Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 29.10.2008

von Matthias THIEME

Top-Juristin wechselt zu Unicef

Sie ist eine der wenigen Frauen, die man in Deutschland als Top-Managerinnen bezeichnen kann, und bald wird sie Unicef-Deutschland leiten: Regine Stachelhaus, bislang beim Unternehmen Hewlett Packard für das Geschäft mit Druckern und Kameras zuständig, wechselt zum Kinderhilfswerk. Sie wird die Nachfolgerin des umstrittenen Geschäftsführers Dietrich Garlichs, der im Februar wegen Schlampereien mit Spendengeld zurückgetreten war.

Mit Stachelhaus holt sich Unicef eine Frau an die Spitze, die in der Geschäftswelt hohes Ansehen genießt. Die Tochter des ehemaligen Böblinger Oberbürgermeisters hatte sich bei Hewlett Packard von der Ferienaushilfe zur Geschäftsführerin hochgearbeitet und dabei auch die Rollenklischees kräftig durcheinandergebracht: Ihr Mann Willi kocht, putzt und bügelt zu Hause seit vielen Jahren. Während Regine Stachelhaus im Jahresrhythmus die Karriereleiter emporstieg, den Absatz ihrer Firma steigerte und es als einzige Frau ins Management des Unternehmens schaffte, zog ihr Mann den gemeinsamen Sohn Moritz groß und die Nachbarn im beschaulichen Süddeutschland mussten sich an den freiheitsliebenden Hausmann gewöhnen, der gerne mit langen Haaren auf alten Motorrädern durch den Ort knatterte. Während Regine Stachelhaus zur Managerin des Jahres gewählt wurde, rockte ihr Gatte eben im Keller mit seinen Gitarren und Sohnemann vor Jimmi-Hendrix-Postern ab.

Etwas von diesem Geist hat Regine Stachelhaus auch in ihre Welt getragen: Die Einrichtung einer Betriebskita bei Hewlett Packard wurde einfach mit den Frauen der Vorstände abgesprochen und den Herren dann bei der Präsentation der Kita-Pläne ein essbarer Schnuller serviert.

Ansonsten kann die 53-Jährige aber auch stundenlang über Druckerpatronen und die Finessen der Tintenstrahl-Düsen dozieren – den Geschäftszweig den sie in dem 7500 Mitarbeiter starken Unternehmen verstanden hat wie niemand anderes. Protzige Büros und Vorzimmer lehnt Stachelhaus ab. Sie steht eher für einen kommunikativen Führungsstil und findet es wunderbar, wenn Vorgesetzte entspannt mit ihren Schwächen umgehen können, sagte sie einmal. Wenn alles nichts helfe, könne sie aber durchaus auch "männlich auf den Tisch hauen". Die Unicef-Mitarbeiter dürften gespannt sein auf ihre neue Spitzenfrau.