Chronologie dreier Rücktritte

Landrätin und Ministerpräsident

18.03.1990

Gabriele PAULI wird mit 50,4% zur Landrätin des Landkreises Fürth gewählt. Sie ist damit die erste weibliche Landrätin Bayerns und die jüngste Landrätin in ganz Deutschland


17.06.1993

Edmund STOIBER (bisheriger stellvertretender CSU-Vorsitzender und Innenminister Bayerns) wird Nachfolger des bisherigen Ministerpräsidenten Max STREIBL. STREIBL tritt wegen der so genannten Amigo-Affäre zurück


10.03.1996

Bei den Kommunalwahlen wird PAULI mit 59,1% im Amt bestätigt


16.01.1999

STOIBER wird Nachfolger des zurückgetretenen CSU-Vorsitzenden Theo WAIGEL


03.03.2002

6 Jahre später: bei den Kommunalwahlen steigt die Zustimmung der Wähler für Gabriel PAULI ein weiteres Mal: jetzt erhält sie 65,4% der Stimmen


18.09.2002

STOIBER scheitert als Kanzlerkandidat der CDU/CSU knapp an der rot-grünen Mehrheit bei der Bundestagswahl


21.08.2003

Bei den Landtagswahlen erreicht die CSU mit 60,7% das beste Ergebnis aller Zeiten und STOIBER wird zum Ministerpräsidenten (MP) gewählt


2004

Stoiber wird zu Beginn des Jahres als kommender Bundespräsident gehandelt, erklärt jedoch seinen Verzicht.
Auch das Angebot von Bundeskanzler Gerhard Schröder(SPD), Chef der EU-Kommission in Brüssel zu werden, lehnt er Mitte des Jahres ab


15.04.2005

Kultusministerin Monika HOHLMEIER, Tochter von Franz-Josef STRAUSS (ehemaliger MP), erklärt nach zunehmender Kritik aus den eigenen Reihen ihren Rücktritt. STOIBER kommentiert den Rückzug mit "Dank und Respekt", obwohl er zunächst die Wahlfälschvorwürfe gegen sie angezweifelt hatte


03.09.2005

Beim CSU-Parteitag in Nürnberg wird STOIBER mit 93,1% im Parteivorsitz bestätigt


18.09.2005

Nach der vorgezogenen Bundestagswahl sagt STOIBER noch am Wahlabend: "Ich bin bereit, für Deutschland auch in Berlin Verantwortung zu übernehmen."


01.11.2005

Während sich eine Große Koalition auf Bundesebene abzeichnet, entscheidet sich STOIBER gegen einen "Umzug" von Bayern nach Berlin. Er ist dort als Wirtschaftsminister vorgesehen. Damit erntet er scharfe Kritik aus der eigenen Partei


09.11.2005

STOIBER's "Zick-Zack"- Kurs und seine Rückkehr nach Bayern stoßen auf vereinzelten Missmut in der Partei, da bereits seine Nachfolge geplant wurde.
Auch deshalb ruft Gabriele PAULI auf dem CSU-Parteitag in Augsburg STOIBER zum Verzicht bei der Landtagswahl 2008 auf. "STOIBER sollte 2008 nicht mehr als Ministerpräsident antreten. Die Partei würde aufatmen."


18.12.2006

STOIBER ruft den Parteivorstand im Franz-Josef-Strauss-Haus zusammen und klagt über das schwierige Regieren in der Großen Koalition (in der er gemeinsam mit Franz MÜNTEFERING Präsident der Föderalismuskommission ist). In der langen Sitzung meldet sich auch die Fürther Landrätin Gabriele PAULI zu Wort: "Ich finde es nicht akzeptabel, dass leitende Beamte aus dem Umfeld des Ministerpräsidenten meinen Freundeskreis abtelefonieren und nach Angriffspunkten über mich ausfragen."
Noch am gleichen Abend druckt die Abendzeitung erste Details aus der Sitzung


19.12.2006

Angela BÖHM verfasst ein "Sittengemälde der CSU" in der Abendzeitung. In ihrem Artikel "Sex, Alkohol und die Staatskanzlei- Schöne Landrätin: So mies wurde ich bespitzelt" spielt STOIBER's Büroleiter Michael HÖHNBERGER eine wichtige Rolle.
Die Abendzeitung tritt eine Lawine los


