Georgien: nach dem Regierungswechsel 2012

Vor den Wahlen im Jahr 2012 gab es in Georgien 28 private Fernsehsender und zwei öffentlich-rechtliche. Diese Sender lassen sich unterteilen in Regierungs-und Oppositionsfernsehen. Wobei die öffentlich-rechtlichen meist von der Regierung kontrolliert wurden und die Privaten eher oppositionsnah berichteten. Auch wenn bei den privaten Fernsehanstalten der ein oder andere mal von Parteimitgliedern aufgekauft wurde. Zum Beispiel RUSTAVI 2 und IMEDI: obwohl privat wurden sie vom ehemaligen Staatspräsidenten Mikheil SAAKASHVILI kontrolliert. Die Opposition hingegen hatte die Sender MAESTRO und Tv9 in seiner Macht. Diese wurden vom heutigen Premierminister Bidzina IWANISCHWILI finanziert.

Das System vor den Wahlen war klar, und auch als Nichtkenner des Mediensystems war es leicht zu erkennen, welcher Sender welche Partei ergreift. So stand der Privatsender Rustavi 2 unter regelmäßiger Regierungskontrolle. Unparteiische Reportagen waren dort nie zu sehen. Die Regierung wurde immer als Held und die Opposition als Gegner dargestellt, der die „Russen“ und die Sowjetunion wieder ins Land bringen will.

Der georgische  Medienunternehmer Badri PATARKACISHVILI (Anhänger der Opposition) gründete 2003 die Imedi Media Holding (deutsch: Imedi = Hoffnung). Mit diesem Sender schien es tatsächlich so, als würde es einen kleinen Funken von unabhängigen Journalismus im Land geben. Außerdem grenzte er sich von den anderen durch seine innovative Technik und den spannenden TV-Formaten ab und zog somit  viel Aufmerksamkeit auf sich. Diese Aufmerksamkeit wurde genutzt, um in den Nachrichten unabhängige Beiträge gegenüber der Regierung zu senden. Diese Situation gefiel der Regierung nicht. Am 12.02.2008 starb der Medienunternehmer und Gründer des Senders an einen Herzinfarkt. Nach seinem Tod wurde der Imedi-Sender von der Regierung aufgekauft und damit auch kontrolliert.

Der private Sender namens Maestro, der oppositionelle  Berichtserstattungen ausstrahlte und sich traute, gegen die Regierung zu berichten, hatte jedoch ebenfalls keine ehrliche Berichtserstattung und galt somit auch nicht vertrauenswürdig.

Die Regierungswahlen, die danach im Jahr 2012 in Georgien stattfanden und mit einem Regierungswechsel ausgingen, brachten anfangs positive Veränderungen für die Medien und den freien Journalismus in Georgien mit sich. Es war auf einmal möglich, dass Journalisten öffentlich Kritik gegen den Politikern äußern konnten. Und dies wurde auch in einem Gesetz festgeschrieben. Der von der Vorgänger-Regierung kontrollierte Fernsehsender “Adjara-Tv” wurde unabhängig und mit ihm auch viele kleine Redaktionen, die sonst von der ehemaligen Regierung kontrolliert wurden. Sie waren vorher sozusagen öffentlich-rechtlich und somit vom Staat finanziert und aus dem Grund auch kontrolliert.

Mit dem Regierungswechsel wurden diese Medien von privaten Managern aufgekauft und seitdem nicht mehr vom Staat abhängig. Nach dem neuen Gesetz  können Journalisten nun auch endlich investigativen Journalismus betreiben und dürfen gegen die Barrieren in Gestalt von Beamten oder sonstigen höheren Mächten recherchieren. Konkret: Seit Januar 2014 sind Beamte, Anwälte und Politiker dazu verpflichtet, den Journalisten alle Informationen bereit zu stellen, wenn es um das allgemeine Interesse des Landes geht. Soweit steht es auf Papier, im Gesetz.

Anders die Realität: Eter TURADZE, Chefredakteurin der BATUMELEBI, erzählt wie schwer es ist, an wichtige Informationen heranzukommen. “ Was im Gesetz steht, interessiert diese Leuten nicht. Wenn wir wichtige Informationen anfragen, werden wir abgewiesen”, berichtet TURADZE. Hintergrund: Seit Oktober 2013 gibt es einen neuen obersten Staatsanwalt, zuständig für ganz Georgien, Otar PARTSKHALADZE. Er verbietet allen seinen Mitarbeitern jeglichen Kontakt zu den Medien.

Diese Tatsache wiederspricht dem Gesetz. Denn das sieht vor, dass solche Institutionen und Behörden verpflichtet sind, Informationen zu geben. Die Journalisten waren begreiflich ‚sauer’ und fingen an gegen zu recherchieren. Mit Erfolg. Der neue Georgien-Staatsanwalt Otar PARTSKHALADZE hat eine Vergangenheit in Deutschland: Dort wurde er wegen Diebstahls und Körperverletzung eines Polizisten in Augsburg festgenommen. Der für ganz Georgien zuständige Staatsanwalt leugnet alles. Aber Journalisten wie TURADZE geben nicht auf und recherchieren weiter.

Außerdem geben sie sich nicht damit zufrieden, dass gerade die Staatsanwaltschaft sich nicht an das hält, was im Gesetz steht. “ Wie soll so ein System funktionieren? Sie dürfen keinen Kontakt zu den Journalisten haben, im Gesetz steht jedoch, dass sie uns die Informationen zur Verfügung stellen müssen. Das ist eine Unverschämtheit, wir recherchieren und finden immer Skandale, die unsere gesamte Bevölkerung interessieren würden, können aber nichts veröffentlichen, weil uns prägende Informationen fehlen”, erzählt TURADZE. Für BATUMELEBI und andere engagierte Redaktionen hat sich also erst einmal nichts zum Positiven gewendet.

Die kleine Zeitung BATUMELEBI existiert nun seit 13 Jahren. Und versucht so objektiv und wahrheitsgetreu zu berichten wie es in einem solchen Land möglich ist. 2010 wurden die Redaktion  von Medienverbänden aus der EU zum informationsreichsten und glaubwürdigsten Medium im Kaukasus gekürt. Umso schwerer ist es für die kleine Redaktion, sich solche Schein-Änderungen im Gesetz gefallen zu lassen. Aus dem Grund beschloss die ehrgeizige Chefredakteurin sich dazu, die  Staatsanwaltschaft wegen Verweigerung von Informationen anzuzeigen. Das Verfahren läuft. Ob es erfolgsversprechend ist, wird die Zeit zeigen.

 

(AP)