Die "Familien-Wirtschaft" der CSU im Überblick

Die Abgehobenheit vieler Politiker ist auch daran zu erkennen, dass sie nicht nur an Realitätsverlust(en) leiden, sondern sich oft außerhalb des Gesetzes sehen und ihre eigenen Spielregeln definieren. Etwa jene Abgeordneten, Minister und Staatssekretäre im Bayerischen Landtag, die – um ihre Einkommen, sprich ihre steuerfreien Diäten aufzubessern - den eigenen Ehefrauen Dienst und/oder Werkverträge zuschanzen. Einer hatte sogar seine Kinder angestellt: 13 und 14 Jahr alt. 

Zwar hatte ein Bericht der Journalistin Angela Böhm im Jahr 1999 erst für öffentliche Aufregung und dann zu einer gesetzlichen Änderung geführt, nachdem nur die sog. Altfälle ihre bisherigen Priviliegien behalten durften. Doch einige ganz ‚Clevere’ hatten noch ganz schnell neue Verträge abgeschlossen, bevor das Gesetz offiziell verkündet war.

Der bekannte Parteienkritiker Hans Herbert von Arnim, ehemals Professor für öffentliches Recht, Verwaltungs- und Haushaltsrecht an der Deutschen Universität für Verwaltungswissenschaften in Speyer, der regelmäßig auf die permanente Vetternwirtschaft und Selbstbedienungsmentalität aufmerksam macht, hat im April 2013 ein neues Buch dieser Art veröffentlicht: Die Selbstbediener. Wie bayerische Politiker sich den Staat zur Beute machen.

Der unscheinbare Satz auf S. 80, dass „theoretisch“ Abgeordnete immer noch diesen Praktiken frönen könnten, war Anlass für Angela BÖHM, dies erneut zu überprüfen. Sehr zum Unmut der Politik. Doch Angela BÖHM ließ nicht locker. Bis sie die Informationen hatte. Und damit wieder eine öffentliche Diskussion auslöste. Mit einer ganzen Serie von Berichten.

Und nicht nur das. Der Vorsitzende (ausgerechnet) des Haushaltsausschusses im Bayerischen Landtag, Georg Winter, der nicht nur seine Ehefrau, sondern gleich auch seine beiden Kinder auf Kosten der Staatskasse „angestellt“ hatte, musste unter dem öffentlichen und dadurch auch politischen Druck, alles zurückzahlen, was er bis dahin zusätzlich mit seinem „Familienbetrieb“ kassiert hatte: 91.382,87 Euro.  

Und der Fraktionsvorsitzende der CSU-Fraktion, Georg Schmid, und dessen Frau sehen sich nun im Fadenkreuz staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen. Weil sich Frau Schmid zu diesem Zweck als „selbstständig“ mit einer eigenen „Firma“ hatte registrieren lassen, steht nun der Verdacht der sog. Scheinselbstständigkeit im Raum. Das kann im Zweifel teuer werden, wenn für die ganzen Jahre Sozialbeiträge nachzuzahlen sind. Weil Georg SCHMID zudem seinen Parteiposten verloren hat, muss Familie Schmid nun auf 19.370,56 Euro brutto monatlich verzichten.

Ihre politischen Ämter sind die beiden ohnehin los – Horst Seehofer wollte bis zur Landtagswahl im September 2013 reinen Tisch machen.

Egal ob Wahlen oder nicht: Jetzt gibt es wieder ein neues Gesetz: Arbeitsverhältnisse für Verwandte bis zum vierten Grad sind ab sofort tabu. Und „Altfälle“ gibt es in Bayern jetzt auch nicht mehr. Der öffentliche Druck war letztlich größer als das Recht auf Besitzstandswahrung im Bayerischen Landtag.

Angela Böhm, die letztlich beide Gesetzesänderungen angeschoben hatte, wird für ihre Recherchen und ihre journalistische Hartnäckigkeit am 16. Mai 2014 mit dem ersten „Wächterpreis der Tagespresse“ ausgezeichnet.

Die ganze Geschichte von Anfang an finden Sie in der Chronologie der bayerischen Selbstbediener. Oder auch in einer etwas kürzeren Fassung.

Die ‚ausgezeichneten’ Berichte von Angela Böhm in der Münchner Abenzeitung – knapp 40 an der Zahl. Und ihr Making-of: Wie die Geschichte in Gang gekommen ist. In einem kleinen Portrait zeichnen wir nach, was die inzwischen mehrfache Wächterpreis-Trägerin antreibt.

Wenn Sie diese Geschichte direkt aufrufen oder verlinken wollen, so können Sie dies unter www.ansTageslicht.de/Familienwirtschaft tun.

(JL)