Süddeutschen Zeitung 2014/2015, 01.02.2014

von Bastian OBERMAYER, Uwe RITZER

Das Kartell

Neue Recherchen zeigen, wie dreist beim ADAC begünstigt, bestraft und abkassiert wurde. 
Auch beim Pannendienst. Nutznießer waren stets dieselben wenigen Funktionäre 

München  – Da liegt es also, das unerhörte Manuskript: 139 Seiten über den großen deutschen Automobilklub, geschrieben von einem, der jahrelang zur obersten Etage des ADAC gehörte. 139 Seiten, auf denen es um all das geht, was in den Schlagzeilen ist: die unheimliche Macht und die Milliarden des Vereins, fragwürdige Tests, unbändige Geschäftemacherei und das dauernde Abgreifen der Funktionäre. 
  Wäre dies hier als Buch auf dem Markt, man würde von einem Skandalbuch sprechen. Aber es ist mehr als das, es ist die Studie eines seltsamen Vereins, geführt von einer sehr kleinen Truppe meist mittelmäßiger Funktionäre, die vor allem von ihren ganz eigenen Interessen geleitet werden. 
  „Gelbe Gier“ lautet der Titel. 
  Geschrieben hat das Skript Alfons Kifmann, der Vorgänger des ehemaligen ADAC-Medienchefs Michael Ramstetter, der mit seinen Manipulationen beim ADAC-Autopreis „Gelber Engel“ den Verein in die Krise getrieben hat. Allerdings war Kifmann weit mehr eingebunden in die Strukturen, er war nicht nur Journalist, sondern auch oberster Pressesprecher, Redenschreiber und vor allem: Er war einer der Geschäftsführer des ADAC. Was er erlebt hat, schrieb er in den vergangenen Jahren auf, immer mal wieder und mehr für sich selbst. Dann lag das Manuskript ein paar Jahre in der Schublade, bis Kifmann sich jetzt wieder daran erinnerte. Alle Namen auf den 139 Seiten sind verändert, die Personen aber klar erkenntlich, wie das in Schlüsselromanen eben der Fall ist. Und dieser Roman ist tatsächlich ein Schlüssel zu all dem, was in den vergangenen Wochen rund um den ADAC passiert ist. 
  Wer die „Gelbe Gier“ gelesen hat, versteht das Innerste des ADAC. Und wer die „Gelbe Gier“ gelesen hat, staunt, wie viele der alten Geschichten sich eins zu eins auf die Gegenwart übertragen lassen. 
  So gab es schon zu Kifmanns Zeit – in den 1990er-Jahren – die Idee, einen ADAC-Autopreis zu vergeben, einen Preis, wie es später dann der „Gelbe Engel“ wurde. Kifmann schrieb ein Konzept und legte es dem Präsidium zum Beschluss vor. Aber er kam nicht weit. „Die Runde war sich einig: Dann gäbe es einen Gewinner und acht Verlierer. Das Präsidium wollte aber mit allen Autoherstellern Geschäfte machen.“ 
  Lässt sich das monströse Problem des ADAC im Jahr 2014 besser beschreiben? 
  „Die Gier ist das Hauptproblem des ADAC“, sagt Alfons Kifmann, „die persönliche Gier einer kleinen Kaste von Funktionären, und die große Gier nach mehr Macht und Geld für den Verein.“ 
  Man trifft sich in Alfons Kifmanns Wohnung im zehnten Stock eines Hochhauses im Münchner Osten, aus dem Fenster ein Rundumblick von den Alpen bis zur Frauenkirche, auf dem Tisch ein paar alte Ausgaben der ADAC-Zeitschrift Motorwelt . Kifmann war vom Stern zum Mercedes-Magazin und schließlich 1994 zum ADAC gekommen, in jener Zeit, als der Pannenhilfe-Verein sich endgültig aufmachte, das zu werden, was man heute staunend besichtigt: Ein profitgetriebener Großkonzern mit mehr als 8000 Mitarbeitern, Milliardenumsätzen und Milliardenvermögen, gesteuert von einem winzigen Häuflein ehrenamtlicher Funktionäre, die niemand kontrolliert. Ehrenamt sticht Hauptamt: So war das schon früher, so war es noch, als Kifmann 1998 die Motorwelt verließ, so ist es noch heute. Und das ist ein Problem. 
