Jetzt greift wiederum Karsten VOM BRUCH zur Feder, setzt ein dreiseitiges Schreiben an Volkmar DENNER auf: Dessen Antworten und Erklärungen zum Dieselskandal würden nicht wirklich genügen. Denn es sei unzureichend, "dreckige Dieselmotoren" legal durch den Testzyklus zu bringen. Und erst recht, dies sozusagen illegal zu machen. Und er äußert den Vorschlag, die Unternehmensphilosophie um das "Ehrbarkeitsprinzip" zu erweitern. Das hatte einst der Gründer vorgelebt: "Lieber Geld verlieren als das Vertrauen der Kunden."
Danach wird es still um Karsten VOM BRUCH. Nicht aber für BOSCH, denn die Staatsanwaltschaft Stuttgart, die sich - ähnlich wie andere - bei diesem Skandal offenbar nicht nachsagen lassen will, dass man die Kleinen bestrafe und die Großen laufen lasse, beginnt zu ermitteln: wegen "Beihilfe zum Betrug" und wegen strafbarer Werbung für Andere. Dazu will sie Unterlagen von BOSCH. Die Firma verweigert sich, aber das Landgericht entscheidet: BOSCH muss zur juristischen Aufarbeitung alle relevanten Unterlagen herausgeben. Auch Richter und Staatsanwälte fahren schließlich Diesel.
Der Showdown
Zum Eklat kommt es knapp 2 1/2 Jahre später, im Februar 2018: ein vergleichsweise unbedeutender Vorgang. Bekanntermaßen nutzen Unternehmen solche Vorkommnisse gerne, um sie formal als Kündigungsgrund zu benutzen und sich bei einer solchen Gelegenheit unbotmäßiger Mitarbeiter zu entledigen.
Karsten VOM BRUCH begleitet am Rande eines Warnstreiks drei Kolleginnen auf deren Bitten hin zur Kantine, wo sie arbeiten. Als eine von ihnen zur Toilette muss, wartet er im gemeinsamen Flur vor dem Umkleidebereich der Männer und Frauen des Kantinenpersonals. Da steht plötzlich der Kantinenchef vor ihm: Er solle auf der Stelle verschwinden und keine Frauen belästigen! Er würde sonst die Personalabteilung informieren.
Nur wenige Tage später wird Karsten VOM BRUCH zur Personalleiterin einbestellt. Es geht um den Vorwurf der Belästigung, den die Personalleiterin ihm gegenüber jedoch auch auf mehrfache Aufforderung nicht konkret benennt. VOM BRUCH soll erscheinen, und zwar ohne zu diesem Termin Zeugen des angeblichen Vorfalls benennen und mitbringen zu dürfen. Wie weitere Gespräche im Detail abliefen, dazu gibt es unterschiedliche Darstellungen - wie üblich in solchen Fällen. Aber darauf kommt es auch nicht an, denn es erfüllt seinen Zweck: VOM BRUCH wird gekündigt. Begründung: Er soll der Personalleiterin in deren Büro Gewalt angedroht haben - so der offizielle Kündigungsvorwurf. VOM BRUCH bestreitet das. Aber man weiß in der Personalabteilung: Vor dem Arbeitsgericht kommt es auch nicht auf die Vorgeschichte an - es geht ausschließlich um die Reaktion, sprich die behauptete Gewaltandrohung. Der Richter sieht dies als "schwere arbeitsrechtliche Pflichtverletzung" an. Und bestätigt die Kündigung.
Die zweite Instanz, das Landesarbeitsgericht sieht das am 21. Januar 2020 anders. Sollte es so gewesen sein, wie vom Arbeitgeber behauptet, dann wäre für eine fristlose Kündigung eine vorherige Abmahnung notwendig gewesen (Az 8 Sa 30/19). Allerdings bestehe kein Weiterbeschäftigungsanspruch, weil BOSCH der fristlosen Kündigung eine reguläre Kündigung hinterher geschickt habe. Diese hatte BOSCH so begründet: VOM BRUCH habe Schriftsätze aus dem ersten Verfahren digital an einige an diesem Arbeitsgerichtsverfahren weitergeleitet. Und dies sei nicht statthaft.
Jetzt muss Karsten VOM BRUCH erneut klagen. Es ist eine allbekannte Strategie: 'Unbotmäßige' Arbeitnehmer mit möglichst vielen Klagen mürbe zu machen (und im Zweifel mit 20 Kündigungen so wie im Fall der Andrea FUCHS gegen ihren Arbeitgeber DZ Bank).
Karsten VOM BRUCH gewinnt die erste Kündigungsschutzklage. BOSCH zieht vors Landesarbeitsgericht. Auch dort obsiegt VOM BRUCH. BOSCH gibt sich nicht zufrieden, reicht beim Bundesarbeitsgericht eine Nicht-Zulassungsklage ein. Auch hier geht dieses Verfahren zugunsten von Karsten VOM BRUCH aus.
Nun kann VOM BRUCH gegen seine zweite Kündigung vorgehen. Vermutlich wird das Unternehmen BOSCH, das sich nach außen hin gerne mit "Nachhaltigkeit, Werten und Compliance" verkaufen möchte, sich erneut mit allen Mitteln zu Wehr setzen.