sind von der CSU: darunter Kultusminister Ludwig Spaenle und die Staatssekretäre Franz Pschierer und Gerhard Ecke. 

Inzwischen hat auch Landwirtschaftsminister Helmut Brunner gestanden, bis 2009 Arbeitgeber seiner Frau gewesen zu sein. Kultusstaatssekretär Bernd Siebler räumte ein, er habe seine Mutter beschäftigt und vor der Änderung einen Vertrag mit seiner Frau geschlossen, der bis 2007 galt. 

In der Legislaturperiode von 2003 bis 2008 gab es laut Landtagspräsidentin Barbara Stamm noch 46 "Altfälle": 39 von der CSU, sechs aus der SPD und einen von den Grünen. Die Grünen-Abgeordnete Maria Scharfenberg entschuldigte sich, dass sie ihre volljährigen Kinder angestellt hatte: den Sohn von 1998 bis 2001, die Tochter von 1999 bis 2006.

Schwestern und Brüder oder weiter entfernte Verwandte müssen beim Landtag nicht angegeben werden. Ihren Bruder beschäftigen auch Thomas Gehring (Grüne) und die SPD-Abgeordnete Maria Noichl. Ihre Parteifreundin Susann Biedefeld (48) hat ihre Schwester angestellt. Freie-Wähler-Chef Huber Aiwanger ist der Chef seines Schwagers. Den hatte er eingestellt, bevor dieser seine Schwester heiratete. Seit ersten Mai zahlt Aiwanger ihn aus seiner eigenen Tasche.

Die neuen Fälle sorgen für Empörung - auch bei der bayerischen FDP, die mit der CSU regiert. Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger: "Ich bin fassungslos angesichts der immer neuen Enthüllungen und der Dimension." In Berlin spottete Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin, in Bayern seien die Amigos auch noch miteinander verwandt