Undercover in der Szene: Interview mit Thomas KUBAN

Ein Interview, das wir am 20. Januar 2008 geführt haben. Thomas KUBAN erklärt, wie man das macht: sich undercover in die Szene zu begeben und heimlich zu filmen. Und welche Probleme damit verbunden sind

 

ansTageslicht.de: Ich habe in einem Artikel von Dir gelesen, dass in Deiner Wohngegend vor rund zehn Jahren eine Skinhead-Party war. Hast du wirklich nur diese Veranstaltung als Anlass für Deine Recherchen genommen oder hat dich das Thema vorher auch schon interessiert? 

Ich habe mich vorher nicht mit der Thematik befasst. Also nicht mehr, als man das als Normalbürger tut. Natürlich bin ich gegen Nazis, aber ich habe da vorher keinerlei Aktivitäten entwickelt gehabt. Diese unmittelbare Nähe der Nazis war dann der Anlass, mir diese Szene mal näher anzuschauen – wobei hinzukam, dass ich Kontakt zu einem Rechercheur bekommen habe, der sich seit Jahren mit dem Thema befasst hatte und mir Information zukommen ließ. Ohne so einen Zugang ist es verdammt schwer, da rein zu kommen.

ansTageslicht.de: Was hat Dich trotz der Gefahren immer wieder dazu gebracht, am Thema dran zu bleiben?

Der eigentliche Reiz war die Recherche als solche: In eine Szene mit Leuten einzudringen, welche die Medien hassen, die keine Öffentlichkeit wollen und sich konspirativ verhalten. Deren Abschottungs-Mechanismen zu überwinden und dann öffentlich zu machen, was in dieser Szene passiert – das war die Herausforderung und zugleich eine Art Marktlücke. An der Neonazi-Musikszene sind nicht allzu viele anderen Journalisten dran, weil die Arbeit sehr zeitaufwendig und kostenintensiv ist. Das macht diese Recherchen für viele unattraktiv. Und auch mein Idealismus ging zwangsläufig nur so weit, wie meine Hausbank mir die Kredite erhöht hat.

ansTageslicht.de: War es im Laufe Deiner Recherchen nicht ein Problem, dass Du nie unter deinem eigenem Namen schreiben konntest und ist dies nicht auch ein Grund, weshalb sich andere Journalisten eher zurückhalten? 

Ich denke, dass wir Journalisten durchaus eitel sind und unseren Namen lesen wollen, wenn wir eine Geschichte an den Start gebracht haben. Das kann man bei so einer Recherche natürlich völlig vergessen. Ich habe vor Abschluss des Neonazi-Projekts meist sogar nicht einmal unter Pseudonym gearbeitet. Denn auch ein Pseudonym hinterlässt Spuren. Die Nazis hätten analysieren können, an welchen Geschichten ich dran war. Und Mosaiksteine – seien sie auch noch so klein – können irgendwann ein vollständiges Bild ergeben. Da es mich aber einfach nicht gegeben hat, haben sich die Nazis in wilde Spekulationen verstrickt – manche hatten sogar den Verdacht, dass der Verfassungsschutz oder der israelische Geheimdienst filmen. Für mich hatte diese gänzlich verdeckte Arbeitsweise jedoch auch Nachteile: Im Gegensatz zu anderen Nazi-Rechercheuren, die immer unter ihrem Namen oder einem Pseudonym gearbeitet haben, konnte ich mir bis zum Abschluss meiner Recherchen buchstäblich nie einen Namen machen. Das heißt, bei jedem Kontakt zu einer Redaktion habe ich wieder bei Null begonnen. Das hat es natürlich schon extrem erschwert. Dafür bin ich allerdings unerkannt geblieben; meine Identität ist nicht geknackt! Und wenn meine Recherchen wirtschaftlich gewesen wären, dann hätte ich weitergemacht und bis heute kein solches Pseudonym verwendet, wie es „Thomas Kuban“ eines geworden ist.

ansTageslicht.de: Ich habe gelesen, dass Du bis zu 40 Identitäten hattest. Was hast Du getan, wenn du Leute getroffen hast, die Dich unter verschiedenen Identitäten gekannt haben. Kam das vor? 

