Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 09.02.2008

von Matthias THIEME

Unicef-Chef gibt auf

Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs gibt sein Amt auf. "Für den Vertrauensschaden, der in den vergangenen Wochen entstanden ist, übernehme ich die Verantwortung", schreibt Garlichs in einer persönlichen Erklärung. "Ich entschuldige mich bei allen, die unter der öffentlichen Diskussion zu Unrecht gelitten haben." Damit will Garlichs Unicef einen Neuanfang ermöglichen.

Der Rücktritt des Geschäftsführers erfolgte nach FR-Informationen nach einem Besuch von KPMG-Vertretern in der Kölner-Unicef Zentrale. Die Wirtschaftsprüfer sollten Garlichs am Freitag eigentlich ihre Verbesserungsvorschläge für das Unicef-Management vorstellen, hatten nach FR-Recherchen jedoch weiterhin Kritik an der Unicef-Interpretation ihres Berichts. Zudem soll die Genfer Zentrale sich mit dem ehemaligen Lidl-Chef Stefan Rohrer in Verbindung gesetzt haben, der sich von Garlichs bei der Vermittlung einer Großspende getäuscht fühlt. Unicef-Genf habe danach mit Garlichs gesprochen, erfuhr die FR von Insidern.

Mitarbeiter der Kölner Unicef-Zentrale hatten sich zuvor mit einem Schreiben an die FR gewandt. "Die absolut überwiegende Mehrheit der Mitarbeiter war völlig geschockt, als Frau Simonis am Samstag zurückgetreten ist", heißt es dort. "Besonders aufgeregt hat uns die verlogene Pressekonferenz unserer Führungsriege am Mittwoch in Berlin. Da fliegt ein ganzer Tross in die Hauptstadt, um nichts anderes zu tun, als Herrn Garlichs zu decken und Frau Simonis zu denunzieren."

In der Kölner Unicef-Zentrale ist seit dem Rücktritt von Simonis eine Flut von Kündigungen eingegangen. Allein gestern sollen es nach FR-Informationen 2000 Protestschreiben gewesen sein. Auch große Unternehmen, die mit Unicef zusammenarbeiten, zeigten sich besorgt über die intransparenten Geschäftspraktiken. Wichtige Sponsoren forderten personelle Konsequenzen.

Angesichts der Unregelmäßigkeiten bei Unicef, die die Frankfurter Rundschau Ende November öffentlich gemacht hatte, überlegt sich nun die Bundesregierung, die Regelungen zur Transparenz von Spendenorganisationen zu überprüfen. Nach der vollständigen Aufklärung des Unicef-Falls "wird entschieden, ob es gesetzlicher Änderungen bedarf", sagte ein Sprecher von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) der FR.
Bei den Mitarbeitern herrscht nach Garlichs Rücktritt überwiegend Erleichterung und Freude. "Uns war allen klar, dass, wenn Garlichs geblieben wäre, hier im Haus Köpfe gerollt wären", heißt es.
> Seiten 2/3, 11