Swen ENNULLAT: Chronologie eines Whistleblowers

1997

Die kleine Stadt Königs Wusterhausen – im Umgangston als „KW“ bekannt und südöstlich von Berlin gelegen und mit der S-Bahn von hier aus bequem erreichbar, will sich mit ihren rund 17.000 Einwohnern entwickeln – u.a. als Wohngemeinde für hauptstadtgestresste Bürger, die es ins Grüne und/oder in ruhigere Gefilde zieht. So kommt auch ein Vertrag der Stadt KW mit dem Humanistischen Regionalverband Ostbrandenburg e.v. (HRO) zustande, nach dem die Kita „Knirpsenstadt“, die es schon zu DDR-Zeiten gab, von der Stadt als freier Träger anerkannt wird. Bedeutet: Die Stadt KW und der Landkreis Dahme-Spreewald finanzieren die Kindertagesstätte mit ihren rund 200 Kita-Plätzen zu fast an die 100%: alle Mitarbeiter, die Infrastruktur und alle anderen Kosten. Die Eigenbeiträge der Eltern machen – wie andernorts auch – nur einen sehr geringen Anteil an der Finanzierung aus.

Dass die Trägerschaft zustande kommt, ist vor allem das Verdienst eines gelernten und langjährig anerkannten Pädagogen, der auch das ebenfalls vom HRO betriebene Jugendfreizeithaus betreut: Günter DAVID.  Langjährig schon deshalb, weil DAVID bereits zu Zeiten der „Deutschen Demokratischen Republik“ als „Pädagoge“ arbeitete – z.B. in seiner Funktion als Mitglied der FDJ-Kreisleitung (FDJ = Freie Deutsche Jugend). Selbstverständlich war DAVID in dieser Funktion auch Mitglied jener Partei, die in der „Deutschen Demokratischen Republik“ das absolute Sagen hatte: der SED. Jetzt, wo der „demokratische“ Spuk vorüber ist, besitzt DAVID erneut ein Parteibuch – (auch diesesmal) jener Partei, die seit der Wende 1989 im Land Brandenburg das Sagen hat: ein Parteibuch der SPD


2002 + 2003

Der im Rathaus von KW zuständigen Sachbearbeiterin, Petra-Lieselotte BRUNNE, fallen Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung des HRO für den Bereich der Kita „Knirpenstadt“ auf – die Elternbeiträge, die der HRO erheben muss,  erscheinen als zu gering. Auch der späteren Stellvertreterin des Personalrats in  der Stadtverwaltung, die in derselben Abteilung wie BRUNNE arbeitet, entgeht dies nicht.

Weil keine konkreten Zahlen zur Eigenfinanzierung der Kita vorgelegt werden, andererseits dem Gesetz zur Finanzierung der Kindertagesstätten (KitaG) Genüge getan werden muss, schätzt BRUNNE die Einnahmen für das abgelaufene Jahr 2001 auf der Grundlage der Vorjahreseinnahmen. Diese Zahlen sind wichtig, weil sich nur dann das große Defizit errechnen lässt, für das die Stadt mit etwa 16% und der Landkreis Dahme-Spreewald mit ca. 84% finanziell gerade stehen muss.

HRO-Chef Günter DAVID ist damit nicht einverstanden – er legt gegen die Schätzung Widerspruch ein. Allerdings ohne konkrete Zahlen vorzulegen.

Weil DAVID widerspricht, wird er nun von BRUNNE aufgefordert, konkrete Zahlen vorzulegen, konkret die Höhe der Elterbeiträge nachzuweisen. Fallen die nämlich zu gering aus als das, was gefordert werden darf, müssen Stadt und Landkreis mit entsprechend mehr öffentlichen Mitteln das jetzt höhere Defizit der Kita ausgleichen. Auf 79.000 DM bzw. umgerechnet rd. 40.000 Euro summieren sich die dadurch zusätzlichen Ausgaben von KW für die Kita „Knirpsenstadt“.

Doch konkrete Zahlen liefert DAVID nicht – er hebt dafür den Satz der Elterbeiträge  ein klein wenig an. Ob er den dafür gesetzlich  vorgesehenen Rahmen ausschöpft, kann die Stadt KW nicht kontrollieren. So kommt es im Jahr 2003 zu einem Gespräch zwischen dem amtierenden Bürgermeister Stefan LUDWIG (PDS, inzwischen Die LINKE) und dem Vorstandsvorsitzenden des brandenburgischen HRO, Frank LEHMANN, im Rathaus. Ergebnis: Es bleibt alles beim Alten. Bzw. wie gehabt. Der HRO muss keine genauen Zahlen vorlegen.

Über das ‚Gespräch‘ gibt es keine Aufzeichnungen. Und auch DAVID will heute (2015) darüber nicht reden.

Sicher ist nur: Politisch-mental gesehen sind sich die beiden Gesprächsteilnehmer, DAVID und LUDWIG, ‚grün‘ – beide haben einen ‚roten‘ Hintergrund aus Zeiten der untergegangenen DDR. LUDWIG, Jahrgang 1967, hat bis 1989 (sozialistisches) Wirtschaftrecht studiert. DAVID, Jahrgang 1953, zählte als Mitglied der FDJ-Kreisleitung zur regionalen Kader-Elite. Zudem war er für das Ministerium für Sicherheit (MfS) - im Volksmund: die „Stasi“ - tätig, weswegen er nach der „Wende“ aus dem öffentlichen Dienst entfernt wurde. So war es einstmals.

Nun sind beide politisch dominant: auf kommunaler Ebene und im Kreistag. Nur im Landtag gehen SPD und PDS (heute: LINKE) meistens verschiedene Wege – dort regieren SPD und CDU. Und so sehen die Wahlergebnisse im Oktober 2003 aus:

Neben der politischen Dimension muss Bürgermeister LUDWIG tendenziell auch privat an einem guten Auskommen miteinander interessiert sein: Seine Kinder werden in der „Knirpsenstadt“ betreut. Umgekehrt lädt DAVID Bürgermeister LUDWIG regelmäßig ein: zu den diversen Festivitäten des HRO, bei denen es gutes Essen gibt und Alkohol in ausreichender Menge zur Verfügung steht


2004

Auch bei der Landtagswahl ein Jahr später bleibt die SPD mit 33 von 88 Sitzen stärkste Kraft, dicht gefolgt von der PDS mit 29 Mandaten, danach die CDU mit 20 Abgeordneten. Ministerpräsident Matthias PLATZECK (SPD) führt weiterhin die Landesregierung auf der Basis einer rot-schwarzen Koalition:


2008 + 2009

Und auch bei den nächsten Wahlen fünf Jahre danach bleibt die SPD nach knapp 20 Jahren stärkste Kraft – so wie sich in Bayern die CSU flächendeckend breitgemacht und politisch festgesetzt hat. Die Stadtverordnetenversammlung (SVV) von KW wird ebenso von der rot-roten Mehrheit majorisiert wie der Kreistag. Und nicht anders bei der erneuten Landtagswahl ein Jahr später 2009: Dort wird die SPD mit 31 Sitzen stärkste Fraktion, dicht gefolgt von der LINKEN (vormals: PDS) mit 26 Sitzen. Beide zusammenstellen jetzt erstmals auch die neue Landesregierung.

