Main-Post, 10.01.2016

Aus geheimer Sitzung geplaudert

MAIN-POST , 16.03.2004 
von Thomas FRITZ, Rainer STUMPF

Bürgermeister Franz Nagelstutz hat am Samstag bei einer öffentlichen Veranstaltung der CSU Zell aus nichtöffentlicher Sitzung geplaudert.

Das geht aus seiner Rede hervor, die der Redaktion vorliegt. Nagelstutz rechnete bei "Fisch und Politik" in der alten Turnhalle mit der dritten Bürgermeisterin und SPD-Gemeinderätin Malwine Kohl ab. Kohl hat vor kurzem den Fraktionsvorsitz der SPD-Wählergemeinschaft im Gemeinderat aufgegeben.
Der Bürgermeister wörtlich: "Frau Kohl ist keine Politikerin, die zusammenführt, sondern spaltet ihre Fraktion, ihre Partei und schließlich auch den Markt Zell." Dann kartete Nagelstutz nochmals den Kauf des ehemaligen Gasthauses "Rose" nach: "Es ist schon fast paradox, dass Frau Kohl dem Kauf der ,Rose' nicht zugestimmt hat . . ." Was Nagelstutz dabei nicht beachtet hatte: Dieser Beschluss ist in nichtöffentlicher Sitzung gefallen. Nach Auffassung eines Juristen des Landratsamtes Würzburg hätte Nagelstutz nicht in die Öffentlichkeit tragen dürfen, dass Frau Kohl gegen den "Rose"-Kauf gestimmt hat.

Der Bürgermeister habe damit einen Bruch der Geheimhaltungspflicht begangen. Der Jurist beruft sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach. "Es ist nicht der erste Fall, dass sich Nagelstutz als Bürgermeister offenbar nicht an Recht und Gesetz halten will", wie der neue Fraktionsvorsitzende der SPD-Wählergemeinschaft, Ralf Mahlmeister, sagt. Mahlmeister stellte jüngst im Gemeinderat fest, Nagelstutz sei für Zell nicht mehr tragbar.

Mahlmeister bezog sich auf das Beispiel mit der Zeller Putzfrauen-Affäre, die des Bürgermeisters Privatauto waschen musste: Nagelstutz hat dann im Fasching ganz offensichtlich gegen seine Fürsorgepflicht verstoßen und die Persönlichkeitsrechte der Zellerin verletzt. Dafür hat sich der Bürgermeister im Gemeinderat öffentlich entschuldigt. Der CSU-Ortsvorsitzende Dieter Schnarr, die stellvertretende Vorsitzende Anita Feuerbach, die auch zweite Bürgermeisterin von Zell ist, und Schriftführer Andreas Holler verteidigen indes das Verhalten von Nagelstutz: "Er hat durch sein Verhalten mit Sicherheit nicht dem Ansehen des Marktes Zell geschadet. Vielmehr schaden diejenigen dem Ansehen des Marktes, die Verwaltungsangelegenheiten an die Öffentlichkeit geben."

Die drei CSU-Funktionäre merken ferner an, "dass es einem Marktgemeinderat nicht zusteht, dem ersten Bürgermeister vorzuwerfen untragbar zu sein". Mitglieder der SPD wären gut beraten, "einer sachorientierten Arbeit den Vorrang zu geben , zum Wohle des Marktes Zell". Bürgermeister Nagelstutz sagt , er habe den nichtöffentlichen Beschluss, die "Rose" zu kaufen, in der jüngsten Gemeinderatssitzung bekannt gegeben. Damit sei die Sache für ihn kein Geheimnis mehr. Folglich sei es auch kein Verstoß gegen das Kommunalrecht, das Abstimmungsverhalten der Gemeinderätin mitzuteilen.
Zweite Bürgermeisterin Feuerbach meint zu den neuerlichen Vorwürfen gegen Nagelstutz: Ihr sei nicht bewusst gewesen, dass der erste Bürgermeister etwas falsch gemacht haben könnte. "Wenn dem so gewesen wäre, dann war es ein Fehler."