Die Berichte des Hamburger Abendblatt, 03.08.2007

von Ulrich GASSDORF

Affäre Poggendorf - Razzia bei Hamburgs Tierschutzchef

Hamburger Abendblatt , 03.08.2007 

150 Beamte von Polizei und Staatsanwaltschaft haben gestern ab neun Uhr morgens zeitgleich Wohnungen und Büros von Vorstandsmitgliedern des Hamburger Tierschutzvereins (HTV) durchsucht. Die Aktion, bei der insgesamt an neun Orten Unterlagen sichergestellt wurden, war von der Staatsanwaltschaft beantragt und richterlich genehmigt worden. Ziel der Maßnahme: die Sicherung von Beweisen für den Verdacht der Untreue.
Die Verdächtigen sollen unter Führung des Tierheimchefs Wolfgang Poggendorf (70) vereinseigene Immobilien deutlich unter Wert verkauft und somit den HTV finanziell massiv geschädigt haben. Es geht bislang um rund 500 000 Euro.

Nach Abendblatt-Berichten über Poggendorfs Wohnungskauf auf Sylt war die Lawine ins Rollen gekommen. Der Chef des mit rund 7000 Mitgliedern größten deutschen Tierschutzvereins hatte ein Apartment mit Meerblick, das dem Verein vererbt worden war, für 111 000 Euro erworben. Ein Preis, den Makler für vollkommen unrealistisch halten. Auch die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelte in einem eigenen Gutachten einen realen Wert von 192 000 bis 265 000 Euro. Durchsucht wurden neben Poggendorfs Büro und Wohnung auch das Apartment auf Sylt sowie die Privatwohnungen der zweiten Vereinsvorsitzenden Kirsten Weckel (54) und des Schatzmeisters Manfred Elsen (79). Auch gegen sie wird ermittelt. Nicht nur bei der Sylter Wohnung, auch bei den Verkäufen zweier Höfe in Hornbek und Ellerhoop soll es laut Staatsanwaltschaft Unregelmäßigkeiten gegeben haben. Die Höfe waren an ehemalige Mitglieder und Freunde des Vereins verkauft worden.

Poggendorf gibt sich weiter unschuldig. Zur Razzia im Tierheim sagte er: "Ich bin Opfer einer Hetzkampagne! Das Schiff ist in einem Hurrikan, aber ich bleibe auf der Brücke. Alles wird gut."

Mehr dürfe er leider nicht sagen. Laut "Hamburg Journal" gibt es einen vierten Fall von möglicher Untreue im Tierschutzverein. Dabei geht es um den Verkauf eines Bordell-Hauses an der Herbertstraße. Laut Vertrag hat der Verein es im Jahr 2001 für rund 880 000 Euro verkauft, obwohl es gut 1,5 Millionen Euro wert gewesen sein soll.