Mit der Landtagswahl muss in KW allerdings ein neuer Bürgermeister gewählt werden: Stefan LUDWIG tritt ab, weil er jetzt nach 7 Amtsjahren in den brandenburgischen Landtag eingezogen ist. Sein Nachfolger in KW: Lutz FRANZKE, SPD, bis dahin Vorsitzender der Stadtverordnetenversammlung (SVV) im Rathaus von Königs Wusterhausen.

KW hat sich derweil entwickelt: durch mehrere Eingemeindungen ist die Einwohnerzahl von 17.000 auf über 34.000 hochgeschnellt und übt nun auch regional die Funktion eines sogenannten Mittelzentrums auf


2010

Längst hat sich der HRO daran gewöhnt, nicht wirklich kontrolliert zu werden, was die Finanzen anbelangt. Damit es nach außen besser aussieht, ist ein Revisor für den HRO aktiv: Herr MAHNECKE. Was nicht alle wissen: MAHNECKE ist DAVID’s Schwiegervater. 
So sind die finanziellen Buchungen längst ‚kreativer‘ geworden:

  • Nur ein Teil der zwingend vorgeschriebenen Elternbeiträge wird offiziell aufgeführt. Der Rest wandert auf ein gesondertes Konto bei der Deutschen Bank.

  • Inzwischen wird auch bei den Personalkosten manipuliert: Nicht ausgebildete Hilfskräfte werden wie Fachkräfte kalkuliert – entsprechend mehr müssen Stadt und Landkreis bezahlen.

  • Bei Lohn- und Gehaltserhöhungen im Öffentlichen Dienst werden die zusätzlichen Gelder erst verspätet an die Belegschaft weitergereicht – die Differenz landet wiederum auf einem gesonderten Konto bei der Deutschen Bank.

Auf diese (und andere) Weise kann sich der HRO einige Dinge leisten: zusätzliche „Weihnachtsgelder“, Ausfahrten ins Grüne oder Kulturelle oder auch den Dienstwagen des HRO-Geschäftsführers Günter DAVID.

Was da auf Steuerzahlers Kosten geschieht, sieht in Königs Wusterhausen – angeblich – auch diesesmal niemand. Beziehungsweise: Keiner will es sehen. So nimmt es nicht Wunder, dass im rot-roten KW auch im Jahr 2010 – wie die letzten Jahre auch - nichts geschieht


2013

Ab 1. Januar tritt ein neuer Fachgebietsleiter sein neues Amt an: Swen ENNULAT, der ab sofort als kommunale Führungskraft zuständig ist für Familie, Bildung und Soziales, Ordnung und Sicherheit, Brand und Zivilschutz.

ENNULLAT, ausgebildeter Polizist, verheiratet und Vater dreier Kinder, hat mit seinen 37 Jahren einen ungewöhnlichen Weg hinter sich.

Noch sechs Jahre zuvor hatte er in Dessau (Sachsen-Anhalt) im Fachkommissariat 4 „Polizeilicher Staatsschutz“ gearbeitet: als stellvertretender Leiter. Zusammen mit seinen Kollegen Sven GRATZIK (Leiter des FK 4) und Christian KAPPERT, beides engagierte Polizeibeamte, hatten sie versucht, in Sachsen-Anhalt, jenem Bundesland, das regelmäßig durch eine hohe Zahl neonazistischer Übergriffe auffällt, die Neo-Naziszene einzudämmen. Und genauer hinzugucken – so wie es ein Slogan des dortigen SPD-Innenministers empfahl.

Doch das genauere Hinschauen war/ist in Sachsen-Anhalt nicht wirklich erwünscht. Nachdem sie eine ‚Empfehlung‘ des Polizeivizepräsidenten Christoph GLOMBITZA, „man muss nicht alles sehn!“ bei der Bekämpfung von neonazistischen Straftaten erst intern kritisiert und anschließend öffentlich gemacht hatten, wurden alle drei aus ihren Ämtern entfernt. ENNULLAT war zum Whistleblower geworden (mehr unter www.ansTageslicht.de/Dessau sowie www.ansTageslicht.de/GRATZIK).

Weil klar war, dass man in Institutionen, die von Hierarchie und (blindem) Gehorsam leben, nichts mehr werden kann, wenn man einmal aufgemuckt hat, bewarb sich ENNULLAT, nachdem er auf der Polizeihochschule in Münster den Abschluss für den Höheren Dienst erworben hatte, beim Landeskriminalamt in Berlin, Abteilung Staatsschutz (wie in Dessau). Dort war man an engagierten Polizisten und aktiven „Staatsschützern“ interessiert. Statt Neo-Nazis standen nun radikale Islamisten im Visier – Vorfahren und Vorgänger jener Bewegung, die heute als „IS“ (ISIS) den Nahen Osten terrorisiert.

Doch regelmäßige Überstunden, unkalkulierbare Dienstzeiten tags und nachts sowie hohes berufliches Engagement stehen potenziell in Diskrepanz zu einem ausgeglichenem Familienleben. ENNULAT wollte sich verändern, um Beruf und Familie besser in Einklang miteinander bringen zu können.