Nee, das ist nie vorgekommen. Die wenigsten Identitäten waren an meine Person gebunden. Die meisten habe ich nur im Internet benutzt. Von denen, die ich bei den Recherchen vor Ort verwendet habe, gab es nur sehr wenige. Und auch nie welche, die ich länger eingesetzt hätte. Ich habe sie ein oder zwei Mal verwendet und dann habe ich die nächste Identität angenommen – wobei ich mich zudem äußerlich massiv verändert habe.

ansTageslicht.de: Wie hast Du Dich immer wieder so verändert, dass nie Ähnlichkeiten aufgetreten sind. Sind die Möglichkeiten zur Veränderung nicht irgendwann ausgeschöpft?

Ja, irgendwann schon, klar. Aber ist gibt schon verdammt viele Möglichkeiten. Wie alleine verschiedene Bärte das Gesicht verändern können, ist ungeheuer. Ich habe im Laufe der Recherche selbst gestaunt, wie extrem man sich verfremden kann.

ansTageslicht.de: Ich hatte mich gewundert, wie lange man sich immer wieder verändern kann…

Ah, okay. Hinzu kommt aber auch noch, dass es sich nur bedingt einprägt, wenn man im Laufe eines Konzerts mit jemandem spricht. Das reicht kaum, um einen Monate später wieder zu erkennen, falls man sich zufällig noch mal über den Weg läuft. Und dadurch, dass ich ja in acht Ländern Europas unterwegs war, war die Wahrscheinlichkeit sehr gering, dass ich zufällig mit ein und der selben Person zweimal relativ intensiv in Kontakt komme.

ansTageslicht.de: Gab es denn auch mal kritische Situationen, in denen Du befürchten musstest “aufzufliegen“?

Einmal gab es eine solche Situation. Ich hatte den Eindruck, dass mir einer der Typen folgt und schaut, was ich mache. Da kann man sich natürlich auch täuschen. Ich hab auf jeden Fall versucht, mich möglichst unverdächtig zu verhalten und den Nazi ignoriert. Das ist übrigens eines der Hauptprobleme bei dieser Recherche-Form: Gerade am Anfang fühlt man sich ständig beobachtet. Aber es ist ja bei jedem normalen Rockkonzert auch so, dass man mal mit jemandem Blickkontakt hat – das ist einfach was ganz normales. Nur wenn man die Kamera am Körper hat, fragt man sich immer, ob dem doch was aufgefallen ist. Das ist natürlich Quatsch. Trotzdem war mir bei diesem einen Mal schon ziemlich mulmig! Vor allem war es so, dass ich, um die Geschichte abschließen zu können, noch bleiben musste. Ich habe es dann auch geschafft, aber der Abend war schon sehr unangenehm!

ansTageslicht.de: Hast Du eine Vermutung, warum dieses Thema nie so öffentlichkeitswirksam war, dass Du Deinen Lebensunterhalt damit bestreiten bzw. die Recherche- Ergebnisse gut verkaufen konntest? Eigentlich sollte man ja meinen, dass dieses Thema bei unserer Geschichte immer von Interesse sein sollte? 

Also, wenn man die Gesamtzahl der Verwertungen betrachtet, war ich sogar an relativ vielen Beiträgen beteiligt, wo zumindest mal ein Schnipsel Film von mir drin war. Dennoch waren die Investitionen höher als die Einnahmen. Man kann sagen: Entweder es gab zu wenige Verwertungen oder sie wurden zu schlecht bezahlt. Der Punkt ist einfach, wenn man zu einem Konzert ins Ausland fährt – sagen wir mal nach England oder nach Italien – dann sind ruckzuck 1000 Euro verbraten. Vor allem, wenn man nicht mit Nazis fährt, sondern mal Kollegen als Begleiter engagieren muss, wird es teuer. Schließlich müssen alle irgendwo übernachten.

Und das Benzin kostet bei so langen Strecken auch einiges. Wenn man bedenkt, dass ich mit der Kamera bei rund 25 Konzerten in acht Ländern Europas war und bei weiteren Veranstaltungen ohne Kamera – bei manchen konnte man auch nicht drehen, weil das Risiko zu hoch war - dann liegen die Kosten eben ganz schnell bei 25.000 Euro allein für die Fahrten. Und dann kommt die Kamera- und Ton-Technik hinzu, die auch viele tausend Euro verschlungen hat. Nicht zu vergessen die Pseudonym-Handys und die Szene-Kleidung. Ich habe beispielsweise unzählige T-Shirts gekauft, bei denen ich nachher feststellen musste, dass sich die Kamera da nicht unauffällig einbauen lässt. Ich habe inzwischen mehr Nazi-Kleidung als normale. Zudem habe ich viele, viele CDs gekauft. Das sind alles Kostenfaktoren. Und die Kollegen, die mitgegangen sind, mussten selbstverständlich auch honoriert werden.

ansTageslicht.de: Die Kosten für die Kollegen, musstest Du die auch übernehmen?

