Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 14.12.2007

von Matthias THIEME

Geschäft unter Freunden

Der 23. Februar 2006 muss ein besonderer Tag gewesen sein für den Chef von Unicef Deutschland, Dietrich Garlichs. Lange hatte Unicef mit Firmen über ein neues Computersystem verhandelt. Millionen von Adressen potenzieller Spender sollten mit dem Programm künftig besser genutzt werden. Die Firma Dastani Consulting in Gießen erhielt den Zuschlag für den lukrativen Auftrag. Jetzt ermittelt die Staatsanwaltschaft Köln auch in diesem Fall gegen Unicef.

Für die Konzeption, Programmierung und Einführung des Computersystems hatte Dastani 443 Arbeitstage veranschlagt. Pro Tag verlangte die Firma 1040 Euro. Vereinbart wurde ein Pauschalpreis von 460 780 Euro ohne Mehrwertsteuer. Unterschrieben ist der Vertrag von der Unicef-Bereichsleiterin Mittelbeschaffung, Sabine W. Besonders pikant: Laut FR-Recherchen wurde die Unicef-Angestellte W. bis November 2007 auch auf einer Dastani Website als Mitarbeiterin und sogar als Betreiberin einer Dastani-Niederlassung in Düsseldorf genannt. Sie sei bei Dastani "für den Bereich Business Development und Akquisition zuständig", hieß es dort.

Vor Weihnachten keine Kritik

War die Person, die für Unicef den Auftrag vergab, gleichzeitig Mitarbeiterin der Firma, die den Zuschlag erhielt? Geschäftsführer Parsis Dastani sagt, Frau W. sei lediglich von Oktober 2002 bis Juli 2003 als freie Mitarbeiterin tätig gewesen. Es bestehe keine persönliche Beziehung. Der Kontakt zu Unicef sei zustande gekommen, weil Frau W. eine spezielle EDV-Lösung gesucht habe. Die Internetseiten seien 2002 erstellt worden. "Sie standen versehentlich im Netz, obwohl sie schon lange nicht mehr gültig waren", so Dastani. Frau W. war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen, Unicef gibt zu dem Fall keine weitere Erklärung ab. Vor Weihnachten, hieß es aus Kreisen der Organisation, wolle man keine kritische Berichterstattung mehr.

Intern beruhigt Unicef-Geschäftsführer Garlichs das Komitee mit einem Rundschreiben. "Allmählich scheint die Kampagne der Frankfurter Rundschau abzuebben", so der umstrittene Chef. Für die Basis gibt es Durchhalteparolen von Sabine Christiansen und Joachim Fuchsberger: "Anonym, und daher fragwürdig" seien die Vorwürfe, schreiben sie.

Dabei mehren sich die Stimmen, die dem Kinderhilfswerk schlechte Noten in Sachen Transparenz erteilen. Im Unicef-Jahresbericht gebe es keine Gewinn- und Verlustrechnung, eine Bilanz fehle, und die Verwaltungskosten seien nur unzureichend ausgewiesen, kritisiert etwa Lothar Schruff, Professor für Rechnungsprüfung an der Uni Göttingen: "Andere Spendenorganisationen haben eine deutlich bessere Berichterstattung." Bei der Welthungerhilfe etwa müssen alle Aufträge über 30 000 Euro international ausgeschrieben werden, sagt Sprecherin Simone Pott. Jede Vergabe werde schriftlich dokumentiert.

Auch die Organisationsstruktur von Unicef ruft bei Fachleuten Stirnrunzeln hervor. Laut Satzung kontrolliert der Vorstand den Geschäftsführer. Geschäftsführer Garlichs ist aber auch Mitglied des Vorstandes. "Damit entsteht eine Funktionskollision, da der zu Beaufsichtigende zugleich dem Organ angehört, welches ihn kontrollieren soll", kritisiert Rainer Rösl, der für die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Curacon seit 15 Jahren gemeinnützige Organisationen unter die Lupe nimmt.

Unicef-Chef Garlichs sieht das anders. Für ihn sei die öffentliche Kritik nur "polemisch", schreibt er seinen Mitarbeitern und dankt herzlich "für Ihre Loyalität".