Die Berichte der Abendzeitung zum Thema Familienwirtschaft, 08.05.2013

von Angela Böhm

Ermittlungen gegen Ex-Fraktionschef

Abendzeitung , 08.05.2013 

MÜNCHEN In der CSU geht's drunter und drüber: Ex-Fraktionschef Georg Schmid muss von heute an mit einer Hausdurchsuchung rechnen. Jetzt kann das Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft gegen ihn starten - es geht um den Verdacht der Scheinselbstständigkeit seiner Frau. Auch Ministerpräsident Horst Seehofer gerät parteiintern unter heftige Kritik. Bei einem Redaktionsbesuch in der AZ hatte er Uli Hoeneß den Rücken gestärkt. "Seehofer hat kein moralisches Wertegerüst", heißt es jetzt dazu in der CSU. "Der misst mit zweierlei Maß." Die eigenen Leute schmeiße er raus.

Die Nerven liegen blank. "Es ist in meinen Augen vertretbar, wenn Uli Hoeneß bis zur vorläufigen Klärung der Angelegenheit durch die Staatsanwaltschaft als Präsident im Amt bleibt. Dafür hätte ich Verständnis", sagte Seehofer in der AZ. Das stößt vielen in der CSU ganz bitter auf, denn mit seinen eigenen Parteifreunden hat Seehofer kein Nachsehen. "Hoeneß verteidigt er, weil der populär ist", sagt einer aus der Fraktionsspitze. Dabei habe Hoeneß gegen Gesetze verstoßen. 

"Es ist schwer zu erklären, dass Seehofer den Hoeneß verteidigt und den eigenen Leuten sagt, zurücktreten und zahlen", meint ein einflussreicher CSU-Mann. "Der Saubermann ist kein Saubermann, sondern ein Machtmensch", analysiert ein CSU-Stratege. Seehofer behandelt seine Partei inzwischen wie feindliche Truppen. Er sei so zornig, weil ihm die Affäre die Wahl vermassle. "Das Thema wird uns nicht mehr in Ruhe lassen", sagt ein führender CSUler zur AZ.

Und auch die FDP rührt in der schwarzen Wunde. Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) stellte ein Foto von sich mit Filzhut ins Internet: "Filz gehört nicht in die Politik, sondern auf den Kopf." Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch postete: "Wahre Worte! Landesbank, ominöse Anrufe beim BR oder jetzt die angestellten Ehefrauen: Die CSU zeigt immer wieder, warum wir ihr dieses Land nie mehr alleine überlassen dürfen."

Ein Fall für die Justiz wird jetzt Ex-Fraktionschef Georg Schmid. Er hatte als Abgeordneter seine Ehefrau Gertrud seit 23 Jahren beschäftigt. Die gründete dafür extra eine eigene Firma. Das ist der Grund, warum hier - anders als bei den anderen Abgeordneten, die ihre Verwandten direkt angestellt hatten - die Justiz aktiv wird. Denn damit steht der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit im Raum. Als die AZ Schmid erstmals dazu befragte, liess er ausrichten, seine Frau habe mit ihrem Schreibbüro "noch weitere Kunden" gehabt. Die Staatsanwaltschaft hat am Montag dem Landtag ihre Absicht mitgeteilt, ein Ermittlungsverfahren einzuleiten. Der Landtag hat dann 48 Stunden Zeit, Widerspruch einzulegen - also bis zum heutigen Mittwoch. Nach AZ-Informationen wird er das nicht tun.

Bis zu monatlich 5500 Euro plus Mehrwertsteuer rechnete Schmid für sie beim Landtag ab. Dass sie Unternehmerin ist, hatte die Politiker-Ehefrau bisher verschwiegen. In Interviews sagte sie, sie habe sich bewusst für die Familie entschieden. Nun behauptet Schmid, seine Frau habe "rund um die Uhr" für ihn gearbeitet. Trifft der Vorwurf der Scheinselbstständigkeit zu, hätte das Ehepaar Sozialversicherungsbeiträge in einem hohen fünfstelligen Bereich hinterzogen. Ab 50 000 Euro droht Haftstrafe mit Bewährung. Allerdings können die Ermittler nur die letzten vier Jahre unter die Lupe nehmen. Die restlichen 19 Jahre sind bereits verjährt.