Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 15.12.2007

von Matthias THIEME

Vorgegebene Antworten auf heikle Fragen

Um die rund 8000 ehrenamtlichen Spendensammler in der Vorweihnachtszeit gegen mögliche Kritik zu wappnen, hat Unicef ein "internes Arbeitspapier" verteilt. Das Papier soll den 130 Arbeitsgruppen in Deutschland als Argumentationshilfe im Gespräch mit Spendern dienen, die Vorwürfe gegen die deutsche Sektion des Kinderhilfswerks ansprechen.

Aufgelistet sind denkbare Fragen und erwünschte Antworten. So sollen die Ehrenamtler etwa auf die Frage "Wie hoch ist die Vergütung der Vorstandsmitglieder?" antworten: "Die Vorstandsmitglieder arbeiten ehrenamtlich und erhalten keine Vergütung." Sollte ein potenzieller Spender weiter fragen, warum der gut verdienende Unicef-Geschäftsführer Dietrich Garlichs gleichzeitig auch Mitglied des Vorstands ist, wird ihm erklärt, dass diese Regelung "bewusst so gewählt" sei, "damit der Geschäftsführer den Vorstand unmittelbar (...) über alle wichtigen Vorgänge informiert".

Unmut über "Bevormundung"

An der Basis wächst der Unmut über das, was als Bevormundung aus Köln empfunden wird. Namentlich will niemand mit Kritik zitiert werden, sprechen wollen viele. "Wir Ehrenamtler fühlen uns ausgenutzt", sagt einer, der seit vielen Jahren für Unicef sammelt. Den örtlichen Unicef-Laden habe man vom Teppich bis zum Computer auf eigene Kosten ausgestattet. Auch Kaffee und Toilettenpapier kaufe man selbst, um die Kosten gering zu halten.

"Wir holen die Spenden rein, laufen dafür viel herum und haben kein Verständnis für hohe Beraterverträge", sagt ein Mitarbeiter. Der Umgang mit Spenden in Köln sei vielen suspekt, heißt es aus einer anderen Gruppe. An den Unicef-Ständen auf Weihnachtsmärkten würden kritische Fragen gestellt, die Spendenbereitschaft sinke: "Es gab enorme Einbrüche." Der Pressesprecher von Unicef Deutschland, Rudi Tarneden, räumte ein, dass man hohe Spendenrückgänge befürchte.

Besonders in Heilbronn, Unicef-Partnerstadt in den Jahren 2005 und 2006, ist die Stimmung bei den ehrenamtlichen Spendensammlern im Keller, seit bekannt wurde, dass Unicef 191 500 Euro Honorar an den Berater Victor L. zahlte. Jetzt verlangt auch der parteilose Heilbronner Oberbürgermeister Helmut Himmelsbach Aufklärung vom Kinderhilfswerk. Rund 1,5 Millionen Euro hat seine Stadt in den Jahren der Unicef-Partnerschaft gesammelt.

Ob wirklich alles bei bedürftigen Kindern angekommen ist, wollen die Bürger der Stadt jetzt wissen. "Dass es eine Beratungsfirma gegeben hat, war uns nicht bekannt", sagt OB-Sprecher Christian Britzke. "Herr L. ist immer im Namen von Unicef aufgetreten und war für die Stadt der Ansprechpartner." "Auf unsere gute Aktion fällt möglicherweise ein Schatten", so der Sprecher.