So bewarb er sich auf die Stelle eines Fachgebietsleiters in KW, stach seine Konkurrenten aus und bekam den Job: auf der Basis eines auf ersteinmal 2 Jahre befristeten Arbeitsvertrags. Den Ausstieg aus dem gesicherten Leben eines Berufsbeamten bei der Polizei will er nun mit der Möglichkeit ausgleichen, die Entwicklung der Stadt, in der er schon seit längerem lebt, aktiv mitgestalten zu können. Offizieller Dienstbeginn: 1. Januar 2013


November und Dezember 2013

So kommt es, wie es kommen musste. Als einem Mitarbeiter des Landkreises Dahme Spreewald (LDS) Anfang Dezember 2013 bei der Berechnung der seitens des HRO beantragten Zuschüsse für das Personal Ungereimtheiten auffallen - der Landkreis finanziert diese Ausgaben zu 84% - kommt es zu einem klärenden Gespräch zwischen dem Geschäftsführer des HRO, Günter DAVID, zwei LDS-Vertretern und dem neuen „Fachgebietsleiter III“ in KW, dem ehemaligen Kriminalpolizisten Swen ENNULLAT in seinem Büro. Das Treffen findet am 10. Dezember statt. 
Günter DAVID, der Pädagoge und Geschäftsführer des HRO, gibt den Vorwurf überhöhter Abrechnungen zu und erklärt sich auch bereit, Geld zurückzuzahlen, kann aber nicht. Deshalb solle zunächst die Stadt KW einspringen, um dem Landkreis die zu Unrecht bezogenen Gelder zurück zu erstatten. Immerhin 84.000 €. Der Stadt KW schuldet DAVID bzw. der HRO - was die überhöhten Personalkosten angeht - (nur) 10.000 €.

ENNULLAT macht das stutzig. Zwar ist die Stadtkasse von KW 'nur' mit 16% der Personalkosten dabei, sie muss aber regelmäßig das Defizit ausgleichen, das der HRO mit der Kita "Knirpsenstadt" macht. Vor allem dann, wenn die Elternbeiträge zu gering angesetzt werden. ENNULLAT fängt an zu ermitteln. Und wird fündig


Anfang Januar 2014

Gleich zu Beginn des Neuen Jahres bzw. genau ein Jahr nach Dienstantritt informiert ENNULLAT intern Bürgermeister Lutz FRANZKE (SPD) sowie dessen Stellvertreter Jörn PERLICK per Email und auch mündlich über die Unregelmäßigkeiten bei der Abrechnung durch den HRO.

ENNULLAT, der seinen sicheren Beamtenjob aufgegeben hatte und jetzt zunächst einen auf zwei Jahre befristeten Anstellungsvertrag hat, ist sich im Klaren, dass er jetzt, wo er jetzt nur einen befristeten Anstellungsvertrag hat, keinen Fehler machen darf, um seine Zukunft und die seiner Familie nicht zu gefährden. Bedeutet für ihn: Er darf nicht schweigen und so tun, als ob nichts wäre, sondern muss handeln. Und seine Vorgesetzten, den Bürgermeister, informieren. Damit auch der handeln kann


9. Januar

ENNULLAT führt ein Gespräch mit Günter DAVID allein. DAVID sichert zu, die ausstehenden Elternbeiträge an die Stadt zu überweisen. Doch dies geschieht nicht


21. Januar

Nun besteht der Landkreis Dahme-Spreewald auf der Rückzahlung von 84.404,05 € (überhöht ausgewiesener) Personalkosten – die Summe soll bis 28. Februar von der Stadt KW vorgeschossen werden


1. Februar

Weil DAVID nicht reagiert, fordert ENNULAT per E-Mail an Bürgermeister FRANZKE die Einschaltung des eigenen Rechnungsprüfungsamtes im Rathaus, das eine Tiefenprüfung durchführen soll. Rechnungsprüfungsämter sind interne Revisionsabteilungen, die Unregelmäßigkeiten nachgehen müssen. Dazu sind sie gesetzlich verpflichtet.

Doch Bürgermeister Lutz FRANZKE (SPD) lehnt das rundweg ab – er müsse seine Schutzfunktion für „sein Haus“ wahrnehmen


danach

Auch Günter DAVID (SPD) ‚streikt‘ - er überweist weder die zugesagten Elternbeiträge noch einen Nachweis über deren Höhe. Kurz darauf widerspricht er sogar der Rückforderung von 84.404,05 Euro. Der Landkreis und dessen SPD-Landrat Stephan LOGE akzeptieren das offenbar.

ENNULLAT kann nicht anders: Auch wenn er die dafür vorgesehene Abteilung im eigenen Haus, das Rechnungsprüfungsamt nicht einschalten darf, weil ihm der Bürgermeister das verbietet, schickt er dem HRO eine erste Abmahnung: Der HRO solle die ausstehenden Elternbeiträge, wie vom Gesetz vorgesehen, an die Stadt überweisen


März

Weil der HRO nicht reagiert, schickt ENNULLAT am 26. März eine zweite Abmahnung raus. Und wieder geschieht nichts seitens des HRO.

So geht es mehrmals hin und her


April

Jetzt endlich reicht der HRO immerhin erste Unterlagen zur Abrechnung für das Jahr 2013 ein. ENNULLAT weist Günter DAVID (SPD) erneut auf die für ihn offensichtlichen Ungereimtheiten hin und fordert ihn auf, die Elternbeiträge exakt nachzuweisen. So wie es das Gesetz vorsieht. Doch HRO-Geschäftsführer DAVID lehnt dies erneut ab.

So versucht ENNULLAT, der merkt, dass er hier ausgebremst werden soll, den Bürgermeister Lutz FRANZKE (SPD) dazu zu bringen, auf dass dieser dem HRO eine außerordentliche Aufkündigung des Trägervertrages androht.

Eine außerordentliche, sprich fristlose Kündigung muss in zeitlicher Nähe zum Bekanntwerden des verursachenden Grundes ausgeprochen werden. Sonst wird sie gerichtlich nicht anerkannt. Aus diesem Grund tickt die Uhr, wenn die Stadt die „Knirpsenstadt“ ab 1. Juli in eigener Regie übernehmen will


vor dem 28. April

Die letzte Sitzung der Stadtverordnetenversammlung (SVV) in KW steht an, bevor im Mai erneut Kommunalwahlen in Brandenburg sind.