  Alfons Kifmann hat in den vergangenen Tagen aus der Ferne miterlebt, wie das Führungspersonal des Vereins das Desaster um die gefälschten Abstimmungszahlen nicht in den Griff bekam. Der Verein taumelt wie ein angeschlagener Boxer, die Funktionäre versprechen Besserung, aber was der ADAC braucht, ist eine Revolution. 
  Jede Zeitung, die mag, bekommt derzeit etwas vom Skandalkuchen ab, seit die SZ die Zahlenmanipulationen rund um den „Gelben Engel“ am 14. Januar aufdeckte. Der Verein der 19 Millionen Mitglieder ist da eine Art Füllhorn, manchmal kommen auch nur Streusel raus, mit ADAC-Hubschraubern trocken geföhnte Fußballplätze zum Beispiel. Dann gab es die ADAC-Funktionärs-Villa im Taunus, die Urlaubsflüge im ADAC-Jet, die Dienstreisen des Präsidenten mit dem Rettungshubschrauber. Der Grund: Macht plus Geld bei gleichzeitig vollkommener Abwesenheit von Kontrolle. Nicht die Ausnahme, sondern die Regel ist hier das Problem. 
  „Sehen Sie“, sagt Kifmann, „diese Hubschrauberfliegerei, das mag alles verwerflich sein. Aber viel interessanter ist doch, dass eine ganze Reihe von Funktionären durch ihr Ehrenamt sehr viel Geld verdienen konnte.“ Und das geht so: Der Verein hat lukrative Geschäfte zu vergeben, beispielsweise gehen die Schadensfälle der hauseigenen Rechtsschutzversicherung an ADAC-Vertragsjuristen. Zahlreiche hochrangige ADAC-Funktionäre sind oder waren über viele Jahre gleichzeitig: ADAC-Vertragsjuristen. Einer von ihnen war der ehemalige Berlin-Chef des ADAC, Wolf Wegener, ADAC-Generalsyndikus, Honorarkonsul von Monaco und Autor der unlängst veröffentlichten Polemik „Deutschland schafft das Auto ab“. 
  „Der hat als ADAC-Anwalt gut verdient, und das war auch kein Geheimnis“, sagt Kifmann. Wegeners Kanzlei logierte in einer feudalen Villa in Potsdam, an der an allen vier Ecken seine Initialen angebracht waren. Auf zwei Etagen seine Kanzlei, im Erdgeschoss ein kleines ADAC-Büro. Einer der aktuellen Vertragsanwälte ist ADACVizepräsident Ulrich Klaus Becker. Es hat sich nicht viel verändert. 
  Fast so lukrativ ist auch das Gutachterwesen für Sachverständige, vor allem für solche, die sich ADAC-Vertragssachverständige nennen dürfen. Auch unter ihnen findet man viele Funktionäre. Von den Delegierten der Jahreshauptversammlung 2012 profitieren nach SZ-Zählung etwa ein Drittel offenbar auch privat vom ADAC: Verkehrsrechtsanwälte, Geschäftsführer von ADAC-Filialen, Werber, TÜV- und Dekra-Angestellte oder Autohausbesitzer, Motorradhändler und Kartbahnbetreiber, Fahrschulinhaber und Fahrsicherheitstrainer. So finden Ehrenamt und Lebensunterhalt zusammen. 
  In ein Geschäft anderer Art ist nach SZ-Informationen Präsident Peter Meyer verwickelt: Seine Unterschrift steht unter einem Vertrag, den der ADAC Nordrhein 2009 mit einer Firma namens Wige Performance geschlossen hat. Vertragsinhalt: Der ADAC gewährt 200 000 Euro „Werbekostenzuschuss“ für ein „Gläsernes Studio“ auf dem Nürburgring, das dafür nach dem ADAC benannt werden würde. Außerdem wurde ein Hubschrauberlandeplatz als „ADAC-Heliport“ ausgewiesen und ADAC-Reklame auf dem Wegweisersystem am Ring angebracht. Eine Menge Geld, die ADAC-Präsident Meyer da für eine sehr überschaubare Leistung ausgeben ließ. Meyer leitet den ADAC Nordrhein seit bald zehn Jahren, und noch länger kennt er Peter Geishecker, den Mann, der einer der zwei Geschäftsführer der Wige Performance war, als diese den 200 000-Euro-Vertrag mit dem ADAC einging. Geishecker war auch Gesellschafter der Mutterfirma jener Wige Performance, vor allem aber hat er seit 1981 verschiedene, darunter hohe Posten im ADAC Nordrhein inne. 
