Die Berichte der Sächsischen Zeitung, 11.06.2015

Aus dem Gerichtssaal - unter Beobachtung?

Ein Angeklagter stahl für sein Heroin. Dass er auch mehrfach zugeschlagen hat, bestreitet der Soldat aus Tschetschenien.

Gestern gab‘s ein überraschendes Wiedersehen vor Gericht. Richter Hans Hlavka verhandelte gerade eine Schöffensache gegen einen 37-jährigen Asylbewerber wegen Diebstahls und Körperverletzung, als plötzlich die Tür aufgeht und Lutz Bachmann hereinkommt. Der Chef des asylkritischen Bündnisses Pegida verfolgte die Verhandlung als Zuschauer. Der 41-Jährige kennt den Richter bereits aus mehreren eigenen Strafprozessen. Will Pegida jetzt neben dem Oberbürgermeister-Kandidaten Dirk Hilbert und dem - O-Ton Pegida - "rot-rot-grün-versifften" Stadtrat nun auch noch der Justiz auf die Finger sehen? Das jedenfalls ist eine Frage, die sich Prozessbeteiligte und Zuschauer stellten. Noch vor den Plädoyers jedoch war Bachmann wieder verschwunden.

Der Angeklagte Dzhamalayla B. stammt aus Tschetschenien, hat dort im Krieg gegen Russland gekämpft und kam etwa 2002 erstmals nach Deutschland. Laut Anklage hat der 37-Jährige zwischen Dezember und Februar zehn Ladendiebstähle begangen. Bei Real, im Mediamarkt, im Kaufland, im Hugendubel und bei Müller. Meist wurde er mit DVDs für mehrere Hundert Euro erwischt, aber auch mit Radios und einem Sat-Receiver. Außerdem habe B. eine Ladendetektivin geschlagen, als sie ihn mit einem Kollegen ins Büro geführt habe. Erst im März habe er auch im Sozialamt in der Riesaer Straße zweimal zugeschlagen.

Angeklagter bestreitet alle Schläge

Die Diebstähle räumte B. sofort ein, die Prügel-Vorwürfe jedoch nicht. Er sagte, die Ladendetektivin habe ihn so fest gehalten, dass er versucht habe, die Umklammerung zu lockern. Dabei habe er die Frau mit der Schulter getroffen, ohne Absicht. Im Sozialamt sei es zu einem Streit mit seiner Sachbearbeiterin gekommen, weil sie ihm Geld für seine Kinder verweigert habe. Er habe ein Blatt Papier gefaltet und ihr nur damit ins Gesicht geschlagen. Später habe er dort einen Ordner "weggeschoben", aber nicht geschlagen. Dann hätten ihn die Ordner umgerissen, sich zu sechst auf ihn geworfen, er habe keine Luft bekommen. "Was soll ich machen? Ich bin schuldig, aber auch krank", sagte er. Er sei im Krieg am Kopf getroffen worden, nehme seit Jahren Heroin. Zuletzt habe er auch Crystal genommen. Daher sei er im Sozialamt so aufgeregt gewesen.

Die Zeugen jedoch berichteten von gezielten Schlägen. Die Detektivin sprach von einem schmerzhaften Faustschlag "in die Hundert", ihr Geschlechtsteil. Hinzu käme ein weiterer Schlag gegen die Brust. Die Sachbearbeiterin berichtete von einem Schlag mit dem Handrücken. Es sei nicht das erste Mal gewesen, dass es mit B. in ihrem Büro zum lautstarken Streit gekommen war. Er habe seine Leistungen korrekt erhalten. Auch der angegriffene Wachmann berichtete von Schlägen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe von 22 Monaten, wie von der Staatsanwältin gefordert. Für eine Bewährung, wie vom Verteidiger gefordert, sehe er keine Chance, so Richter Hlavka: "Sie standen unter Bewährung". B. hat zwölf Vorstrafen und wurde erst im Februar zu eineinhalb Jahren Haft verurteilt. Demnächst wird sich wohl das Landgericht über eine Gesamtlösung für B. Gedanken machen müssen.