ENNULLAT möchte die SVV-Mitglieder, die „Volksvertreter“ von den ungeklärten Missständen informieren. Bürgermeister FRANZKE (SPD) verbietet es ihm. Stattdessen macht sich der SPD-Mann Ludwig SCHEETZ auf Tour. SCHEETZ gilt als Shooting-Star der SPD in Brandenburg und im Landkreis KW: Er ist Mitglied in der SVV von KW. Außerdem Mitglied im Kreistag des Landkreises Dahme-Spreewald. Beruflich ist er offiziell Mitarbeiter beim SPD-Landtagsabgeordneten Klaus NESS in Potsdam, der dort den Fraktionsvorsitz führt. Politisch ist SCHEETZ stellv. Vorsitzender im SPD-Ortsverein von KW und Geschäftführer des SPD-Unterbezirks (Kreisverband) Dahme-Spreewald (siehe Grafik):

SCHEETZ geht nicht allein auf Besuchstour zu allen Fraktionen in der SVV von KW. Er wird begleitet von Günter DAVID. SCHEETZ und DAVID sind befreundet. Beide erklären den Stadtverordneten, was Sache ist. Aus ihrer Sicht der Dinge. Und dies rechtzeitig vor dem Sitzungstermin


28. April

Als es soweit ist spricht Bürgermeister FRANZKE spricht selbst zu den Stadtverordneten: a) in nicht-öffentlicher Sitzung und b) ganz zum Schluss. Er spricht von „erheblichen Schwierigkeiten mit dem Träger der Kita ‚Knirpsenstadt‘“. Und dass man abwarten müsse, wie der HRO auf diverse Schreiben und Forderungen reagiere. Dass man, falls „keine Reaktion erfolgen“ würde, eine außerordentliche Kündigung „anstreben“ müsse. Und dass dazu – „vorsorglich“ sozusagen – für den 19. Mai eine Sondersitzung der SVV anberaumt würde.

Worum es ganz genau geht, erschließt sich nicht allen Abgeordneten. Denn jener, der am meisten dazu sagen könnte, hat Redeverbot.
ENNULLAT will die Kita natürlich nicht zerstören - er will sie, weil es offensichtlich nicht anders geht, in die Trägerstadt der Stadt überführen


15. Mai

An diesem Tag – vier Tage, bevor die Abgeordneten in einer Sondersitzung entscheiden sollen - wird Günter DAVID (SPD) als Geschäftsführer des HRO abberufen. So ist die angreifbarste Figur in dieser Geschichte – ersteinmal – aus der direkten Schusslinie genommen. Nachfolger von DAVID wird David DRIESE. Und so wie man in Bayern in der CSU sein muss, um etwas zu werden, so hat auch er in Brandenburg das passende Parteibuch in der Tasche: das der SPD


19. Mai

Die Stadtverordnetenversammlung (SVV) tagt: Sondersitzung

Viele Eltern sind gekommen, die dieses und jenes gerüchteweise gehört haben, aber jetzt wissen wollen, was denn nun Sache ist. Und wie es mit ihrer Kita weitergeht. Und mit den Kindern. Von einer außerordentlichen Kündigung habe man erfahren.

Die Sitzung beginnt um 17:00 und enthält 5 Tagesordnungspunkte, Darunter auch den Top „4.1 Übernahme der öffentlichen Einrichtung Kita Knirpsenstadt durch die Stadt KW, Vorlage 40-14-065". Darin geht es um die Kita "Knirpsenstadt" - in "öffentlicher Sitzung". Doch als der Tagesordungspunkt ansteht, will Bürgermeister FRANZKE dies nur in "nicht-öffentlicher Sitzung" tun und die vielen Anwesenden des Saales verweisen. Begründung: Es kämen auch „schützenswerte einzelne Personendaten“, beispielsweise des ehemaligen Geschäftsführers DAVID zur Sprache. So wird die öffentliche Sitzung 19 Minuten nach Beginn bereits wieder beendet.

Ab 18:15 tagt die Sonder-SVV. Jetzt hinter verschlossenen Türen. FRANZKE: Bei der geplanten „Kündigung“ handele es sich „nicht um eine politische Entscheidung.“ Vielmehr müsse auf die „Gleichbehandlung der Träger“ geachtet werden! Und so wie bereits in der letzten Sitzung darf jener, der alles ins Rollen gebracht hat und am besten Bescheid weiß, wieder nicht reden.

Reden darf dafür der neue HRO-Geschäftsführer DRIESE (SPD), für den Bürgermeister FRANZKE (SPD) ausdrücklich von seinen treuen Abgeordneten ein Rederecht erbeten hat. DRIESE ist denn auch des Lobes voll: Das Personal der Kita Knirpsenstadt arbeite „hervorragend“. Und alle öffentlichen Gelder würden „ordnungsgemäß verwaltet“.

FRANZKE hat sich von ENNULLAT dazu eine ausführliche "Beschlussvorlage 40-14-065" ausarbeiten lassen: die außerordentliche Kündigung der Kita Knirpsenstadt. Damit die Stadt die Kita ab 1. Juli übernehmen könne. Begründung: der HRO hat nicht nur die vertraglich vereinbarten Pflichten der regelmäßigen Offenlegung aller Einnahmen und Ausgaben verletzt, sondern damit auch einen "Vertrauensverlust" und eine "Belastung der partnerschaftlichen Zusammenarbeit" (S. 4 der Beschlussvorlage) bewirkt.

Doch jetzt legt sich die Fraktion DIE LINKE (vormals PDS) quer, die ein besonderes Verhältnis zum HRO hat – die „Knirpsenstadt“ gibt es immerhin schon seit 40 Jahren und konnte sich aus der Zeit der Deutschen „Demokratischen“ Republik ins ‚Neue Deutschland‘, der Bundesrepublik hinüber retten. DIE LINKE will keinen schnellen Entscheid – DIE LINKE will über alles nochmals reden. Ausführlich. Und bringt deshalb einen eigenen Antrag auf Vertagung ein.

FRANZKE’s bzw. ENNULLAT’s Vorlage ist damit obsolet. Stattdessen wird über den Antrag der LINKEN auf Vertagung entschieden. Vertagung bedeutet auch: Die außerordentliche Kündigung zum 1. Juli ist damit vom Tisch.

FRANZKE stimmt mit „nein“. 14 Ja-Stimmen insbesondere aus der SPD sind dafür. Nur 3 SVV-ler stimmen dagegen und 9 SVV-Mitglieder enthalten sich. Die ursprüngliche Beschlussvorlage „40-14-065“ wird damit zur Beratung in die Fachausschüsse verwiesen.

Hier können Sie das Protokoll auch der nicht-öffentlichen Sitzung nachlesen!