  Nun ist es ADAC-Funktionären untersagt, im Namen des Vereins Aufträge an Funktionäre zu vergeben. In diesem Fall aber hatte der sechsköpfige Vorstand des ADAC Nordrhein – in dem Meyer und Geishecker saßen – gemeinsam mit dem Vorstandsrat dieses Verbot aufgehoben. 
  Der ADAC lässt auf Anfrage ausrichten, es sei bei jenem Vertrag lediglich um eine „satzungsgemäße Förderung des Motorsports gegangen“. Geishecker versichert, alles sei damals „sauber getrennt“ worden, und die Leistungen seiner Wige Performance für den ADAC Nordrhein seien sogar noch deutlich mehr wert gewesen als die 200 000 Euro. Später wurde der Vertrag aufgelöst, Wige Performance zahlte 100 000 Euro zurück. 
  Diese Verstrickung des ADAC-Präsidenten – der sich jetzt in einem Interview in der hauseigenen Motorwelt über die Vergehen seiner ADAC-Kollegen sehr wundert – wird ihm zusetzen, vor allem, weil er im selben Interview die „Verantwortung des Einzelnen“ betont. Auf einer höheren Ebene aber ist die Selbstbedienungsmentalität der Funktionäre ein Problem, mit dem ein geschickter Krisenmanager fertig würde: Die Schuldigen opfern, Transparenz zeigen, neue Regeln verkünden und dann darauf warten, dass die Meute weiterzieht. 
  Das größere Problem aber wird bleiben: der riesige Konzern, der sich stets hoch moralisch gibt. Die rund 40 Tochterunternehmen, die alle vom glänzenden Image des oft so sagenhaft amoralischen Vereins leben. „Ein Präsidiumsmitglied hat mir mal gesagt: Unter der gelben Marke bekomme ich alles verkauft“, erzählt Kifmann. 
  Der Mann hatte recht. 
  Wurde nie überlegt, ob die Geschäfte mit den hehren Zielen des Vereins oder den Anliegen der Mitglieder kollidieren? Kifmann winkt ab: „Das wurde kurz diskutiert, aber letztlich wurden die Einwände beiseite gewischt.“ Das ist auch der Grund, warum Kifmann jetzt an die Öffentlichkeit geht: „Weil sich die Idee des ADAC inzwischen gegen ihren Erfinder gewandt hat, und weil man den Klub vor seinen Funktionären und deren Tun schützen muss.“ 
  Und es kommt noch schlimmer. Die Geschäftemacherei betrifft nun nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung auch die beiden sensibelsten Bereich des ADAC: die Tests und die Pannenhilfe. 
  Mehrere frühere und derzeitige Pannenhelfer berichten, sie würden massiv gedrängt, nicht nur Pannen zu beheben, sondern auch beim Geldverdienen zu helfen. Zum einen sollten sie Mitglieder anwerben und möglichst viele Abtretungsverträge zurückbringen, mit denen der ADAC sich, wenn möglich, die Einsatzkosten dann von der Schutzbriefversicherung wiederhole. Zum anderen sollten sie Autobatterien verkaufen. Je mehr, desto besser, und je mehr, desto mehr Gehalt: Die Fahrer, die „gelben Engel“, bekommen Prämien für verkaufte Batterien, weil der ADAC an jeder Batterie mitverdient. Seit Jahren liefert Varta dem ADAC große Mengen Batterien, die der Verein dann wiederum mit Aufschlag an seine havarierten Mitglieder verkauft. Schon das ist schwierig. Aber warum ein Exklusivvertrag mit nur einem Hersteller, also Varta, der in den ADAC-Tests nicht immer die besten Noten hatte? In den Fahrzeugen der Straßenwachtfahrer sei „nur beschränkter Platz für Batterien vorhanden“, erklärt der ADAC. Da bleibe kein Raum mehr für „das Mitführen typgleicher Batterien unterschiedlicher Hersteller“. Es passen also zehn Batterien ins Auto, aber nicht zehn von unterschiedlichen Herstellern? Interessante Logik. 
