Die Berichte der Frankfurter Rundschau, 12.04.2008

von Matthias THIEME

"Wir werden alle Zahlen offenlegen"

Herr Heraeus, was packen Sie als neuer Unicef-Vorstandsvorsitzender als Erstes an?
Als Erstes haben wir neue Ämter verteilt. Ich habe zwei Stellvertreterinnen Linsenhoff und Welser sowie eine Schatzmeisterin Lütkes. Das sind neue Personen, die nicht aus der Vergangenheit kommen. Wir werden eine neue Satzung erarbeiten. Wir werden eine Trennung zwischen Vorstand und Geschäftsführung machen, damit nicht aus dem Vorstand heraus die Geschäfte geführt werden. Wir haben den Geschäftsführer noch nicht, werden ihn aber verstärkt suchen und vielleicht mit einem Interimsgeschäftsführer die Zwischenzeit überbrücken. Wir werden eine ordentliche Geschäftsordnung machen und in der Kommunikation schauen, dass wir die Dinge auf neue Beine stellen durch Transparenz und Veröffentlichung des Jahresabschlusses.

Was muss bei Unicef anders werden?
Wir sind ja nicht schlecht aufgestellt. Wie so manche Wohltätigkeitsorganisation hat man der Rechnungslegung und der Veröffentlichung des Zahlenwerkes nicht genügend Bedeutung beigemessen. Vielleicht wurde auch gemeint, dass hat keinen zu interessieren. Das muss man neu strukturieren und das fällt mir natürlich nicht so schwer, weil ich aus der Unternehmenslandschaft komme.

Wie lautet Ihre Botschaft an die Spender?
Dass auch ich festgestellt habe: Es gab keine Veruntreuungen und keine persönliche Bereicherung. Das ist eine ganz wichtige Sache. Es sind sicher starke Verbesserungen nötig bei der Auswertung der Zahlen. Die sind alle da, aber nie so in einem Geschäftsbericht dargelegt worden, wie man das eigentlich macht: mit einer Gewinn- und Verlustrechnung oder einer Kostenaufstellung. Das wurde alles nicht so sehr genau genommen. Vor allem auch das Vertragswesen. Es wurden etwa freihändig Aufträge vergeben. Es gab keine Geschäftsordnung für zustimmungsbedürftige Geschäfte, wie ich mir das künftig vorstelle. Alles das zu verbessern, wird dazu dienen, das Vertrauen der vielen kleinen Spender zurückzugewinnen und das Image dahin zu bringen, wo es einmal war. Ich möchte auch Gespräche führen mit den großen Spendern, damit die das Vertrauen auch wieder haben. Ich denke, das wird uns auch gelingen.

Werden Sie strenger hinschauen?
Ja, professionell. So wie es eigentlich üblich ist. Da war man hier etwas sorglos. Als Unicef kleiner war, war das vielleicht nicht so wichtig, aber mit 90 Millionen Euro Spendeneinnahmen ist das ja schon ein mittelgroßes Unternehmen. Da muss alles sorgfältig dokumentiert werden.

Was können Sie den vielen ehrenamtlichen Mitarbeitern sagen?
Die Botschaft des Tages ist, dass sie alle Unterstützung von dem neuen Vorstand haben. Dass wir ihnen alle Zahlen offenlegen und sie Vertrauen haben sollen. Dass wir ihre Arbeit anerkennen und alles tun werden, um zwischen der Zentrale und dem Heer der Mitarbeiter draußen zu vermitteln.

Sie haben viele Ämter – reicht die Zeit für Unicef?
Das schaffe ich schon. Sonst hätte ich mich nicht wählen lassen. Ich werde auch einiges andere abgeben.