Die Berichte des Hamburger Abendblatt, 19.07.2007

von Ulrich GASSDORF

Poggendorf kauft Sylt Wohnung aus Tierheim-Erbe

Hamburger Abendblatt , 19.07.2007 

Wenn Wolfgang Poggendorf auf dem Balkon seiner Wohnung im elften Stock von "Haus Metropol" sitzt, dann hört er das Rauschen der Nordseebrandung. Rechts kann er bis nach Kampen blicken, der nobelsten Adresse auf Deutschlands nobelster Insel. Am Strand, direkt vor ihm, liegen braun gebrannte Schönheiten, etwas weiter schaut der 70-Jährige auf die berühmte Konzertmuschel. Das "Metropol" ist eine der begehrtesten Adressen auf der gesamten Insel Sylt.

Wolfgang Poggendorf hat Glück gehabt, er konnte eine der gefragten Wohnungen kaufen. Verkäufer ist der Hamburger Tierschutzverein (HTV) - und Wolfgang Poggendorf dessen Vorsitzender. Er hat 111 000 Euro für das Appartement und 20 000 Euro für einen Tiefgaragenplatz bezahlt. Ein Nachbar hat eine fast identische Wohnung auf derselben Etage, die wird gerade für 290 000 Euro zum Kauf angeboten.

Offensichtlich hat Tierschützer Poggendorf einen sehr günstigen Preis bezahlt. "Für diese 34 Quadratmeter große Wohnung kann gut ein Kaufpreis von 240 000 Euro ohne Tiefgaragenplatz erzielt werden", sagt Makler Thorsten Eberle von Reinhold Riel Immobilien in Westerland. Riel Immobilien hat ihren Sitz im "Haus Metropol". Auch Makler Lars Axmann von König Immobilien Sylt versicherte gegenüber dem Abendblatt: "Ein Verkaufspreis von mindestens 220 000 Euro ist für solche Wohnungen realistisch. Die Lage ist einzigartig, dort werden Liebhaberpreise bezahlt." Poggendorf könnte demnach schnell rund 100 000 Euro Gewinn machen, wenn er die Wohnung wieder verkauft. Hat sich der Mercedesfahrer Poggendorf auf Kosten des HTV bereichert?

Poggendorf weist die Vorwürfe von sich: "Es ist alles völlig korrekt abgelaufen. Es gibt ein Wertgutachten, in dem der von mir bezahlte Kaufpreis ermittelt wurde." 

Die Wohnung sei in einem sehr schlechten Zustand, laut Poggendorf besteht ein Reparaturstau von rund 15 000 Euro.

Auf Fotos, die dem Abendblatt vorliegen, ist zu sehen, dass die Wohnung stark renovierungsbedürftig ist. Außerdem beharrt Poggendorf darauf, "dass die Wohnung nur circa 28 Quadratmeter groß ist." Dazu Makler Eberle: "Bei diesen Wohnungen wird der Balkon mit eingerechnet, deshalb kommt man auf 34 Quadratmeter." Die Immobilie hat sich Poggendorf als "Alterssitz" gekauft. "Ich werde die Wohnung nicht vermieten, sondern nur selber nutzen", so der HTV-Vorsitzende.
Doch eine Vermietung der Wohnung wäre sehr lukrativ: "Die meisten dieser Wohnungen werden als Ferienwohnungen vermietet und sind bis zu 300 Tage im Jahr ausgelastet", sagt Makler Eberle. In der Hauptsaison müssten die Urlauber hierfür bis zu 98 Euro pro Tag bezahlen.

Für Wolfgang Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, steht fest: "Dass Präsidiumsmitglieder oder Mitarbeiter des Deutschen Tierschutzbundes vererbte Immobilien kaufen, ist ausgeschlossen. Das verbietet sich aus ethischen Gründen von selbst."

Doch wie kam der Hamburger Tierschutzverein überhaupt zu der Immobilie? Die Wohnung auf der Insel Sylt hat Gerd Rasch, der im März diesen Jahres im Alter von 81 Jahren starb, dem HTV vermacht. Auch seine Hamburger Wohnung unweit der Elbchaussee vererbte Gerd Rasch dem HTV. Der Designer war ein großer Tierfreund, hatte bis zu seinem Tod einen Pudel. Dass der HTV Immobilien erbt, kommt häufiger vor. Diese werden dann entweder vermietet oder verkauft. Durch die Erbschaften dürfte der Verein jährlich Millionenerlöse erzielen, die dann eigentlich den Tieren zugute kommen sollen.

"Ich bin entsetzt, dass sich Herr Poggendorf die Wohnung auf Sylt unter den Nagel gerissen hat. Das wäre nicht in Gerds Sinne gewesen", sagt Renate Beckendorf.

Die Diplom-Sozialpädagogin aus Marienthal kannte den Tierfreund seit mehr als 30 Jahren: "Gerd war ein toller Mensch und sehr tierlieb." Das war wohl auch der Grund dafür, dass der Designer sein Vermögen dem Hamburger Tierschutzverein vermachte. "Das ist ja auch in Ordnung. Aber wie Herr Poggendorf mit mir umgegangen ist, war sehr verletzend." Nach dem Tod von Gerd Rasch meldete sich Beckendorf bei Poggendorf und bat darum, "persönliche Gegenstände wie Fotoalben" aus der Hamburger Wohnung holen zu dürfen. Zunächst sagte ihr Poggendorf zu. Doch dann wurde die Wohnung geräumt, ohne dass Beckendorf diese noch mal betreten konnte: "Als ich Herrn Poggendorf dann wieder angerufen habe, hat er mich am Telefon barsch abgewiesen." Poggendorf dazu: "Der HTV verschenkt keine Gegenstände aus Erbschaften."