Das hat sich inzwischen geändert.
Unbekannte Whistleblower und an die 100 Journalisten in über 40 Ländern dieser Erde haben in koordinierten Aktionen mit ihren Veröffentlichungen die Politik zum Handeln gezwungen.
Begonnen hatte es Anfang April 2013 mit Offshore-Leaks - in dem Jahr, in dem wenige Monate später der Whistleblower Edward SNOWDEN der Weltöffentlichkeit die heimlichen Überwachungsmaßnahmen der US-amerikanischen NSA geoutet hatte, mittels derer selbst die (vermeintliche) Lichtgestalt Barack OBAMA Bundeskanzlerin MERKEL hatte abhören lassen.
Ein Jahr später, 2014, machte Antoine DELTOUR, Angestellter der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC in Luxembourg mit Hilfe eines französischen Journalisten öffentlich, dass die meisten großen internationalen Konzerne ihre europäischen Gewinne in Luxembourg versteuern ließen: Dort konnte man mit den Steuerbehörden über sehr geringe Steuersätze verhandeln. So hatten es Apple, Amazon, eBay, Pepsi, IKEA, die Deutsche Bank und rund 295 andere Unternehmen gemacht. Dies ist als Luxembourg-Leaks in die Annalen eingegangen.
Dass ausgerechnet ein europäisches Land sich als Steuerfluchtgehilfe verdungen hatte, löste im Europäischen Parlament und in der Öffentlichkeit große Entrüstung aus. Das Unverständnis war so groß, dass die europäischen Abgeordneten begonnen hatten, EU-weit Regeln zu fordern, mit denen Whistleblower in Zukunft geschützt würden.
Und so kam es auch. Ausgerechnet in einem "Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG)" wurde ein Paragraph 5 aufgenommen, der klipp und klar dies regelt: Die mit dem Gesetz angedrohten Sanktionen gelten nicht
- „zur Ausübung des Rechts der freien Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit, einschließlich der Freiheit und Pluralität der Medien;
- zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung oder eines beruflichen oder sonstigen Fehlverhaltens, wenn die Erlangung, Nutzung oder Offenlegung geeignet ist, das öffentliche Interesse zu schützen.“
Das gilt seit April 2019. In Kraft getreten sechs Jahre nach dem ersten steuerlichen Leak. Antoine DELTOUR wurde anfangs von den luxembourgischen Gerichten zu Geldstrafen verdonnert. Die letzte Instanz hatte ihn zum Schluss wegen "Diebstahls" von Firmenunterlagen zu einer symbolischen Strafe von 1 Euro verurteilt, ihn aber wegen Verletzung von Geschäftsgeheimnissen freigesprochen. Bzw. freisprechen müssen - das neu installierte EU-Geschäftsgeheimnisgesetz hatte seine Wirkung im voraus gezeigt.
Die Kette von Leaks war damit noch nicht zu Ende. 2015 folgte Swiss-Leaks mit Informationen aus der HSBC-Bank, die ihren Sitz in Hongkong hat, Steuerflucht- und Schwarzgeldgeschäfte über die Schweiz abwickelte.
Das Jahr 2016 wurde durch die panama-papers geprägt - das bishjer größte Datenleak mit über 11 Millionen Dokumenten, was fast 3 Terrabyte Datenmenge entsprach. Da tauch(t)en die Namen von Diktatoren, Sportlern (Lionel MESSI) und Politikern (z.B. auch enge Freunde von Wladimir PUTIN) und andere Millionäre/Milliardäre auf.
2017 dann das - vorläufig - letzte steuerliche Leak: die paradise papers: Korruption, Geldwäsche, Steuerhinterziehung.