  Wie geht der ADAC damit um, dass er weiterhin Varta-Modelle testet? Das sei kein Problem, lässt der ADAC ausrichten, die Testkriterien seien neutral. 
  Die mit Abstand häufigste Ursache für eine Panne ist: eine leere oder defekte Batterie. Alleine 2012 waren das laut ADAC-Pannenstatistik 685 751 Fälle. Aber ein Großteil der entleerten Batterien ist nicht defekt, sondern eben nur leer. Die Folge des Prämiensystems sei, so behauptet es ein Straßenwachtfahrer, der zehn Jahre als Gelber Engel fuhr: „Autofahrern werden Batterien aufgeschwatzt, die sie nicht brauchen, oder die sie bei einem regulären Einkauf weit günstiger bekommen könnten.“ 
  Und wer widerspricht schon dem dringenden Rat des ADAC-Pannenhelfers auf dem Seitenstreifen einer Autobahn? 
  Pannenhelfer bekommen ein Grundgehalt, sie erhalten Sonderzahlungen, und sie bekommen Leistungsprämien. Für ein neues Mitglied, für ein Upgrade der Mitgliedschaft – und für Batterienverkauf. Wer wenig leistet, die Zielvorgaben verfehlt, wird nach Auskunft von Straßenwachtfahrern in Vier-Augen-Gesprächen zur Rechenschaft gezogen. Wer überhaupt nicht spure, werde nicht weiterbeschäftigt. Andere überträfen sich währenddessen im Verkauf der Batterien: „Ich konnte manchmal keinen Beifahrer mehr mitnehmen, weil ich sogar vorne noch Batterien gelagert hatte“, erzählt ein Pannenhelfer. 
  Der ADAC bestreitet nicht, dass es Prämien in Verbindung mit verkauften Batterien gibt, wohl aber, dass dieses System dazu führt, dass unnötig Batterien verkauft würden. Alles werde intern streng kontrolliert, alles stehe auf dem Prüfstand. 
  Das kennt man, das hat man in den letzten beiden Wochen sehr oft gehört. 
   Wer auch immer die Idee hatte, die „gelben Engel“ für verkaufte Batterien zu belohnen, hat verkannt, was dabei in Wahrheit verkauft wird: die Seele des Vereins. 
  Wenn man mit Mitarbeitern aus der ADAC-Versicherungssparte spricht, hört man viel von solchen und strengeren Zielvereinbarungen, und nach der Durchsicht Hunderter Seiten interner Unterlagen versteht man noch besser, wie enorm hoch der Druck auf die Verkäufer ist. Einerseits verständlich, befinden sich die ADAC-Versicherungen ja im Wettstreit mit großen Konzernen – und der Partner des ADAC-Joint-Ventures ist mit der Zurich Versicherung selbst einer der ganz Großen. Andererseits verkauft der ADAC seine Versicherungen grundsätzlich nur an Mitglieder, darauf basiert auch das BGH-Urteil, das dem Verein die kommerziellen Aktivitäten erlaubte. Aber man kann schlecht einerseits Verbraucherschützer sein und seine Mitglieder vor dem Unbill der Welt schützen wollen – und gleichzeitig die Mitarbeiter anleiten, den Mitgliedern so viele Versicherungen wie möglich anzudrehen. 
  War dieses Problem im Präsidium Thema, als man an die Zurich Versicherung herangetreten ist? Kifmann zuckt mit den Schultern: „Kaum. Das Interesse am Geschäft war größer, in jedem Bereich.“ 
  Diskussionen im Präsidium gab es über die Jahre immer wieder, wenn ADAC-Tester sich auf vermintes Gelände begaben, sprich: auf Geschäftsfelder des Vereins. Die Marschrichtung war klar: Es gab, so erzählt es Kifmann, die unmissverständliche Ansage, auf die Interessen der kommerziellen Töchter Rücksicht zu nehmen. „Man nannte es ,abstimmen’“, erklärt Kifmann, „wir von der Motorwelt sollten uns mit den Kollegen der Töchterfirmen abstimmen.“ 
  Ein Beispiel: Einer der ersten großen, europaweiten Tests des ADAC war der Fährentest, der Mitte der Neunzigerjahre eingeführt wurde. Nun fiel dem Präsidium auf, dass auch der ADAC über seine Reiseagentur Fährenpassagen anbot. Und man wollte die Geschäftspartner ja nicht verärgern. „Da wurde dann wirklich hin und her überlegt, bis man eine Lösung hatte“, sagt Kifmann. Die lautete: Man testete immer auch Fähren, die mit Seelenverkäufern auf kaum frequentierten Strecken fuhren. So hatte man Testverlierer sicher, und verlor gleichzeitig keine Geschäftspartner. 
