Kreiszeitung/Wochenblatt 25. November 2006
„Alice Geiß (84) und ihr leicht zurückgebliebener Sohn Peter (59) wurden im Mai dieses Jahres auf Anordnung der Amtsrichterin Christiane Erikson (39) und Antrag der Berufsbetreuerin Gitta Göbels gegen ihren Willen in die Psychiatrie des Lüneburger Landeskrankenhauses gebracht – weil Peter Groß die Einnahme eines Medikaments verweigerte (wie sich später herausstellte, völlig zu Recht). Und seine Mutter ihm dabei beistand.
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Die Tabletten, so sagt Alice Geiß, habe der Winsener Facharzt Dr. Christian Rutetzki nach einer Untersuchung Peters verordnet. Ihr Sohn habe nach kurzer Zeit die die Einnahme verweigert. „Er ist davon ganz wirr im Kopf geworden und konnte nicht mehr schlafen.“, sagt die Mutter. Um die Tabletteneinnahme durchzusetzen, wurden Mutter und Sohn auf Initiative von Betreuerin Gitta Göbels und Anordnung der Winsener Amtsrichterin Christine Erikson (39) in einer Nacht- und Nebelaktion in Handschellen in die Psychiatrie nach Lüneburg geschafft und in getrennten Abteilungen untergebracht.
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Noch am gleichen Tag intervenierte der Hausarzt der beiden, Dr. Otto Maaß in Lüneburg.
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„Frau Geiß und ihr Sohn Peter sind seit vielen Jahren meine Patienten, ich kenne sie gut. Weder das verordnete Medikament für Peter Geiß noch die Zwangseinweisung waren aus medizinischer Sicht nötig“, sagt Dr. Otto Maaß. … „Nach meiner Meinung und in Übereinstimmung mit den behandelnden Ärzten im Landeskrankenhaus besteht keine Notwendigkeit einer Betreuung, da Frau Geiß in der Lage ist, ihre Belange allein zu regeln, auch wenn bisherige Gutachten und Stellungnahmen anderslautend sind. Die gegenwärtig eingerichtete Betreuung sollte umgehend beendet werden.“
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Statt der Einschränkung wird die Betreuung noch ausgeweitet. Richterin Christiane Eriksen vom Amtsgericht Winsen ordnet an, dass Betreuerin Gitta Göbels künftig gegen den Willen von Alice Geiß über deren Aufenthalt bestimmen, über ihr Vermögen verfügen, und ihr Haus in Asendorf verkaufen kann. Die Witwe ist damit weitgehend entmündigt. … Nach der Ausweitung der Betreuung hat Alice Geiß…der Richterin mitgeteilt: „Ich sehe keine andere Möglichkeit, als mit gleicher Post die Presse zu informieren.“
Richterin und Betreuerin reagierten umgehend. Vergangenen Samstag stand – angemeldet – Betreuerin Gitta Göbels vor der Tür. Neben ihr – unangemeldet – der immer wieder in zweifelhaften Betreuungsfällen in Erscheinung tretende Dr. Christian Rutetzki, der schon im September 2004 ein Gutachten über Alice Geiß verfasst hatte – mit dem Ergebnis der weiteren Zwangsbetreuung. Ein guter Nachbar, Uwe Kaiser, den sich Alice Geiß zum Termin mit der Betreuerin als Zeugen zur Seite geholt hatte, wurde gemeinsam mit ihrem Sohn aus dem Zimmer gewiesen. „Der Arzt hat die Tür wieder aufgemacht, um zu sehen, dass niemand dort mithört“, sagt Alice Geiß. „Wie das Gutachten des Psychiatrie-Facharztes dieses Mal ausfallen wird, darauf braucht man nicht zu wetten“, meint der Nachbar.“
Hier lässt sich der gesamte Artikel als PDF lesen, den wir mit freundlicher Genehmigung der Kreiszeitung online stellen können.