Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 04.03.2008

von Jörg SCHINDLER

Der Bundestag lädt Unicef vor

Die Kölner Staatsanwaltschaft ermittelt weiter gegen den ehemaligen Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs. Meldungen, wonach die Ermittlungen in Kürze eingestellt würden, könne er derzeit nicht bestätigen, sagte ein Sprecher am Montag. Nach wie vor bestehe gegen Garlichs der Verdacht auf Untreue.

Garlichs hatte das Kinderhilfswerk aufgrund seines merkwürdigen Geschäftsgebarens, zu dem auch horrende Honorarzahlungen aus Spendenmitteln gehörten, in Verruf gebracht. Er war im Februar zurückgetreten.

Die Affäre ist damit keineswegs beendet: Am Mittwoch will sich der Entwicklungsausschuss des Bundestags mit dem Fall Unicef und dessen Auswirkungen auf den Spendenmarkt befassen. Im Zentrum steht dabei auch das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen (DZI), das die nach eigenen Angaben "gravierenden Leitungs-, Aufsichts- und Managementmängel" bei Unicef über Jahre nicht bemerkt hatte und dem Hilfswerk erst Monate nach Bekanntwerden der Affäre das Spendensiegel entzog. Das DZI wird unter anderem von drei Bundesministerien finanziert. Die Sitzung im Bundestag findet auf Bitten von Unicef und DZI unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Der Ausschussvorsitzende Thilo Hoppe (Grüne) sagte der FR, man werde DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke "einige kritische Fragen" stellen. Er wolle schon wissen, ob das gesamte Zertifizierungssystem solche Pannen begünstige. Auch werde der Ausschuss die Frage erörtern, wieso das DZI für die Verleihung des Spendensiegels von Hilfsorganisationen Geld verlange. Es sei zu klären, ob das in der deutschen Öffentlichkeit so hoch geschätzte Siegel tatsächlich "zuverlässig Auskunft über die Qualität von Organisationen" gibt, so Hoppe.

Das DZI verlangt für die Verleihung des Siegels bis zu 10 000 Euro. Kleinere Initiativen können sich das Zeichen daher gar nicht leisten. Größere wie Unicef tragen maßgeblich zur Finanzierung des Instituts bei. Der Verein Deutsche Lebensbrücke monierte jüngst, das öffentlich geförderte DZI verschleudere Steuergeld "und macht den Leuten etwas vor".

Im Bundestagsausschuss sollte nach Ansicht der Linken-Abgeordneten Monika Knoche aber auch die Rolle von Unicef noch einmal beleuchtet werde. Ein neuer Vorstand allein sei keine Lösung, sagte Knoche. Viel wichtiger sei, dass das Hilfswerk auch eine neue Satzung und eine neue Rechtskonstruktion erhalte. Die alte garantiere derzeit, dass das Geschäftsgebaren von Unicef undurchsichtig bleibe. Knoche verlangte, die Bundesregierung müsse international Druck ausüben, um weitere Mauscheleien bei der UN-Tochter künftig auszuschließen.