Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 05.02.2008

von Matthias THIEME

Unicef-Basis macht Druck

Im Unicef-Skandal wächst der Druck auf die Führungsriege des Kinderhilfswerks. Edith von Welser-Ude, Mitglied des deutschen Komitees für Unicef, verlangt vom Vorstand des Kinderhilfswerks die sofortige Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung. Der Vorstand dürfe mit seiner "Wagenburgmentalität und Beschwichtigungsstrategie" nicht weitermachen, sondern müsse sofort eine außerordentliche Mitgliederversammlung einberufen, schreibt die Frau des Münchner Oberbürgermeisters in einem Brief an den komissarischen Unicef-Vorsitzenden Reinhard Schlagintweit, der der FR vorliegt.

"Sollte bis Samstag, 9. Februar, keine entsprechende Einladung des Vorstands vorliegen", heißt es in dem Brief, "sähe ich mich gezwungen, mich an alle Mitglieder direkt zu wenden und die notwendigen Stimmen gemäß Paragraph 7 Absatz 6 der Satzung zu sammeln." Welser-Ude müsste ein Drittel der Mitglieder gewinnen.

Der umstrittene Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs hat sich über die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft KPMG beschwert, die er zuvor selbst mit der Prüfung der Vorwürfe gegen ihn beauftragt hatte. Das geht aus einem internen Schreiben hervor, das der FR zugespielt wurde. "Teilweise sind die von KPMG angemerkten Verstöße wirklichkeitsfremd, auch wenn sie formal richtig sind", kritisiert der Unicef-Geschäftsführer in dem Schreiben vom 25. Januar. Garlichs ärgert sich in dem Brief über die Kritik der Prüfer daran, dass Unicef oft nur per E-Mail Aufträge vergeben habe. "Dies ist nach Auffassung der KPMG keine schriftlich getroffene Vereinbarung", beschwert sich Garlichs. Man habe mit KPMG "keine Gelegenheit" gehabt, "diese Ergebnisse zu diskutieren". "Ich bin überzeugt, wir hätten bei der KPMG dann ein wenig mehr Realitätssinn wecken können", schreibt der Unicef-Chef.

An Rücktritt denkt Unicef-Geschäftsführer Garlichs offenbar nicht. Weiter lässt er verbreiten, die Vorwürfe seien geklärt oder nicht so gravierend. Auch der frühere Vorsitzende Reinhard Schlagintweit, der nach Heide Simonis’ Rücktritt wieder im Amt ist, stärkt seinem Freund Garlichs den Rücken. Wie lange der Schulterschluss noch hält, ist fraglich. Aus Sicht des Cap-Anamur-Gründers Rupert Neudeck muss Unicef grundlegend reformiert werden. Derweil bekräftigen Unicef-Mitarbeiter die Forderung nach einem Rücktritt Garlichs’. Klaus Hoppe von der Arbeitsgruppe Frankfurt schreibt in einem offenen Brief: "Machen Sie den Weg frei für die notwendigen Veränderungen – treten Sie zurück!"