Ja, das habe ich zwar logischer Weise immer im Hinterkopf gehabt, wenn ich etwas verkauft habe. Aber die Summe lässt sich meist trotzdem nicht so hochschrauben, dass am Ende ein solider Gewinn liegen bleiben würde. Es sind insgesamt Kosten in Höhe von vielen 10.000 Euro angefallen, so dass sich die Recherchen einfach nicht wirtschaftlich betreiben ließen. Abgesehen vom Desinteresse vieler Redaktionen scheinen es die Etats der Fernseh-Magazine kaum mehr herzugeben, dass solche Recherchen angemessen honoriert werden. Hinzu kommt, dass beispielsweise die ARD-Politmagazine gekürzt worden sind und damit auch die Beitrags-Längen zurückgegangen sind. Das verstärkt die Tendenz, die es im Fernsehen ohnehin gibt, sich auf spektakuläre Einzelfälle zur stürzen und komplexe Hintergrund-Geschichten immer seltener zu nehmen. Es muss kurz, prägnant, und plakativ sein. Man braucht einen schnell vermittelbaren Missstand und einen Schuldigen dazu, wobei die Schuld-Frage ebenfalls schnell und klar zu beantworten sein muss.

Das Ergebnis waren in meinem Fall oft Geschichten nach folgendem Strickmuster: „Am Ort X war ein Neonazi-Konzert. Der Verfassungsschutz hat der Polizei nichts gesagt oder die Polizei hat aus anderen Gründen nicht eingegriffen. Das darf nicht sein. Was sagt Experte Y dazu? So kann’s nicht weitergehen.“ Eine Hintergrund-Geschichte darüber, wie das internationale Neonazi-Netzwerk „Blood & Honour“ europaweit eine neonazistische Jugendkultur auf- und ausbaut, wollte hingegen keiner haben. Da müsste man dann erst einmal erklären, was „Blood & Honour“ ist – und schon das ist vielen Fernseh-Redaktionen zu komplex oder zu speziell, wie sie sagen. Nur ist „Blood & Honour“ in Europa leider mal die treibende Kraft, wenn es darum geht, Jugendliche für die Neonazi-Szene zu ködern. Man müsste sich darüber hinaus journalistisch mit dem Polizei-Apparat und seinen Zuständigkeits-Strukturen auseinandersetzen und erklären, dass die deutschen Landeskriminalämter keine internationale Szene unter Kontrolle bekommen können.

ansTageslicht.de: Da wird es wahrscheinlich auch zu schwierig für die Zuschauer, weil man nicht mehr sagen kann, das ist der Böse und das sind die Guten…

Also, zumindest kann man das nicht plakativ sagen. Es krankt zum Beispiel daran – um bei diesem Beispiel zu bleiben – dass das Bundeskriminalamt bezüglich Neonazi-Konzerten keine Präventivaufgaben hat, sondern nur die Landeskriminalämter. Das bedeutet, wenn ein Konzert in einem Dreiländereck angekündigt wird, dann weiß man nicht, ist das jetzt in Niedersachsen oder in Nordrhein-Westfalen oder rutscht das womöglich sogar noch nach Hessen runter. Im einen Land stehen vielleicht drei Hundertschaften Bereitschaftspolizei zur Stürmung bereit, in den anderen zwei Ländern nicht. Das ist das Problem. Und die Nazis nutzen das aus. Es würde viel einfacher, etwas gegen die Szene zu unternehmen, wenn es auf Bundesebene eine Koordinierungsstelle der Polizei gäbe, die sich um die Vorermittlungen bezüglich Neonazi-Konzerten kümmert und anschließend um den Einsatz. Und auf europäischer Ebene sollte Europol diese Aufgabe übernehmen.

ansTageslicht.de: Hier stellt sich dann ja wieder die Frage, warum das nicht so gemacht wird! Eigentlich sollte man ja vermuten, dass alle ein Interesse daran haben sollten, solche Konzerte zu verhindern! 