20.12.2006

Nachdem sein Name in der Presse als "der Anrufer" bei PAULI genannt wird, weist der Büroleiter von Ministerpräsident Edmund STOIBER, Michael HÖHENBERGER, die Ausspähungsvorwürfe zurück. STOIBER's Büroleiter betont, er habe in einem Gespräch mit einem langjährigen Freund aus Mittelfranken lediglich nach dessen Meinung zum politischen Verhalten PAULIS gefragt. "Von einem Ausspähen oder Bespitzeln kann daher keine Rede sein", so HÖHENBERGER in einer offiziellen Stellungnahme der Staatskanzlei


21.12.2006

PAULI pocht auf Konsequenzen aus der Bespitzelungsaffäre. Sie fordert in einem Interview mit der Nachrichtenagentur ddp, in der CSU müsse man wieder "ohne Befürchtungen diskutieren können." Außerdem müssten künftig die Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten "demokratisch bestimmt werden".
Die Süddeutsche Zeitung meldet, dass es sich bei dem Bekannten von PAULI, der angerufen und zu ihr befragt wurde, um den Fürther Wirtschaftsreferenten Horst MÜLLER handelt
Der Kreisvorsitzende der Frankenwald- CSU, Joachim DOPPEL, kritisiert ebenfalls das Vorgehen von STOIBER's Kanzlei. Einige Leute, die ihm im Oktober bei einer Veranstaltung in Steinberg Rückendeckung im Zusammenhang mit seiner Kritik an STOIBER gegeben hätten, seien von einem Ministerialbeamten angerufen und zur Rede gestellt wurde, sagt DOPPEL zur Coburger Neuen Presse.
Innenminister Günther BECKSTEIN lädt PAULI zu einem Krisengespräch ein


22.12.2006

RÜCKTRITT Nr.1
STOIBER's Büroleiter Michael HÖHENBERGER bittet wegen der Bespitzelungsaffäre um die Entbindung von seinen Aufgaben. STOIBER kommt der Bitte nach
Ein Krisengespräch von Innenminister Günther BECKSTEIN mit der Fürther Landrätin bringt keine Lösung des Konflikts. PAULI fordert trotz des Amtsverzichts eine lückenlose Aufklärung


23.12.2006

STOIBER weist jede Verantwortung von sich und attackiert seine parteiinterne Gegnerin. Zum Rücktritt seines Büroleiters und dessen angebliche Bespitzelung von Gabriele PAULI sagt STOIBER: "Ich hätte das nie zugelassen." Es handele sich um "die Aktion eines einzelnen Mitarbeiters"


08.01.2007

STOIBER ruft eine Krisensitzung in der CSU-Parteizentrale ein: Er versucht, sich Rückhalt in der Partei zu verschaffen. Zunächst erklären sich alle Bezirkschefs und die Parteispitze für STOIBER


09.01.2007

Auf der Winterklausur in Wildbad/Kreuth kündigt STOIBER an, bis zum Jahr 2013 Ministerpräsident bleiben zu wollen


15.01.2007

Nach einer langen Sitzung mit dem Fraktionsvorstand sagt STOIBER, dass er 2008 noch mal antreten wolle, aber nicht müsse


17.01.2007

Nach langem Ringen beschließt die CSU-Fraktion in Wildbad/Kreuth den Kompromiss, dass auf dem Parteitag im September über die Spitzenkandidatur abgestimmt werden soll. Führende CSU-Politiker kündigen eine schnelle Entscheidung an. Am Abend vorher sollen sich bereits Innenminister Günther BECKSTEIN und Wirtschaftsminister Erwin HUBER auf eine Nachfolgeregelung geeinigt haben


18.01.2007

RÜCKTRITT Nr.2
STOIBER gibt bekannt, dass er im September nicht mehr für den Vorsitz kandidieren wird.
In einem kurz anberaumten Pressetermin in der bayerischen Staatkanzlei sagt STOIBER: “Der Erfolg und die Geschlossenheit der CSU, das Wohl und die Zukunftsfähigkeit Bayerns waren und sind immer mein oberstes Ziel gewesen. Deswegen habe ich mich entschlossen, zu den Landtagswahlen 2008 nicht mehr als Spitzenkandidat der CSU anzutreten.“


20.01.2007

Gabriele PAULI bekundet Interesse an einem führenden Posten im CSU-Vorstand


21.02.2007

Beim politischen Aschermittwoch in Passau schlägt PAULI viel Missgunst entgegen und sie wird mit Pfiffen empfangen