25. Mai

Kommunalwahlen im Land Brandenburg

Niemand ist darüber erstaunt, dass die beiden Parteien SPD und LINKE bei der SVV-Wahl erneut die meisten Stimmen auf sich vereinen. Diesesmal allerdings nur noch 50% aller Sitze. Das sind 16 aller Mandate. Also keine eindeutige Mehrheit. Dafür wird jetzt auch kommunal die Landschaft bunter: Neben der CDU mit ihren 6 Sitzen entfallen 3 auf die Bewegung „Wir für KW“, FDP und AfD ergattern 2, UFL, NDP und Piraten je ein Mandat:


danach

Es geschieht das, was schon immer geschah – jahrelang. Dem HRO gelingt es auch unter dem neuen Geschäftsführer David DRIESE alles zu verschleppen: Geplante Gespräche werden abgesagt, der HRO bittet dafür um eine Fristverlängerung, ENNULLAT setzt erneut ein Frist, um deren Verlängerung dann erneut nachgesucht wird.

Noch immer nicht darf ENNULLAT das hauseigene Rechnungsprüfungsamt oder gar die Staatsanwaltschaft informieren – der SPD-Häuptling im Rathaus von KW, Bürgermeister Lutz FRANZKE, hat ihm das ausdrücklich verboten


12. Juni

An diesem Tag findet bei Bürgermeister FRANZKE eine reguläre Dienstbesprechung statt. Sie wird durch ein Telefonat der Sekretärin unterbrochen: Das Fernsehen des öffentlich-rechtlichen Senders Radio Berlin-Brandenburg (rbb) steht vor der Tür und bittet um eine Interview.Schließlich leben auch Fernsehredakteure in und um KW. Und auch Fernsehjournalisten haben Kinder. Und zahlen Steuern. Und wollen diese effizient eingesetzt sehen.

Das angefragte Thema des rbb-Teams: Verschwendung von Steuermitteln in KW.

Bürgermeister FRANZKE muss die Sitzung unterbrechen. Er versucht die Fragen der Redakteurin zu beantworten. Es geht um das Finanzgebaren des HRO und die Kita „Knirpsenstadt“:

  • Ob man die im Raum stehenden Vorwürfe finanzieller Ungereimtheiten ernst nehme?
  • Ob man schon die Staatsanwaltschaft eingeschaltet habe?

Bürgermeister Lutz FRANZKE dreht und windet sich beim Antworten – es fällt ihm schwer, insbesondere auf die letzte Frage eine klare Antwort zu geben.

Kaum ist das Interview vorüber, geht die unterbrochene Dienstbesprechung weiter. Dafür ist FRANZKE’s Anweisung jetzt auf einmal klar und eindeutig: ENNULLAT solle gleich morgen eine Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft stellen! Und noch heute einen Text dafür entwerfen!

Derweil verzweifelt die rbb-Redakteurin in Potsdam beim Sichten des Interviewmaterials. Sie findet keinen einzigen sendefähigen Satz, kein einziges klares Wort auf ihre Fragen, das man über den Bildschirm gehen lassen könnte. Konkret: Sie kann nichts anfangen mit dem aufgenommenen Interview. Sie ruft erneut bei Bürgermeister FRANZKE an. Der stimmt einem zweiten Interview noch auf der Stelle zu.

Und jetzt findet er auch klare Worte. Er gehe davon aus, dass hier „zum Schaden der Stadt falsch abgerechnet wurde.“ Und er fordere jetzt „das Geld vom Träger zurück.“ Spricht sogar von einem „erheblichen Schaden in sechsstelliger Höhe“. Zum Beispiel „dass der Bereich der Elternbeiträge viel zu gering abgerechnet wurde.“ Und dass er deswegen "inzwischen Strafanzeige erstattet" habe


Tags darauf

geht der knapp zweiminütige rbb-TV-Beitrag „Stadt geht gegen Kita-Betreiber vor“ (Foto: rbb) mit den Statements von Bürgermeister FRANZKE auf Sendung. Nur wenige Stunden zuvor setzt ENNULLAT die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft Cottbus ab – der Eile wegen gleich per Fax. So dass das Statement von Bürgermeister FRANZKE, er habe

"inzwischen Strafanzeige erstattet",

zur abendlichen Sendezeit zutreffend ist.

Weil der HRO immer noch im Rückstand ist, wird nochmals ein Fristaufschub gewährt


danach über den ganzen Sommer

Der Landkreis Dahme-Spreewald unter der Regie des SPD-Landrats Stephan LOGE, der 84% der Personalkosten der Kita Knirpsenstadt tragen muss, erhält eine Kopie der Strafanzeige. Eine eigene Anzeige lässt LOGE nie stellen. Er sieht darin "keinen Mehrwert". So sagen es ihm jedenfalls seine Juristen. Und auch das eigene Rechnungsprüfungsamt wird nicht tätig, das - eigentlich - im Rahmen der sogenannten unteren Kommunalaufsicht über die Finanzen der Kommunen zu wachen hat (siehe Kapitel "Anderer Leute Geld"). Landrat LOGE geht davon aus, dass dies mit der Anzeige seitens der Stadt KW erledigt ist. Allerdings: Deren Anzeige bezieht sich nur auf die potenziellen Manipulationen des HRO und den dadurch notwendigen Defizitausgleichvon KW - nicht auf die Manipulation bei den Personalkosten.

So gesehen kann LOGE dies auch egal sein: Er hat sich seinen Schaden ja von der Stadt KW ersetzen lassen.

Weil es jetzt in Sachen HRO kein zurück mehr geben kann und weil die Frist für eine außerordentliche Kündigung abgelaufen ist, kündigt Bürgermeister FRANZKE in der neu zusammengetretenen SVV nun die ordentliche Kündigung des Trägervertrages mit dem HRO bzw. der Kita Knirpsenstadt an. Der HRO ziert sich nach wie vor, detaillierte Unterlagen vorzulegen – immer wieder geht es hin und her: erst eine Aufforderung, dann die erbetene Fristverlängerung. Wenn diese Taktik ausgereizt ist, widerspricht der HRO. Keine einfache politische Konstellation für die beiden SPD-ler FRANZKE und DRIESE:

So ist ja Bürgermeister FRANZKE im SPD-Unterbezirk Dahme-Spreewald (Kreisverband) Beisitzer, während HRO-Geschäftsführer DRIESE als stellvertretender Vorsitzender fungiert: Kontrolleur und zu Kontrollierender auf ein und derselben politischen Ebene. Der eine Genosse muss nun – gezwungenermaßen –dem anderen Genossen die Daumenschrauben anlegen (siehe aktive Grafik):

Und so wirkt sich das aus: ENNULAT will die vom HRO zu Unrecht bezogenen Gelder für alle 14 Jahre zurückfordern. Die Staatsanwaltschaft, die inzwischen ermittelt, hat sich auf 5 Jahre festgelegt. FRANZKE möchte dies nur für die letzten 3 Jahre seinem Parteigenossen DRIESE gegenüber tun.

