Was es mit den "Cross Border Leasing"-Geschäften auf sich hat

Dummheit und Zocken in deutschen Rathäusern

Diese Karte des Leibnitz-Instituts für Länderkunde in Leipzig zeigt, wo vor allem in Deutschland Cross Border Leasing-Geschäfte abgeschlossen wurden. Es sind gleichzeitig jene Städte und Regionen, die jetzt Probleme haben. Probleme unter anderem durch die Finanzkrise verschärft: 


Probleme mit Geschäften, die so aussahen, dass die Lokalpolitiker entweder ihr Trinkwassernetz, das Klärwerk, die Strassen- oder U-Bahn oder auch das Hallenbad an US-amerikanische Investoren 'verkauft' hatten. Diese Anleger, die sich in so genannten Trusts zusammengefunden hatten, wollten vor allem Steuern sparen.  

Einen Teil dieses Steuervorteils erhielten die deutschen Städte und Gemeinden bei diesen Geschäften: in cash. Das größere Geld indes haben andere gemacht. Dafür blieben die deutschen Kommunen auf den Risiken dieser Verträge sitzen, die teilweise eine Laufzeit von 30, manchmal sogar von 99 Jahren haben. 

Was genau da vertraglich vereinbart wurde, was also ganz konkret in den Verträgen steht, und was das für finanzielle Auswirkungen hat und noch haben kann, das wissen nur sehr wenige. Denn jene Lokalpolitiker, die die mehr als 1.000 Seiten umfassenden Vertragsregelungen unterzeichnet hatten - meist in den noblen Empfangsräumlichkeiten international agierender Rechtsanwaltskanzleien mit Sitz in New York - dürfen darüber nicht reden. Die Abmachungen, erst recht die Details, sind geheim. Dazu mussten sich die gewählten Volksvertreter schriftlich verpflichten. Wie sich das mit demokratischen Spiel- und Transparenzregeln vereinbaren lässt, müssen die Politiker erst noch erklären.  

Jetzt müssen sie erst einmal erklären, wie sie die finanziellen Folgewirkungen zu bändigen gedenken, die eigentlich absehbar waren, wenn man sich nicht blind auf diese im wahrsten Sinne des Wortes 'dunklen', weil intransparenten Geschäfte eingelassen hätte. Roland KIRBACH, Autor bei der Wochenzeitung DIE ZEIT

 Über den ZEIT-Journalisten KIRBACH selbst finden Sie Informationen unter Über den ZEIT-Autor
Dass Cross Border Leasing (CBL) sogar auf eine Art von "Enteignung von Städten" hinauslaufen kann, darauf hat bereits Ende der 90er Jahre, als solche Praktiken in vielen Städten gerade Mode wurden, der Kölner Publizist Werner RÜGEMER immer wieder hingewiesen. Er wurde nicht wirklich gehört. Wir haben seine 'Geschichte' und seine kleine 'Auseinandersetzung' mit dem Verband Kommunaler Unternehmen (VKU) dabei kurz zusammengefasst unter Werner RÜGEMER - ein früher Warner.

Wie Cross Border Leasing funktioniert und wie man diese Art von Geschäften verständlich auf den Punkt bringen kann, versuchen wir ebenfalls. Und in der Kleinen Chronologie der hausgemachten Finanzkrise(n) versuchen wir die allerwichtigsten Ereignisse und Entwicklungen zu dokumentieren.  
Die beiden umfangreichen ZEIT-Artikel bieten eine kleine Auswahl der Geschehnisse deutschlandweit.

Um deutlich zu machen, wie sich solche Geschäfte inzwischen auch auf den Geldbeutel der Menschen auszuwirken beginnen, dokumentieren wir beispielhaft die engagierte Berichterstattung der Stuttgarter Zeitung. Der dort zuständige Redakteur Wolfgang MESSNER berichtet detailliert und kontinuierlich. Unter anderem darüber, wie die Schwaben aus ihrem Vertrag 'ausgestiegen' sind: Trinkwasser in Stuttgart: Ausstieg aus einem CBL-Geschäft.


(JL)