PFT - Berichte der WamS, 12.01.2016

Trinkwasser mit PFT

Welt am Sonntag (WamS) , 26.11.2006 von David SCHRAVEN

Der PFT-Skandal hat die Landespolitik erreicht. Während die Grünen kommende Woche im Landtag über die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses beraten wollen, verweist Umweltminister Eckhard Uhlenberg (CDU) auf "Versäumnisse" seiner grünen Amtsvorgänge-rin Bärbel Höhn. Sie hätte seit 2002 von der Gefahr wissen können und doch nichts unternommen. Zudem betonte Minister Uhlenberg, er "habe keine Einwände gegen einen Untersuchungsausschuss".


Die GW Umwelt ist nach Erkenntnissen der Staatsanwaltschaft Paderborn für die PFT-Verseuchung des Sauerlandes verantwortlich. So habe das Unternehmen jahrelang Abfälle mit PFT versetzt, dese anschließend als Bioabfall deklariert und auf Ackerböden und Maisfelder gekippt. Den Bauern habe GW Umwelt, seine Dünger "TerraTop" und "TerraAktiv" als Bodenhilfsstoffe "angedreht".


Laut Behördenangaben zahlte die GW Umwelt den Bauern bis zu zehn Euro je Tonne Dünger, den sie auf die Felder kippen durfte. Den Behörden ist die GW Umwelt mit ihrem Geschäftsführer Ralf W. seit 2002 gleich dutzendfach mit Verstößen gegen das Umweltrecht aufgefallen. Beim ersten Mal bekam Geschäftsführer Ralf W. einen Bußgeldbescheid zugestellt, den das Amtsgericht Bielefeld allerdings kassierte. Der Vorwurf: Ralf W. habe gegen eine Betriebsgenehmigung verstoßen und falsche Abfallanalysen eingereicht.


Kurze Zeit später gab es den nächsten Bescheid. Laut Bericht des Umweltamtes Bielefeld (Stua) hatte der GW-Umwelt-Chef den Behörden den Zugang zu einer Abfall-Lagerstätte verweigert. In der folgenden Nacht wurde laut Stua-Bericht auf dem Gelände der Einsatz schweren Gerätes gemeldet. Als am Morgen darauf die Aufsichtsbehörde mit Unterstützung der Polizei zum Ortstermin anrückte, war kein Abfall mehr zu finden. Weitere Verfahren folgten.


2003 gelang es der GW Umwelt, die Aufsichtsbehörden in einen langfristigen Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Minden zu ziehen. Der Unternehmer forderte, dass die Behörden seine "Bodenhilfsstoffe" aus dem Abfallrecht entlassen, damit er ohne Kontrollen noch mehr davon auf die Felder kippen konnte. Demgegenüber vertrat das Umweltministerium nach eigenen Angaben die Ansicht, das GW-Material unterliege den Bestimmungen der Bioabfallverordnung und müsse kontrolliert werden.
Es entspann sich ein umfangreicher Schriftverkehr zwischen dem Kreis Soest, dem Kreis Warendorf, dem Landkreistag, den Bezirksregierungen Arnsberg, Detmold und Münster, dem Bundesumweltministerium, dem Bergamt Kamen, der Staatsanwaltschaft Bielefeld sowie mehreren staatlichen Umweltämtern und schließlich dem NRW-Umweltministerium. Am Ende konnte sich das Höhn-Ministerium durchsetzen. Ein Sprecher des heutigen Umweltministers Uhlenberg sagte am Donnerstag, das Verfahren sei in den Abteilungen "Abfallwirtschaft" und "Landwirtschaft" bearbeitet worden. "Politisch wurde der Vorgang aber nicht aufgegriffen."


In der weiteren politischen Auseinandersetzung geht es nun um folgende Fragen: Was wusste Höhn? Und warum haben die Behörden nichts gegen die GW Umwelt unternommen, obwohl die aFirma als Umweltsünder bekannt war? Hätte die Auslieferung des PFT-Düngers gar verhindert werden können?