Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 23.10.2008

von Matthias THIEME

Akte Unicef geschlossen

Die Kölner Staatsanwaltschaft hat ihre Ermittlungen zur Spendenaffäre beim Kinderhilfswerk Unicef eingestellt. Gegen den mittlerweile zurückgetretenen Geschäftsführer des Kinderhilfswerks, Dietrich Garlichs, war wegen des Anfangsverdachts der Untreue ermittelt worden. Das Verfahren sei nun "mangels hinreichenden Tatverdachts" eingestellt worden, sagte Oberstaatsanwalt Günther Feld.

Berichte der Frankfurter Rundschau über hohe Provisionszahlungen an professionelle Spendenwerber, undurchsichtige Geschäfte und Ämterverquickung hatten den Geschäftsführer der deutschen Unicef-Sektion ab November 2007 in Erklärungsnöte gebracht. Vor allem das Bekanntwerden von hohen Provisionszahlungen stürzte das Kinderhilfswerk mitten in der einträglichen Vorweihnachtszeit in eine tiefe Krise.
Ehrenamtliche Mitarbeiter reagierten entsetzt auf die intransparenten Zahlungsvorgänge aus Spendengeld. So wurde bekannt, dass ein Berater 260 000 Euro erhielt, ein anderer 191 000 Euro bekam und eine Hessische Consultingfirma sogar 1,3 Millionen Euro für fragwürdige Leistungen verdiente. Auch ein Umbau der Zentrale des Kinderhilfswerks in Köln mit Kosten von rund 800 000 Euro geriet in die Kritik.

Im Verlauf der Affäre trat zuerst die ehrenamtliche Vorsitzende des Kinderhilfswerks, Heide Simonis, zurück. Anschließend räumten Geschäftsführer Dietrich Garlichs und alle Vorstandsmitglieder ihre Posten. Die Spendenbranche verabschiedete neue Regeln für mehr Transparenz.

"Es war richtig, dass Garlichs zurückgetreten ist", sagte Unicef-Komitee-Mitglied Edith von Welser-Ude. "Sein Krisenmanagement war zu stümperhaft." Sie freue sich jetzt, dass der neue Vorstand die nötige Transparenz bei Unicef herstelle und das Kinderhilfswerk Vertrauen zurückgewinne. "Unicef hat sich neue Regeln gegeben", sagte Welser-Ude, "das wollten wir erreichen."

Der schwärzeste Tag in der Affäre war der 20. Februar, als das deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI) dem Kinderhilfswerk das begehrte Spendensiegel entzog. Begründung: Unicef habe seit 2005 gegenüber den Prüfern des Instituts "wahrheitswidrig behauptet, keine Provisionen für die Vermittlung von Spenden zu bezahlen". Damit habe die Organisation nicht nur "gegen die in den Spendensiegel-Leitlinien verankerte Darlegungspflicht verstoßen", sondern auch "zur Verschleierung der tatsächlichen Sachverhalte" beigetragen.

Vor allem "mit einer Provisionszahlung von 30 000 Euro ohne nachvollziehbare Gegenleistung", die von der FR publik gemacht worden war, habe Unicef "gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen", so die harsche Kritik des Instituts. Das Kinderhilfswerk habe nicht belegen können, "dass zwischen dieser Vergütung und dem Zustandekommen der Spende ein sachlicher Zusammenhang besteht".
Strafrechtliche Konsequenzen wird dies alles nun nicht mehr haben. Garlichs’ Verteidiger Christian Richter sagte zur Einstellung der Ermittlungen: "Das kommt einem Freispruch gleich."