  In der Folge entstanden weitere Fährentests, Tunneltests, Brückentests und so weiter. Ein Erfolgsmodell, das zumindest anfangs unter vorsichtiger Rücksichtnahme auf Geschäftsinteressen funktionierte. Inzwischen mehren sich auch bei anderen Tests die Zweifel an der Objektivität von Tests und Testern. So soll der ADAC bei einem gemeinsamen Mietwagen-Test von ADAC und der ZDF-Sendung „Wiso“ versucht haben, ein Auto aus der Wertung zu nehmen, das beim ADAC-Partner Sixt gebucht worden war. Es war dies ein Auto, das im Test eine fatale Beurteilung erhalten hatte, und das als im Grunde nicht verkehrstauglich eingestuft worden war. 
  Ein ehemaliger Mitarbeiter der Badewassertestreihe berichtet von Bestechlichkeit und Beeinflussung, ein anderer von absichtlicher Benachteiligung im Raststättentest. Automanager, die die Macht des ADAC fürchten, berichten über Sonderkonditionen, die sie dem Verein aus Angst vor negativen Tests bei verschiedenen Gelegenheiten gewährt hätten – als habe es sich um Schutzgeld-Zahlungen gehandelt. 
  Ohne bei all dem in die Details einzusteigen, ist offensichtlich, dass der ADAC nicht taugt als neutrale Instanz. Er steckt im Interessenskonflikt: zwischen dem Anspruch des Schiedsrichters und den ureigenen Geschäftsinteressen. 
  Die gelbe Gier. 
  Eine Frage bleibt: Hat sich der ADAC in den Jahren von seinen Mitgliedern entfernt, oder war diese Nähe nie besonders ausgeprägt? Denn eigentlich weiß die Führung seit Jahren ziemlich genau, wie seine Mitglieder ticken: Seit den Achtzigerjahren gibt es dazu Erhebungen, die allen Standards der modernen Marktforschung entsprechen. So weiß man beispielsweise, dass sich nur eine Minderheit der ADAC-Mitglieder für Motorsport interessiert und gegen ein Tempolimit ist. Dennoch veranstaltet und promotet der ADAC Rennen, fördert Rennfahrer-Talente und versucht gerade für einen hohen zweistelligen Millionenbetrag den Nürburgring zu kaufen – mit dem Geld der Mitglieder. Gegen ein Tempolimit ist der Verein noch immer. 
  Aber jetzt soll alles anders und viel besser werden, so verkauft ADAC-Präsident Peter Meyer seinen Vorstoß, erstmals seit 1949 eine außerordentliche ADAC-Hauptversammlung einzuberufen. Dort wird er auf genau die Funktionärsriege treffen, die eines der Probleme des ADAC darstellt.   Bevor Alfons Kifmann einen an der Aufzugtür verabschiedet, will man noch von ihm wissen, warum er sein Manuskript, die „Gelbe Gier“, nie einem Verlag angeboten hat. Er zögert. „Ich hab das mehr für mich geschrieben, damit ich diese absurden Geschichten nicht vergesse.“ 
  Dann fällt ihm noch eine alte Geschichte ein, von einem, der ein ADAC-kritisches Buch veröffentlicht hat: Der Publizist Klaus Staeck hat vor vielen Jahren eine Anti-ADAC-Schrift herausgegeben, die den Titel trug: „ADAC ade“. Kifmann lacht. Dann sagt er: „Ich hab’ in einem Abteil in der Tiefgarage des damaligen ADAC-Hauses einen ganzen Container mit diesen Büchern gefunden, das waren Hunderte.“ 
  Der Verein hatte es vom Markt gekauft.