Main-Post, 10.01.2016

Gericht wollte keine Öffentlichkeit

MAIN-POST , 04.12.2003 
von Thomas FRITZ

Bürgermeister Franz Nagelstutz hat sich von der Putzfrau des Rathauses sein Privatauto reinigen lassen. Zeller Bürger sahen die Aktion, eine für Nagelstutz peinliche Anfrage im Gemeinderat folgte. Dann hat der Bürgermeister die Arbeitszeiten der Putzfrau so gelegt, dass sie ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben konnte.
Gestern hatte die Auseinandersetzung zwischen Bürgermeister und Reinigungskraft ein Nachspiel vor dem Arbeitsgericht Würzburg. Die Verhandlung war öffentlich. Dass dennoch nur sechs Zuhörer kamen, lag an der Verschwiegenheit des Gerichts: Der Sitzungstermin wurde bis Mittwochmorgen geheim gehalten. Auch die Redaktion dieser Zeitung wurde trotz mehrerer Anfragen nicht informiert. Ein Anrufer aus Zell will vom Gericht sogar die Auskunft bekommen haben, dass es "eine Anweisung von oben gab, keine Auskünfte zu erteilen".

Dass dennoch ein Mitarbeiter der Redaktion in der Sitzung saß, veranlasste den Vorsitzenden Richter zu einer Nachfrage. Er wollte von den Parteien wissen, wer die undichte Stelle war, die den Termin der Presse verraten hat. Eine zufriedenstellende Antwort bekam er indes nicht. Die Putzfrau, die seit Mai krank ist, konnte an der Verhandlung nicht teilnehmen. Sie hatte sich vor kurzem einer weiteren Operation unterzogen.

In der "Putzfrauenaffäre" kam es zum Kompromiss. Der Vorsitzende Richter konnte sich nicht der Argumentation des Marktes Zell anschließen, das Putzen würde den Dienstbetrieb im Rathaus stören. Auf die Frage des Richters, wann im Rathaus Zell gearbeitet wird, wusste Nagelstutz zunächst keine Antwort. Er musste erst seinen geschäftsführenden Beamten fragen.

Bisher hat die Reinigungskraft montags bis donnerstags von 13 bis 17 Uhr das Rathaus geputzt. Freitags hatte sie von 14 bis 17 Uhr Dienst. Bürgermeister Nagelstutz hat die Arbeitszeit der Reinigungskraft auf 15.30 bis 19.30 Uhr geändert. Für die Frau bedeutete dies, dass sie ihre kranke Schwiegermutter nicht mehr - oder zumindest erst spät am Abend - versorgen konnte. Künftig wird die Frau nun von 14.45 bis 18.45 Uhr arbeiten. Freitags soll sie von 12 Uhr bis 16 Uhr das Rathaus putzen.

Nach anfänglichem Zögern stimmte der Markt Zell schließlich zu. Bürgermeister Nagelstutz legte aber Wert auf die Feststellung, dass dies "ein Entgegenkommen an die Reinigungskraft ist".