Das sehe ich genauso! Deshalb hätte ich ja immer gern mal diese strukturelle Geschichte gemacht, um da mal den Finger in die Wunde zu legen. Man kann es auch so sagen: Wo ein Innenminister da ist, der die Konzerte aufgelöst haben will, dort wird das auch gemacht. Bei allen anderen finden sich unzählige juristische Gründe, warum das jetzt gerade nicht geht und folglich nicht gemacht wird.

ansTageslicht.de: Hast Du das Gefühl, dass das Phänomen Rechtsextremismus in Deutschland ausreichend wahrgenommen wird, z.B. von der Politik?

Hierzu folgendes Beispiel: Im Frühjahr 2007 hat des Bundesinnenministerium auf eine Anfrage der Linkspartei zum Thema Neo-Nazis geantwortet. In der Antwort stand drin, das „Blood & Honour“-Verbot in Deutschland sei furchtbar erfolgreich gewesen, weil die internationalen Kontakte der deutschen Neonazis massiv abgenommen hätten – zum Beispiel in der Form, dass beim “Day of Honour” – dem Tag der Ehre – in Ungarn praktisch keine deutsche Beteiligung mehr feststellbar gewesen wäre, was früher anders gewesen sei. Das Ganze war im März 2007. Im Februar 2007 war ich mit der Kamera beim “Tag der Ehre“ in Ungarn und dort waren viele Deutsche! Dort war sogar der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt und dort waren weitere hochrangige NPD-Mitglieder, die sogar als Redner aufgetreten sind. Es waren auch bei dem Konzert im Anschluss an die Gedenkveranstaltung, abends, geschätzt 80 Deutsche da. Also wenn man bedenkt, wie weit Ungarn weg ist, sind das ziemlich viele, finde ich! Aber in der Ministeriums-Mitteilung vom März stand wie gesagt drin, dass fast keine Deutschen mehr dort gewesen seien.

ansTageslicht.de: Wie hast Du Deine mit Deiner Arbeit verbundenen Veränderungen in Deinem sozialen Umfeld erklärt, hast Du überhaupt noch Zeit für dein Privatleben? 

Ein Privatleben habe ich praktisch nicht. Grundsätzlich wissen natürlich ein paar Leute in meinem Umfeld, was ich mache – aber der Kreis derer, ist sehr begrenzt. Problematisch war vor allem, dass man dauernd unterwegs ist, aber nicht sagen kann, warum. Allerdings habe ich eh keine Bekannten, mit denen ich mich zum Grillen treffen würde oder so.

ansTageslicht.de: Das war aber auch vorher schon so? Also, es ist jetzt nicht so, dass das alles komplett zusammengebrochen ist wegen Deiner Arbeit? 

Sicher hat sich manches in meinem Leben mit den Recherchen verändert. Man führt ja mit der Zeit eine Art Doppelleben, wenn man das so intensiv betreibt, wie ich es getan habe. Allerdings war ich schon vorher kein freizeitorientierter Mensch. Mein Party-Leben konnte beispielsweise nicht zusammenbrechen, weil ich nie ein solches geführt habe.

ansTageslicht.de: Ich persönlich stelle es mir schwierig vor, nie erzählen zu können, was ich tue. Man wird doch sicherlich auch Dinge sehen, die einen bewegen. Ist es nicht schwer, darüber nie reden zu können?

Es gibt natürlich schon ein paar Leute, mit denen ich darüber reden kann. Allerdings habe ich keine Probleme gehabt, zu verarbeiten, was ich erlebt habe. Okay, Albträume, die hatte ich schon. Ich bin im Schlaf oft von Nazis gejagt worden. Aber das ist vorbei, seit ich die Kamera-Einsätze beendet habe. Insofern habe ich da keine Schwierigkeiten.

ansTageslicht.de: Wahrscheinlich auch, weil Du Dir vorher genau überlegt hast ob Du das machen willst oder nicht…

Nun, ich halte innerlich eine relativ große Distanz zu den Recherche-Objekten. Generell! Egal, ob das Nazis, oder ob das andere sind. Obwohl ich da eine Rolle spiele, obwohl ich da mitten drin bin, berührt mich das Geschehen praktisch nicht. Wenn das passieren würde, würde die Gefahr bestehen, dass man emotional reagiert – und dann neigt man zu Fehlern. Deshalb ist diese Distanz sehr, sehr wichtig.

ansTageslicht.de: Ich habe in Deinem Artikel gelesen, dass Du irgendwann nur noch Rechtsrock gehört hast, um Dich vorzubreiten und anzupassen. Läuft man nicht Gefahr, gewisse Denkschemata der Szene unbewusst zu übernehmen, wenn man den größten Teil seiner Zeit in dieser Szene/mit dieser Musik verbringt?

