Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 22.04.2008

von Matthias THIEME

Portrait - Vertraut mit heiklen Lagen

Ein Mann für schwierige Aufgaben – den Ruf hat Wolfgang Riotte bereits. Als Staatssekretär der nordrhein-westfälischen Landesregierung klärte der Verwaltungsspezialist früher manch brenzlige Situation. Jetzt will der 69-jährige Jurist als Übergangsgeschäftsführer von Unicef das Vertrauen der Spender zurückgewinnen. Hartnäckigkeit und Beharrungsvermögen gelten als seine markantesten Eigenschaften. Bis November will er helfen, den dramatischen Verlust an Spenden zu stoppen und das Kinderhilfswerk zu reformieren. Danach soll ein Experte mit "mehr Erfahrung aus dem internationalen Bereich" das Ruder bei Unicef übernehmen.

Jetzt will Riotte erst mal die Unicef-Satzung umkrempeln und eine neue Geschäftsordnung einführen. "Die Machtbefugnisse des Geschäftsführers werden eingeschränkt", sagt er. Dieser werde künftig nicht mehr Mitglied des Vorstands sein. Mehr interne Kontrolle will Riotte mit strengeren Regeln bei Auftragsvergaben erreichen. Ein Team aus Unternehmen soll Unicef bei der Reform kostenlos unterstützen. Riotte will gegenüber Mitarbeitern und Ehrenamtlichen einen kommunikativen Führungsstil pflegen. Mehr Offenheit bedeute "aber nicht, dass ich endlos diskutieren will".

Beim Vorstand habe er "einen sehr guten Eindruck hinterlassen", sagt Ekin Deligöz, Bundestagsabgeordnete der Grünen. Unicef brauche jetzt "Bodenfestigkeit" und Riotte sei geeignet, die Erneuerung einzuleiten, da er sich "sehr gut mit Satzungen und Strukturen auskennt".
Von seinen politischen Weggefährten wird Riotte als integer und fair gelobt. Der "geborene Ministerialbeamte" habe große Autorität ausgestrahlt. Er soll sämtliche Vorschriften und Erlasse auswendig gewusst haben. Die Bürokratie habe es ihm angetan. Staatssekretär im Düsseldorfer Innenministerium war er von 1987 bis 2003. Ein Höhepunkt seiner Karriere war die Leitung des Büros des früheren Ministerpräsidenten Johannes Rau (SPD). Wenn es heikel wurde, musste oft Riotte ran. So führte er bei der Polizei eine neue Strategie im Umgang mit "schwarzen Blöcken" bei Demonstrationen ein . "Die sollten intelligenter und toleranter vorgehen und nicht gleich den Kampfanzug anziehen", sagt er. Zu seinen Erfolgen zählt auch die Koordination der Aufnahme Hunderttausender bosnischer Flüchtlinge im Jugoslawienkrieg.

Riotte, Vater dreier Kinder, war lange Zeit die graue Eminenz im wichtigsten Ministerium. Rechte und linke Lager in der SPD hätten ihn nie interessiert, sagt ein Parteifunktionär. Sein Steckenpferd war die Verwaltungsreform. "Aber er hatte immer einen guten Stil und ist in harten Auseinandersetzungen ruhig geblieben."