Weil sich der Landkreis LDS an der Stadt KW in Sachen überhöht abgerechneter Personalkosten schadlos gehalten hat, kann - bzw. darf - ENNULLAT am 8. Juli eine weitere Anzeige stellen: wegen der zu Unrecht kassierten Personalkosten. Schließlich hat die die Stadt Königs Wusterhausen jetzt zusätzlich tragen müssen. Ob der HRO die je zurückzahlen wird, steht in den Sternen


9. September

Für den vierzehnten des Monats sind erneut Landtagswahlen angesetzt, von denen jeder weiß, wer sie gewinnen wird. Der öffentliche Fokus richtet sich deshalb auf die Frage, mit wieviel Prozentpunkten die „Alternative für Deutschland“ (AfD) in den Potsdamer Landtag einziehen wird.

Wenige Tage zuvor, am neunten des Monats, bekommt ENNULLAT sowie sein Kollege, der Fachbereichsleiter II, Werner BLUME, der für die „Zentralen Dienste“ zuständig ist, einen Termin bei Bürgermeister FRANZKE. Thema: Die seit Monaten durch Krankheit mehrerer Mitarbeiter angespannte Personalsituation im Fachbereich III bei Swen ENNULLAT.

ENNULLAT bereitet den Termin, wie immer, gründlich vor, hat mehrere Excel-Tabellen mitgebracht, aus der sich alle relevanten Informationen ergeben. Z.B. dass allein im Ordnungsamt im vorangegangenen Jahr 29% der Personalkapazitäten fehlten und sich dieser Wert im laufenden Jahr auf 38% erhöht hat.

Als ENNULLAT zum Vortrag ansetzen will, wird er sogleich von Bürgermeister FRANZKE unterbrochen. Er, ENNULLAT, habe ihm ja eine Email geschickt, in der er ihn, den Bürgermeister, um ein Personalgespräch gebeten habe, weil zum Jahresende ja sein auf zwei Jahre befristeter Vertrag ausliefe und ein solches Gespräch sechs Monate vor Ablauf einer solchen Frist gemeinhin üblich sei.

Deswegen wolle er, Bürgermeister FRANZKE, jetzt genau darüber und nur darüber mit ihm, ENNULLAT, sprechen. Seine Unterlagen könne er gleich zur Seite legen – die brauche er nicht mehr.

Bürgermeister FRANZKE fordert ENNULLAT auf, eine Selbsteinschätzung seiner Arbeit vorzunehmen. ENNULLAT, der dies gerne in einem gesonderten Termin gemacht hätte, schon deshalb um sich darauf vorbereiten zu können, muss dies aus dem Ärmel schütteln. Als er darauf zu sprechen kommt, dass ihn die Audeckung des Betrugs durch den HRO viel Kraft und Zeit gekostet hätte, winkt FRANZKE ab: Die Sachverhalte „seien ja bekannt“. Und weiter: Er, FRANZKE, würde „es kurz machen“. Konkret: Es sei seine unwiderrufliche Entscheidung, ihn, ENNULLAT, nicht weiter nach dem 31. Dezember 2014 als Fachbereichsleiter zu beschäftigen!

Bedeutet: ENNULLAT

  • wird ab sofort von seinem Arbeitsvertrag „freigestellt“

  • muss auf der Stelle sein Büro räumen sowie

  • unverzüglich Dienstausweis und Schlüssel abgeben.

ENNULLAT ist schockiert. Weiß nicht, wie ihm geschieht. Fragt, warum? „Fachlich könne er ihm nichts vorwerfen“, so FRANZKE. Aber „Dritte“ hätten sich über ihn „beschwert“. Wer denn die „Dritten“ seien? FRANZKE antwortet darauf nicht.

Weil ENNULLAT nochmals nachhakt: Das „ganze Haus“ teile seine, des Bürgermeisters Meinung: ENNULLAT habe „versagt“. Er solle ihm das einfach glauben. Und im Übrigen habe er auch nicht mehr das Vertrauen des Bürgermeisters.

Und so geschieht es: Fachbereichsleiter Swen ENNULLAT räumt sein Dienstzimmer, packt seine persönlichen Sachen zusammen, gibt Dienstausweis und Schlüssel ab und verlässt ein letztes Mal das Gebäude, in dem er vor 20 Monaten so erwartungsvoll begonnen hatte, die Entwicklung jener Stadt aktiv mit zu gestalten, in der er seit mehreren Jahren lebt, fährt zu seiner Familie nach Hause, die von alledem noch keine Ahnung hat.

Mehr zu den Details dieser 'Entlassung' im ABC der Akteure unter ENNULLAT


5 Tage später

In der Landtagswahl gibt es vor allem einen Gewinner: Die Partei „Alternative für Deutschland“ (AfD), die erst vor kurzem gegründet wurde, zieht in den Brandenburger Landtag mit 12% aller Stimmen ein, kann auf Anhieb 11 von 88 Sitzen (13%) besetzen. SPD und LINKE haben aber nach wie vor mit 53% aller Mandate die Mehrheit und regieren auch weiterhin zusammen – trotz der geringen Wahlbeteiligung, die mit knapp 48% erstmals unter der Fünfzigprozentmarke liegt (2009: 67%):

Ex-Kriminalkommissar und Ex-Fachgebietsleiter Swen ENNULLAT meldet sich beim Jobcenter arbeitslos: ab 1. Januar. Sein Gehalt wird er bis Ende Dezember beziehen, so die Vereinbarung. Danach würde ersteinmal Ungewissheit drohen – u.a. auch in finanzieller Hinsicht.