Nein, diese Gefahr hat nicht bestanden. Ich bin allenfalls insoweit abgestumpft, dass ich im engsten privaten Umfeld mal eine zynische Bemerkung zum Thema Ausländer gemacht habe, die ich früher nicht gemacht hätte. Dass neonazistische Überzeugungen auf einen abfärben, kann aber nicht passieren. Die singen inhaltlich einen derartigen Krampf zusammen – wären nicht immer wieder übelst menschenverachtende Passagen darunter, dann würde man sich schlicht und einfach an den Kopf fassen und vielleicht sogar darüber lachen. Zudem lässt sich im Fall der Neonazi-Musik-Szene eine klare Grenze ziehen, ab wann man sich zum Zweck der Recherche in diese andere Welt begibt.

Viel schwieriger finde ich es, wenn man ins NPD-Umfeld kommt und zum Beispiel lange Reden hört. Ich fürchte, da kann es schon passieren, dass sich einem das eine oder andere historische Detail falsch einprägt. Denn wer weiß nach fünf oder zehn Jahren noch, was er wo gehört oder gelesen hat. Da ist es schon fraglich, ob das Gedächtnis das mit zeitlichem Abstand noch sauber getrennt bekommt. Aber wie gesagt: Da geht es allenfalls um Details. Vielleicht bleibt mal ein Fetzen Weltverschwörungs-Theorie in Sachen 11. September hängen. Aber natürlich wird man nicht ausländerfeindliche Aussagen irgendwann als Fakten betrachten.

ansTageslicht.de: Aber ist es nicht gerade bei NPD-Leuten auch schwierig, denen nie recht zu geben? Bei denen trifft dieses Klischee, sie seien dumm, ja nicht immer zu. Viele von denen haben ja auch ganz “normale“ Berufe und können Dinge ja bestimmt auch recht sinnvoll begründen, oder?

Jein. Die Überzeugungskraft dessen, was sie erzählen, ist – insgesamt betrachtet – nicht wirklich hoch. Aber es gibt durchaus Themenbereiche, wo so argumentiert wird, dass es manches zumindest im ersten Moment logisch erscheint. Wenn man einen Horst Mahler beispielsweise über die Anschläge vom 11. September reden hört, dann erklärt er das schon sehr schlüssig, warum das nun möglicherweise doch nicht Al Kaida war, sondern jemand anderes. Ich selbst habe mich mit dem Ablauf der Terroranschläge nie im Detail befasst – folglich kann ich jetzt auch nicht sagen, wo Mahlers Darstellung möglicher Weise beziehungsweise sehr wahrscheinlich falsch ist. Bei anderen Veranstaltungen, zum Beispiel im Wahlkampf, ist es hingegen ganz offensichtlich, wo die Argumentation krankt. Wer mit halbwegs offenen Augen durch die Welt läuft, weiß einfach, dass Deutschland beispielsweise wirtschaftlich dringend auf Zuwanderung angewiesen ist und es der Ruin dieser Gesellschaft wäre, alle Migranten abzuschieben. Von ethischen Aspekten ganz zu schweigen. Die Gefahr einer ideologischen Beeinflussung geht also gegen Null.

ansTageslicht.de: Hattest Du Probleme mit Antifaschisten, die Dich für einen Nazi gehalten haben? Insbesondere bei eventuell gestörten Konzerten etc, wo Du Dich nicht outen durftest?

Gott sei Dank nicht! Aber die Gefahr bestand durchaus. Speziell, wenn man zu Konzerten unterwegs ist, gibt es irgendwann mal den Punkt, an dem man die Verkleidung vollends komplettiert und ab da ist man dann Nazi. Da kann man dann zum Beispiel an einer Tankstelle auch nicht mehr anders auftreten. Wenn man in die Nähe eines Treffpunktes kommt, muss man damit rechnen, dass man Nazis trifft und da kann man dann nicht mehr anders aussehen, als nachher beim Konzert. Das heißt. Ab einem bestimmten Zeitpunkt musste ich die Rolle auf Gedeih und Verderb spielen. Das hat dann auch zur Folge, dass man in die entsprechenden Polizeikontrollen kommen kann. Aber ich bin zum Glück nie irgendwelchen Punks über den Weg gelaufen, die mich verkloppen wollten!


(Interview: DJ)