Als Rudolf ELMER, gebürtiger Schweizer, auf Cayman Island bei "Julius Baer Bank & Trust Company Ltd. (JBB&TC)" seine Karriere weiter voranbringen will, weiß er davon noch nichts. Das ändert sich erst, als er vom Chef Operating Officer zum Compliance Officer aufsteigt und damit zum Gewissen des aus der Schweiz gesteuerten Trusts wird.
ELMER fängt an Fragen zu stellen. Will das Geschäftsmodell mit seinen Vorgesetzten auf der Insel, aber auch mit Zürich diskutieren. Das gelingt nicht, die Spitze hat daran kein Interesse. Als griechische Journalisten Details über heimische Steuerflüchtlinge publizieren, fällt der Verdacht sofort auf Rudolf ELMER, denn er gilt - so hat der Trust es in einem Zwischenzeugnis geschrieben - als "critical thinker".
Weil eine Hausdurchsuchung bei allen Bankangestellten keine Belege zutage fördert, auch bei ELMER nicht, müssen sich alle einem Lügendetektortest unterziehen. ELMER macht auf Anraten seines Arztes ersteinmal nicht mit, weil er sich kurz zuvor bei einem Fahrradunfall den Rücken schwer verletzt hat und sich nur noch mit Schmerztabletten aufrecht halten kann.
Die Bank bzw. der Trust kündigt Rudolf ELMER. ELMER, der in der Schweiz inzwischen operiert wurde, weil es auf der Insel keine Medizinspezialisten gibt, kehrt nicht mehr nach Cayman Islands zurück.
"~Reudi, stop talking about JBBT business..." lautet eine E-Mail, die von einer anonymen Yahoo-Adresse aus Canada auf ELMER's Rechner einläuft. Und ELMER merkt, dass mindestens 11 Detektive auf ihn angesetzt wurden, die ihn, seine Frau und seine Tochter rund um die Uhr beschatten.
Und wieder eine anonyme Email: "Stop talking. We will kill you...". Diesesmal aufgegeben von einer öffentlichen Telefonzelle ("Publifon") aus am Bahnhof Zollikon. Dann weitere: "If you talk we will kill your child...". Und: "We will kill your child first, then your wife and then you if you do not stop...". Diesesmal abgesetzt in Wetzikon. Die Ermittlungen der Schweizer Staatsanwaltschaft fördern nichts zutage.
ELMER, dessen Job auf der Insel auch darin bestand, aus Sicherheitsgründen regelmäßig Updates aller Geschäftsvorgänge mit nach Hause zu nehmen oder bei drohenden Wirbelstürmen damit in die USA zu fliegen, verfügt wegen der unerwarteten Kündigung immer noch über einen kompletten Datensatz. Den übergibt er jetzt der Züricher Steuerbehörde.
Doch es kommt alles anders als gedacht: Rudolf ELMER wird verhaftet. Und seine Wohnung durchsucht. Das Bankhaus Julius Bär hat Strafanzeige erstattet, versucht ELMER weiter unter Druck zu setzen.
ELMER kommt erstmal wieder frei, findet einen neuen Arbeitgeber, für den er auf Mauritius arbeiten wird. Die Ermittlungen in der Schweiz laufen weiter.
2008 wird ELMER auf eine neue Plattform aufmerksam, die bisher niemand kennt. Sie nennt sich WikiLeaks. Zunächst testet ELMER die Plattform. Am 14. Februar 2008 ist es aber soweit: die Aufmerksamkeit zeigt sich weltweit
- für die Dokumente, die Einblick in die Geldgeschäfte der Julius Bär-Kunden auf den Cayman Islands geben
- und für die neue Enthüllungsplattform: "Free Speach has a Number: 888013160", meldet z.B. der Fernsehsender CBS
Die Schweizer Bank ist sauer. Die Schweizer Justiz, die sich als Beschützer des Schweizer Bankgeheminis versteht, ebenfalls. Beide schießen aus allen Rohren. Denn das Bankgeheimnis beginnt zu bröckeln - inzwischen verstehen auch die USA keinen Spaß mehr mit reichen Steuerflüchtlingen.
Während die Bank Bär Strafgelder im dreistelliger Millionenhöhe, z.B. an die US-Steuerbehörde zahlen muss, muss sich ELMER vor den Schweizer Gerichten verantworten. Durch mehrere Instanzen. Das kostet Nerven, Zeit und Geld. Und vor allem Rudolf ELMER's Gesundheit.
"Sie sind kein Whistleblower, sondern ein ganz gewöhnlicher Krimineller" - so legt einer der Richter sein eigenes Rechtsverständnis in Sachen Schweizer Justitia und Steuergerechtigkeit offen - nach einer Urteilsverkündung über Rudolf ELMER. Von der Verletzung des Bankgeheimnisses muss ihn der Richter freisprechen - das schweizerische Recht gilt nur in der Schweiz. Aber ELMER wird wegen Verletzung des "Geschäftsgeheimnisses" verurteilt. Und soll nun die Verfahrenskosten in Höhe von 325.000 Schweizer Franken bezahlen.