ENNULLAT, der vor zwei Jahren seinen Beamtenstatus aufgegeben hat, bewirbt sich sofort erneut: diesesmal bei der Stadt Lübben, die weiter südlich liegt und ebenfalls zum Landkreis Dahme-Spreewald gehört. Dort ist die Stelle eines Fachbereichsleiters „Ordnung, Bildung und Soziales“ ausgeschrieben. Eine Aufgabe, wie er sie bereits in Königs Wusterhausen bis noch vor kurzem ausgeführt hat. ENNULLAT zögert nicht und setzt ein Bewerbungsschreiben auf. Das Gleiche machen 28 weitere Kandidaten.


2. Oktober

An diesem Tag hält die SPD um 19 Uhr im Spreewaldhotel „Stephans Hof“ eine öffentliche Mitgliederversammlung ab. Unter anderem soll der Kandidat für die nächste Bürgermeisterwahl im nächsten Jahr (2015) nominiert werden.

Landrat Stephan LOGE, SPD, der sich jahrelang vom HRO in Königs Wusterhausen täuschen ließ, erkundigt sich, was die Stellenausschreibung mache.

29 Kandidaten hätten sich beworben, so der stellvertretende Fraktionsvorsitzende in der Lübbener SVV, Paul BRUSE, SPD.

„Ist da jemand aus Königs Wusterhausen dabei“ erkundigt sich Landrat Stephan LOGE?

SPD-Mann BRUSE hat keine Namen im Kopf, dafür aber der gerade eben nominierte SPD-Bürgermeisterkandidat Lars KOLAN, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Kreistag: Ja, ein gewisser „Ennullat“.

Lasst bloß die Finger von dem“, so SPD-Landrat Stephan LOGE!

Und auch sein Vorgänger, Ex-Landrat Martin WILLE, der sich ebenfalls jahrelang vom HRO hat täuschen lassen und ebenfalls anwesend ist, ergänzt unüberhörbar: „Bloß der nicht!


6. und 12. November

ENNULLAT, der von alledem nichts weiß, kann sich durchsetzen: bei der Vorauswahl, die vier Kandidaten umfasst, und bei den persönlichen Gesprächen mit dem Hauptausschuss der SVV in Lübben. Man ist sich einig, dass er bereits am 1. Dezember seinen Dienst aufnehmen soll. Dazu soll der amtierende und parteilose Bürgermeister Frank NEUMANN noch im November eine entsprechende Beschlussvorlage sowohl in den Hauptausschuss als auch in die SVV einbringen – der Personalvorschlag muss von den Volksvertretern gutgeheißen werden.

Noch abends am 6. November ruft Bürgermeister NEUMANN bei ENNULLAT an, um ihm die frohe Botschaft zu übermitteln: Der Hauptausschuss habe ihn "nach einstimmiger Einschätzung" als "geeignetsten Bewerber" ausgewählt.

Und deswegen erhält ENNULLAT nur wenige Tage später eine entsprechende E-Mail aus dem Rathaus Lübben. Absender: das Referat Rechtsangelegenheiten:

Sehr geehrter Herr Ennullat,

in oben genannter Angelegenheit hat Herr Neumann Ihnen bereits mitgeteilt,dass Sie in dem Vorstellungsgespräch überzeugt haben und wir uns für Sie als neuen Fachbereichsleiter entschieden haben.

Bitte teilen Sie mir umgehend mit, wann Sie die Arbeit bei uns aufnehmen können, damit ich das Datum in die Anhörungen für den Personalrat und die Vorlage für die Stadtverordnetenversammlung aufnehmen kann.

Wie wir Ihnen mitgeteilt haben, sind wir an einer zeitnahen Besetzung der Stelle interessiert, so dass für uns der 01.12.2014 als Arbeitsbeginn vorstellbar und wünschenswert ist.

Für Rückfragen stehe ich Ihnen selbstverständlich gern zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen
Britze

ENNULLAT kann aufatmen: wieder Land, konkret finanzielle Absicherung in Sicht. Und er kann dem Arbeitsamt/Jobcenter absagen: dort müssen sie nicht mehr für ihn eine neue Stelle suchen.

Doch das, was nach dem Willen des SPD-Landrats Stephan LOGE zu geschehen habe ("Lasst bloß die Finger von dem!"), und wie ernst dies gemeint ist, hat sich offenbar noch nicht überall im Rathaus herumgesprochen. LOGE ist nicht nur Landrat für Königs Wusterhausen und Lübben. Die Kreisverwaltung hat auch ihren Sitz in Lübben - so wie auch der Landrat dort domiziliert. Und auch der Kreistag tagt in Lübben.

LOGE ist aber nicht nur der "Landrat". Stephan LOGE fungiert auch als Beisitzer im Landesvorstand der Brandenburger SPD. Und wer im SPD-dominierten Brandenburg Karriere machen will, muss sich – ähnlich wie in Bayern – mit den SPD-Großkopferten gut stellen.

LÜBBEN muss sich aus weiteren Gründen gut mit der Kreisverwaltung und dem Landrat stellen: wegen der anstehenden Strukturreformen. Ob Lübben weiterhin Verwaltungsstandort des Landkreises bleibt, ist noch nicht ausgemacht. Und allein für diesen Verwaltungsstatus erhält die Lübbener Stadtkasse 800.000 Euro im Jahr an sog. Schlüsselzuweisung


nach dem 17. November

Bürgermeister Frank NEUMANN bringt (daher) weder in die Sitzung des Hauptausschusses 5 Tage nach der schriftlichen Zusage noch in die SVV-Sitzung Ende des Monats den Namen Swen ENNULLAT ins Spiel, obwohl dieser das Auswahlverfahren gewonnen hat.

Vielmehr ruft er am 26. November erneut telefonisch bei Swen ENNULLAT an:

  • Ob er die Stelle wirklich antreten wolle?
  • Und: Er müsse ihm mitteilen, dass er - im Gegensatz zur Absprache bei der Vorstellung - eine Gehaltsstufe niedriger bezahlt bekommen würde.

ENNULLAT, der sich wundert, gibt sich damit - nolens, volens - einverstanden

  • Und noch eine Information: Er, NEUMANN, würde - im Gegensatz zu den Absprachen - am nächsten Tag der Stadtverordnetenversammlung doch keine Beschlussvorlage zu seiner Einstellung vorlegen. Unter anderem hätte sich Landrat LOGE bei ihm gemeldet. Und dass er sich bei dem politischen Druck, dem er sich ausgesetzt fühle, ausgesprochen "unwohl" fühle; man könne ja die Entscheidung doch dem neuen Bürgermeister überlassen, der Anfang nächsten Jahres gewählt werden würde.

