Bearnairdine BAUMANN bzw. BEAUMONT / Lufthansa
Bearnairdine BAUMANN/BEAUMONT flog seit 1977 bis 1997 - ganze 20 Jahre lang. Zuletzt als Chef-Stewardess bei der Deutschen Lufthansa (LH). Ursprünglich war sie auf Boeing-Fliegern eingesetzt, die letzten Jahre dann auf den Airbus-Typen A 319 und 320. Regelmäßig die langen Strecken, oft hin und zurück aus Asien, Afrika und Australien. Um nicht irgendwelche Bakterien und/oder kleine krabbelnde oder fliegende Tierchen einzuschleppen, wurden die Flieger im Innenraum kurz vor der Landung in den jeweiligen Ländern mit Insektiziden 'gesäubert'.
Der schleichende Prozess
Das betraf Stoffe wie Permethrin, DDT oder auch das giftige Lindan. Letzteres ist schon länger aus dem Handel, seit 2015 wurde es von der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC) als "krebserregend" eingestuft. Bereits sechs Jahre zuvor hatten viele Länder Lindan, aber auch DDT in die Liste unerwünschter, weil gefährlicher, Chemikalien des sog. Stockholmer Abkommens aufgenommen. Zwar wurde die Problematik von Lindan bereits in dem Holzschutzmittel-Prozess Anfang der 90er Jahre bekannt. Das hinderte aber Hersteller oder Anwender nicht, den Stoff für ihre Zwecke einzusetzen. Leidtragende sind - wie üblich - die normalen Sterblichen.
So auch bei Bearnairdine BAUMANN. Bei ihr begann alles nach und nach: durch kumulative Wirkung der Expositionseffekte. Erst stellten sich Allergien ein, mit denen sie zuvor nie Probleme hatte, dann tauchte ein plötzlicher Tinnitus auf, dazu kamen kognitive Probleme, dann Gleichgewichtsstörungen, regelmäßige heftige Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, Herzklopfen und schwankender Blutdruck, erste Schwerhörigkeitserscheinungen, Muskelschmerzen - das 'ganze Programm'. Immer öfters musste sie bei Ankunft irgendwo auf der Welt aussteigen, sich krank melden, um es dann wieder zu probieren. Bis es nicht mehr ging - beim besten Willen nicht mehr ging, denn alle, deren Beruf das Fliegen ist, lieben ihren Job, identifizieren sich mit ihrer Aufgabe, egal ob im Cockpit oder der Kabine.
1997 war es dann soweit: Sie wurde fluguntauglich geschrieben.
Bearnairdine wechselte Land und Klima, übersiedelte nach Irland, ließ sich im ländlichen Raum nieder. Nach drei Jahren ließen die ersten Symptome nach, ihr Gesundheits- bzw. Krankheitszustand verbesserte sich.
Der konkrete Vorfall
Ende Oktober 2010 dann ein Flug von Dublin nach Frankfurt mit einer Lufthansa-Maschine, diesesmal als Passagierin. Und dann geschah es: ein Fume Event; nicht in der Luft, sondern auf dem Boden: Die Piloten hatten während des Rollens bzw. Wartens auf die Parkposition die Triebwerke ihres Airbus auf Hochtouren geschaltet, um den Zapfdruck aufrecht zu erhalten. Da die Dichtungen ganz offenbar nicht einwandfrei funktionierten, gelangten die bei der Pyrolyse des Turbinenöls entstehenden Stoffe in die Kabinenluft - wo wie das immer geschieht, wenn es zu einem solchen Vorfall kommt.
Ihr Körper reagierte auf der Stelle. Bearnairdine BAUMANN überfielen Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel und Herzklopfen. Sie schafft es trotzdem nach Hause.
Dort machten sich am Tag drauf ihre 'alten' Symptome wieder bemerkbar, aber viel schlimer als früher. Der Tinnitus, der vormals nur lästig war, begann jetzt zu dröhnen, die Kopfschmerzen und der Schwindel wurden fast unerträglich, der Hörverlust wurde massiv. Sie konnte kaum noch 2 Treppenstufen gehen ohne zu pausieren. Volle drei Jahre hielten die Symptome ohne Besserung an.
Die Experten
Und erst jetzt begann Bearnairdine BAUMANN sich Gedanken darüber zu machen, wie das alles zusammenhängen konnte und was da in ihrem Körper vor sich gehen mochte. Sie geht zu Ärzten, zu ausgewiesenen Experten:
- Prof. Mohamed ABOU-DONIA an der Duke-University in den USA, ein internationaler Experte auf dem Gebiet toxischer Effekte auf die Nervenzellen, diagnostiziert eine schwere Verletzung des Zentralnervensystems. Auslöser: gespeicherte toxische Stoffe, z.B. die Reste sogenannter Tricresylphosphate, die im Turbinenöl enthalten sind. Aber auch andere chemische Verbindungen aus der chemischen Gruppe der Organophosphate, zu denen auch mehrere Insektizide und Pestizide gehören. Was da im menschlichen Organismus geschieht, haben wir in einer dreistufigen grafischen Darstellung erklärt.
- Dr. Holger von STETTEN aus Deutschland konstatierte eine chemische Sensitivität sowie Abnahme der Reflexe und des Hörvermögens.
- Prof. Dr. Jeremy RAMSDEN aus England, Spezialist für Nanotechnologie (z.B. an der University Cranfield) und Chefredakteur des Journal of Biological Physics and Chemistry, bescheinigt ihr in seinem Gutachten eine "Organophosphorus ester-induced delayed neurotoxicity", kurz OPIDN.
Jetzt half nur noch eines: frische Luft, und das rund um die Uhr, für Bearnairdine BAUMANN. Da sie sowohl einen britischen wie schweizerischen Pass hat (in der Schweiz ist sie aufgewachsen), begab sie sich wieder in ihre zweite Heimat, denn Berge, auf denen man in einer Höhe von 1.500 Meter gleichzeitig einem spezifischen Luftdruck und einer leicht reduzierten Sauerstoffsättigung ausgesetzt ist, gibt es genügend.