Der Inhalt des Koffers mit Fotos der RAF in Stammheim: ein Überblick

Dass 31 Jahre - im August 2008 - nach dem kollektiven Selbstmord der deutschen Top-Terroristen Andreas BAADER, Gudrun ENSSLIN und Jan-Carl RASPE Fotos von den Toten und den Zellen auftauchen würden, die zum größten Teil in der Öffentlichkeit vollkommen unbekannt waren, konnte man nicht - jedenfalls nicht so ohne weiteres - erwarten.

Zur Erinnerung: 1977 hatten sich die drei zu lebenslänglicher Haftstrafe verurteilten Häftlinge im Gefängnis Stuttgart-Stammheim nach der erfolgreichen Kaperung der entführten Lufthansa-Maschine "Landshut" durch ein Einsatzkommando der "GSG 9" in Mogadischu selbst umgebracht: Die Erfolgsmeldung für die Geiseln und alle anderen bedeutete gleichzeitig für die einsitzenden RAF-Terroristen, dass der Plan auf Freipressung gescheitert war. 

Das Thema "Stammheim" bzw. "RAF" geriet damit aus den Schlagzeilen. Und wenn doch, so war es in der Zeit danach vor allem ein Thema des Journalisten und späterenSPIEGEL-TV- und SPIEGEL-Chefredakteurs Stefan AUST. Der hatte 1985 sein Buch "Der Baader-Meinhof-Komplex" veröffentlicht und ein Jahr darauf seinen Film (Drehbuch) "Stammheim" auf der "Berlinale" uraufgeführt. Und damit einen "Goldenen Bären" gewonnen. Ebenfalls im selben Jahr: seine zweiteilige Fernsehdokumentation "Baader-Meinhof" (Buch + Regie). 

Jetzt - im Spätsommer 2008 - stand die Filmpremiere eines neuen RAF-Films bevor: "Der Baader-Meinhof-Komplex" mit Moritz BLEIBTREU in der Hauptrolle als Andreas BAADER auf den 25. September angesetzt (Buchvorlage: Stefan AUST). Ein Jahr zuvor, 2007, hatte AUST erneut eine zweiteilige Fernsehdokumentation "Die RAF" über den Bildschirm geschickt. Parallel dazu eine SPIEGEL-Titelserie zum Thema. Soweit der gesellschaftliche Hintergrund.

Zu dieser Zeit, Ende Juli 2008 räumt der Neffe eines ehemaligen Polizeifotografen aus Stuttgart, der längst verstorben war, auf dem Dachboden seines Onkels und seiner inzwischen verstorbenen Tante auf. Da der Neffe in einem Müllheizkraftwerk arbeitet, lässt die Famile diesen - ganz nach schwäbischer Manier - immer mal wieder dieses und jenes mitnehmen. Auf dass nach und nach alles kostengünstig entsorgt werde.

Bei einer dieser Aufräumaktionen stolpert der Neffe über eine alte Tasche, eine Art Koffer. Der Inhalt: rund 400 Fotos von den damaligen Terroristen, die nun für helle Aufregung sorgen. Es sind auch Fotos darunter, die man nicht unbedingt anschauen möchte. Michael OHNEWALD hat dazu eine Geschichte geschrieben. Sie können Sie auf zweierlei Weise lesen:

Die 'Geschichte' dieser Fotos, wie sie zunächst dem stern angeboten wurden und dann zur Stuttgarter Zeitung gelangt sind, können Sie hier lesen: Wie der Koffer erst zur Stuttgarter Zeitung und dann zum Staatsanwalt gelangte.
Was zwei Staatsanwälte, die seinerzeit mit den RAF-Ermittlungen zugange waren, über den 2008 angelaufenen Film "Der Baader-Meinhof-Komplex" denken, erfahren Sie in einem Interview, in deren Verlauf einer der Staatsanwälte die Meinung vertrat "Das Ganze ist auch ein Stefan-Aust-Komplex." Der nämlich vertritt bzw. vertrat die These, dass sich der Staat an dem Selbstmord mit schuldig gemacht habe: Dadurch, dass man aufgrund einer vorhandenen Abhöranlage hätte wissen können oder müssen, was die RAF-Häftlinge nach der erfolgreichen Kaperung der entführten Lufthansa-Maschine bzw. dem gescheiterten Freipressungsversuch vorhatten, aber nichts dagegen unternommen hatte. Z.B. den Selbstmord verhindern.

"Abhöreinrichtungen" hatte es im Stammheimer Gefängnis tatsächlich gegeben. Die Staatsanwälte, die nach dem kollektiven Selbstmord trotz Kontaktsperre auch diesen Vorwürfen nachgegangen waren, kamen allerdings zu dem Ergebnis, dass zwar in den Besucherräumen mehrfach abgehört worden sei, aber nicht in den Haftzellen selbst.

Egal wie: Viele Fragen sind auch heute noch ungeklärt.

Stefan AUST jedenfalls hatte nach diesem Interview von der Stuttgarter Zeitung eine schriftliche Unterlassungserklärung gefordert - er fühlte sich durch die Kritik der Staatsanwälte, die die Zeitung abgedruckt hatte, verunglimpft. Wie das ausgegangen ist, finden Sie ebenfalls auf dieser Unterseite. 
In einer kleinen Chronologie der wichtigsten Ereignisse haben wir nochmals die Zusammenhänge zwischen allen relevanten Vorfällen seit 1968 und dem Auftauchen der Fotos im Jahr 2008 zusammengestellt.

Wenn Sie diese Geschichte direkt aufrufen oder verlinken wollen, so geht dies am einfachsten unter www.ansTageslicht.de/Koffer.