Auch damit könne er, ENNULLAT, leben. So seine Erinnerung an dieses (seltsame) Telefonat.

Landrat Stephan LOGE hat dies anders in Erinnerung: NEUMANN habe bei ihm angerufen. Und er, LOGE, habe ihm nur "empfohlen, bei dessen ehemaligem Arbeitgeber mal nachzufragen." Konkret: beim Bürgermeister von Königs Wusterhausen


Dezember 2014

Beim allerersten Gerichtstermin vor dem Arbeitsamt, dem sog. Gütetermin am 17. Dezember kommt es zwischen der Stadtverwaltung von KW und dem geschassten Fachbereichsleiter Swen ENNULLAT zu keiner Einigung. Bürgermeister FRANZKE bzw. seine Vertreter lassen sich auf keinerlei Vorschläge ein. Wie es weitergehen kann, wird sich erst im Mai 2015 beim sog. Kammertermin erweisen.

Einen Tag nach dem „Gütetermin“ entscheidet sich die SVV in Lübben für die Besetzung der ausgeschriebenen Stelle, für die - ursprünglich - Swen ENNULLAT vorgesehen war, aufgrund der von NEUMANN vorgelegten Beschlussvorlage mit einem anderen Bewerber.

Tags drauf schreibt Bürgermeister NEUMANN die folgende Email an ENNULLAT:

Sehr geehrter Herr Ennulat,

Ihre E-mail vom 17. 12. 2014 an Frau Britze ist mir am 18. 12. 2014 zur Kenntnis gegeben worden.

Ich teile Ihnen mit, dass die Stadtverordnetenversammlung der Stadt Lübben (Spreewald) gestern beschlossen hat, die Stelle des Fachbereichsleiters mit einem anderen Bewerber zu besetzen.

Ich danke Ihnen für Ihr Interesse an dieser Stelle und verbleibe

Mit freundlichen Grüßen

in Vertretung

Neumann


2015

Jetzt will ENNULLAT auch dieses Vorgehen vom zuständigen Verwaltungsgericht überprüfen lassen.

Das Jahr 2015 beginnt daher für den engagierten Brandenburger im SPD—dominierten Brandenburg mit zwei Gerichtsverfahren. Und mit der Erkenntnis, dass in Brandenburg, insbesondere im Landkreis Dahme-Spree unter der Regentschaft der SPD engagierte Menschen, also Whistleblower, die Missstände und Machtmissbrauch ans Tageslicht bringen, nicht nur nicht erwünscht sind, sondern sanktioniert werden.

ENNULLAT gibt nicht auf. Er bewirbt sich auf eine Stelle als Leiter des Jugendamts im benachbarten Landkreis Teltow-Flämig. Obwohl ursprünglich Polizist kann er sich beim Auswahlverfahren auch hier auf Platz 1 setzen. Zwar mit geringem Abstand zum nächsten Bewerber, der mehr "Fachlichkeit" aufweisen kann, aber dennoch an die Spitze.
Ein größeres Hearing zu den Kandidaten, zu dem rund 30 Verbände aus der 'Branche' geladen sind, wird für ENNULLAT zum Spießrutenlaufen: Es geht weniger um seine Qualifikation oder seine Konzepte für dieses Amt. Es geht um die Vorgänge in KW. Die Fragen prasseln nur so auf ihn nieder. Ausgang offen. Der Kreistag soll entscheiden.

Am Montag, den 23. Februar veröffentlicht das DokZentrum zusammen mit derMärkischen Allgemeinen Zeitung (MAZ) die Geschichte von ENNULLAT unter www.ansTageslicht.de/Ennullat sowie die MAZ unter dem Titel "Kaltgestellt in Königs Wusterhausen". 
Bereits am Samstag hatte die Lausitzer Rundschau (LR) die Vorgänge in Lübben thematisiert: "Politische 'Provinzposse' in Lübben". Den Begriff "Provinzposse" prägt Landrat Stephan LOGE in einem Gespräch mit der LR, der selbst durch sein aktives Handeln in diese "Provinzposse" involviert ist.
Unabhängig davon hat die BILD-Zeitung von den Recherchen erfahren und veröffentlicht ebenfalls an diesem Montag: "Die Mauschelpolitiker von Brandenburg". Die Welt und die Berliner BZ steigen ebenfalls in Kurzform auf das Thema ein.

An diesem Montag tagt auch der Kreistag des Landkreis Teltow-Flämig. Mit knapper Mehrheit und gegen die Stimmen der SPD wird Swen ENNULLAT zum neuen Jugendamstleiter gewählt. So berichtet es die MAZ: "Whistleblower Ennullat hat neuen Job". Nicht dort, wo er wohnt und lebt und sich einbringen wollte. Sondern im Landkreis nebenan. Dort hat zwar auch die SPD die Mehrheit, ist politisch aber geschwächt: ihr (Ex-)Landrat musste wegen Korruption abtreten


8. Oktober 2017

ENNULLAT, der seit Frühjahr 2015 Leiter des Jugendamts des Landkreises Teltow-Flämig ist, hat gut zu tun. Jugendliche und Kinder zu unterstützen, die aus den unterschiedlichsten Gründen Probleme haben, ist eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe. Trotzdem denkt und bleibt ENNULLAT auch politisch.

Mit dem SPD-Filz in seiner 'neuen' Heimatstadt Königs Wusterhausen will er sich nicht abfinden. Er bewirbt sich um die Kandidatur des Bürgermeisteramtes. Und beginnt einen langen zähen Weg, die Bürger zu überzeugen, dass ein kommunaler Politikwechsel hilfreich sei.

Bei den Bürgermeisterwahlen 2017, die zeitgleich zur Bundestagswahl läuft und bei der die großen Parteien dramatisch verlieren, die AfD erheblich zugewinnt, kann sich ENNULLAT als unabhängiger Kandidat mit über 40 gegenüber 20% seines Gegenkandidaten (SPD) durchsetzen. Es kommt zwei Wochen später zur Stichwahl:

ENNULLAT kann 71,5% aller Stimmen auf sich vereinen. Und wird neuer Bürgermeister von Königs Wusterhausen.


Wenn Sie dieses Kapitel direkt aufrufen oder verlinken wollen, so können Sie das unter www.ansTageslicht.de/Ennullatchronologie tun.

 

(Recherchen: LiGr, samkoe; Text: JL)