05.03.2007

RÜCKTRITT Nr.3
PAULI kündigt an, 2008 nicht mehr als Landrätin kandieren zu wollen


27.03.2007

Diverse Zeitungen drucken Fotos für das Magazin PARK AVENUE von Gabriele PAULI schon vor dem Erscheinungsdatum ab. PAULI ist mit glänzenden Latexhandschuhen und in „aufreizenden“ Posen zu sehen. Die Bilder lösen großen Wirbel aus


12.07.2007

Während die CSU-Staatskanzlei das Disziplinarverfahren gegen HÖHENBERGER abschließt, kündigt PAULI an, für den CSU-Vorsitz kandidieren zu wollen


19.08.2007

PAULI nimmt eine Befristung der Ehe auf 7 Jahre in ihr Wahlprogramm für den CSU-Vorsitz auf. Wenn „Ehen nach sieben Jahren auslaufen“ würden, könnten sich die Partner ohne großen Aufwand trennen, so PAULI bei der Vorstellung ihres Programms in München. Die Idee brachte der Kabarettist Frank-Markus BARWASSER bereits 2005 ins Gespräch. 
STOIBER legt PAULI daraufhin einen Parteiaustritt nah. Am 5. März 2007 gab Gabriele PAULI bekannt - entgegen vorheriger Aussagen - nicht mehr als Landrätin zu kandidieren und sich stattdessen für die Kandidatur als CSU-Parteivorsitzende zu bewerben. Mitstreiter findet sie nicht. Sie tritt daher aus der CSU aus.


30.09.2007

STOIBER tritt auf dem CSU-Parteitag von allen Ämtern zurück. Gleichzeitig wird Erwin HUBER mit 58,2% der Delegiertenstimmen zum Vorsitzenden gewählt. Gabriele PAULI erhält 2,5% der Stimmen.
Sie sorgt für einen Eklat, indem sie sich vor BECKSTEIN’s Bewerbungsrede zu Wort meldet und ihn um eine Erklärung bittet, da er sie als einen Fall für den Psychiater tituliert haben soll. Ihr wird allerdings das Mikrofon abgedreht.
Günther BECKSTEIN wird mit 96,6% zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2008 bestimmt.

Foto: Stefanie REX


14.09.2007

STOIBER nimmt das Angebot an, ehrenamtlich für drei Jahre eine 15-köpfige Sachverständigengruppe der Europäischen Union (EU) zu leiten, die sich für den Abbau der Bürokratie in der EU einsetzt


28.09.2008

In der Landtagswahl erlebt die CSU ihren größten GAU: Sie stürzt von 60,7% der Stimmen (2003) auf nunmehr 43,4% ab - ein Verlust um 17,3 Prozentpunkte. Gleichzeitig erstarken die Freien Wähler (10,2%) und die FDP (8,0%), die zuvor nicht im Landtag vertreten war. Die Grünen legen leicht zu und erhalten 9,4% der Stimmen. Die führende 'Oppositionspartei' in Bayern, die SPD, profitiert nicht von diesem Erdrutsch - sie verliert leicht und kann ganze 18,6% der Stimmen auf sich ziehen.
Gabriele PAULI, die im November 2007 aus der CSU augetreten und sich später den Freien Wählern angeschlossen hatte, tritt in Nürnberg direkt gegen ihren Gegenkandidaten an: den Ministerpräsidenten Günter BECKSTEIN. Sie unterliegt ihm mit 7,3% gegenüber 40%. Sie steht aber auch auf der Landesliste und kann dort mit Abstand die meisten Stimmen gegenüber allen anderen Freien-Wähler-Kandidaten auf sich vereinigen. PAULI ist zurück: dieses Mal im Bayerischen Landtag.


04.06.2009

Zur Europawahl 2009 wird Gabriele PAULI von den freien Wählern aufgestellt. Diese verpassen jedoch den Einzug in das Europaparlament. PAULI gründet daraufhin eine eigene Partei, um bei der Bundestagswahl 2009 antreten zu können. Mit ihrer neuen Partei namens Freie Union bekommt sie aber wenig Zuspruch bei den Landeswahlausschüssen: das „Aus“ für die Partei. Wenig später tritt sie aus


15.09.2013

PAULI tritt nicht mehr zur Landtagswahl in Bayern an - ihre politische Karriere ist damit - erst einmal - beendet



(OZ)